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  • 03.04.2014 · IWW-Abrufnummer 140979

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 25.09.2013 – 5 K 3747/09

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Köln

    5 K 3747/09

    Tenor:

    Unter Änderung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 27.06.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.10.2009 wird die Grunderwerbsteuer auf 8.315 € herabgesetzt.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger mit 10 % und der Beklagte mit 90 %.

    Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten darüber, ob bzw. in welchem Umfang die durch einen Erbfall erfolgte Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) der Grunderwerbsteuer unterliegt.

    Die Firma A GmbH (im Folgenden GmbH) ist Eigentümerin der hier streitigen Grundstücke B-Straße ... und C-Straße ... in D, bei denen es sich um die Betriebsgrundstücke der GmbH handelt. An der GmbH ist der Kläger mit 10 % beteiligt. Die verbleibenden 90 % der Geschäftsanteile hält die Firma M A GmbH & Co. KG (im Folgenden A KG). Zwischen der GmbH und der A KG war am 15.12.1989 ein Unternehmensvertrag in Form eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags abgeschlossen worden, der am 11.01.1990 ins Handelsregister eingetragen wurde. Danach ist die A KG das beherrschende Unternehmen und die A GmbH das beherrschte Unternehmen. Komplementärin der A KG ist die A Beteiligungs-Gesellschaft mbH, die am Vermögen der A KG nicht beteiligt ist. An der A KG und der A Beteiligungs-Gesellschaft mbH waren die Eltern des Klägers bis zum 07.04.1999 jeweils zu 50 % beteiligt. Nachdem der Vater des Klägers am 07.04.1999 verstorben war, ging dessen 50 %-iger Kommanditanteil zu diesem Zeitpunkt auf den Kläger im Wege der Rechtsnachfolge über, so dass der Kläger und seine Mutter zu jeweils 50 % beteiligt waren. Die Mutter des Klägers verstarb am 11.12.2000. Miterben wurden zunächst zu gleichen Teilen der Kläger und seine Schwester E. Der Kläger schloss mit seiner Schwester am 08.06.2001 vor dem Notar F, UR.-Nr. 1, einen Erbauseinandersetzungsvertrag. Auf Grund des Vertrages erhielt der Kläger u.a. im Rahmen der Erbauseinandersetzung sämtliche Kommanditanteile der verstorbenen Mutter an der A KG und sämtliche Geschäftsanteile an der A Beteiligungs-Gesellschaft mbH. Der Kläger ist seit diesem Zeitpunkt alleiniger Kommanditist der A KG und alleiniger Gesellschafter der A Beteiligungs-Gesellschaft mbH.

    Nach einer Prüfungsmitteilung des Finanzamtes für Groß - und Konzernbetriebsprüfung setzte der Beklagte aufgrund der Erbauseinandersetzung mit Bescheid vom 27.06.2007 gegenüber dem Kläger Grunderwerbsteuer in Höhe von 83.158,00 € unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Dabei ging der Beklagte zunächst vom 3,5-fachen des Einheitswertes der streitigen Grundstücke, 2.375.947,00 €, aus. Die endgültige Festsetzung sollte laut Bescheid nach der Bedarfswertung erfolgen. Der Bescheid benennt als Rechtsvorgang einen Kaufvertrag über einen 1/1-Anteil vom 08.06.2001 und die UR.-Nr. 1. In den Erläuterungen führte der Beklagte wie folgt aus: „Sie sind zu 10 % unmittelbar und zu 90 % mittelbar über die A GmbH & Co. KG an der grundstücksverwaltenden A GmbH beteiligt. Alle Anteile werden daher in ihrer Hand unmittelbar und mittelbar vereinigt. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG ist die Grunderwerbsteuer nach dem Bedarfswert des Grundbesitzes zu bemessen. Sobald dieser vorliegt, wird die Grunderwerbsteuer endgültig festgesetzt.“

