08.01.2010
Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 11.07.2002 – 3 K 225/00
1. Ein Zweckverband, der als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Konversion militärischer Liegenschaften betreibt und dem durch seine Mitglieder hoheitliche Befugnisse übertragen worden sind, kann neben dem hoheitlichen Bereich je nach Tätigkeitsbereich auch einen oder mehrere Betrieb(e) gewerblicher Art unterhalten und insoweit als Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein. Er ist also nicht etwa steuerlich zwingend entweder vollständig als Hoheitsbetrieb oder vollständig als Unternehmer zu behandeln.
2. Der tatsächlich im Rahmen des allgemeinen wirtschaftlichen Marktgeschehens in den dafür in der Rechtsordnung bereitstehenden Rechtsformen des Zivilrechts abgewickelte An- und Verkauf von Grundstücken auf dem Gelände bildet auch dann einen Betrieb gewerblicher Art des Zweckverbands, wenn er der Boden- und Siedlungspolitik des Verbands und seiner Trägerkörperschaften dient.
3. Dagegen werden die dem Verband als öffentliche Aufgabe übertragenen, von ihm auf eigene Rechnung durchgeführten Erschließungsmaßnahmen (Planung, Bau und Unterhalt von Straßen, Be- und Entwässerung) auch dann hoheitlich und nicht unternehmerisch ausgeübt, wenn der Verband dabei ausschließlich auf eigenem Gelände tätig wird und deswegen nicht auf hoheitliche Machtmittel gegenüber gewaltunterworfenen Bürgern angewiesen ist. Dass der erschlossene Grundbesitz anschließend vermarktet werden soll, ändert daran nichts, der Betrieb gewerblicher Art „An- und Verkauf von Grundstücken” ist insbesondere nicht zu einem Vorsteuerabzug aus den Erschließungsmaßnahmen berechtigt.
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Finanzrechtsstreit
wegen Umsatzsteuer-Vorauszahlung März 2000
hat der 3. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Juli 2002 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht…, Richter am Finanzgericht…, ehrenamtliche Richterin …, ehrenamtlichen Richter…
für Recht erkannt:
1. Der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid vom 9. Oktober 2000 wird geändert: Für März 2000 wird eine Umsatzsteuer-Vergütung in Höhe von … DM = … EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger 3/5 und der Beklagte 2/5.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, falls der Kläger nicht seinerseits Sicherheit leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, inwieweit der klagende Zweckverband, der als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Konversion militärischer Liegenschaften betreibt, als Unternehmer tätig und somit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (§ 2 Abs. 1, 3 Satz 1, § 15 Umsatzsteuergesetz – UStG –).
Der Kläger wurde als Zweckverband nach dem einschlägigen Landesrecht als Körperschaft des öffentlichen Rechts am 1. Oktober 1994 durch verschiedene kommunale Körperschaften gegründet. Mitglieder sind neben dem Landkreis … (Landkreis) mehrere kreisangehörige Gemeinden und ein Gemeindeverwaltungsverband, auf deren Gemarkung bzw. in deren Nähe das früher militärisch genutzte Flugplatzgelände … (B.) liegt, sowie die Stadt … (F.). Als Verbandsgebiet ist in § 1 Abs. 3 der Verbandssatzung das Gebiet des früheren Militärflugplatzes definiert. Die Aufgaben des Zweckverbands ergeben sich aus § 2 der Verbandssatzung wie folgt:
„(1) Der Zweckverband plant und erschließt das Verbandsgebiet, erwirbt und veräußert dort Grundstücke, siedelt Betriebe an, errichtet, unterhält und betreibt die im Verbandsgebiet erforderlichen kommunalen Einrichtungen.
(2) Der Zweckverband übernimmt für das Verbandsgebiet die Aufgaben eines Planungsverbandes im Sinne des § 205 Abs. 1 BauGB. …
(3) Der Zweckverband übernimmt für das Verbandsgebiet von den Gemeinden … die Verpflichtung zur Aufstellung von Grünordnungsplänen nach § 9 des Naturschutzgesetzes für Baden-Württemberg.
(4) Die Gemeinden … übertragen dem Zweckverband das Recht, im Verbandsgebiet die Gas-, Strom-, Wasser- und sonstigen Versorgungseinrichtungen sowie die Entwässerungs- und sonstigen Erschließungsanlagen zu schaffen. Sie übertragen dem Zweckverband ferner die mit diesen Anlagen und Einrichtungen zusammenhängenden Rechte und Pflichten, insbesondere das Recht zum Abschluß von Konzessionsverträgen, zur Ausübung des Anschluß- und Benutzungzwangs, zur Erhebung von Kommunalabgaben … sowie die Aufgaben des Trägers der Straßenbaulast nach den §§ 43 Abs. 4 und 44 StrG ….
(5) Die Gemeinde E. überträgt dem Zweckverband die Aufgabe der Abwasserentsorgung für das Schmutzwasser auf dem Grundstück … der Gemarkung E.. Die Gemeinde Ha. überträgt dem Zweckverband die Aufgabe der Abwasserentsorgung für das Schmutzwasser auf den Grundstücken … der Gemarkung B.. Die Übertragung umfaßt auch das Recht zum Erlaß der entsprechenden Satzungen und zur Erhebung von Gebühren und Beiträgen.
