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  • 24.02.2011 · IWW-Abrufnummer 110700

    Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 13.01.2011 – I-18 U 88/10

    1. Eine nach yezidischem Brauchtum abgeschlossene Brautgeldabrede unterfällt dem Verlöbnisstatut.



    2. Eine nach deutschem Sachrecht zu beurteilende Brautgeldabrede ist gem. § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig. Sie ist mit den der deutschen Sitten- und Werteordnung zugrunde liegenden und im Grundsatz verankerten Prinzipien der Freiheit der Eheschließung (Art. 6 GG) und der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) nicht zu vereinbaren.



    3. Das aufgrund einer sittenwidrigen Brautgeldabrede geleistete Brautgeld kann gem. § 817 S. 2 BGB nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung zurückgefordert werden, wenn der Leistende durch den Abschluss der Brautgeldabrede und die anschließende Zahlung selbst gegen die deutsche Sittenordnung verstoßen hat.


    I-18 U 88/10

    Tenor:
    Die Berufung der Kläger gegen das am 30. März 2010 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

    Die Kläger tragen die Kosten der Berufung je zur Hälfte.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Es beschwert die Kläger in Höhe von 8.000,00 €; die Revision wird nicht zugelassen.

    Gründe
    A.

    Der Senat nimmt Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil. Der Sachverhalt stellt sich danach wie folgt dar:

    Die Kläger sind Eheleute. Der Bruder des Klägers zu 1) ging im Juni 2007 die Ehe mit der Tochter des Beklagten ein, die Hochzeitsfeier fand am 07.09.2007 statt.

    Bei der vorangegangenen Verlobungsfeier am 09. März 2007 übergab der Kläger zu 1) an den Beklagten einen Geldbetrag in Höhe von 8.000 €. Nachdem die Ehe zunächst geschlossen worden war, verließ die Tochter des Beklagten den Bruder bzw. Schwager des Klägers am 15.07.2008 und zog zurück in den Haushalt des Beklagten.

    Alle Beteiligten sind Angehörige des yezidischen Glaubens.

    Die Kläger haben behauptet, es habe zwischen den Parteien gemäß dem gemeinsamen yezidischen Glauben eine sogenannte "Brautgeldabrede" gegeben, deren Inhalt es gewesen sei, dass an den Beklagten als Brautvater eine Geldsumme gezahlt werde, die auch als Voraussetzung für das Eingehen der Ehe gelte.

    Insoweit haben die Kläger behauptet, dass der Bräutigam nicht über die ausreichenden finanziellen Mittel verfügt habe, sodass der entsprechende Betrag durch die Kläger zur Verfügung gestellt worden sei. Sie haben vorgetragen, auf diese Weise sei eine Verpflichtung der Familie erfüllt worden, die für die Zahlung des Brautgeldes zuständig sei.

    Mit dem Bräutigam sei vereinbart worden, dass er den Betrag von 8.000 € in monatlichen Raten an die Kläger zurückzahlen werde, sobald er dazu in der Lage sei. Hierzu sei es bisher jedoch nicht gekommen.

    Weiterhin haben die Kläger behauptet, es bestehe gemäß dem yezidischen Glauben im Hinblick auf das "Brautgeld" auch eine Rückzahlungspflicht für den Fall, dass die Ehe deshalb nicht bestehen bleibe, weil die Braut den Bräutigam verlasse. Da dieser Fall eingetreten sei, müsse der Beklagte das Geld an die Kläger zurückzahlen, denn Entsprechendes sei auch vereinbart worden.

    Die Kläger haben in erster Instanz beantragt,

    den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 8.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 14.03.2009 zu zahlen.

    Der Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er hat behauptet, bei dem Geldbetrag habe es sich nicht um "Brautgeld" gehandelt, sondern vielmehr um eine Zuwendung der Familie des Bräutigams an die Eheleute zur Gründung eines eigenen Hausstandes. Der Beklagte habe das Geld lediglich für diese entgegengenommen und der Betrag sei dem Haushalt des Brautpaares zugeflossen.

    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

    Die Frage, ob den Klägern ein Rückzahlungsanspruch gegen den Beklagten zustehe, beurteile sich nach deutschem Recht. Sofern die Zahlung des Brautgeldes auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung erfolgt sei, seien Wirksamkeit und Zustandekommen einer solchen gem. Art. 31 Abs. 1 i.V.m. Art. 28 Abs. 1 und 2 EGBGB nach deutschen Recht zu beurteilen. Gleiches gelte gem. Art. 32 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB für einen etwa in Betracht kommenden Kondiktionsanspruch der Kläger. Zu diesem Recht bestehe die engste Verbindung. Beide Parteien, und insbesondere auch die Kläger als Erbringer der charakteristischen Leistung im Sinne des Art. 28 Abs. 2, S. 1 EGBGB hätten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.

    Anhaltspunkte für eine Rechtswahl oder Umstände, die der Vermutung des Art. 28 Abs. 2 EGBGB i.S.v. Art. 28 Abs. 5 EGBGB entgegenstehen könnten, seien nicht ersichtlich. Zwar entspreche nach dem Vortrag der Beteiligten die Brautgeldzahlung den Vorgaben des yezidischen Glaubens, welchem die Parteien angehörten. Bei diesen überlieferten Verhaltensmaximen des yezidischen Glaubens handele es sich jedoch nicht um eine staatlich anerkannte Rechtsordnung. Das Zusammenfallen von yezidischem Glauben und syrischer Staatsangehörigkeit im vorliegenden Fall sei juristisch betrachtet eher zufällig und das eine bedinge das andere dabei nicht in einer Form, die den Schluss von der Glaubenszugehörigkeit auf die Rechtswahl oder -nähe zuließe. Eine Rechtswahl oder -nähe erkenne das Internationale Privatrecht nur in Bezug auf staatliche Rechtsordnungen, nicht in Bezug auf bestimmte gruppeninterne Traditionen an.

    Nach deutschem Recht seien die Voraussetzungen für die Annahme eines auf Rückzahlung des Brautgeldes gerichteten vertraglichen- oder Vertragsfolgeanspruch nicht gegeben. Es sei nicht schlüssig vorgetragen worden, dass zwischen den Parteien eine rechtswirksame Abrede über Zahlung und Rückzahlung eines Brautgeldes zustande gekommen sei. Das klägerische Vorbringen enthalte vielmehr nur die Aussage, dass der den Beteiligten gemeinsame yezidische Glaube die Zahlung eines Brautgeldes vorsehe. Unklar bleibe, welche konkreten Willenserklärungen im Einzelnen abgegeben worden seien.

