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  • · Fachbeitrag · Verfahrensrecht

    Stundung der Schenkungsteuer bei „Notverkauf“ zwecks Begleichung der Steuerschuld

    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    | Nach § 28 Abs. 3 S. 1 ErbStG ist die Schenkungsteuer, die auf begünstigtes Vermögen i. S. d. § 13d Abs. 3 ErbStG entfällt, zu stunden, soweit der Erwerber die Steuer nur durch Veräußerung dieses Vermögens aufbringen kann. Dass der Schenker möglicherweise als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden kann, ändert daran nichts ‒ so das FG Münster mit Urteil vom 11.3.21. |

     

    Sachverhalt

    N schenkte ihrer Nichte, der Klägerin K, am 9.1.19 ein Mietwohngrundstück gegen Vorbehalt des lebenslangen Nießbrauchs. K stellte einen Antrag auf Stundung der festgesetzten Schenkungsteuer nach § 28 Abs. 3 S. 1 ErbStG, da sie wegen des Nießbrauchs keine Einnahmen aus dem erworbenen Grundstück erziele. Ferner verfügte K im Jahr 2019 nur über finanzielle Mittel für ihren Lebensunterhalt von 4.965 EUR. Die Banken würden ihr keinen Kredit geben, einer Beleihung des erworbenen Vermögens stehe der Übergabevertrag entgegen. Zwischenzeitlich hat K die Schenkungsteuer aus Darlehensmitteln der Familie beglichen. Das FA lehnte die Stundung ab, da die Schenkerin als Gesamtschuldnerin zur Zahlung der Steuer herangezogen werden könne.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet (FG Münster 11.3.21, 3 K 3054/19 AO, Rev. zugel.; Abruf-Nr. 221771). Nach § 28 Abs. 3 S. 1 ErbStG ist einem Erwerber die ErbSt, die auf begünstigtes Vermögen i. S. d. § 13d Abs. 3 ErbStG entfällt, auf Antrag zu stunden, soweit der Erwerber die Steuer nur durch Veräußerung dieses Vermögens aufbringen kann. Nach der Begründung des Entwurfs des ErbStRG soll allerdings kein Rechtsanspruch auf Stundung bestehen, wenn der Erwerber die Steuer aus weiterem erworbenem Vermögen oder aus seinem vorhandenen eigenen Vermögen leisten kann (BT-DS 16/11107, S. 13).

     

    Im Jahr 2019 verfügte K nach Abzug des Kapitaldienstes auf Darlehen zur Finanzierung weiterer Grundstücke über liquide Mittel von weniger als 5.000 EUR, die ihr zum Leben verblieben. Eine Veräußerung dieser Immobilien hätte wegen der Grundstücksdarlehen nicht mit hinreichender Sicherheit einen entsprechenden Geldzufluss erzielt. K konnte die Schenkungsteuer damit nicht aus ihrem vorhandenen eigenen Vermögen aufbringen.

     

    Der Stundung steht nicht entgegen, dass K die Zahlung der Schenkungsteuer mit Krediten aus dem familiären Umfeld finanzieren konnte. Zwar wird sich ein Erwerber grundsätzlich darauf verweisen lassen müssen, dass eine Finanzierung im Kreditwege vorrangig vor einer Stundung gemäß § 28 Abs. 3 ErbStG zu erfolgen hat (FG Köln 10.8.12, 9 V 1481/12, offenlassend für den Fall, dass der Kredit nicht durch Erträge aus dem erworbenen Vermögen bedient werden kann, FG Münster 20.11.17, 3 K 396/16 AO, EFG 18, 139). Die Banken waren aber vorliegend nicht bereit, der K weiteren Kredit zu gewähren.

     

    Einer Stundung nach § 28 Abs. 3 S. 1 ErbStG steht auch nicht entgegen, dass K wegen des Nießbrauchsvorbehalts keine Erträge aus dem Mietobjekt erzielt, denn § 28 Abs. 3 S. 2 ErbStG sieht eine Steuerstundung sogar für selbstgenutzte Immobilien vor. Ob ein Objekt einen zur Bezahlung der Steuer verwendbaren Ertrag abwirft, ist für die Frage der Stundung damit unschädlich. Ferner spricht es nicht gegen das Stundungsbegehren, dass der Schenker möglicherweise als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden kann. Diese Ansicht der Finanzverwaltung und der Gesetzesbegründung (R E 28 Abs. 7 S. 4 ErbStR; BT-Drucksache 16/11107, S. 13) hätte zur Folge, dass eine Stundung bei einem Erwerb unter Lebenden fast immer ausgeschlossen wäre.

     

    Relevanz für die Praxis

    Das FG wies ferner darauf hin, dass die Dauer der Stundung nicht im Ermessen der Finanzverwaltung steht, sondern sich danach richtet, für welchen Zeitraum die Stundung beantragt worden ist.

     

    Durch die Begleichung der Schenkungsteuer hatte sich das Klagebegehren nicht erledigt. Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin (§ 40 Abs. 2 FGO) bestand weiterhin, denn ein die Stundung ablehnender Verwaltungsakt erledigt sich nicht durch die Tilgung der Steuerschuld, deren Stundung begehrt wird. Eine Erledigung des Rechtsstreits kann nur durch Stattgabe des Antrags auf Stundung während der Rechtshängigkeit der Streitsache herbeigeführt werden (BFH 22.4.88, III R 269/84, BFH/NV 89, 428; 23.6.93, X R 96/90, BFH/NV 94, 517, jeweils zu § 222 AO). Das FA hatte im Streitfall keinen solchen Verwaltungsakt erlassen.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2021 | Seite 160 | ID 47394807

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