(6)….
(7)….”
Die Verbandsverwaltung wird nach § 9 der Satzung durch einen Verbandsdirektor und weitere Bedienstete geführt. Organe des Zweckverbands sind gemäß § 3 der Satzung die Verbandsversammlung und der Verbandsvorsitzende.
Der Kläger hat durch Vertrag vom 31. Juli 1997 als alleiniger Gesellschafter die „Gewerbepark … GmbH” (GmbH) gegründet. § 2 des Gesellschaftsvertrags lautet in Abs. 1:
„Gegenstand des Unternehmens sind die Entwicklung und der Betrieb des Gewerbeparks … auf dem Gelände des ehemaligen Militärflugplatzes B.. Die Gesellschaft hat die Aufgabe, für den Zweckverband … in dessen Verbandsgebiet die Erschließung mit Straßen, Abwasserbeseitigungsanlagen, Versorgungseinrichtungen für Gas, Strom und Wasser die Ansiedlung und Betreuung von Unternehmen, die Verpachtung und Unterhaltung von Grundstücken, Gebäuden und technischen Anlagen sowie den Betrieb eines Sonderlandeplatzes durchzuführen, soweit diese Aufgabe nicht hoheitlich vom Zweckverband wahrgenommen werden muss.”
Die GmbH wird vom Kläger mit der Durchführung des sogenannten operativen Geschäfts beauftragt. Zu diesem Zweck sind zwischen dem Kläger und der GmbH unterschiedliche Dienstleistungsvereinbarungen abgeschlossen, die Vergütungspflichten des Klägers enthalten. Das Personal des Klägers wird teilweise gegen Vergütung für die Tätigkeit der GmbH verwendet, insbesondere ist der Verbandsdirektor Geschäftsführer der GmbH.
Der Kläger hat die im Verbandsgebiet gelegenen Grundstücke von den früheren Eigentümern teilweise bereits erworben, teilweise beabsichtigt er den weiteren Erwerb. Für Teile des Verbandsgebiets hat der Kläger bauplanungsrechtliche Regelungen aufgestellt, für die restlichen Teile ist dies beabsichtigt. Bestimmte Teile der aufgrund der planungsrechtlichen Festlegungen vorzunehmenden Erschließungen wurden und werden durch den Kläger bzw. in dessen Auftrag durchgeführt. So hat der Kläger sowohl den Straßenbau als auch die Erschließung mit Ver- und Entsorgungsleitungen (Abwasser und Wasserversorgung) für die sogenannte Ringerschließung und den Anschluss dieser Anlagen an das öffentliche Straßennetz, an eine kommunale Abwasserentsorgungsanlage sowie an ein Wasserversorgungswerk jeweils außerhalb des Verbandsgebiets durchgeführt. Die übrige Erschließung, insbesondere Straßenbau, Ver- und Entsorgung sowie Herrichtung der Grundstücksflächen, ist einem gewerblich tätigen Erschließungsträger (Firma … GmbH F.) übertragen. Die erschlossenen und hergerichteten Grundstücke werden als gewerblich nutzbare Flächen auf dem einschlägigen Markt angeboten und an Interessenten zu einem festgelegten Preis je m² Fläche veräußert. Nach den dafür jeweils verwendeten Muster-Kaufverträgen sind mit diesem Kaufpreis die Kosten der sogenannten Grundinfrastruktur, insbesondere die durch den Kläger durchgeführte sogenannte Grunderschließung abgegolten. Der jeweilige Erwerber verpflichtet sich darüber hinaus zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrags mit dem sogenannten Erschließungsträger und zur Zahlung eines pauschalierten Erschließungskostenanteils für die sogenannte Feinerschließung. Dieser zusätzliche Erschließungskostenanteil ist vertraglich als Ablösung der öffentlich-rechtlichen Beitragspflichten bezeichnet.
Vor der Gründung des Klägers wandte sich das Landratsamt an die damalige Oberfinanzdirektion …(OFD), um die künftige steuerliche Behandlung des Klägers abzuklären. Im Schreiben vom 13. September 1994 vertrat die OFD sinngemäß die Ansicht, die Tätigkeit des künftigen Zweckverbands sei insgesamt zur Körperschaftsteuer steuerpflichtig, weil der Verband als Körperschaft des öffentlichen Rechts einen Betrieb gewerblicher Art bilde. Die gesamten Aufgaben der Planung und Erschließung des ehemaligen Flugplatzgeländes als Gewerbepark seien auf viele Jahre hinaus und somit nachhaltig angelegt. Die Tätigkeit sei von wirtschaftlicher Bedeutung, da der Jahresumsatz die Grenze von 60.000 DM übersteigen werde. Die Tätigkeit sei auch nicht der öffentlichen Gewalt eigentümlich und vorbehalten, da sie auch von Privaten ausgeführt werden könne. Wenn auch einige Teilbereiche des Betriebs gewerblicher Art bei dem Verband hoheitlich seien, überwiege jedenfalls die wirtschaftliche Seite, was für die Steuerpflicht ausschlaggebend sei. Der Zweckverband erfülle somit alle Merkmale eines Betriebs gewerblicher Art und sei unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Betrieb gewerblicher Art und öffentlich-rechtliche Körperschaft als Steuersubjekt seien Identisch. In umsatzsteuerlicher Hinsicht sei der Zweckverband damit Unternehmer und zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Bei der Besteuerung des Klägers durch den Beklagten (das Finanzamt – FA –) ergaben sich Zweifel an dem Umfang der Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Zunächst wurde davon ausgegangen, dass ein geringfügiger Anteil der Versteuern nicht abziehbar sei, weil die bezogenen Leistungen steuerfreien Ausgangsumsätzen zuzuordnen seien (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Später vertrat das FA die Ansicht, der Vorsteuerabzug sei weitergehend ausgeschlossen, da die Tätigkeit des Klägers als hoheitliche Tätigkeit zu würdigen sei.