    Der gegen die Grunderwerbsteuerfestsetzung eingelegte Einspruch wurde mit Entscheidung vom 21.10.2009 als unbegründet zurückgewiesen. Diesbezüglich führte der Beklagte wie folgt aus: Die Tatbestände des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG fingierten grundstücksbezogene Erwerbsvorgänge und trügen damit dem Umstand Rechnung, dass demjenigen, der alle Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft in seiner Hand vereinige oder erwerbe, eine dem zivilrechtlichen Eigentum an einem Grundstück vergleichbare Rechtszuständigkeit am Gesellschaftsgrundstück zuwachse. § 1 Abs. 3 GrEStG behandele den Inhaber aller Anteile so, als gehörten ihm die im Eigentum der Gesellschaft stehenden Grundstücke fiktiv. Gegenstand der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG sei nicht der Erwerb der Anteile als solcher, sondern die durch ihn begründete eigenständige Zuordnung der der Gesellschaft gehörenden Grundstücke. Aus der Fiktion folge, dass ein Grundstück nicht nur dann zum Vermögen einer Gesellschaft gehöre, wenn es im Eigentum der Gesellschaft stehe. Maßgeblich sei vielmehr eine grunderwerbsteuerliche Zuordnung. Aus der Fiktion folge weiter, dass eine Vereinigung aller Anteile auch dann vorliege, wenn der Anteilserwerber die Anteile einer Gesellschaft mit Grundbesitz teils selbst (unmittelbar) und teils mittelbar über eine andere Gesellschaft halte, an der er zumindest zu 95 % beteiligt sei. Der Kläger sei vorliegend nach der Erbauseinandersetzung mit 100 % an der A GmbH als grundbesitzender Gesellschaft beteiligt. Die Beteiligung ergebe sich in Höhe von 10 % unmittelbar und in Höhe von 90 % mittelbar über die A KG, an der der Kläger nach der Erbauseinandersetzung nunmehr ebenfalls zu 100 % beteiligt sei.

    Der am 15.12.1989 geschlossene Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der GmbH und der A KG sei nicht grunderwerbsteuerpflichtig, da hiermit lediglich die Organschaft begründet worden sei. Organschaftliche Zurechnungen führten nicht dazu, dass Anteile an einer Gesellschaft überwögen. Das Abhängigkeitsverhältnis sei demnach ohne Bedeutung, weil die Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG beim Kläger als Anteilsinhaber vereinigt worden seien. Die Grundstücke der allein grundbesitzenden GmbH seien somit grunderwerbsteuerlich nur dieser, nicht aber dem Organkreis zuzurechnen. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG stelle in seiner nachrangigen zweiten Alternative die Vereinigung von Anteilen in der Hand mehrerer Gesellschaften eines Organkreises einer Anteilsvereinigung in einer Hand gleich. Dadurch werde durch Vorliegen einer Organschaft der Tatbestand einer Anteilsvereinigung über den Regelfall hinaus erweitert. Daraus könne aber nicht gefolgert werden, dass die zu einem Organkreis gehörenden Gesellschafter zu einer grunderwerbsteuerlichen Einheit in dem Sinne werden sollten, dass die Vereinigung bzw. Übertragung von Anteilen an einer Gesellschaft des Organkreises durch einen Anteilseigner entgegen dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht mehr der Grunderwerbsteuer habe unterliegen sollen.