    Hinsichtlich eines in Ermangelung eines Rechtsgrundes in Betracht kommenden bereicherungsrechtlichen Anspruches gemäß § 812 Abs. 1, S. 1, 1. Alt. BGB fehle es den Klägern bereits nach ihrem eigenen Vortrag an der erforderlichen Aktivlegitimation. Es handele sich vorliegend um einen Fall der Tilgung fremder Schulden, bei welchem eine doppelte Wertbewegung stattfinde, nämlich einmal zwischen den Klägern und dem Bräutigam aufgrund einer Vereinbarung mit ihm und einmal zwischen dem Bräutigam und dem Beklagten zur Erfüllung der Brautpreisabrede. Allein der Bräutigam könne die Rückzahlung des Brautgeldes vom Beklagten verlangen. Die Kläger müssten sich demgegenüber an den Bräutigam als den Empfänger ihrer Leistung halten; nur er wäre richtiger Anspruchsgegner einer etwaigen bereicherungsrechtlichen Forderung.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 89-93 GA).

    Gegen dieses klageabweisende Urteil des Landgerichts richtet sich die form- und fristgerechte Berufung der Kläger. Sie vertiefen zunächst ihre Ansicht, wonach nicht deutsches, sondern syrisches Recht zur Anwendung hätte gelangen müssen. Die Zeugen B2 und O seien Yeziden. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Zeugin O inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Der yezidische Glaube sehe vor, dass der zukünftige Bräutigam das Brautgeld zahle. Da der Zeuge B2 nicht in der Lage gewesen sei, die finanziellen Mittel aufzubringen, hätten der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) aus eigenen Mitteln das Brautgeld gezahlt.

    Aufgrund der Tatsache, dass alle Beteiligten Yeziden seien, und Verlobung, Hochzeit und Brautgeldvereinbarung entsprechend dem Glauben stattgefunden hätten, sei von einer konkludenten Rechtswahl i.S.d. Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB zugunsten syrischen Rechts auszugehen. Auch nach Art. 28 EGBGB sei syrisches Recht anzuwenden. Aus der Gesamtheit der Umstände ergebe sich, dass eine enge Verbindung zu einem anderen Recht vorliege. Die Parteien und die Brautleute lebten nach den Grundsätzen yezidischen Glaubens und seien mit der Kultur auch fest verbunden. Nach syrischem Recht sei das Brautgeld zurückzuzahlen.

    Auch wenn deutsches Recht zur Anwendung komme, sei der Beklagte verpflichtet, das Brautgeld zurückzuzahlen. Die Parteien seien sich anlässlich der Verlobungsfeier und der Übergabe des Brautgeldes darüber einig gewesen und hätten ausdrücklich darüber gesprochen, dass das Brautgeld zurückzuzahlen sei, sollte sich die Zeugin O vor Ablauf eines Jahres nach der Hochzeit von dem Zeugen B2 trennen.

    Die Kläger beantragen,

    das angefochtene Urteil des Landgerichts Bielefeld, Az. 2 O 99/09, aufzuheben und den Beklagten antragsgemäß zu verurteilen, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 8.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 14.03.2009 zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

    Er verteidigt das Urteil des Landgerichts. Insbesondere sei das Landgericht zu Recht von der Anwendbarkeit deutschen Rechts ausgegangen. Die Braut sei bereits vor der Eheschließung deutsche Staatsbürgerin gewesen. Die streitgegenständliche Eheschließung habe vor einem deutschen Standesamt stattgefunden. Dies führe zur Anwendbarkeit deutschen Rechts.

    Eine Rückzahlungsvereinbarung habe es nicht gegeben.

    Letztlich würde eine Rückzahlungsverpflichtung bereits scheitern, weil die Zeugin O sich aufgrund schwerster Verfehlungen und Straftaten in der Ehe von ihrem Ehemann getrennt habe. Der Zeuge B2 sei wegen dieser Straftaten zwischenzeitlich zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

    B.

    Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis, nicht jedoch in der Begründung zu Recht abgewiesen.

    Die Frage, ob der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des Brautgeldes in Höhe von 8.000,00 € besteht, beurteilt sich nach deutschem Recht (I.). Die Klage ist jedoch unschlüssig: Aus dem Klägervortrag ergibt sich der geltend gemachte Anspruch nicht (II.).

    I.

    Der von den Klägern behauptete Rückzahlungsanspruch unterliegt deutschem Sachrecht. Das anwendbare Recht ist auf Grundlage des EGBGB a.F. zu ermitteln (1.). Der geltend gemachte Anspruch unterfällt hiernach dem Verlöbnisstatut (2.). Nach dem Verlöbnisstatut ist deutsches Recht berufen (3.).

    1.

    Da sowohl die Rom I-VO (vertragliche Schuldverhältnisse) als auch die Rom II-VO (außervertragliche Schuldverhältnisse) jedenfalls zeitlich nicht anwendbar sind (Art. 28 Rom I-VO, Art. 31 Rom II-VO), ist das anwendbare Recht auf der Basis des EGBGB a.F. zu ermitteln. Ob die beiden Verordnungen auch sachlich nicht einschlägig sind, wie angesichts der Ausschlüsse in Art. 1 Abs. 2 lit. b) Rom I-VO, Art. 1 Abs. 2 lit. a) Rom II-VO naheliegt, braucht nicht entschieden zu werden.

    2.

    Entgegen der Ansicht des Landgerichts unterfällt der geltend gemachte Anspruch nicht dem Vertragsstatut. Zwar ist der Anspruch vertragsrechtlicher bzw. vertragsfolgerechtlicher Natur (a). Der speziell familienrechtliche Charakter einer Brautgeldabrede führt aber dazu, dass sie dem insoweit spezielleren Verlöbnisstatut zu unterstellen ist (b).

    a)

    Bei dem behaupteten Anspruch handelt es sich um einen vertraglichen oder bereicherungsrechtlichen Anspruch.

    Die Kläger begehren die Rückzahlung der von ihnen an den Beklagten gezahlten 8.000 €. Diese wurden zum Anlass der Verlobung zwischen dem Bruder des Klägers zu 1) und der Tochter des Beklagten übergeben. Hierbei handelt es sich um eine Summe, die zuvor laut Klägervortrag als Brautgeld ausgehandelt wurde. Dies entspreche dem yezidischen Glauben. Es soll zudem vereinbart worden sein, dass das Geld zurückzuzahlen sei, wenn die Eheleute weniger als ein Jahr zusammenleben.

    Wie vom Landgericht zutreffend angenommen (Bl. 90 GA), handelt es sich bei den Sitten des Yezidentums nicht um staatliches Recht, sondern um ein Normen- und Wertesystem, das allein auf oral tradierten Überlieferungen beruht (Affolderbach/Geisler, Die Yeziden, EZW-Texte Nr. 192/2007, S. 8). Hieraus folgt aber zugleich, dass die Regeln, die die Existenz der Verpflichtung und den Inhalt des jeweiligen Brauchtums selbst bestimmen, nicht von Gesetzes wegen Wirkung entfalten. Die Ausübung des Brauchtums bedarf vielmehr einer vertraglichen Grundlage (vgl. OLG Köln, Urt. v. 8.4.1994 - 20 U 226/92 -, NJW-RR 1994, 1026), welche hier zwischen Kläger und Beklagten auch geschaffen wurde.