Wegen der Auswirkung auf die Gestaltung des Muster-Verkaufsvertrags für gewerbliche Grundstücke ließ der Kläger mit Schreiben vom 16. Oktober 1998 eine verbindliche Auskunft beantragen, und vertrat dabei sinngemäß die Ansicht, die mit dem m²-Preis abgegoltene Leistung des Klägers einschließlich der sogenannten Grundinfrastruktur sei insgesamt eine steuerbare und aufgrund vorgenommener Option steuerpflichtige Leistung, sodass sämtliche zu deren Erbringung verwendete Eingangsleistungen einschließlich der Abwasserinfrastruktur zum Vorsteuerabzug berechtigten.
In der Antwort vom 13. August 1999 teilte das FA mit, es sei nach umfangreichen Auseinandersetzungen und Rückfragen zum Ergebnis gekommen, die Grundinfrastruktur sei als Vorstufe der eigentlichen Erschließung insgesamt der hoheitlichen Betätigung zuzurechnen. Die zur Grundinfrastruktur gerechneten Aufwendungen, insbesondere für öffentlichen Straßenbau, Entsorgungseinrichtungen, Kläranlagen gelten gemeinhin als typisch hoheitliche Aufgabenbereiche. Bezüglich der Grundinfrastruktur als hoheitlicher Betätigung sei demnach eine Unternehmereigenschaft von vorne herein nicht gegeben, die Frage nach Folgeumsätzen stelle sich deshalb nicht. Der Vorsteuerabzug sei insoweit zu versagen, und zwar nicht nur für die sogenannte Abwasserinfrastruktur sondern für alle Maßnahmen der Grundinfrastruktur.
Der Kläger wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 7. Oktober 1999 an die nunmehr zuständige OFD und bat um fachliche Überprüfung der Ansicht des FA. Mit Schreiben vom 8. Oktober 1999 wandte sich außerdem der Verbandsvorsitzende des Klägers an den Landesfinanzminister. In seiner Antwort vom 14. März 2000 vertrat der Minister die Ansicht, die Übertragung der in der Verbandssatzung aufgeführten hoheitlichen Aufgaben der beteiligten Gemeinden auf den Kläger mache diese nicht zu wirtschaftlichen Tätigkeiten, vielmehr sei das Handeln des Klägers als übernehmender Körperschaft des öffentlichen Rechts weiterhin grundsätzlich als hoheitlich zu qualifizieren. Auch die Grundstücksgeschäfte müssten deshalb dem hoheitlichen Bereich zugeordnet werden. Schon mit Erlass vom 4. Dezember 1980 sei entschieden worden, dass der Verkauf von Grundstücken grundsätzlich keine wirtschaftliche Tätigkeit darstelle, sofern die Verkäufe im Rahmen der von den Gemeinden durchzuführenden Boden- und Siedlungspolitik getätigt würden. Diese Auffassung sei 1993 von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der übrigen Länder bestätigt worden. Bei Grundstücksgeschäften stehe die Boden- und Siedlungspolitik im Vordergrund, sodass hoheitliches Handeln vorliege.
Das FA vertrat im Schreiben vom 21. September 2000 die Ansicht, nach Absprache mit dem Finanzministerium könnten die im Zeitpunkt von dessen Entscheidung im März 2000 bereits in Angriff genommenen Einzelprojekte und Geschäfte noch nach der ursprünglich vom FA erteilten verbindlichen Auskunft abgewickelt werden, danach sei nach den neuen Grundsätzen zu verfahren.
In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung (UStVA) für März 2000 erklärte der Kläger einen Ausgangsumsatz von … DM und machte gegenüber der daraus folgenden Umsatzsteuer in Höhe von … DM Versteuern in Höhe von … DM geltend, die aus einer Kürzung des gesamten Vorsteuerbetrags von … DM um 3,0 % für einen Anteil steuerfreier Umsätze resultierte. Die einzelnen Vorsteuerbeträge wurden in einer Anlage zur Voranmeldung aufgegliedert (vgl. … Bl. … der Gerichtsakte). Das FA hatte der Voranmeldung zwar zugestimmt (§ 168 Satz 2 Abgabenordnung – AO –), änderte diese Steuerfestsetzung jedoch durch Bescheid vom 9. Oktober 2000 gemäß § 164 Abs. 2 AO und setzte die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsschuld des Klägers für März 2000 auf 0 DM fest.