    Die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13.09.2006 II R 37/05, BStBl II 2007, 59 und vom 12.10.2006 II R 79/05, BStBl II 2007, 409 sowie das Urteil des Finanzgerichts (FG) Saarland vom 12.08.2008 2 K 2417/04, BB 2009, 816, fänden keine Anwendung, da es der Zweck des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG sei, die doppelte Belastung eines Lebensvorganges mit Grunderwerbsteuer einerseits und Erbschaft- und Schenkungsteuer andererseits zu vermeiden. Aus grunderwerbsteuerlicher Sicht habe aber weder durch den Organschaftsvertrag vom 15.12.1989 noch durch den Erbauseinandersetzungsvertrag eine Anwachsung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG, ein Gesellschafterwechsel nach § 1 Abs. 2 a GrEStG oder eine Einbringung in eine Gesamthand nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG stattgefunden. Die einzig relevante Steuerbefreiungsvorschrift für die Erbauseinandersetzung könne § 3 Nr. 3 GrEStG sein. Diese Norm sei jedoch auf die Tatbestände des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG nicht anwendbar. Dass die Einbringung von Anteilen an einer grundbesitzenden Gesellschaft grunderwerbsteuerlich so zu behandeln sei, als habe derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigten, die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, schließe die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 GrEStG auf Anteilsübertragungen generell aus. Insoweit könnten Anteilsübertragungen zur Teilung des Nachlasses erfolgen, nicht aber die fiktiven Grundstücksübertragungen von der Gesellschaft auf die Gesellschafter. Im Ergebnis werde kein Grundstück aus dem Nachlass, sondern, wenn auch fiktiv, von einer Gesellschaft übertragen. Nach der Rechtsprechung des BFH könnten personenbezogene Befreiungsvorschriften in den Fällen der Anteilsvereinigungen deshalb nicht angewendet werden. Der BFH habe dies damit begründet, dass beim Anteilserwerb derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigten, grunderwerbsteuerlich so behandelt werde, als habe er ein Grundstück von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigten. Auch § 3 Nr. 6 GrEStG könne keine Anwendung finden, da die Übertragung der Anteile durch Erbauseinandersetzung erfolgt sei und die Schwester für den Kläger keine Verwandte in gerader Linie gewesen sei. Gleiches gelte für die Vergünstigungen der §§ 5 und 6 GrEStG. Diese seien auf die Kapitalgesellschaften nicht anwendbar, da es sich insoweit nicht um Gesamthandsgemeinschaften handele. Unerheblich für die Beurteilung der §§ 5 und 6 GrEStG sei auch, dass die Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG durch die Anteilsübertragung innerhalb der A KG erfolgt sei. Denn der steuerpflichtige Vorgang sei nicht bei der KG, sondern bei der GmbH als alleiniger Grundstücksbesitzerin eingetreten.

    Mit der hiergegen gerichteten Klage trägt der Kläger wie folgt vor:

    Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid sei inhaltlich nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 119 Abs. 1 Abgabenordnung (AO). Er sei nach § 125 Abs. 1 AO nichtig, da er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leide. Das Erfordernis der inhaltlichen Bestimmtheit des Verwaltungsaktes solle sicherstellen, dass für den Betroffenen erkennbar sei, welcher Sachverhalt besteuert oder geregelt werde. Hieran fehle es schon dem Grunde nach. Der streitige Bescheid verweise zunächst auf einen Kaufvertrag vom 08.06.2001, obwohl tatsächlich ein Erbauseinandersetzungsvertrag geschlossen worden sei. Dass der Kläger einen 1/1-Anteil an einer Immobilie gekauft habe, wie auf Seite 2 des angegriffenen Bescheides dargestellt, entspreche ebenfalls nicht den Tatsachen. Auch die in den Erläuterungen verwandten Bezeichnungen A GmbH & Co. KG und einer grundstücksverwaltenden A GmbH seien inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, zumal nicht einmal der Grundbesitz erwähnt sei, der der Besteuerung zugrunde gelegt werde. Auch unter Bezugnahme auf die notarielle Urkunde vom 08.06.2001 werde nicht erkennbar, auf welche Immobilien sich die Annahme einer Anteilsvereinigung stützen solle.