    Es kommen somit zwei Anspruchsgrundlagen in Betracht: Zum einen kann es sich um einen vertraglichen Rückzahlungsanspruch handeln, zum anderen um einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, wenn es sich bei der 1-Jahres-Abrede um eine auflösende Bedingung handelt, mit deren Eintritt der ursprüngliche Rechtsgrund für die Zahlung der 8.000 € weggefallen ist, oder weil von Anfang an wegen Sittenwidrigkeit der Brautgeldabrede kein Rechtsgrund für die Zahlung bestand.

    Im ersten Fall ist das auf den Vertrag anwendbare Recht zu ermitteln, im letzteren Fall ebenfalls, weil sich nach Art. 38 Abs. 1 EGBGB das auf einen Leistungskondiktionsanspruch anwendbare Recht nach dem Recht der zugrundeliegenden Leistungsbeziehung richtet.

    b)

    Eine Ermittlung des Vertragsstatuts über Art. 27 ff. EGBGB übersieht den familienrechtlichen Charakter der schuldrechtlichen Abrede zwischen Kläger und Beklagtem. Verträge mit familienrechtlichem Gepräge sind aus dem Anwendungsbereich der Art. 27 ff. EGBGB zwar nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden, sollen diesen nach der Konzeption des ihnen zugrunde liegenden Römischen EWG-Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980 aber nicht unterfallen (Bericht Giuliano/Lagarde, BT-Drucksache 10/503, S. 42); die bereits angesprochene Nachfolgeregelung für dieses Übereinkommen, die Rom I-VO, macht das in ihrem Art. 1 Abs. 2 lit. b) explizit.

    Der familienrechtliche Bezug der streitgegenständlichen Abrede ergibt sich daraus, dass der Anspruch auf Zahlung eines Brautgeldes nach yezidischer Tradition vor der Eheschließung begründet wird (Affolderbach/Geisler, Die Yeziden, EZW-Texte Nr. 192/2007, S. 12; Issa in: Das Yezidentum - Religion und Leben, Yezidisches Forum e.V. 2007, S. 106). Nach den Moralvorstellungen der Parteien ist erkennbar, dass ohne jegliche Brautgeldabrede keine offizielle Verlobung und demzufolge auch keine Heirat zwischen dem Bruder des Klägers zu 1) und der Tochter des Beklagten stattgefunden hätte, mit der Abrede also erst die Voraussetzungen für eine Vermählung geschaffen werden sollten. Der Vertrag weist, auch wenn er in seinen vermögensrechtlichen Auswirkungen über die Betroffenheit der Brautleute hinausgehen mag (so die Argumentation des Landgerichts, Bl. 90 GA), eine erhebliche Nähebeziehung zu dem Institut der Verlobung auf (vgl. dazu auch MüKoBGB/Coester, Bd. 10: EGBGB, 5. Auflage 2010 Vorbemerkung zu Art. 13 EGBGB, FN 2 zu Rn. 3). Dafür spricht auch, dass im vorliegenden Fall das Geld im Rahmen der Verlobung fällig wurde und aus diesem Anlass übergeben wurde. Der Zweck der Brautgeldabrede liegt unter anderem gerade darin, die Ernsthaftigkeit des Versprechens, die Ehe einzugehen, zu dokumentieren.

    Eine abweichende rechtliche Würdigung ist auch nicht etwa deswegen geboten, weil vorliegend die Parteien der Brautgeldabrede nicht diejenigen sind, die sich versprechen, einander zu heiraten. In rechtsvergleichender Betrachtungsweise ist es nämlich nicht unüblich, dass die Sekundärwirkungen von Verlöbnissen auch Ansprüche von Dritten und gegen Dritte begründen (vgl. KG FamRZ 1990, 45; LG Essen, NJW 1991, 645 [LG Essen 15.02.1990 - 16 O 573/88]; ähnlich OLG Düsseldorf, IPRax 1984, 270 f. mit Anmerkung Fudickar, S. 253 f.). Diese Phänomene werden ebenso verlöbnisrechtlich qualifiziert, wie etwaige Ansprüche der Verlobten untereinander (Staudinger/Mankowski, Bearbeitung 2003, Anhang zu Art. 13 EGBGB, Rn. 41 f.; BeckOK/Mörsdorf-Schulte, Bearbeitung 1.1.2008, Art. 13 EGBGB, Rn. 24; ebenso zu dem in der Türkei verbreiteten sog. başlik, der der Funktion nach identisch ist mit dem yezidischem Brautgeld, Krüger, StAZ 1990, 323 f.).

    3.

    Das Verlöbnisstatut führt zur Anwendung deutschen Sachrechts. Eine gesetzliche Kollisionsnorm zur Bestimmung des Verlöbnisstatuts existiert nicht. Deshalb besteht in Rechtsprechung und Lehre Uneinigkeit, ob - so die Rechtsprechung - nach Art. 13 EGBGB analog das Heimatrecht des in Anspruch genommenen Verlobten maßgeblich sein soll (BGHZ 28, 375, 379; BGHZ 132, 105, 116; BGH FamRZ 2005, 1151 [BGH 13.04.2005 - XII ZR 296/00]) (a) oder ob - so Stimmen in der Literatur - eine analoge Anwendung von Art. 14 EGBGB vorzuziehen ist (JurisPK/Mäsch, Stand 1.1. 2010, Art. 13 EGBGB, Rn. 88; MüKo/Coester, 5. Auflage 2010, Vor Art. 13 EGBGB, Rn. 4) (b). Der Streit kann jedoch dahinstehen, da beide Anknüpfungen zur Anwendung deutschen Rechts führen:

    a)

    Die in der Rechtsprechung vertretene Auffassung, die das Heimatrecht des in Anspruch genommenen Verlobten heranziehen will, tut dies auch in Fällen, in denen - wie hier - nicht der Verlobte selbst, sondern ein Dritter (üblicherweise der Vater) in Anspruch genommen wird, da es sonst zu einer sehr zufälligen Verlagerung des anwendbaren Rechts kommen könnte, was nicht interessengerecht erscheine (vgl. KG FamRZ 1990, 45; LG Essen, NJW 1991, 645 [LG Essen 15.02.1990 - 16 O 573/88]; ähnlich OLG Düsseldorf, IPRax 1984, 270 f.). Demnach kommt man hier über die deutsche Staatsangehörigkeit der Braut zum deutschen Recht.

    b)

    Zieht man Art. 14 EGBGB analog heran, ist wegen der fehlenden gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Verlobten über Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB an deren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt anzuknüpfen, der sowohl während der Ehe als auch zum jetzigen Zeitpunkt in Deutschland lag und liegt. Somit wird auch auf diesem Weg auf das deutsche Recht verwiesen.

    II.