Dagegen richtet sich die … Sprungklage, … der das FA … zugestimmt hat (§ 45 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Der Kläger beruft sich darauf, seine in § 2 Abs. 1 der Verbandssatzung festgelegte Aufgabe, Grundstücke zu erwerben und zu veräußern, bilde keine hoheitliche Tätigkeit und erfolge nicht auf der Grundlage hoheitlicher Handlungsformen. Sie bilde auch keine staatlichen oder kommunalen Behörden vorbehaltene Tätigkeit. Der Umstand, dass der Kläger auch hoheitliche Tätigkeiten wie Bauleitplanung ausübe, ändere an der rein privaten Natur der Grundstücksgeschäfte nichts.
Der Ankauf, die Herrichtung zum Verkauf und der Verkauf von Grundstücken sei außerdem schon deshalb keine hoheitliche Tätigkeit, weil sie auch von privaten Bauträgern im Rahmen einer Bauland-Entwicklung und -Erschließung vorgenommen werde. Eine solche Projektentwicklung werde nicht dadurch zur hoheitlichen Tätigkeit, dass der Kläger zugleich die Planungshoheit inne habe.
Eine grundsätzliche Steuerpflicht der Tätigkeit zur Entwicklung und Veräußerung von Gewerbegrundstücken entspreche der rechtlichen Zielsetzung der Steuerpflicht, dass die öffentliche Hand der Steuer dort unterliege, wo private Unternehmer ebenfalls nur unter Zahlung von Steuern beruflich oder gewerblich tätig werden könnten. Die Baulandentwicklung sei ein solcher gewerblicher Betrieb und könne nicht als hoheitlicher Betrieb angesehen oder mit einem solchen zusammengefasst werden. Die hoheitliche Aufgabe der Bauleitplanung ende mit dem Inkrafttreten des Plans.
Der Kläger konkurriere auch tatsächlich mit entsprechenden Konversionsprojekten, bei denen zwar die planende Tätigkeit ebenfalls einem Zweckverband übertragen sei, Grundstückseigentümer und Verkäufer aber eine privatrechtliche Gesellschaft sei.
Der Versuch, Grundstücksverkäufe als hoheitliche Tätigkeit zu qualifizieren, widerspreche dem Recht der Europäischen Union (EU). § 2 Abs. 3 UStG bilde die Umsetzung von Artikel 4 Abs. 5 der 6. EU-Umsatzsteuer(USt)-Richtlinie. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) sei der Begriff des Hoheitsbetriebs eng auszulegen. Ein solcher liege Insbesondere dann nicht vor, wenn die öffentliche Körperschaft ihre Tätigkeit unter den gleichen rechtlichen Bedingungen ausübe wie private Wirtschaftsunternehmer. Umsatzsteuerrechtlich sei hiermit eine bedingungslose Anknüpfung an die körperschaftsteuerliche Abgrenzung von Betrieben gewerblicher Art ausgeschlossen.
Bei der Anwendung von § 2 Abs. 3 UStG auf den Kläger sei zu berücksichtigen, dass diese Vorschrift primär auf Gebietskörperschaften zugeschnitten sei, die nicht in erster Linie zur Ausübung unternehmerischer Tätigkeiten geschaffen seien. Der Kläger als Zweckverband sei jedoch alleine zur Erfüllung begrenzter Zwecksetzungen gegründet worden, die nicht primär hoheitlich, sondern erwerbswirtschaftlich seien. Im Sinne der Wettbewerbsgleichheit müsse der Zweckverband als Unternehmer behandelt werden, dem der Vorsteuerabzug zustehe, weil bei im Übrigen gleicher Tätigkeit auch eine Kapitalgesellschaft die entsprechenden Leistungen für Ihre unternehmerische Sphäre bezogen hätte und zum Vorsteuerabzug befugt wäre.
Die Wettbewerbsgleichheit werde insbesondere in Artikel 4 Abs. 5 der 6. EU-USt-Richtlinie gefordert, wobei es nicht auf ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ankomme, sondern die Möglichkeit ausreiche, dass Leistungen ihrer Art nach auch von privaten Unternehmern angeboten werden könnten und Umsatzsteuerpflicht auslösten. Lediglich für die Besteuerung der hoheitlichen Leistungen, komme es auf eine Wettbewerbsverzerrung im Einzelfall an, die konkret ermittelt werden müsse.
Die vom Kläger durchgeführten Konversionsmaßnahmen würden in gleicher Weise auch durch beliebige Erschließungsträger in Form einer Kapitalgesellschaft vorgenommen werden können. Wenn die Mitglieder des Zweckverbands zu diesem Zweck eine Kapitalgesellschaft gegründet hätten, wäre deren Tätigkeit notwendig unternehmerisch gewesen.
Wegen des tatsächlich nur minimalen hoheitliche Anteils der vom Kläger erbrachten Leistungen seien diese unter dem Gesichtspunkt der Einheitlichkeit der Leistung der wirtschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen und nicht umgekehrt. Allenfalls seien die hoheitlichen Tätigkeiten von den wirtschaftlichen Tätigkeiten zu trennen, soweit letztere gewerblicher Natur seien.
Hier lägen jedoch bei den Planungsleistungen Nebenleistungen zur eigentlichen Grundstückslieferung vor.