    Selbst wenn man von der inhaltlichen Bestimmtheit des Grunderwerbsteuerbescheides ausgehe, sei der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nicht erfüllt. Aufgrund des zwischen der GmbH und der A KG abgeschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag sei der streitige Grundbesitz ohnehin schon dem Rechtskreis der A KG als Organmutter zuzurechnen gewesen. Denn die GmbH sei nach § 1 Abs. 4 Nr. 2b GrEStG seit damals in die A KG eingegliedert. Da das Grundstück bereits der A KG zuzurechnen gewesen sei und die Beteiligungshöhe der A KG an der GmbH unverändert geblieben sei, könne mithin durch den Erbauseinandersetzungsvertrag keine zusätzlich steuerbare weitere Anteilsvereinigung ausgelöst worden sein. Zudem wäre selbst bei einer unterstellten Steuerbarkeit der Vorgang nach § 3 Nr. 3 GrEStG steuerfrei, soweit es auf den Erwerb im Rahmen der Erbauseinandersetzung ankommen sollte. Zwar stelle der Wortlaut der Vorschrift zunächst darauf ab, dass es sich um eine Erbauseinandersetzung über Grundbesitz handeln müsse. Die Norm sei jedoch dem Grunde nach auf alle Rechtsvorgänge anwendbar, die einen der Tatbestände des § 1 Abs. 1 und 3 GrEStG erfüllten. Hierfür spreche gerade der Umstand, dass der Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG auf einer Fiktion beruhe. Da ein Grundstückserwerb fingiert werde, obwohl das rechtliche Eigentum am Grundbesitz sich nicht ändere, müsse die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 3 GrEStG zumindest analog angewandt werden, da eine Erbauseinandersetzung einen derartigen fingierten Grunderwerbsteuertatbestand auslöse. Die gegenteilige Auffassung des Beklagten stehe zudem im Widerspruch zur Entscheidung des BFH vom 12.10.2006 II R 79/05 in BStBl II 2007, 409. Der BFH habe dort ausdrücklich ausgeführt, dass bei einer schenkweisen Anteilsübertragung im Zusammenhang mit § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG die personenbezogene Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 GrEStG eingreifen müsse, obwohl nur ein fingierter Grundstückserwerb vorliege. Gegenteiliges könne auch für den vorliegenden Streitfall nicht gelten.

    Soweit der Beklagte im Übrigen auf den schon bestehenden 50 %-igen Anteil des Klägers an der A KG abstelle, sei dieser Vorgang ohnehin nach § 6 Abs. 2 GrEStG analog steuerfrei. Denn insoweit sei der Kläger bereits vor dem Erbauseinandersetzungsvertrag an der A KG beteiligt gewesen.

    Der Kläger beantragt,

    den Grunderwerbsteuerbescheid vom 27.06.2007 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 23.10.2009 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend wie folgt vor:

    Entgegen der Ansicht des Klägers sei der Grunderwerbsteuerbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt und nicht nichtig. Aus dem Bescheid sei das Datum des Erbauseinandersetzungsvertrages und die UR.-Nr. ersichtlich. Da erst die Erbauseinandersetzung zur Grunderwerbsteuerfestsetzung geführt habe, sei auch nur dieser Vertrag im Bescheid genannt worden. Da in diesen Fällen nicht der Kaufpreis anzusetzen sei, sondern nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG die Werte im Sinne des § 138 Abs. 2 oder 3 Bewertungsgesetz (BewG), sei aus Vereinfachungsgründen im Bescheid zunächst der Einheitswert mit dem 3,5-fachen angesetzt worden. Zusätzlich sei die Festsetzung in den Erläuterungen zur Steuerfestsetzung begründet worden. Somit habe der Kläger eindeutig erkennen können, welcher Vorgang der Grunderwerbsteuer unterliegen solle.

    Zudem sei, wenn eine Steuerbefreiung gewährt werde, zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf die Beteiligung des Klägers an der GmbH in Höhe von 10 % die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung nicht gegeben seien. Der Kläger sei nach Aktenlage bereits bei Gründung der GmbH mit 5 % an der GmbH beteiligt gewesen.

    Diesbezüglich trägt der Kläger vor, dass sich die Gesellschaftsanteile an der GmbH zeitweilig in einer Familienpersonengesellschaft befunden hätten und er den heutigen Anteil von 10 % von der Familienpersonengesellschaft erhalten habe. Ob und zu welchen Konditionen dies erfolgt sei, könne nicht mehr mitgeteilt werden.

    Entscheidungsgründe

    I.

    Die Klage ist überwiegend begründet. Die Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist zu 90 % gemäß § 3 Nr. 2 und 3 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.