    Der Sachvortrag der Kläger ist auf der Basis des deutschen Rechts unschlüssig. Ein Anspruch auf Rückzahlung des Brautgeldes gegen den Beklagten ergibt sich hieraus nicht. Es besteht kein vertraglicher Rückzahlungsanspruch, weil die Brautgeldabrede sittenwidrig und damit nach § 138 BGB nichtig ist (1.). Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 Abs. 1, S. 1 BGB scheitert an der Kondiktionssperre des § 817 S. 2 BGB (2.). Selbst für den Fall, dass man die Brautgeldabrede als mit den guten Sitten vereinbar ansehen wollte, könnten sich die Kläger zur Begründung eines Rückzahlungsanspruchs nicht darauf stützen, dass die Zeugin O den Zeugen B2 vor Ablauf eines Jahres verlassen habe und damit die eine Rückzahlungspflicht auslösende Bedingung eingetreten sei. Vielmehr müssten sie sich in diesem Fall das treuwidrige Herbeiführen des Bedingungseintritts durch den Zeugen B2 zurechnen lassen, mit der Folge, dass die Bedingung als nicht eingetreten anzusehen wäre (3.).

    1.

    Mangels Wirksamkeit der Brautgeldabrede steht den Klägern kein vertraglicher Anspruch auf Rückzahlung des Brautgelds in Höhe von 8.000,00 € zu. Die Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung scheitert nicht, wie das Landgericht angenommen hat (Bl. 91 GA), daran, dass sich dem Klägervortrag keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Bestehen einer vertraglichen Abrede zwischen den Klägern und dem Beklagten entnehmen ließen (a). Eine Brautgeldabrede in der Gestalt wie vorliegend von den Parteien getroffen ist allerdings nicht mit den guten Sitten vereinbar und damit nach Maßgabe des § 138 BGB nichtig (b).

    a)

    Entgegen der Ansicht des Landgerichts ergibt sich schlüssig aus dem Klägervortrag, dass die Parteien eine konkrete Abrede getroffen haben, wonach die Kläger ein Zahlungsversprechen in Höhe von 8.000 € abgaben, welches als Brautgeld gedacht war; im Gegenzug sollte der Beklagte als Brautvater in die Vermählung der Zeugen B2 und O einwilligen. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei Letzterem ebenfalls um eine einklagbare Verbindlichkeit handeln sollte. Wie sich aus dem Klägervortrag ergibt und durch die Tatsache indiziert wird, dass die Kläger nunmehr unter der Berufung auf die Brautgeldabrede einen etwaigen Rückforderungsanspruch wegen Bedingungseintritts gerichtlich durchsetzen wollen, beabsichtigten die Kläger jedenfalls durch ihre Willenserklärung eine rechtsverbindliche Regelung zu schaffen.

    b)

    Die zwischen den Parteien getroffene Brautgeldabrede verstößt allerdings gegen die guten Sitten und ist damit nach Maßgabe des § 138 BGB nichtig (allgemein für Brautgeldabreden ebenso, jedoch ohne Begründung: Mörsdorf-Schulte, FamRBInt 2008, 32; s. auch Sturm, StAZ 1995, 343, 350, der die Sittenwidrigkeit eines in afrikanischen Ländern üblichen Brautkaufs grundsätzlich bejaht, jedoch betont, dass es im Rahmen des ordre public bei Anwendung ausländischen Rechts auf das konkrete Ergebnis ankommt; Bedenken bezüglich der Sittengemäßheit eines yezidischen Brautgeldes - insbesondere aufgrund der Höhe von 60.000 € - hat auch das OLG Celle geäußert, NJW 2008, 1005 [OLG Celle 10.10.2007 - 7 U 54/07]; für das in der Türkei verbreitete, dem Inhalt und der Funktion nach vergleichbare Brautgeld (sog. başlik) ebenso Krüger, StAZ 1990, 324 f.; s. aber auch zum funktional und inhaltlich vergleichbaren Brautgeld unter Roma, OLG Köln, NJW-RR 1994, 1026 ff., welches sich allerdings gar nicht erst mit der Frage der Sittenwidrigkeit befasst).

    aa)

    Die von den Parteien getroffene Abrede hatte vorliegend die auf yezidischer Tradition beruhende Zahlung eines Brautgeldes in Höhe von 8.000 € zum Gegenstand. Dieses sollte von der Familie des Bräutigams an den Vater der Braut gezahlt werden. Nach dem Vortrag der Kläger handelt es sich hierbei um eine zwingende Heiratsvoraussetzung [Bl. 66 GA]. Dies bedeutet, dass nach dem religiösen Verständnis der Parteien eine Heirat der Zeugen B2 und O ohne einen entsprechenden Geldfluss an den Vater der Braut nicht möglich gewesen wäre. Die Höhe des Brautgeldes sollte Maß des Sozialprestiges und Kompensation für den Verlust der Arbeitskraft der Braut in der Ursprungsfamilie sein [Bl. 66 GA].

    Eine solche Abrede hält der Sittenwidrigkeitsprüfung nach Maßgabe des § 138 BGB nicht stand. Einem Rechtsgeschäft wird gem. § 138 BGB die Wirksamkeit abgesprochen, wenn es "gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" verstößt (RGZ 80, 219, 221; BGHZ 10, 228, 232; Palandt/Ellenberger, 69. Auflage 2010, § 138 Rn. 2). Was unter dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden zu verstehen ist, bemisst sich nach der herrschenden Rechts- und Sozialmoral (Palandt/Ellenberger, 69. Auflage 2010, § 138 BGB Rn. 2). Es ist ein durchschnittlicher Maßstab anzulegen (RGZ 80, 219, 221; BGHZ 10, 228, 232). Besonders laxe Moralauffassungen und bestehende Unsitten können nicht maßgebend sein, auch wenn sie verbreitet sind (Staudinger/Sack, Bearbeitung 2003, § 138 BGB Rn. 56). Andererseits bestimmen auch besonders strenge Moralauffassungen nicht die guten Sitten im rechtlichen Sinne (Staudinger/Sack, Bearbeitung 2003, § 138 BGB Rn. 56). Unbeachtlich ist insoweit auch eine etwaige konfessionelle Sondermoral (MüKoBGB/Armbrüster, Bd. 1, 5. Auflage 2007, § 138 BGB Rn. 11). Der die guten Sitten konkretisierende Standard ist darüber hinaus, wenn das Rechtsgeschäft deutschem Sachrecht unterliegt, grundsätzlich allein aus dem Inland zu gewinnen (MüKoBGB/ Armbrüster, Bd. 1, 5. Auflage 2007, § 138 BGB Rn. 16).

    Legt man diesen Maßstab zugrunde, so widerspricht die Brautgeldabrede vorliegend den der deutschen Sitten- und Werteordnung zugrunde liegenden und im Grundgesetz verankerten Prinzipien der Freiheit der Eheschließung (Art. 6 GG) sowie der Menschenwürde (Art. 1 Absatz 1 Satz 1 GG). Dem Grundgesetz kommt insoweit eine besondere Konkretisierungsfunktion als Ausdruck der objektiven Werteordnung zu (MüKoBGB/Armbrüster, Bd. 1, 5. Auflage 2007, § 138 BGB Rn. 20). Das Grundgesetz enthält zwar zugleich das Gebot der Toleranz und der Offenheit für andere Kulturenkreise (vgl. Präambel des GG, Art. 4, Art. 3 GG) und darf somit nicht dazu führen, dass fremde, andersartige Gebräuche leichthin eingeschränkt werden. Dies gilt jedoch nur, solange diese Bräuche nicht im eklatanten Widerspruch zu der allgemeinen Werteordnung stehen.

    bb)

    Die Brautgeldabrede ist mit dem Grundsatz der Freiheit der Eheschließung nicht in Einklang zu bringen. Das Recht, frei und unabhängig von äußeren und familiären Einflüssen darüber zu entscheiden, ob und mit wem man sich die Ehe versprechen oder eine Ehe eingehen möchte, ist nach der deutschen Werteordnung von tragender Bedeutung, vgl. z.B. § 1297 BGB und Art. 6 GG (Maunz/Dürig, GG, 58. Ergänzungslieferung 2010, Art. 6, Rn. 47).