Der Grunderwerb und die Maßnahmen zur Baureifmachung der Grundstücke einschließlich Erwerbsnebenkosten, Vermessungs- und Abbruchkosten, Kosten der Altlasten-Untersuchung und -Beseitigung sowie Kosten für notwendige ökologische Ausgleichsmaßnahmen überschreite eine Verwaltung des eigenen Grundbesitzes zumindest dadurch, dass die Tätigkeit entsprechend den Rechtsprechungsgrundsätzen für den gewerblichen Grundstückshandel als gewerblich zu qualifizieren sei. Zumindest wegen der eigenen Erschließungs-, Parzellierungs- und Veräußerungs-Tätigkeit sei der Kläger wie ein Erschließungsunternehmer der Bauland aufbereite, als gewerblich und damit als unternehmerisch tätig zu behandeln. Arbeiten, die entsprechend den abgeschlossenen Kaufverträgen zur Herstellung des vertraglich vereinbarten Zustands der verkauften Grundstücke gehörten, seien Teil der Grundstückslieferung selbst. Das betreffe die Erschließungsmaßnahmen sowohl für die Wasserversorgung, die Entwässung als auch für die Straßen. Diese vom Lieferer eines unbebauten, baureif erschlossenen Grundstücks veranlassten Erschließungsleistungen gingen in den Grundstücksumsatz ein und seien damit Teil des Umsatzes.
Das Gleiche gelte für die aufgewandten Vergütungen für die Finanzierung und Vermarktung, die unmittelbar der Veräußerung der Grundstücke dienten.
Ebenso unterstützten die vom Kläger durchgeführten Infrastrukturmaßnahmen (für den Flugplatz und das Industriegleis) die wirtschaftliche Verwertbarkeit der verkauften bzw. zu verkaufenden Grundstücke.
Die vom Kläger hergestellten Straßen der sogenannten Grunderschließung baue der Kläger nicht als Hoheitsträger, sondern als privatrechtlicher Eigentümer der zu verkaufenden Grundstücke, wie auch ein privatrechtlicher Erschließungsträger unter sonst gleichen Umständen das Konversionsprojekt entwickeln würde. Diese Maßnahmen gehörten wie bei einem privaten Erschließungsträger zu den Infrastrukturleistungen, die der Kläger gleichzeitig mit der Lieferung der erschlossenen Grundstücke erbringe. Infolge dessen könnten öffentlich-rechtliche Beiträge nicht mehr hoheitlich angefordert werden, schon weil beitragsfähiger Aufwand gar nicht entstehe. Das Gleiche gelte für die Herstellung der Wasserversorgung, die ohnehin bei isolierter Betrachtung als Betrieb gewerblicher Art anzusehen sei, sowie für den Neubau des internen Abwassernetzes in der Grunderschließung, für die Planungskosten, für die ursprünglich vorgesehene eigene Kläranlage sowie für den externen Anschluss an die regionale Kläranlage. Anders als in von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen sei die Abwasserbeseitigung in Baden-Württemberg nicht als öffentliche Aufgabe den Kommunen zugewiesen. Nach § 45c des Baden-Württembergischen Wassergesetzes (WG) seien die Gemeinden berechtigt, die Abwasserbeseitigung zu privatisieren. Infolge dessen bestehe hier die Möglichkeit einer Konkurrenz und außerdem sei der bautechnische Vorgang der Verlegung von Abwasserkanälen auch dann nicht als hoheitliche Leistung zu beurteilen, wenn die Abwasserbeseitigung selbst hoheitlich durchgeführt werde.
Für die Flächennutzungs- und Landschaftsplanung, die Bebauungspläne und die Grünflächenplanung seien weniger als 1 % des Gesamtaufwands erbracht worden. Diese Tätigkeiten seien zwar hoheitlich, gingen jedoch ebenfalls im Gesamtobjekt auf. Aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung, der auf Artikel 16 der 6. EU-USt-Richtlinie zurückzuführen sei, sei ein Leistungsbündel auch dann unaufgeteilt zu versteuern, wenn eine Trennbarkeit zwar gegeben sei, diese jedoch nur schwierig möglich sei und eine Steuerfreiheit nur unerhebliches Gewicht habe. Aus dem nach der Rechtsprechung hierbei eingreifenden Vereinfachungsgesichtspunkt könne die Steuerbefreiung nach § 2 Abs. 3 UStG nicht eingreifen, wenn der hoheitliche Anteil nur geringfügig sei, wie es hier zutreffe. Demgegenüber befremde die vom FA vertretene gegenteilige Meinung, wonach die Planung mit unter 1 % der Gesamtkosten die Hauptsache und die Entwicklung der beplanten Grundstücke zum Verkauf mit 99 % der Kosten die Nebensache darstellen sollten. Die Planungshoheit sei nur deshalb auf den Kläger übertragen worden, um die gewerbliche Entwicklung des Konversionsprojekts effektiver und schneller durchführen zu können.
