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  • · Fachbeitrag · Betriebsaufspaltung

    Nießbrauch: Übertragung eines GmbH-Anteils mit umfassenden Stimmrechten keine Betriebsaufgabe

    von RA StB Dr. Thomas Stein, FA StR, Ulm

    | Überträgt in den Fällen der Betriebsaufspaltung der Gesellschafter der Betriebs-GmbH seine Anteile unter Vorbehaltsnießbrauch auf den Sohn, bleibt die personelle Verflechtung bestehen, wenn er weiterhin seinen Geschäfts- und Betätigungswillen auch im Betriebsunternehmen durchsetzen kann. |

     

    Sachverhalt

    Der Kläger K war Eigentümer zweier Grundstücke, die er an eine GmbH vermietete, an der er zu 64,99 % beteiligt war. Zum 31.12.02 übertrug der K 15 % der GmbH-Anteile an seinen Sohn, behielt sich aber das Vorbehaltsnießbrauchsrecht vor. Ab dem 1.1.03 war K somit zu 49,99 % an der Betriebs-GmbH beteiligt. Die Nießbrauchsvereinbarung sah vor, dass dem Nießbraucher auf Dauer des Nießbrauchs das Stimmrecht aus den übertragenen Anteilen zustand. Überdies war der Nießbraucher unwiderruflich bevollmächtigt, Ladungen zu Gesellschafterversammlungen entgegenzunehmen und dort das Stimmrecht aus den Anteilen ohne Beschränkungen auszuüben. Später veräußerte K mit Vertrag vom 20.9.04 seine beiden Grundstücke an die GmbH.

     

    Zunächst nahm das FA eine Beendigung der Betriebsaufspaltung im Jahr 02 an. Später korrigierte es den Ansatz des Gewinns im Jahr 02 im Einspruchsverfahren, berücksichtigte einen Betriebsaufgabegewinn aber im Rahmen eines Änderungsbescheids nach § 174 Abs. 4 AO im Jahr 04.

     

    Entscheidungsgründe

    Der X. Senat des BFH (25.1.17, X R 45/14, Abruf-Nr. 194626, BFH/NV 17, 1039) teilt die im Änderungsbescheid vertretene und die vom FG ebenfalls bejahte Auffassung, dass eine Betriebsaufspaltung durch die Einräumung des Vorbehaltsnießbrauchs an den GmbH-Anteilen nicht entfallen sei. Die für den Fortbestand der Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung sei schließlich gegeben, wenn eine Person oder Personengruppe beide Unternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen.

     

    Da sämtliche Stimm- und Verwaltungsrechte aus den GmbH-Geschäftsanteilen weiter dem K zustanden und das Stimmrecht keinerlei Beschränkungen oder Weisungen unterlag, ist der Fortbestand der personellen Verflechtung anzunehmen. Der Kläger kontrollierte somit weiterhin 64,99 % der Stimmen in der Betriebs-GmbH.

     

    Mit dem Verkauf der Grundstücke zum 20.9.04 wurde allerdings die sachliche Verflechtung der Betriebsaufspaltung beendet. Verfahrensrechtlich interessant ist die weitere Dimension des Urteils. Durch die Änderung des Bescheids des Jahres 02 im Einspruchsverfahren ist der Anwendungsbereich der Änderungsnorm § 174 Abs. 4 AO eröffnet worden. Der für die Änderungsnorm erforderliche bestimmte Sachverhaltskomplex sei die Übertragung der GmbH-Anteile unter Nießbrauchsvorbehalt im Jahr 02, der durch die Veräußerung der beiden Grundstücke im Jahr 04 zulässigerweise ergänzt worden sei. Bedeutsam ist auch die nochmalige Betonung des BFH, dass keine vollständige Identität zwischen dem zunächst irrig beurteilten und dem später zu beurteilenden Sachverhalt erforderlich sei (so auch BFH 19.8.15, X R 50/13, BStBl II 17, 15, Rn. 21). Insbesondere seien der Entfall der personellen und der sachlichen Verflechtung keine unterschiedlichen Sachverhalte (so die Vorinstanz FG Köln 28.4.14, 10 K 1811/12, EFG 14, 1797).

     

    Relevanz für die Praxis

    Das Urteil beschäftigt sich mit einem der wesentlichen Stolpersteine der ertragsteuerlichen Betrachtungen in der Nachfolgeplanung (siehe auch Stein, ErbBstg 17, 252). Dass die Einräumung eines Vorbehaltsnießbrauchs die personelle Verflechtung beenden kann, bejaht die Rechtsprechung (BFH 21.1.15, X R 16/12, BFH/NV 15, 815).

     

    MERKE | Während die bisherigen Entscheidungen meist zur Beendigung der Betriebsaufspaltung kamen, sichert diese Entscheidung den Fortbestand der personellen Verflechtung im Fall der umfassenden Stimmrechtseinräumung an den Nießbraucher ab. Der Vorbehaltsnießbrauch am Anteil an der Betriebs-GmbH ist somit per se nicht schädlich für die personelle Verflechtung. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass bei Nießbrauchsbestellungen am Mitunternehmeranteil solch weitreichende Stimmrechtsvorbehalte wie im Urteilsfall aus anderen Gründen (keine Vergünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG mangels Mitunternehmerinitiative) steuerschädlich sind (BFH 10.12.08, II R 34/07, BStBl II 09, 312; BFH 4.5.16, II R 18/15, BFH/NV 16, 1565).

     

    Wird dem Nießbraucher weniger Stimmrechtsmacht an der Betriebs-GmbH eingeräumt, wird der Fortbestand der personellen Verflechtung gefährdet sein. Anders als im Einzelunternehmen, das vom Nießbraucher beherrscht wird (FG HH 12.7.12, 1 K 132/08, BeckRS 16, 95292), liegt das Stimmrecht beim Anteilsnießbrauch beim Gesellschafter (OLG München 8.8.16, Wx 204/16, DStR 16, 2000; a.A. OLG Stuttgart 28.1.13, 8 W 25/13, ZEV 13, 347 (Stimmrechtsspaltung)). Daher droht bei schwächer ausgestalteten Stimmrechten des Nießbrauchers der Entfall der personellen Verflechtung.

     

    Bei umfassender Stimmrechtsmacht des Nießbrauchers ‒ wie im Streitfall ‒ ist aber zu prüfen, ob der Kläger (Nießbraucher und Schenker) nicht weiterhin wirtschaftlicher Eigentümer der GmbH-Gesellschaftsanteile ist (BFH 24.1.12, IX R 51/10, ErbBStG 12, 124). Vorliegend bejahte dies bereits das erstinstanzlich entscheidende FG Köln (28.4.14, 10 K 1811/12, EFG 14, 1797). Sobald aber das wirtschaftliche Eigentum auf den Beschenkten übergeht, wird eine Entnahme der 15 %-GmbH-Anteile ungeachtet des Fortbestands der personellen Verflechtung bejaht werden. Der Neu-Inhaber führt die GmbH-Anteile dann nicht mehr im Betriebs-, sondern im Privatvermögen. Dies entspricht der Betrachtung des FG HH (12.7.12, 1 K 132/08, BeckRS 16, 95292), das für die isolierte Übertragung des Betriebsunternehmens unter Vorbehaltsnießbrauch zwar den Fortbestand der personellen Verflechtung bejaht, aber eine Entnahme des Schenkungsgegenstands als gegeben ansah.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2018 | Seite 3 | ID 45040069

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