Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Teilungsanordnung/Vorausvermächtnis

    Gestaltungsempfehlungen bei einem inhomogenen Nachlass

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    | Besteht der Nachlass des Erblassers ausschließlich aus Barvermögen, ist die Erbauseinandersetzung - abgesehen von etwaigen Ausgleichungen lebzeitiger Zuwendungen - unproblematisch. Der Erblasser kann beliebige Erbquoten bilden, Barvermögen ist immer und zu jeder Quote teilbar, Streit kaum denkbar. Die Realität sieht jedoch anders aus. |

    1. Zusammensetzung des Nachlasses

    Regelmäßig setzt sich der Nachlass aber aus sehr unterschiedlichen Bestandteilen zusammen: Zum Beispiel besteht der Nachlass in einem Einfamilienhaus, einer Eigentumswohnung, einem Aktiendepot, Barvermögen und der persönlichen Habe. Geht man hier von der deutschen Durchschnittsfamilie aus, d.h. Eheleute mit zwei Kindern, wobei den Eheleuten das Vermögen je zur Hälfte gehört, so mag es sich unter Versorgungsaspekten anbieten, zunächst den überlebenden Ehegatten als Alleinerben einzusetzen. Wenn dann die beiden Kinder je zur Hälfte als Erben des Letztversterbenden berufen sind, fällt in die Erbengemeinschaft das Einfamilienhaus, die Eigentumswohnung, das Aktiendepot, Barvermögen und die persönliche Habe. Hinsichtlich dieses Vermögens müssen sich die Kinder dann beim Tod des Letztversterbenden auseinandersetzen.

     

    Geraten die Erben in Streit und führen die Auseinandersetzung nach den gesetzlichen Regelungen durch, gelten über die Verweisung in § 2042 Abs. 2 BGB die Vorschriften über die Gemeinschaft. Demnach sind, nachdem sämtliche Nachlassverbindlichkeiten getilgt sind, diejenigen Gegenstände, die ohne Wertverlust teilbar sind - also allein das Barvermögen - unter den Miterben aufzuteilen. Die übrigen in den Nachlass gefallenen Gegenstände, die nicht ohne Wertverlust teilbar sind, sind nach der Regelung des § 753 BGB durch Veräußerung teilbar zu machen und der erzielte Veräußerungserlös entsprechend den Erbquoten unter den Miterben zu verteilen. Fällt Grundbesitz in den Nachlass, ist dieser mittels Teilungsversteigerung zu verwerten.

     

    Hierbei wird deutlich, dass in aller Regel die Teilung durch Veräußerung zu einer Vernichtung wirtschaftlicher Werte führt, da nicht selten im Zwangsversteigerungstermin die Immobilie unterhalb des tatsächlichen Verkehrswerts veräußert werden muss. Zum anderen - und dies mag gerade aus Sicht der Eltern von besonderer Relevanz sein - wird das Sachvermögen, welches die Eltern unter Umständen mühsam aufgebaut und erworben haben, in der Kindergeneration nicht fortgeführt, sondern muss versilbert werden. In der Testamentsgestaltung wird nun vielfach versucht, gerade die Teilung durch Verkauf zu vermeiden, indem einzelnen Miterben bestimmte Vermögenswerte zugedacht werden.

    2. Gestaltungen

    Soll vermieden werden, dass die Kinder im Schlusserbfall Nachlassgegenstände im Rahmen der Auseinandersetzung veräußern müssen, sind in der Praxis zahlreiche Gestaltungen denkbar.

     

    2.1 Rein gegenständliche Verteilung

    Oft setzen Erblasser, die mehrere Personen bedenken, diese nicht nach Quoten ein, sondern nehmen eine rein gegenständliche Verteilung der Nachlassgegenstände vor. In solchen Fällen muss das Testament ausgelegt werden. Gesetzliche Hilfe bieten hier die Auslegungsregeln der §§ 2087 ff. BGB.