Die im streitigen Vorauszahlungszeitraum aufgewandten Sanierungskosten für das Existenzgründerzentrum, für die Teilsanierung eines weiteren Gebäudes, für den Bauhof und für das Verwaltungsgebäude würden vom Kläger seinem Betrieb gewerblicher Art und nicht dem Hoheitsbetrieb zugeordnet. Alle vier Gebäude seien überwiegend vermietet und dienten primär dazu, Interessenten für den Kauf von Grundstücken zu gewinnen. Auch die übrigen Kosten seien dem Betrieb gewerblicher Art zugeordnet
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den USt-Vorauszahlungsbescheid vom 9. Oktober 2000 zu ändern und eine USt-Vergütung für März 2000 von … DM festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es bestreitet weiterhin die Unternehmer-Eigenschaft des Klägers. Seine Tätigkeit hebe sich entschieden von derjenigen eines privaten Bauträgers ab. Der Kläger habe ein riesiges Gebiet erschlossen, Gebäude abgebrochen, Straßen gebaut, Versorgungseinrichtungen erstellt und die Aufstellung von Bauleit- und Gründflächenplänen übernommen. Private Bauträger träten dagegen regelmäßig erst dann auf, wenn solche Arbeiten abgeschlossen seien. Bei dem Gesamtprojekt des Klägers sei die Grund Stücks Veräußerung von eher untergeordneter Bedeutung. Da die Veräußerungspreise die hohen Erschließungsaufwendungen nicht abdecken könnten, dienten die Veräußerungserlöse dazu, die Verluste des Gesamtprojekts zu vermindern. Ein derartiges Projekt würde kein privater Investor angehen, es sei nur aus der Pflicht der Gemeinden zur Ordnung und Gestaltung ihres Gebiets durch planmäßige und gezielte Boden- und Siedlungspolitik zu erklären. Aufgabe der Gemeinden seien dabei neben der Planung auch die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen im Einzelfall, einschließlich des Erwerbs und der Veräußerung von Grundstücken. Dazu stünden z. B. im Baugesetzbuch (BauGB) gesetzliche Vorkaufsrechte sowie die hoheitlichen Verfahren der Umlegung, Enteignung und Erschließung zur Verfügung.
Derartige hoheitliche Aufgaben seien dem Kläger in der Verbandssatzung ausdrücklich übertragen worden. Die Veräußerung von Grundstücken sei lediglich Ausfluss der hoheitlichen Betätigung und sei deshalb insgesamt dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen Selbst wenn die hoheitlichen Betätigung von einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu trennen sei, müssten die Vorsteuern für die Erschließung dem hoheitlichen Bereich zugeordnet werden und seien daher nicht abziehbar.
Der Kläger hat Kopien zahlreicher Schriftstücke (…) vorgelegt. Im Einzelnen wird auf die Anlagen … verwiesen.
Der Berichterstatter hat die Sache mit den Beteiligten am 21. März 2002 erörtert. Am 11. Juli 2002 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die jeweiligen Niederschriften wird verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Der Kläger ist umsatzsteuerlich Unternehmer und als solcher zum Vorsteuer-Abzug berechtigt, weil er neben hoheitlicher Tätigkeit auch einen (oder mehrere) Betrieb(e) gewerblicher Art unterhält, wobei er nachhaltig Einnahmen erzielt. Durch die vom Kläger betriebenen Grundstücksgeschäfte wird weder Insgesamt für alle Tätigkeiten ein Betrieb gewerblicher Art unterhalten, noch stellt sich die gesamte Tätigkeit als hoheitlich dar. Vorsteuern für Leistungsbezüge, die der hoheitlichen Tätigkeit zuzuordnen sind, sind nicht abziehbar.
1. Die Beteiligten gehen zutreffend übereinstimmend davon aus, dass der Kläger als Körperschaft des öffentlichen Rechts aufgrund der ihm durch seine Mitglieder in der Verbandssatzung zugewiesenen Aufgaben Träger hoheitlicher Befugnisse ist, die er auch tatsächlich ausgeübt hat. Alleine dieser Umstand schließt jedoch eine unternehmerische Tätigkeit des Klägers ebenso wenig aus, wie dies bei anderen Körperschaften zutrifft. Vielmehr sind die einzelnen Tätigkeiten des Klägers daraufhin zu beurteilen, inwieweit sie nach den tatsächlich verwirklichten Merkmalen als hoheitliche, als andere steuerlich unbeachtliche oder als wirtschaftliche und damit unternehmerische Betätigungen zu qualifizieren sind.
Diese Einzelprüfung kann und muss ggf. dazu führen, dass verschiedene Teile der Tätigkeit des Klägers steuerlich unterschiedlich zu behandeln sind. Eine bestimmte steuerliche Würdigung eines einzelnen Tätigkeitsbereichs führt grundsätzlich nicht zur entsprechenden Würdigung der gesamten Tätigkeit, falls nicht eine unmittelbare rechtliche oder wirtschaftliche Verbindung vorliegt. Insoweit ist der Kläger weder rechtlich noch steuerlich anders zu behandeln als eine sonstige Körperschaft des öffentlichen Rechts, insbesondere nicht anders als die Gemeinden, die ihn zur Erfüllung bestimmter Aufgaben gegründet und ihm einzelne öffentlich-rechtliche Befugnisse übertragen haben. Der Senat hält demnach weder die ursprüngliche Verwaltungsauffassung für zutreffend, wonach die gesamte Tätigkeit des Klägers wegen des Überwiegens gewerblicher Geschäfte einen Betrieb gewerblicher Art bilde, noch die Ansicht, aufgrund der Ausübung bestimmter hoheitlicher Befugnisse könne der Kläger insgesamt nur hoheitlich tätig geworden sein. Auch die vom Kläger vorgetragenen Überlegungen zum Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung erscheinen nicht überzeugend, weil tatsächlich verschiedene Tätigkeiten des Klägers zu beurteilen sind, die nicht in Leistungen an Abnehmer bestehen.