    Dem Klägervortrag lassen sich zwar keine Anhaltspunkte für eine Zwangsheirat entnehmen. Das Aushandeln eines Brautgeldes steht jedoch oft im Zusammenhang mit arrangierten Ehen, bei denen insbesondere die Töchter wenig Mitspracherecht haben. Auch im vorliegenden Fall beruhte die Heirat der Zeugen B2 und O nach Vortrag der Kläger primär auf einer Übereinkunft der Familien:

    "Die Kläger [d.h. der Bruder und die Schwägerin des Bräutigams] kannten die Familie O [d.h. die Familie des Beklagten] aus C2 schon aus der Zeit, als sie noch in Syrien gelebt haben. Sie glaubten, dass die Tochter der Familie, O, die geeignete Frau für den Zeugen B2 ist. Es fanden deshalb Gespräche zwischen den Familien statt. Man einigte sich darauf, dass der Zeuge B2 und die Tochter des Beklagten heiraten werden." [Bl. 2 GA].

    Durch die Verpflichtung zur Entrichtung eines Brautgeldes wird die Heirat von der Zahlung eines beträchtlichen Geldbetrages abhängig gemacht. Die zu vermählende Tochter kann also nicht denjenigen heiraten, mit dem sie selber aus persönlichen Gründen die Ehe eingehen möchte, sondern nur denjenigen, der (oder dessen Familie) auch den dazugehörigen Brautpreis aufbringen kann. Zudem liegt die Gefahr nahe, dass eine solche Praxis zu einem Wettlauf potenzieller Heiratsanwärter unter ausschließlich finanziellen Gesichtspunkten führt.

    Insoweit wäre das Erfordernis eines Brautgeldes allenfalls dann unbedenklich, wenn es sich um einen rein symbolischen Betrag handeln würde - einen Betrag der lediglich gezahlt wird, um einem traditionellen Brauch nachzukommen, der jedoch in jedem Fall von dem von der Braut auserkorenen Bräutigam aufgebracht werden könnte. Eine bloß symbolische Hingabe könnte auch nicht zu dem oben beschriebenen Wettstreit unter den Heiratsanwärtern führen. Bis zu welcher Höhe es sich um einen rein symbolischen Betrag handelt, kann nicht pauschal festgelegt werden, sondern bemisst sich nach dem Einzelfall abhängig von den jeweiligen finanziellen Verhältnissen.

    Um einen symbolischen Betrag handelt es sich vorliegend nicht. Nach dem Klägervortrag, waren die "Geldbeutel" der Zeugen B2 und S O "schmal" [Bl. 66 GA]. Beide waren Bezieher von Sozialleistungen nach dem SGB II. Auch die finanziellen Verhältnisse der Kläger und des Beklagten waren bescheiden. Dies ergibt sich für die Kläger aus den im vorgeschalteten PKH-Verfahren (2 O 99/09 LG Bielefeld, 18 W 30/09 OLG Hamm) offengelegten Einkommensverhältnissen, für den Beklagten aus seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht, dass er nichts für die Ehe sonst an Mitgift habe aufbringen können [Bl. 53 GA].

    Bei Berücksichtigung der zugrundeliegenden Verhältnisse kann ein - einem Jahreseinkommen der einzelnen Beteiligten entsprechender - Betrag in Höhe von 8.000 € nicht mehr als bloß symbolische Zuwendung betrachtet werden.

    cc)

    Darüber hinaus kollidiert die vorliegende Brautgeldabrede mit der in Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG verankerten Menschenwürdegarantie, welche als Inbegriff und Grundlage allen Anstandsgefühls auch von den Gerichten bei der Auslegung des § 138 Abs. 1 BGB zu beachten ist (Staudinger/Sack, Bearbeitung 2003, § 138 BGB Rn. 454). Die Menschenwürde ist betroffen, wenn der konkrete Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, zur vertretbaren Größe herabgewürdigt wird (BVerfGE 87, 209, 228 [BVerfG 20.10.1992 - 1 BvR 698/89]; Maunz/Dürig/Herdegen, Grundgesetz, 58. Ergänzungslieferung 2010, Art. 1 GG Rn. 36).

    Dies ist der Fall, wenn mit der Zahlung des Brautgeldes die Hand der Braut gleichsam "erkauft" werden soll, ohne dass das Brautgeld in irgendeiner Weise auch der Braut zu Gute kommt. Nach dem Klägervortrag sollte "[v]on dem Geld [&] kein eigener Hausstand der Eheleute B gegründet werden" [Bl. 66 GA]. Vielmehr sei das Brautgeld ausschließlich bei dem Beklagten verblieben.

    Die für den Kauf charakteristischen Elemente der Zahlung eines Geldpreises Zug-um-Zug gegen eine Gegenleistung liegen zwar nicht in Gänze vor. Eine gewisse Ähnlichkeit lässt sich jedoch nicht von der Hand weisen.

    Zum einen ergibt sich dies daraus, dass die Kläger geltend machen, dass die Zahlung der Kompensation des Verlustes der Arbeitskraft dient. Dies ist ebenso als Entschädigung anzusehen, wie die Entgegennahme einer Zahlung für die Weggabe einer Sache (so auch zum im türkischen Rechtskreis vereinbarten sog. başlik, der mit dem yezidischen Brautgeld vergleichbar ist: Krüger, StAZ 1990, 323, 325).

    Zum anderen wird durch die Brautgeldverhandlungen zwischen den Familien der Tochter jegliches, jedem Menschen zustehende Recht zur Selbstbestimmung aberkannt. Sie wird - gleich einem Objekt, gleich einer Ware - zum Gegenstand von Vertragsverhandlungen. Ihr "Marktwert" wird bemessen und ausgehandelt. Sie wird reduziert auf eine vertretbare Größe. Eine solche Konzeption lässt sich - solange sich das Brautgeld nicht auf einen bloß symbolischen Wert beschränkt, sondern tatsächlich Maß des Sozialprestiges sein soll [vgl. die Argumentation oben unter II. 1. b) bb)] - mit einem von allen billig und gerecht Denkenden getragenen Wertesystem nicht in Einklang bringen und stellt somit auch unter dem Aspekt der Menschenwürde objektiv einen Verstoß gegen die guten Sitten nach Maßgabe des § 138 BGB dar.