    1. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile an einer Gesellschaft begründet, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 v.H. der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden (Anteilsvereinigung). Die Steuerbarkeit wird nur durch den Erwerb des letzten Anteils ausgelöst. Dabei ist der Vorgang, der zum Erwerb dieses Anteils führt, zwar das die Steuer auslösende Moment. Gegenstand der Steuer ist jedoch nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern die durch ihn begründete Zuordnung von mindestens 95 % der Anteile in einer Hand. Denn die Tatbestände des § 1 Abs. 3 GrEStG knüpfen zwar an den Anspruch auf Übertragung bzw. auf Vereinigung von Gesellschaftsanteilen an, erfassen aber die infolge der Vereinigung (Übertragung) der Anteile der Gesellschaft mit Grundbesitz in einer Hand spezifisch grunderwerbsteuerrechtlich veränderte Zuordnung von Grundstücken (ständige Rspr. des BFH; vgl. Urteile vom 02.04.2008 II R 53/06, BFH/NV 2008, 1268 und vom 23.05.2012 II R 21/10, BStBl II 2012, 793). Bei den in § 1 Abs. 3 GrEStG geregelten Ersatztatbeständen fingiert das Gesetz – zivilrechtlich nicht vorhandene – grundstücksbezogene Erwerbsvorgänge und trägt damit dem Umstand Rechnung, dass demjenigen, der alle (bzw. 95 v.H. der) Anteile an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft in seiner Hand vereinigt oder erwirbt, eine dem zivilrechtlichen Eigentum an einem Grundstück vergleichbare Rechtszuständigkeit an dem Gesellschaftsgrundstück zuwächst. Eine Vereinigung aller (fast aller) Anteile in einer Hand i.S. von § 1 Abs. 3 GrEStG liegt nicht nur dann vor, wenn der Anteilserwerber die Anteile einer Gesellschaft mit Grundbesitz selbst unmittelbar hält, sondern auch dann, wenn es sich – wie durch die aktuelle gesetzliche Regelung klargestellt – bei der Beteiligung des Anteilserwerbers um eine nur mittelbare, d.h. über eine andere Gesellschaft vermittelte handelt, an der er beherrschend beteiligt ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1268). Da die Anteilsvereinigung die über die rechtliche Verfügungsmacht an den Gesellschaftsanteilen erlangte Sachherrschaft an dem Gesellschaftsgrundstück erfasst, kommt es nicht darauf an, ob diese Sachherrschaft mittelbar durch eine zwischengeschaltete Gesellschaft ausgeübt wird.

    Im Streitfall ist der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt. Der Kläger ist nach der Erbauseinandersetzung im Sinne dieser Vorschrift mit 100 % an der A GmbH als grundbesitzender Gesellschaft beteiligt. Die Beteiligung ergibt sich in Höhe von 10 % unmittelbar und in Höhe von 90 % mittelbar über die A KG, an der der Kläger nach der Erbauseinandersetzung nunmehr ebenso zu 100 % beteiligt ist wie an der Komplementärin der A KG, der A Beteiligungs-Gesellschaft mbH.

    Dem kann der Kläger auch nicht entgegen halten, der A KG seien die streitigen Grundstücke aufgrund des Organschaftsverhältnisses schon vorher zuzurechnen gewesen und deshalb eine Grundstücksübertragung durch den Erbfall ausgeschlossen. Eine solche, von der zivilrechtlichen Eigentümerstellung der GmbH abweichende, Zurechnung ist nicht möglich, da im Grunderwerbsteuerecht die wirtschaftliche Betrachtungsweise ausgeschlossen ist (vgl. hierzu Pahlke in Pahlke/Franz, Kommentar zum GrEStG, § 1 Rdnrn. 86 und 87 m.w.N.).

    2. Die Anteilsvereinigung ist jedoch nach § 3 Nr. 2 und 3 GrEStG zu 90 % von der Steuer befreit. Eine Besteuerung kommt nur insoweit in Betracht, als der Kläger unmittelbar mit 10 % an der GmbH beteiligt ist. Soweit die Anteilsvereinigung auf der90 %-igen mittelbaren Beteiligung des Klägers an der GmbH, die sich aus der nunmehrigen 100 %-igen Beteiligung des Klägers an der A KG ergibt, beruht, sind die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG (Erwerb von Todes wegen vom Vater und der Mutter) bzw. nach § 3 Nr. 3 GrEStG (Erwerb durch Erbauseinandersetzung mit der Schwester) gegeben.