     

    Verfügt der Erblasser gegenständlich über sein gesamtes Vermögen, wird er im Zweifel gemeint haben, die Begünstigten in Höhe der Vermögensbruchteile als Erben eingesetzt zu haben, verbunden mit einer Teilungsanordnung.Viel häufiger ist jedoch der Fall anzutreffen, dass der Erblasser, der gegenständlich über seinen Nachlass verfügt, mit dieser Verteilung gerade nicht sein gesamtes Vermögen vollständig verteilt hat. In einem solchen Fall kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht:

     

    • Zunächst können anhand der einzelnen zugewendeten Vermögensgegenstände diese ins Verhältnis der Vermögensgegenstände insgesamt gesetzt und daraus die jeweilige Erbquote des Bedachten abgeleitet werden. Infolge würde auch das Restvermögen, also das Vermögen, das der Erblasser in seinem Testament nicht gegenständlich aufgeteilt hat, anhand der zuvor gefundenen Quoten unter den Miterben aufgeteilt werden.

     

    • Weiter kommt eine Kombination von gewillkürter und gesetzlicher Erbfolge in Betracht und zwar dergestalt, dass im Grundsatz von gesetzlicher Erbfolge ausgegangen wird und hinsichtlich der verteilten Gegenstände von Vermächtnissen auszugehen ist.

     

    • Ist der gesondert zugewiesene Gegenstand nach der Einschätzung des Erblassers nahezu sein gesamtes Vermögen, kann davon ausgegangen werden, dass der so Begünstigte Alleinerbe geworden ist - unter Umständen beschwert mit Vermächtnissen.

     

    Die Auslegungsschwierigkeiten bei einer rein gegenständlichen Verteilung des Nachlasses dürften so vom Erblasser nicht gewünscht gewesen sein. Schließlich ist in Streitfällen eine Bewertung der verteilten Gegenstände notwendig. Solche Bewertungen sind teuer und streitanfällig. Im Grundsatz ist daher davon abzuraten, den Nachlass rein gegenständlich zu verteilen. Es empfiehlt sich immer, die Erben nach Quoten einzusetzen und hinsichtlich der zu verteilenden Einzelgegenstände besondere Regelungen zu treffen.

     

    2.2 Alleinerbenlösung mit Vermächtnisanordnung

    Sofern einem der Miterben beispielsweise ein Unternehmen oder der gesamte bzw. maßgebliche Grundbesitz verbleiben soll und der andere Miterbe andere Vermögensteile erhalten soll, kann es sich anbieten, denjenigen der das Unternehmen bzw. den Grundbesitz erhalten soll, zum Alleinerben und den andern als Vermächtnisnehmer zu bestimmen.

     

    Hier würde von vornherein eine Erbengemeinschaft vermieden werden, da ja nur einer der Begünstigten Alleinerbe wird. Weiter besteht ein erheblicher Kostenvorteil bei der Abwicklung. Der Alleinerbe kann, bei einem handschriftlichen Testament nach Erlass des entsprechenden Erbscheins, bei einem notariellen Testament mit diesem nebst Eröffnungsprotokoll, das Unternehmen bzw. den Grundbesitz auf sich umschreiben lassen. Ein Auseinandersetzungsvertrag ist insoweit nicht erforderlich.

     

    In der Regel haben Eltern aber Bedenken, eines ihrer Kinder zum Alleinerben und das andere Kind nur als Vermächtnisnehmer einzusetzen. Das Vermächtnisnehmerkind könnte sich gegenüber dem Erbenkind zurückgesetzt fühlen. Dieses Problem auf emotionaler Ebene hat auch auf rechtlicher Ebene seine Entsprechung. Die Stellung des Erben ist wesentlich stärker ausgeprägt als die des Vermächtnisnehmers. Der Erbe rutscht automatisch in die Position des Erblassers, er ist unmittelbar Inhaber des auf ihn im Wege der Erbfolge übergegangenen Vermögens. Der Vermächtnisnehmer muss sich seinen Anteil möglicherweise erst gerichtlich erstreiten (von Dickhuth-Harrach, Handbuch der Erbfolge-Gestaltung, S. 316 Rn. 53).

     

    2.3 Teilungsanordnung

    Durch die Teilungsanordnung (§ 2048 BGB) kann der Erblasser durch letztwillige Verfügung Anordnungen für die Auseinandersetzung treffen. Die Teilungsanordnung führt allein zu einer schuldrechtlichen Verpflichtung der Erben untereinander, den Nachlass entsprechend der Teilungsanordnung auseinanderzusetzen. Die Erben können sich einvernehmlich über die Teilungsanordnung hinwegsetzen. Daher sollte eine Teilungsanordnung durch Anordnung einer Testamentsvollstreckung abgesichert werden.