    Dieses Ergebnis steht nicht im Widerspruch zur allgemeinen Akzeptanz der islamischen Morgengabe (mahr) (BGH NJW 1999, 574, [BGH 14.10.1998 - XII ZR 66/97] BGHZ 183, 287). Diese unterscheidet sich erheblich von dem hier in Frage stehenden yezidischen Brautpreis. Bei der Morgengabe kommt der zu zahlende Geldbetrag allein der Braut zugute (Sabuni in: Die Welt des Islams, 1983, S. 152 f.). Er dient der Absicherung der Ehefrau im Falle der Scheidung oder des Todes des Ehemanns und zeichnet sich durch seine klar überwiegende unterhaltsrechtliche Komponente aus (Ülker, FamFR 2010, 7; Wurmnest, FamRz 2005, 1884). Dadurch wird gerade auf die Bedürfnisse der Ehefrau als Mensch Rücksicht genommen, sie wird nicht auf eine vertretbare Größe herabgewürdigt.

    dd)

    Ob für einen Sittenwidrigkeitsverstoß nach Maßgabe des § 138 BGB über einen objektiven Verstoß hinaus auch ein subjektives Element erforderlich ist, kann hier dahingestellt bleiben, da ein solches vorliegend jedenfalls gegeben ist. Zwar waren sich die Parteien nicht im Klaren darüber, dass der Brautgeldbrauch nicht mit der deutschen Sitten- und Werteordnung im Einklang stand. Ein Bewusstsein der Sittenwidrigkeit oder eine Schädigungsabsicht ist aber auch nicht erforderlich (BGHZ 94, 268, 272 f; BGH NJW 1988, 1373, 1374 [BGH 27.01.1988 - VIII ZR 155/87]; BGHZ 146, 298, 301; BGH WM 1998, 513, 514 [BGH 10.10.1997 - V ZR 74/96]; Staudinger/Sack, Bearbeitung 2003 § 138 Rn. 61; MüKoBGB/Armbrüster, Bd. 1, 5. Auflage 2007, § 138 Rn. 129 f.). Ausreichend ist vielmehr die Kenntnis aller sittenwidrigkeitsbegründenden Tatumstände (RGZ 97, 253, 255; 120, 144, 148; BGHZ 10, 228, 233; BGH WM 2002, 1186, 1189 [BGH 23.04.2002 - XI ZR 136/01]). Dieser waren sich die Parteien aber bewusst.

    2.

    Aus dem Klägervortrag ergibt sich auch nicht schlüssig das Bestehen eines Kondiktionsanspruchs gegen den Beklagten auf Rückzahlung der geleisteten 8.000 € nebst Zinsen.

    Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 1. Fall BGB (condictio ob causam finitam) wegen Eintritts einer auflösenden Bedingung scheidet bereits deswegen aus, weil ein solcher voraussetzt, dass ein ursprünglich bestehender Rechtsgrund später weggefallen ist. Ein wirksamer Rechtsgrund in Form einer Brautgeldabrede hat aber zu keinem Zeitpunkt bestanden.

    Ein Anspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall BGB (condictio indebiti) wegen ursprünglichen Fehlens eines Rechtsgrunds wäre zwar dem Grunde nach gegeben (a). Auch haben die Kläger nicht in Kenntnis der Nichtschuld geleistet, sodass ihnen nicht § 814 BGB entgegen gehalten werden kann (b). Der Anspruch scheitert aber letztlich an der Kondiktionssperre des § 817 S. 2 BGB, da den Klägern gleichermaßen ein Sittenwidrigkeitsverstoß zur Last fällt (c).

    a)

    Die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall BGB (condictio indebiti) auf Rückzahlung des Brautgeldes wegen Nichtbestehens eines rechtlichen Grundes liegen dem Grunde nach vor: Der Beklagte hat das Brautgeld, also etwas, ohne wirksamen Rechtsgrund erlangt. Dies geschah entgegen der Ansicht des Landgerichts auch durch Leistung der Kläger. Die Kläger sind mithin auch aktivlegitimiert, d.h. sie sind zur Geltendmachung des Kondiktionsanspruchs gegen den Beklagten befugt.

    Unter einer Leistung im Rechtssinne versteht man die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens (BGHZ 40, 272; BGH NJW 1999, 1393 [BGH 04.02.1999 - III ZR 56/98]). Ob eine Leistung vorliegt und wer als Leistender anzusehen ist, bestimmt sich aus der objektivierten Sicht des Leistungsempfängers (Palandt/Sprau, 69. Auflage 2010, § 812 Rn. 41 ff.; juris-PK/Martinek, Stand 1.10.2010, § 812 Rn. 101).

    Zwei Konstruktionen sind denkbar: Die Kläger könnten in eigenem Namen die Brautpreisabrede ausgehandelt haben mit der Folge, dass sie eine eigene Verbindlichkeit gegenüber dem Beklagten begründet und auf diese geleistet haben. Oder aber sie könnten im Namen des Bräutigams gehandelt haben. In diesem Fall würde den Klägern, wie vom Landgericht zutreffend erkannt, die Aktivlegitimation fehlen.

    Letztere Konstruktion scheitert aber daran, dass der Wille der Kläger, in fremdem Namen (hier des Bräutigams) handeln zu wollen, nicht ausreichend deutlich zu Tage getreten ist, wie es nach dem Offenkundigkeitsprinzip, § 164 Abs. 1 BGB, für eine Stellvertretung erforderlich gewesen wäre. Maßgebend ist insoweit die objektivierte Sicht des Erklärungsempfängers (Palandt/ Ellenberger, 69. Auflage 2010, § 164 Rn. 4), hier also eines "wissendenden Yeziden". Zweifel gehen zu Lasten des Handelnden, § 164 Abs. 2 BGB.

    Nach yezidischem Brauch handelt es sich - entgegen der Ansicht der Kläger - beim Brautgeld um eine Verpflichtung der gesamten Familie, nicht jedoch des Bräutigams allein (Affolderbach/Geisler, Die Yeziden, EZW-Texte 192/2007, S. 12; Issa in: Das Yezidentum - Religion und Leben, Yezidisches Forum e.V., 2007, S. 106). Ein objektiver Dritter in der Position des Erklärungsempfängers (=wissender Yezide) konnte das Auftreten des Klägers zu 1) beim Aushandeln des Brautpreises mithin nur so verstehen, dass dieser für sich selbst und nicht ausschließlich im Namen des Bräutigams handeln wollte. Selbst für den Fall, dass der Erklärungsempfänger von einer etwaigen Darlehensabrede im Verhältnis Kläger - Bräutigam Kenntnis gehabt haben sollte, betrifft diese allein das Innenverhältnis, ändert jedoch nichts daran, dass der Kläger zu 1) nicht eindeutig im Namen seines Bruders gehandelt hat. Zweifel gehen zu seinen Lasten.

    Ob der Kläger zu 1) beim Aushandeln der Brautgeldabrede zugleich auch im Namen seiner Frau, der Klägerin zu 2), gehandelt hat, ob also auch diese aktivlegitimiert ist, kann dahingestellt bleiben, da der Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall BGB (condictio indebiti) ohnehin gesperrt ist (vgl. dazu die Ausführungen unten).

    b)

    Der Anspruch der Kläger aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall BGB (condictio indebiti) gegen den Beklagten auf Rückzahlung des Brautgeldes in Höhe von 8.000,00 € scheitert nicht bereits an der Kondiktionssperre des § 814 1. Fall BGB, da die Kläger keine positive Kenntnis von der Nichtschuld hatten.