2. Der An- und Verkauf von Grundstücken bildet nach Ansicht des Senats einen Betrieb gewerblicher Art des Klägers, weil es sich dabei um eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit handelt, die weder in öffentlich-rechtlichen oder gar hoheitlichen Rechtsformen abgewickelt wird noch der bloßen Vermögensverwaltung der öffentlichen Hand dient. Eine hoheitliche Betätigung kann nicht allein daraus abgeleitet werden, dass inhaltlich der Handel mit Grundstücken der sog. Soden- und Siedlungspolitik einer Körperschaft des öffentlichen Rechts dient, was hier sowohl für die beteiligten Städte und Gemeinden als auch Insbesondere für den Kläger zutrifft, der ausdrücklich „zur gemeinsamen interkommunalen gewerblichen Nutzung” (Satzung Präambel Abs. 1), „zur wirtschaftlichen Weiterentwicklung” (Präambel Abs. 3), zum Erwerb und zur Veräußerung von Grundstücken und zur Ansiedlung von Betrieben (§ 2 Abs. 1) gegründet worden ist. Entscheidend ist vielmehr, dass diese Betätigung tatsächlich im Rahmen des allgemeinen wirtschaftlichen Marktgeschehens in den dafür in der Rechtsordnung bereitstehenden Rechtsformen des Zivilrechts abgewickelt wird, ohne dass der Kläger den jeweiligen Vertragspartnern als Träger öffentlicher Gewalt gegenüber tritt, insofern folgt der Senat den Gründen des Urteils des S. Senats des Gerichts vom 7. Februar 1992 9 K 342/89 (Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 1992, 422) und des dazu ergangenen Beschlusses des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Dezember 1992 V B 74/92 (Sammlung von Entscheidungen des BFH –BFH/NV– 1993, 696). Dies entspricht auch der neueren Rechtsprechung zu ähnlichen Fragen (vgl. zur Verpachtung einer Gaststätte ohne Inventar BFH-Urteil vom 11. Juni 1997 XI R 33/94, Sammlung der Entscheidungen des BFH –BFHE– 182, 494, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 1999, 418, dazu Urteil des EuGH vom 6. Februar 1997 Rs. C-247/95, BStBl. II 1999, 426, und Urteil des Finanzgerichts –FG– München vom 16. Juli 1998 14 K 3310/97, EFG 1998, 1668; zur Behandlung von Park-Gebühren FG München Urteil vom 1. März 2001 14 K 541/01, EFG 2001, 933, Revision V R 78/01 anhängig, EuGH-Urteil vom 14. Dezember 2000 Rs. C-446/98, BFH/NV 2001, Beilage 1, 40).
3. Wenn der Kläger die sog. Grunderschließung auf seine eigene Rechnung durchführen lässt, so dient dies zwar einerseits der Herrichtung des Grundeigentums in einen für den Verkauf geeigneten Zustand, wie er nach der vom Kläger für seine Tätigkeit aufgestellten Konzeption für das Angebot auf dem Grundstücksmarkt und in den Mustern von Verkaufsverträgen gegenüber den Käufern vertraglich vorgesehen ist. Andererseits nimmt der Kläger mit eigenen Erschließungsmaßnahmen Aufgaben wahr, die ihm durch die Mitgliedsgemeinden ausdrücklich als öffentliche Aufgaben übertragen worden sind und die zu deren ursprünglichen Tätigkeiten auf öffentlich-rechtlichem Gebiet und weitgehend auch in öffentlich-rechtlichen Rechtsformen gehören (§ 2 Abs. 2 – 6 der Satzung des Klägers).
Der Senat hält den letzteren Zusammenhang für vorrangig zur steuerlichen Einordnung verschiedener Tätigkeiten. Ebenso wenig wie bei einer Gemeinde, die beispielsweise eigenen Grundbesitz erschließt, erhalten die Erschließungs-Maßnahmen des Klägers, der sich als kommunale Körperschaft insoweit in einer rechtlich identischen Lage befindet, alleine deshalb privatrechtlichen oder sonst wirtschaftlichen Charakter, weil der erschlossene Grundbesitz anschließend vermarktet werden soll. Vielmehr bleibt ein öffentlich-rechtlicher Charakter der Erschließungs-Tätigkeit auch dann erhalten, wenn der kommunale Erschließungsträger ausschließlich auf eigenem Gelände tätig wird und im konkreten Ablauf der Maßnahmen deshalb weder bei der Durchführung noch bei der Finanzierung auf hoheitliche Machtmittel gegenüber gewaltunterworfenen Bürgern angewiesen ist. Soweit durch derartige Tätigkeit ein Wert aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich auf das Vermögen übertragen wird, das in einem Betrieb gewerblicher Art der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen dient, handelt es sich steuerlich um eine Wertabgabe aus dem nichtunternehmerischen in den unternehmerischen Bereich, die dort nicht zum Vorsteuer-Abzug berechtigt. Soweit der Kläger von Unternehmern vorsteuerbelastete Leistungen für seine Erschließungs-Tätigkeit im öffentlich-rechtlichen Bereich bezieht, können diese Eingangsleistungen nicht unmittelbar einem Betrieb gewerblicher Art zugeordnet werden, so dass Vorsteuer nicht abziehbar ist. (Ähnliche Ergebnisse vertritt das Bundesministerium der Finanzen –BMF– im Schreiben vom 31. Mai 2002 – V B 7 – S 7100 – 167/02, BStBl. I 2002, 631, Steuer-Eildienst –StEd– 2002, 400, Abschn. II. 1. für den Fall eines Erschließungsträgers mit eigenem Grundeigentum.)