     

    Die Teilungsanordnung befreit den Erblasser nicht davor, die Erbquoten festzusetzen. Setzt also der Letztversterbende beispielsweise die beiden Kinder im Ausgangspunkt zu je ½ zu Erben ein und bestimmt dann eine Teilungsanordnung, führt dies dazu, dass der Miterbe, der durch die Teilungsanordnung mehr erhält als seinem Erbteil entspricht, dem anderen Miterben zum Ausgleich verpflichtet ist. Diese Ausgleichspflicht besteht notfalls auch aus dem Privatvermögen. Gerade diese Ausgleichspflicht ist es, die die Teilungsanordnung so problematisch und streitanfällig macht.

     

    Haben beispielsweise Eltern ihre beiden Söhne Max und Moritz je zu ½ zu Schlusserben eingesetzt und verfügen sie, dass Max die eine Eigentumswohnung (tatsächlicher Wert 180.000 EUR) und Moritz die andere Wohnung (tatsächlicher Wert 200.000 EUR) erhält und befindet sich sonst kein Vermögen im Nachlass, müsste Moritz seinem Bruder Max als Ausgleichsbetrag 10.000 EUR aus seinem eigenen Vermögen bezahlen. Problematisch ist, dass der Wert der Immobilien nicht feststeht, sondern zunächst gefunden werden muss. Notfalls sind hier jeweils Bewertungsgutachten erforderlich.

     

    Steuerlich ist die Teilungsanordnung unbeachtlich (BMF 14.3.06, BStBl I 06, 253, Rn. 67). Steuerlich erwerben Max und Moritz je ½ aus dem Gesamterwerb, im Beispiel also jeweils 190.000 EUR. Die Auseinandersetzung aufgrund der Teilungsanordnung ändert hieran nichts, sondern begründet unter Umständen Anschaffungsvorgänge.

     

    2.4 Teilungsanordnung mit Vorausvermächtnis

    Um die Nachteile der reinen Teilungsanordnung, nämlich die Notwendigkeit des Wertausgleichs bei unterschiedlichem Wert des durch Teilungsanordnung verteilten Vermögens auszuschließen, wird gelegentlich die Anordnung der Teilungsanordnung mit einem Vorausvermächtnis kombiniert.

     

    Folgende Regelungselemente sind insoweit erforderlich: Zunächst werden die beiden Kinder als Erben zu je ½ eingesetzt. Sodann erfolgt die eigentliche Teilungsanordnung bei der den jeweiligen Miterben bestimmte Vermögensgegenstände zugewandt werden. Dies ist mit der Regelung verbunden, dass für den Fall, dass einer der Miterben durch die Teilungsanordnung mehr erhält als ihm nach seiner Erbquote zustünde, der entsprechende Mehrwert im Rahmen eines Vorausvermächtnisses vorab und ohne Pflicht zum Ausgleich aus seinem Privatvermögen zugewandt wird.

     

    Eine solche Kombination aus Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis verhindert nun, dass bei einer bestehenden Wertdifferenz die Miterben sich untereinander mit Ausgleichsansprüchen behelligen müssen. Sofern einer der Miterben durch die Teilungsanordnung mehr erhält als ein anderer Miterbe, ist das gerade gewünscht. Das entscheidende Abgrenzungskriterium zwischen Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis ist der bei letzterem vorliegende Begünstigungswille. Diese einseitige Begünstigung mag als ungerecht empfunden werden, dient aber der Streitvermeidung. Es entfallen jedenfalls Ausgleichsansprüche und damit die im Streitfall erforderliche Wertermittlung.

     

    Allerdings ist die steuerliche Behandlung einer solchen Kombination aus Vorausvermächtnis und Teilungsanordnung nicht unproblematisch. Nach Auffassung des BFH (6.10.10, II R 29/09, ErbBstg 11, 124) ist eine steuerlich unbeachtliche Teilungsanordnung gegeben, soweit eine Anrechnung auf den dem Miterben zustehenden Anteil am Nachlass möglich ist. In Höhe des einem Miterben zukommenden Mehrwerts ist von einem Vorausvermächtnis auszugehen, welches steuerlich beachtlich ist. Dieses Vorausvermächtnis besteht in der Befreiung des besser gestellten Miterben von der ihn ansonsten treffenden Wertausgleichsverpflichtung und ist bei der Ermittlung der ErbSt mit dem gemeinen Wert der Ausgleichsverpflichtung anzusetzen (§ 12 Abs. 1 ErbStG).