    Nach allgemeiner Ansicht liegt eine Leistung in Kenntnis der Nichtschuld nur vor, wenn der Leistende zum Zeitpunkt der Leistung positive Kenntnis hatte, dass er nicht zur Leistung verpflichtet ist (Palandt/Sprau, 69. Auflage 2010, § 814 Rn. 3). Dazu muss er nicht allein die Tatsachen kennen, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt (HK-BGB/Schulze § 814 Rn. 2). Vielmehr muss er sich auch über die Rechtslage insoweit im Klaren sein, als er weiß, dass er nichts schuldet (HK-BGB/Schulze § 814 Rn. 2). Selbst grob fahrlässige Unkenntnis des Nichtbestehens einer Verpflichtung führt nicht zum Ausschluss des Rückforderungsanspruchs (Palandt/Sprau, 69. Auflage 2010, § 814 Rn. 3).

    Vorliegend kannten die Kläger zwar die Umstände, die die Sittenwidrigkeit begründen. Es kann jedoch nicht unterstellt werden, dass sie wussten, dass die Brautgeldabrede nicht mit der deutschen Sittenordnung vereinbar ist und damit keine Wirksamkeit beanspruchen kann. Vielmehr zeigt die Klageerhebung, dass sie nach ihren Rechtsvorstellungen davon ausgingen und -gehen, dass ein Rückforderungsanspruch aufgrund einer wirksamen Vereinbarung der 1-Jahres-Frist gegeben sei.

    c)

    Der Bereichungsanspruch der Kläger ist allerdings nach Maßgabe des § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen, da sie durch den Abschluss der Brautgeldabrede und die anschließende Zahlung selbst gegen die deutsche Sittenordnung verstoßen haben.

    Gem. § 817 S. 2 BGB ist eine Rückforderung des Geleisteten ausgeschlossen, wenn dem Leistenden wie dem Empfänger ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last fällt. Entgegen dem Wortlaut erstreckt sich die Vorschrift über den Bereicherungsanspruch aus § 817 S. 1 hinaus auf jedwede Art der Leistungskondiktion (Staudinger/Lorenz, Bearbeitung 2003, § 817 Rn. 10), somit auch auf den Bereicherungsanspruch der Kläger aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Vorschrift versagt einer Rückabwicklung von Geschäften den Schutz der Rechtsordnung, wenn sich der Leistende selbst außerhalb der Rechts- und Sittenordnung bewegt hat (Palandt/Sprau, 69. Auflage 2010, § 817 Rn. 11). Gerade dies ist vorliegend der Fall.

    Dieses Ergebnis bedarf vorliegend auch keiner einschränkenden Wertungskorrektur, wie sie teilweise gefordert wird und geboten erscheint. Insbesondere ist der hier zu entscheidende Fall nicht mit dem der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Schenkkreisen zugrunde liegenden Fällen vergleichbar. Danach ist § 817 S. 2 BGB ausnahmsweise aus generalpräventiven Gründen nicht anzuwenden, wenn anderenfalls der mit der Nichtigkeitssanktion (§ 138 BGB) verfolgte Zweck dadurch konterkariert wird, dass der durch sie zu verhindernde sittenwidrige Zustand perpetuiert oder weiterem sitten- und verbotswidrigen Handeln Vorschub geleistet würde (BGH NJW 2008, 1942 [BGH 13.03.2008 - III ZR 282/07]; NJW 2006, 45 [BGH 10.11.2005 - III ZR 72/05]). Das von § 138 BGB mit Nichtigkeit sanktionierte Verhalten darf nicht im Umkehrschluss legalisiert werden (Palandt/Sprau, 69. Auflage 2010, § 817 Rn. 18; BGHZ 111, 308; OLG Köln NJW-RR 2002,1630).

    Die nach dem Schneeballsystem organisierten "Schenkkreise" sind anstößig, weil die große Masse der Teilnehmer - im Gegensatz zu den initiierenden "Mitspielern", die (meist) sichere Gewinne erzielen - zwangsläufig keinen Gewinn machen, sondern lediglich ihren "Einsatz" verlieren. Das "Spiel" zielt allein darauf ab, zugunsten einiger weniger "Mitspieler" leichtgläubige und unerfahrene Personen auszunutzen und sie zur Zahlung des "Einsatzes" zu bewegen. Die Nichtigkeitssanktion des § 138 Abs. 1 BGB würde konterkariert werden und man würde die Initiatoren solcher "Spiele" zum Weitermachen geradezu einladen, wenn sie die mit sittenwidrigen Methoden erlangten Gelder - ungeachtet der Nichtigkeit der das "Spiel" tragenden Abreden - behalten dürften (BGH NJW 2006, 45, 46 [BGH 10.11.2005 - III ZR 72/05]). Um einen Wertungswiderspruch zu verhindern, muss dies auch hinsichtlich solcher Bereicherungsschuldner gelten, die nicht zu den Initiatoren des Schenkkreises zählen. Anderenfalls wäre die Teilnahme an Schenkkreisen für die Mitspieler auf der zweiten und dritten Stufe höchst profitabel, weil sie die von ihnen zuvor verschenkten Beträge zurückverlangen könnten, während ihnen die von Teilnehmern der folgenden Stufen gezahlten Beträge dauerhaft verbleiben würden. (BGH NJW 2008, 1942 [BGH 13.03.2008 - III ZR 282/07]).

    So liegen die Dinge hier indes nicht. Der generalpräventive Zweck der Nichtigkeitssanktion des § 138 BGB wird bereits dadurch ausreichend gewährleistet, dass sich die staatlichen Gerichte gänzlich aus der Durchsetzung und Rückabwicklung heraushalten, wenn also eine Leistung aufgrund einer solchen Abrede gleichsam auf eigenes Risiko erfolgt. Weder das Brautgeld noch eine Rückforderung desselben sollen einklagbar sein. Mit der Kondiktionssperre des § 817 S. 2 BGB soll und muss für den Brautkäufer ein Risiko aufgebaut werden, sodass zukünftig kein Anreiz mehr zum Abschluss von Brautpreisabreden nach yezidischem Vorbild besteht.

    Auch fehlt es bei Brautgeldabreden an einer vergleichbaren Schutzwürdigkeit der Bereicherungsgläubiger: die Abrede dient in keiner Weise dazu "leichtgläubige und unerfahrene Personen" (BGH NJW 2006, 45, 46 [BGH 10.11.2005 - III ZR 72/05]) zugunsten eines überlegenen Bereicherungsschuldners auszunutzen. Vielmehr begegnen sich Brautkäufer und Brautvater auf einer Ebene und bewegen sich gleichermaßen außerhalb der deutschen Rechts- und Sittenordnung.