4. Zu den öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Klägers, die er im streitigen Voranmeldungs-Zeitraum betrieben und für die er vorsteuerbelastete Leistungen bezogen hat, gehörten der Bau und die Unterhaltung von Straßen sowie die Herstellung von Entwässerungs-Anlagen. Die vom Kläger benutzbar hergestellten Straßen dienten nicht nur faktisch offenbar dem öffentlichen Verkehr, wie dem vom Kläger vorgelegten Straßenplan seines Verbandsgebiets zu entnehmen ist. Sie wurden nach der Angabe des Verbandsdirektors auf richterliche Frage in der mündlichen Verhandlung auch rechtlich dem öffentlichen Verkehr gewidmet. Die Überlegung, Bau und Betrieb der Straßen habe nach dem einschlägigen Landes-Straßenrecht auch einem anderen Träger übertragen werden können, führt demnach nicht weiter, weil der vorliegende Sachverhalt tatsächlich anders gestaltet wurde, abgesehen davon, dass damit der öffentlich-rechtliche Bereich nicht verlassen worden wäre (§ 45 Straßengesetz Baden-Württemberg – StrG –). Die mit dem Straßenbau verbundene Tätigkeit des Klägers ist somit steuerlich kein Betrieb gewerblicher Art und nicht unternehmerisch (vgl. BFH-Urteil vom 11. Juni 1997 XI R 65/95, BFHE 183, 283, BStBl. II 1999, 420).
Das Entsprechende trifft für die vom Kläger hergestellten Entwässerungs-Anlagen zu. Nach dem einschlägigen Landes-Wasserrecht (§ 45b WG) obliegt die Abwasser-Beseitigung den Gemeinden als öffentliche Aufgabe, die hier auf den Kläger übertragen wurde (§ 2 Abs. 5 der Satzung des Klägers). Tatsächlich hat der Kläger diese Aufgabe mit der Herstellung der Entwässerungs-Anlagen in seinem Gebiet – jedenfalls mit der sog. Grunderschließung – auch wahrgenommen und – zumindest insoweit – nicht etwa auf privatrechtlicher Grundlage durchgeführt oder übertragen (§ 45c WG). Deshalb kommt auch für diesen Bereich der Tätigkeit des Klägers steuerlich ein Betrieb gewerblicher Art oder unternehmerische Tätigkeit nicht in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 8. Januar 1998 V R 32/97, BFHE 185, 283, BStBl. II 1998, 410; FG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 29. Juli 1998 1 K 6/97, EFG 1998, 1431, dazu BFH-Beschluss vom 7. Dezember 1999 I B 136/98, BFH/NV 2000, 894; FG Düsseldorf Urteil vom 26. Mai 1999 5 K 457/95 U, EFG 1999, 1047, dazu Revision V R 64/99 anhängig, BFH-Beschluss vom 10. Januar 2002 V B 127/01, BFH/NV 2002, 683).
Inwieweit die Wasserversorgung vom Kläger als öffentliche Aufgabe betrieben wird, kann offen bleiben, da diese Tätigkeit kraft Gesetzes einen Betrieb gewerblicher Art bildet und damit unternehmerisch ist (§ 2 Abs. 3 S. 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 3 KStG; vgl. BFH-Urteil vom 30. November 1989 I R 79 – 80/86, BFHE 159, 331, BStBl. II 1990, 452).
5. Da demnach der Kläger die Leistungen für Straßenbau. Straßenunterhaltung und Herstellung von Entwässerungs-Anlagen nicht für den unternehmerischen Bereich bezogen hat, können die dafür angefallenen Vorsteuern nicht abgezogen werden. Die entsprechenden Beträge sind deshalb aus den geltend gemachten Versteuern (Anlage … Bl. … der Gerichtsakte) wie folgt auszuscheiden:
DM | ||
Summe der Vorsteuern bisher | … | |
Straßenunterhaltung | … | |
Straßenbau | … | |
Schmutzwasser-Kanal | … | |
Regenwasser-Kanal | … | |
verbleibende Vorsteuern | … | |
Vorsteuer-Kürzung 3 % | … | |
abziehbare Vorsteuern | … | |
Ausgangs-USt | … | |
USt-Vergütung März 2000 | … | |
= EUR | … |
Dem entsprechend war der angefochtene Bescheid zu ändern und als USt-Vorauszahlung für März 2000 eine USt-Vergütung festzusetzen.
Da die Klage nur teilweise Erfolg hatte, waren die Kosten des Verfahrens zwischen den Beteiligten zu verteilen (§ 136 Abs. 1 FGO).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung.
Die Revision war zuzulassen, da die Frage des Umfangs der Unternehmer-Eigenschaft eines Zweckverbands grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
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