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  • · Fachbeitrag · Betriebsvermögen

    Erwerb mehrerer KG-Beteiligungen: Optionsverschonung jeweils gesondert beantragen

    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    | Der bis zum 30.6.16 für die Gewährung der Vollverschonung von Betriebsvermögen maßgebende Anteil des Verwaltungsvermögens ist auch bei mehreren gleichzeitig übertragenen wirtschaftlichen Einheiten für jede Einheit gesondert zu ermitteln. Bei einer einheitlichen Schenkung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten kann die Erklärung zur optionalen Vollverschonung für jede Einheit gesondert abgegeben werden. Wurde die Erklärung zur optionalen Vollverschonung für eine wirtschaftliche Einheit abgegeben, die die Anforderungen an die Vollverschonung nicht erfüllt, ist insoweit auch nicht die Regelverschonung zu gewähren ‒ so der BFH mit Urteil vom 26.7.22. |

     

    Sachverhalt

    Klägerin K erhielt von ihrer Mutter am 31.12.10 vier KG-Beteiligungen geschenkt. Die Verwaltungsvermögensquote betrug bei drei Beteiligungen (K1, K3, K4) weniger als 10 % und bei einer Beteiligung (K2) 13 %. K beantragte für den gesamten Erwerb die vollständige Steuerbefreiung nach § 13a Abs. 8 ErbStG a. F. (Optionsverschonung), da die Verwaltungsvermögensquote insgesamt unter 10 % liege. Sollte die Quote je Betrieb zu ermitteln sein, müsse für den K2-Anteil die Regelverschonung gelten.

     

    Das FA gewährte für die Anteile an den K1, K3 und K4 die Optionsverschonung, für den K2-Anteil gewährte es weder die Regel- noch die Vollverschonung. Das FG Münster (10.9.20, 3 K 2317/19 Erb, EFG 20, 1713) folgte dem FA. Die Verwaltungsvermögensquote sei bei einheitlicher Schenkung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten gesondert für jede wirtschaftliche Einheit zu ermitteln. Der Antrag auf Vollverschonung sei aber nur einheitlich zu stellen. Ein „Rückfall“ auf die Regelverschonung für einen KG-Anteil, der nicht die Voraussetzungen der Vollverschonung, aber jene der Regelverschonung erfülle, sei nicht möglich.

     

    Entscheidungsgründe

    Der BFH hat sich der Einschätzung angeschlossen und klargestellt: Für den Anteil an der K2 ist weder die Vollverschonung noch die Regelverschonung zu gewähren (BFH 26.7.22, II R 25/20, Abruf-Nr. 231915).

     

    Der Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG bleibt zu 85 % außer Ansatz (Regelverschonung, § 13b Abs. 4 ErbStG a. F.), wenn das Betriebsvermögen zu mehr als 10 % und zu nicht mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht. Besteht das Betriebsvermögen nicht zu mehr als 10 % aus Verwaltungsvermögen, kann der Erwerber nach § 13a Abs. 8 ErbStG unwiderruflich erklären, dass sich der Begünstigungssatz von 85 % auf 100 % erhöht (Options-/Vollverschonung). Der Anteil des Verwaltungsvermögens ist dabei nach der Gesetzessystematik für jede wirtschaftliche Einheit gesondert zu ermitteln. Insbesondere die Behaltensfristen nach § 13a Abs. 5 ErbStG a. F. können nur isoliert und nicht konsolidiert geprüft werden (Kapp/Ebeling, § 13a ErbStG, Rz. 216).

     

    Auch wenn § 13b Abs. 2 S. 1 ErbStG a. F. von Betrieben und Gesellschaften im Plural spricht, erfolgt die Ermittlung des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2 S. 2 Nrn. 1 bis 5 ErbStG a. F. auf den einzelnen Betrieb bezogen. Gleiches gilt für die Abgrenzung des jungen Verwaltungsvermögens i. S. d. § 13b Abs. 2 S. 3 ErbStG a. F. („dem Betrieb … zuzurechnen …“). § 13a Abs. 8 ErbStG a. F. kann deshalb nur „die“ Steuerbefreiung für die jeweilige wirtschaftliche Einheit meinen.

     

    Beachten Sie | Die Optionsverschonung kann bei einer einheitlichen Schenkung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten nur gesondert für jede wirtschaftliche Einheit erklärt werden. Weder der Wortlaut des § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG a. F. („bleibt insgesamt außer Ansatz“) noch die des § 13a Abs. 8 ErbStG a. F. („die“ und nicht etwa „eine“ Steuerbefreiung) verlangen eine einheitliche Erklärung. Auch die Gesetzesbegründung („dem Betriebsnachfolger“, BT-Drs. 16/11107, S. 10) spricht für eine betriebsbezogene Erklärung. Bei einheitlicher Betrachtung könnte die missbräuchliche Umschichtung von Verwaltungsvermögen in einen anderen Betrieb die Vollverschonung für eine andere Einheit ermöglichen.

     

    Wurde wie im Streitfall die optionale Vollverschonung für eine wirtschaftliche Einheit erklärt, die die Anforderungen an die Vollverschonung nicht erfüllt, ist hierfür auch die Regelverschonung nicht zu gewähren, auch wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind. Die Erklärung zur Vollverschonung ist nach § 13a Abs. 8 ErbStG a. F. unwiderruflich. Die Gewährung der Regelverschonung für die einzelne Wirtschaftseinheit erfordert daher, dass für diese wirtschaftliche Einheit keine Erklärung zur Vollverschonung abgegeben wurde. Dem gesetzlichen Ziel, die Erhaltung des Betriebs und der Arbeitsplätze, würde nicht entsprochen, wenn das Vermögen auch ohne Antrag bereits zu 85 % begünstigt wäre. Zu den gesetzlich vorgesehenen Anreizen gehört auch der drohende Verlust der Regelverschonung, wenn der Erwerber die Anforderungen an die Vollverschonung nicht erfüllt.

     

    Relevanz für die Praxis

    Das Urteil ist zur alten Rechtslage ergangen. Für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 30.6.16 entsteht, gibt es auch eine Abstufung der Regelverschonung (§ 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG) und der Optionsverschonung (§ 13a Abs. 10 ErbStG). In den ErbStR 2019 vertritt die Finanzverwaltung nach wie vor die Ansicht, dass die Erklärung zur Optionsverschonung bei einer einheitlichen Schenkung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten nur einheitlich abgegeben werden kann (R E 13a.21 Abs. 1 S. 1 ErbStR 2019). Erfüllt keine der wirtschaftlichen Einheiten die Voraussetzungen der Optionsverschonung, ist nach Ansicht der Finanzverwaltung allerdings ein Rückfall auf die Regelverschonung möglich, da der Antrag auf Optionsverschonung dann ins Leere ginge (R E 13a.13 Abs. 3 S. 3 ErbStR 2011; R E 13a.21 Abs. 4 S. 3 ErbStR 2019).

     

    Nach dem Urteil des BFH vom 14.11.18 (II R 34/15, BStBl II 19, 674) zur Einhaltung der Lohnsumme sind mehrere rechtlich selbstständige wirtschaftliche Einheiten nicht als ein „Betrieb“ zusammenzufassen. In die Zahl der Beschäftigten einer Holdinggesellschaft seien daher nicht die Arbeitnehmer von Gesellschaften, an denen eine Beteiligung besteht, einzubeziehen.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2023 | Seite 3 | ID 48712051

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