    Schließlich darf der Grundsatz des § 817 S. 2 BGB nicht dadurch ins Gegenteil verkehrt werden, dass die teleologische Reduktion bei beiderseits anstößigem Verhalten zum Regelfall wird. Die Rechtsordnung würde sich "unglaubwürdig darstellen, wenn sie - letztlich auf generalpräventive Erwägungen gestützt - Bereicherungsansprüche gegen den ausdrücklichen Gesetzeswortlaut zusprechen würde, ohne hierbei zumindest sicherzustellen, dass dies nicht zugunsten desjenigen geht, der die Rechtsordnung - im Vergleich zu seinem Gegenüber - in besonders krasser Weise missachtet hat und daher gegenüber Letzterem unter keinem denkbaren Gesichtspunkt schutzbedürftig sein kann" (Möller, NJW 2006, 268, 269). So liegt es hier: Der Sittenwidrigkeitsvorwurf, der dem Empfänger (Brautvater) zur Last fällt, überwiegt gegenüber demjenigen, dem sich die Kläger ausgesetzt sehen, nicht in einer Weise, die eine teleologische Reduktion rechtfertigen würde.

    Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass die Norm nach dem Willen des historischen Gesetzgebers das Ziel verfolgt, "im Volksleben den Sinn für gute Sitten und für das Interesse der öffentlichen Ordnung zu stärken" (Canaris, Festschrift für Steindorff, 1990, S. 524, FN 22). Gerade dann muss es aber - von wenigen hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - bei dem Grundsatz bleiben, dass derjenige, der sich aufgrund seines eigenen Verhaltens außerhalb der Sitten- und Rechtsordnung bewegt, nicht zugleich auf den Schutz durch dieselbe vertrauen darf.

    III.

    Selbst für den Fall, dass der Senat zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass die Brautgeldabrede wirksam gewesen wäre, ergäbe sich aus dem Klägervortrag nicht schlüssig das Bestehen eines Rückzahlungsanspruchs. Sie könnten sich jedenfalls nicht darauf stützen, dass die Zeugin O vor Ablauf eines Jahres aus der gemeinsamen Ehewohnung ausgezogen und damit die einen Rückzahlungsanspruch auslösende Bedingung eingetreten sei. Sie müssten sich nämlich das treuwidrige Herbeiführen des Bedingungseintritts durch den Zeugen B2 zurechnen lassen, mit der Folge, dass die Bedingung als nicht eingetreten gälte.

    Gemäß § 162 Abs. 2 BGB kann sich eine Partei, die den ihr vorteilhaften Eintritt einer Bedingung wider Treu und Glauben herbeiführt, nicht auf den Eintritt berufen. Er gilt als nicht erfolgt.

    Zwar haben die Kläger selbst den Bedingungseintritt nicht treuwidrig herbeigeführt; für den Eintritt der Fiktionswirkung des § 162 Abs. 2 BGB genügt das Verhalten eines Dritten grundsätzlich nicht. Der Auszug der Zeugin O beruhte jedoch allein darauf, dass sie während der gesamten Ehezeit Opfer schwerster körperlicher und sexueller Misshandlungen durch ihren Ehemann, den Zeugen B2, war. Die Misshandlungen sind aufgrund einer Verurteilung des Zeugen B2 durch das Landgericht Minden vom 03.05.2010, Aktenzeichen 25 LS-66 Js 625/08-62/09, als feststehend zu erachten. Zudem wurde der diesbezügliche Beklagtenvortrag (Bl. 44 f., 54 GA) nicht bestritten, so dass die Tatsache nach § 138 Absatz 3 ZPO als zugestanden gilt. Damit hat der Zeuge B2 den Eintritt der Bedingung/die Voraussetzung für die vertragliche Rückzahlungspflicht treuwidrig provoziert (vgl. dazu Staudinger/Bork, Bearbeitung 2003, § 162 Rn. 8).

    Das Verhalten des Zeugen B2 ist den Klägern zuzurechnen, da er nicht als Dritter im Rechtssinne anzusehen ist. Überträgt man, wie es nahe liegt, die zu § 123 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze auf § 162 BGB, so sind Dritte grundsätzlich nur außenstehende, am Geschäft unbeteiligte Personen (Palandt/Ellenberger, 69. Auflage 2010, § 123 Rn. 13; Prütting/Wegen/Weinreich/Ahrens, BGB-Kommentar, 3. Auflage 2008, § 123 Rn. 26). Kein Dritter ist somit, wer auf Seiten des Erklärungsempfängers steht und maßgeblich am Zustandekommen des Vertrages mitgewirkt hat (Palandt/Ellenberger, 69. Auflage 2010, § 123 Rn. 13). Abzustellen ist darauf, ob der Täuschende bei einer funktionellen Betrachtungsweise auf der Seite oder "im Lager" des Erklärungsempfängers steht (Soergel/Hefermehl § 123 Rn. 32; Prütting/Wegen/Weinreich/Ahrens, BGB-Kommentar, 3. Aufl. 2008, § 123 Rn. 27). Schließlich kann die Eigenschaft als Dritter auch aus Billigkeitsgesichtspunkten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage zu verneinen sein (BGH NJW 1978, 2144 [BGH 06.07.1978 - III ZR 63/76]; 1990, 1661 f.; Prütting/Wegen/Weinreich/Ahrens, BGB-Kommentar, 3. Aufl. 2008, § 123 Rn. 27).

    Vorliegend wurde die Brautgeldabrede inklusive der in ihr enthaltenden Bedingung allein aus Anlass der Vermählung von den Zeugen B2 und O getroffen. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Zeuge B2 gänzlich unbeteiligt an den Vertragsverhandlungen war. Nach dem Vortrag der Kläger hätte dieser eigentlich selber - hätten es seine finanziellen Verhältnisse erlaubt - die Brautpreisabrede mit dem Beklagten treffen müssen. Sie erfolgte ausschließlich in seinem Interesse. Hätte wie geplant der Zeuge B2 die Brautpreisabrede samt Bedingung selber abgeschlossen und würde er nunmehr den Bedingungseintritt geltend machen, so stünde außer Frage, dass der Parteibegriff des § 162 BGB erfüllt gewesen wäre. Nur weil die Kläger an seiner statt die ansonsten aber inhaltsgleiche Vereinbarung mit dem Beklagten getroffen haben, rechtfertigt dies keine andere Betrachtung. Zumindest unter Billigkeits- und Umgehungsgesichtspunkten ist der Zeuge B2 demnach nicht als Dritter i.S.d. § 123 Abs. 2 BGB einzustufen.

    Auch unter diesem Gesichtspunkt bestünde damit kein Rückzahlungsanspruch der Kläger. Ihre Klage wäre auch bei dieser großzügigen sittlichen Wertung des Geschehens unschlüssig und damit unbegründet.

    IV.

    Die Kosten der erfolglosen Berufung haben die Kläger je zur Hälfte zu tragen, §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

    V.

    Der Senat hat die Frage der Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO geprüft und hiervon abgesehen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zum Zwecke der Rechtsfortbildung oder zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung veranlasst ist.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 138 Abs. 1 BGB § 817 BGB

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