    a. Gemäß § 3 Nr. 2 und Nr. 3 GrEStG ist u.a. der Grundstückserwerb von Todes wegen und im Rahmen einer Erbauseinandersetzung von der Besteuerung ausgenommen. Während die Rechtsprechung des BFH zunächst die Anwendung des § 3 GrEStG auf Rechtsvorgänge nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG grundsätzlich ausgeschlossen hatte, hat der BFH mit Urteil vom 23.05.2012 II R 21/10, BStBl II 2012, 793, ausdrücklich seine Rechtsprechung geändert und auch bei Rechtsvorgängen nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG die Anwendung der Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 GrEStG im Falle einer Schenkung bejaht. Der BFH begründet seine Beurteilung damit, dass die Vorschrift des § 3 Nr. 2 GrEStG den Zweck habe, die doppelte Belastung eines Lebensvorgangs mit Grunderwerbsteuer und Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer zu vermeiden. Der Anwendbarkeit der Steuerbefreiung stehe im Falle der Anteilsvereinigung nicht entgegen, dass in diesem Fall grunderwerbsteuerrechtlich ein Grundstückserwerb von der Gesellschaft und schenkungssteuerrechtlich ein Erwerb des Gesellschaftsanteils von dem früheren Gesellschafter besteuert werde. Für die Anwendung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG auch auf Anteilsvereinigungen i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG sei maßgebend, dass nur ein Lebenssachverhalt gegeben sei, der - im entschiedenen Fall - der Schenkungsteuer unterliege. Die durch die schenkweise Zuwendung eines Anteils ausgelöste Anteilsvereinigung sei - zur Vermeidung der Doppelbelastung - insoweit von der Grunderwerbsteuer zu befreien, als sie auf dieser freigebigen Zuwendung beruhe. Entsprechendes gelte für die vorhergehenden Anteilserwerbe desjenigen, in dessen Hand sich die Anteile vereinigten. Beruhten diese Erwerbe auf einer freigebigen Zuwendung, unterlägen sie - unabhängig von ihrer grunderwerbsteuerrechtlichen Relevanz - der Schenkungsteuer. Trete durch den letzten Anteilserwerb eine Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ein, werde die Zuordnung von mindestens 95 % der Anteile in einer Hand besteuert. Die früher erworbenen Anteile seien jedoch weiterhin damit behaftet, dass ihr Erwerb der Schenkungsteuer unterlegen habe. Nach dem Gesetzeszweck des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG sei es deshalb gerechtfertigt, die durch den letzten Anteilserwerb ausgelöste Anteilsvereinigung auch insoweit von der Grunderwerbsteuer zu befreien, als sie auf früheren freigebigen Zuwendungen von Anteilen beruhe. Insoweit sei es unbeachtlich, dass der Lebenssachverhalt - die freigebige Zuwendung eines Anteils einer Kapitalgesellschaft, die nicht zu einer Anteilsvereinigung geführt habe - grunderwerbsteuerrechtlich erst bedeutsam werde, wenn der Tatbestand der Anteilsvereinigung erfüllt sei. Der Umfang der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG für den fiktiven Grundstückserwerb bestimme sich damit nicht nur nach dem zuletzt schenkweise übertragenen Anteil, der die Anteilsvereinigung auslöst, sondern danach, inwieweit die Anteile in der Hand des Erwerbers diesem insgesamt freigebig zugewendet worden seien.

    Nach Ansicht des Senats gelten diese Überlegungen des BFH, die zur Änderung der bisherigen Rechtsprechung geführt haben, auch für die Fälle des Anteilserwerbs von Todes wegen nach § 3 Nr. 2 GrEStG und im Rahmen der Erbauseinandersetzung nach § 3 Nr. 3 GrEStG. Denn in diesen Fällen ist nur ein Lebenssachverhalt – Anteilsübertragung von Todes wegen bzw. im Wege der Erbauseinandersetzung – gegeben, der der Erbschaftsteuer unterliegt. Deshalb ist es auch in diesen Fällen gerechtfertigt, die Steuerbefreiung zu gewähren.