     

    Im Ergebnis bedeutet dies Folgendes: Im Beispiel erhält der Sohn Max eine Eigentumswohnung im Wert von 180.000 EUR im Wege der Teilungsanordnung und Moritz eine Eigentumswohnung i.H. von 200.000 EUR. Bei einer reinen Teilungsanordnung hätte ein Ausgleichsanspruch von 10.000 EUR bestanden. Wird nun neben der Teilungsanordnung ein Vorausvermächtnis in Bezug auf den Mehrwert geregelt, beträgt der Gesamtnachlass (200.000 EUR + 180.0000 EUR =) 380.000 EUR. Jeder Miterbe hat demnach im Ausgangspunkt zunächst 190.000 EUR als steuerpflichtigen Erwerb. Der Wert der Ausgleichsverpflichtung (hier 10.000 EUR) ist nun bei dem Begünstigten mit seinem gemeinen Wert hinzuzusetzen und bei dem anderen Miterben als Nachlassverbindlichkeit abzusetzen.

     

    Die Ausgleichsverpflichtung ist also nicht nach den steuerlichen Werten, sondern nach dem tatsächlichen gemeinen Wert, also dem Verkehrswert, zu bemessen. Insbesondere im Bereich von Immobilien und Unternehmen ist der steuerliche Wert selten mit dem tatsächlichen Verkehrswert identisch. Auch hier ist wiederum eine separate Verkehrswertbewertung notwendig und die Höhe der fiktiven Ausgleichszahlung (Vermächtnis) zu bestimmen.

     

    2.5 Reine Vorausvermächtnisse

    Will man einerseits eine zum Teil gegenständliche Verteilung des Nachlasses erreichen, andererseits eine möglichst streitvermeidende Regelung treffen, so bietet sich meines Erachtens an, dies allein über Vorausvermächtnisse zu regeln. Dieser Weg ist der reinen Teilungsanordnung bzw. der Teilungsanordnung mit Vorausvermächtnis überlegen.

     

    Bei reinen Vorausvermächtnissen sind im ersten Schritt die in Aussicht genommenen Erben zu bestimmten Quoten einzusetzen. Sodann werden jeweils die einzeln zuzuweisenden Gegenstände im Wege eines Vorausvermächtnisses den jeweils Begünstigten - zusätzlich zu seinem Erbteil - vermacht.

     

    Das Vorausvermächtnis bedeutet, dass der jeweils Begünstigte diesen Gegenstand neben seinem Erbteil erhält und damit Ausgleichszahlungen an die übrigen Miterben nicht in Betracht kommen. Die Ungleichbehandlung, d.h. die einseitige Begünstigung, ist gerade so gewünscht. Steuerlich hat der jeweils Begünstigte seinen Anteil am Nachlass und den jeweiligen Wert der Vermächtnisgegenstände zu versteuern. Ein Ergebnis, das durchaus als gerecht empfunden wird. Zusätzliche Verkehrswertermittlungen sind hier nicht durchzuführen.

    3. Ergebnis

    Ist ein inhomogener Nachlass vorhanden und sollen einzelne Vermögensgegenstände den grundsätzlich zu gleichen Teilen als Erben berufenen gesondert zugewiesen werden, so ist dies auf vielfältige Weise möglich. Bei einigen der hier aufgezeigten Möglichkeiten besteht allerdings immer die Gefahr, dass die gesondert zugewiesenen Einzelgegenstände bewertet werden müssen. Eine solche Bewertung ist zum einen meist nicht günstig und zum anderen streitanfällig.

     

    Vorzugswürdig erscheint, die einzeln zugedachten Gegenstände jeweils als Vorausvermächtnis - gerade ohne Ausgleichspflicht - den Begünstigten zuzuweisen. Zwar mag es sein, dass durch die Regelung des Vorausvermächtnisses einer der Miterben mehr erhält und somit gegenüber den Geschwistern „bevorzugt“ wird. Allerdings ist festzustellen, dass Testamentsgestaltung immer eine Gratwanderung ist zwischen absoluter Gerechtigkeit einerseits und Streitvermeidung andererseits.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 263 | ID 42748987

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents