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  • · Fachbeitrag · Nachfolgeplanung

    Neue Risiken bei Umstrukturierungen im Vorfeld von Unternehmensnachfolgen

    von StB Jan Böttcher, LL. M., Nürnberg

    | Die steueroptimierte Strukturierung von Nachfolgeplanungen stellt die Beraterschaft immer wieder vor mannigfaltige Probleme. Neben ertragsteuerlichen Fallstricken ist das komplexe Begünstigungsregime der §§ 13a, 13b ErbStG zu beachten. Die FinVerw hat mit ihren gleichlautenden Erlassen vom 13.10.22 (S 3812b, BStBl I 22, 1517) zur Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen und jungen Finanzmitteln im Vorfeld bevorstehender Unternehmensnachfolgen jüngst ausführlich Stellung bezogen. In der Praxis führt dies zu einer weiteren Komplizierung bei der Ermittlung der erbschaft- bzw. schenkungsteuerlichen Belastung der Übertragung von Unternehmensvermögen. Das Zusammenspiel der ertragsteuerlichen und erbschaft- bzw. schenkungsteuerlichen Begünstigungen erfährt damit weitere Unwuchten, welche sich auch auf „alltägliche“ Konstellationen spürbar auswirken. |

    1. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen

    Für ertragsteuerliche Zwecke ist die Zentralnorm § 6 Abs. 3 EStG, welche eine (zwingende) Buchwertfortführung im Rahmen einer unternehmerischen Nachfolgegestaltung vorgibt. Tatbestandlich setzt S. 1 der Norm voraus, dass ein Betrieb, Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil unentgeltlich übertragen wird. Die Übertragung eines Mitunternehmeranteils setzt dabei grundsätzlich voraus, dass neben dem Anteil am Gesamthandsvermögen auch sämtliche Wirtschaftsgüter des Sonder-BV, soweit diese funktional wesentlich sind, übertragen werden.

     

    Im Rahmen der Aufnahme (auch in ein Einzelunternehmen) ist ein Zurückbehalt bzw. eine sog. unterquotale Übertragung entsprechend funktional wesentlichen Sonder-BV hingegen nach S. 2 der Norm unschädlich für die Steuerneutralität. Insbesondere durch Zurückbehalt eines Zwergenanteils am Unternehmen kann hierdurch in der Gestaltungsberatung eine Separierung des Unternehmensvermögens ohne Aufdeckung stiller Reserven erreicht werden (siehe unten: Fall 1). Die hierbei in Kauf zu nehmende fünfjährige Veräußerungssperre der Übernehmer gem. § 6 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 EStG stellt in der Praxis i. d. R. keine besondere Hürde dar.

     

    Die FinVerw hat mit Anwendungserlass vom 20.11.19 (IV C 6 - S 2241/15/10003, BStBl I 19, 1291, ausführlich Brüggemann, ErbBstg 20, 66 ff.) ihre strenge Auffassung bei der Auslegung der Norm über Bord geworfen und erkennt nun sogar Ausgliederungsmodelle im Vorfeld der Übertragung unter Anwendung des Buchwertprivilegs des § 6 Abs. 5 S. 3 EStG ausdrücklich als unschädlich an.

     

    Bezüglich der Betriebsvermögensbegünstigung der §§ 13a, 13b ErbStG sind nunmehr neben den komplexen Prüfungsroutinen zur Ermittlung des tatsächlich begünstigten Vermögens i. S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG und der damit verbundenen Identifizierung und Sondierung von sog. (schädlichem) Verwaltungsvermögen i. S. d. § 13b Abs. 4 ErbStG die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 13.10.22 (S 3812b, nachfolgend GLE) zu beachten (ausführliche Besprechung der Erlasse von Dorn, ErbBstg 23, 91 ff.).

     

    Beachten Sie | Hiernach können Umstrukturierungsvorgänge der zu übertragenden betrieblichen Einheit zur Entstehung sog. jungen (sonstigen) Verwaltungsvermögens i. S. d. § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 4, Abs. 7 S. 2 ErbStG und sog. junger Finanzmittel i. S. d. § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 2 ErbStG führen, soweit der Umwandlungsvorgang weniger als zwei Jahre vor der Unternehmensnachfolge erfolgt. Beachten Sie, dass hierbei die mögliche ertragsteuerliche Rückbeziehung des Umwandlungsvorgangs gem. § 2 bzw. § 20 Abs. 5 und 6 UmwStG (ggf. i. V. m. § 24 Abs. 4 UmwStG) unbeachtlich ist. Maßgeblich soll insoweit eine betriebsbezogene, zivilrechtlich orientierte Betrachtung sein.