    Da der Kläger 50 % der Anteile an der KG nach dem Tode des Vaters am 07.04.1999 und weitere 25 % nach dem Tod der Mutter am 11.12.2000 von Todes wegen erhalten hat, ist der Erwerb der Anteile an der KG insoweit nach § 3 Nr. 2 GrEStG mit 75 % steuerbefreit. Für den Erwerb der restlichen Anteile in Höhe von 25 % von der Schwester des Klägers im Wege der Erbauseinandersetzung ist die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 GrEStG zu gewähren. Der Erwerb der mittelbaren Beteiligung des Klägers an der GmbH ist damit zu 100 % steuerbefreit. Bezogen auf die Anteilsvereinigung ergibt sich hieraus eine Steuerbefreiung im Umfang der mittelbaren Beteiligung des Klägers an der GmbH, der 90 % beträgt.

    b. Eine weitergehende Steuerbefreiung kommt nicht in Betracht, da keine Umstände ersichtlich sind, dass auch der Erwerb der unmittelbaren Beteiligung an der GmbH in Höhe von 10 % die Voraussetzungen einer Steuerbefreiungsnorm erfüllt hätte. Auch der Kläger hat insoweit nicht vorgetragen.

    3. Eine Anwendung des § 6 Abs. 2 GrEStG kommt vorliegend nicht in Betracht, da der BFH insoweit weiterhin die Auffassung vertritt, dass die Befreiungsvorschriften gemäß §§ 5 und 6 GrEStG beim Erwerb von Aktien an Kapitalgesellschaften, wie hier der GmbH, nicht zur Anwendung kommen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 09.04.2008 II R 32/06, BFH/NV 2008, 1526). Zudem käme insoweit - auf Grund der Beteiligung des Klägers an der KG vor der Erbauseinandersetzung - ohnehin lediglich eine gegenüber der Befreiung nach § 3 Nr. 2 und 3 GrEStG geringere Befreiung in Höhe von 50 % in Betracht.

    4. Der streitige Bescheid ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht wegen Unbestimmtheit nach § 125 Abs. 1 AO nichtig.

    Gemäß § 119 AO muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Steuerbescheide müssen die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet (§ 157 Abs. 1 Satz 2 AO). Bei nichtperiodischen Steuern ist die nähere Konkretisierung des Steuergegenstands unerlässlich, so bei Grunderwerbsteuerbescheiden die Angabe des zu besteuernden Erwerbsvorgangs (BFH-Urteil vom 13.09.1995 II R 80/92, BStBl II 1995, 903). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung der Auslegungsregeln der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu ermitteln. Entscheidend sind der erklärte Wille der Behörde und der sich daraus ergebende objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vgl. BFH-Urteile vom 22.08.2007, BStBl II 2009, 754; vom 11.07.2006 VIII R 10/05, BStBl II 2007, 96). Ein Verwaltungsakt, dem der notwendige Inhalt auch nach Auslegung nicht hinreichend sicher entnommen werden kann, ist im Allgemeinen gemäß § 125 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AO nichtig (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 119 AO Rz. 10).

    Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der streitige Bescheid ausreichend bestimmt. Aus dem Bescheid ergibt sich insbesondere, welcher Erwerbsvorgang besteuert werden soll. Der Beklagte hat im Bescheid die Urkundsrollennummer des Erbauseinandersetzungsvertrages nebst Datum aufgeführt und zudem in den Erläuterungen dargelegt, welcher Rechtsvorhang der Besteuerung zu Grunde gelegt wird. In Anbetracht dessen fällt es nicht ins Gewicht, dass der Vertrag fälschlich als Kaufvertrag bezeichnet wurde. Schädlich ist auch nicht, dass die Grundstücke im Bescheid nicht aufgeführt sind und auch im Erbauseinandersetzungsvertrag nicht konkret erwähnt werden. Denn einerseits besitzt die GmbH nur die streitigen Grundstücke. Zum Anderen müssen diese dem Kläger als bereits vorher Beteiligtem der A KG auch bekannt gewesen sein. Dies zeigt auch der Umstand, dass der Kläger im Einspruchsverfahren nichts Gegenteiliges vorgetragen hat, vielmehr in der Einspruchsbegründung ohne Weiteres von den Grundstücken der GmbH spricht. Zudem hat der Kläger den Einwand der Unbestimmtheit erstmals im Klageverfahren vorgebracht. Die aufgezeigten Mängel führen deshalb nicht zur Nichtigkeit des Bescheides.

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