    2. Steuerliche Folgen der Qualifikation als junges Verwaltungsvermögen

    Für entsprechend als jung zu qualifizierendes Verwaltungsvermögen i. S. d. § 13b Abs. 7 S. 2 ErbStG scheidet sowohl eine quotale Schuldenverrechnung nach § 13b Abs. 6 ErbStG als auch die Anwendung der sog. „Schmutzgrenze“ („unschädliches Verwaltungsvermögen“) von 10 % gem. § 13b Abs. 7 S. 1 ErbSt aus, nach welcher Verwaltungsvermögen bis zu dieser Wertgrenze als begünstigtes Vermögen behandelt wird. Junge Finanzmittel werden hingegen nicht in die Schuldenverrechnung nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 1 ErbStG einbezogen. Für dieses junge Verwaltungsvermögen bzw. Finanzmittel greift daher immer eine „Vollbesteuerung“ außerhalb der Steuerbefreiungen nach §§ 13a, 13c und ggf. 28a ErbStG. Es drohen hier beachtliche steuerliche Belastungen, soweit die Freibeträge des § 16 ErbStG diese Erwerbe nicht auffangen oder bereits in den vergangenen 10 Jahren verbraucht wurden.

     

    Das knifflige Zusammenspiel von ertragsteuerlichem und erbschaftsteuerlichem Begünstigungsregime soll nachfolgend an zwei „Klassikern“ der mittelständischen Unternehmensnachfolge aufgezeigt werden.

     

    2.1 Fall 1: Aufnahme in ein Einzelunternehmen

    Vater V betreibt ein Einzelunternehmen und beabsichtigt, dieses an seinen Sohn S zu übergeben. Im Anlagevermögen des Betriebs ist das Erdgeschoss des im Alleineigentum des V stehenden Wohnhauses ausgewiesen, in welchem V sein Unternehmen betreibt. Das Obergeschoss des Hauses dient dem V (mit seiner Ehefrau) als Familienheim und ist seinem Privatvermögen zuzuordnen. Im Grundstück ruhen erhebliche stille Reserven. Angedacht ist, dass V künftig die betrieblich genutzten Räumlichkeiten an das von S fortgeführte Unternehmen verpachtet, um aus den Einnahmen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Übergabe an den S soll unentgeltlich im Rahmen einer Unternehmensnachfolge, ohne Anfall von Steuern zu Lasten des V, erfolgen.

     

    Relativ schnell ist das Problem erkannt: Das Grundstück ist funktional wesentliche Betriebsgrundlage des Unternehmens, ein Zurückbehalt beim V würde nicht nur zu einer Entnahme in dessen Privatvermögen unter Aufdeckung der stillen Reserven führen, sondern es wäre insgesamt schädlich für eine Buchwertübertragung auf den S in Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG (vgl. BFH-Urteil v. 10.9.20, IV R 14/18, BStBl II 21, 367). Die Praxis kann sich nunmehr, abgesichert durch BMF-Schreiben v. 21.11.19 (BStBl I 19, 1291), zweier Lösungsmöglichkeiten bedienen:

     

    • a) Die funktional wesentliche Betriebsgrundlage wird zeitlich vorgelagert (wobei eine „juristische Sekunde“ genügen soll) zu Buchwerten in ein anderes Betriebsvermögen des V übertragen. I. d. R. wird in diesen Fällen die betriebliche Verstrickung durch die Installation einer i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägten GmbH & Co. KG sichergestellt.
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    • b) Der Übergeber begründet mit dem Übernehmer eine (originär gewerblich tätige) Personengesellschaft (GbR, OHG, KG). Hierbei beteiligt sich der Übergeber lediglich mit einem Zwergenanteil (welcher jedoch eine Mitunternehmerinitiative vermittelt) von bspw. 5 % an der Gesellschaft, behält aber das Grundstück in seinem Sonder-BV zurück. Letzteres wird fortan gegen fremdübliches Entgelt an die Gesellschaft überlassen, der Übergeber erzielt hieraus zukünftig Einkünfte als Mitunternehmer i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG.

     

    Wählt man hier ‒ aufgrund der unterschiedlichen Nutzungen des Gebäudeteils ‒ die Variante b, liegt für ertragsteuerliche Zwecke eine unentgeltliche Aufnahme gem. § 6 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 EStG des S in das Einzelunternehmen des V vor. Für schenkungsteuerliche Zwecke ist insoweit unzweifelhaft die Übertragung begünstigungsfähigen Vermögens i. S. d. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG gegeben. Allerdings sieht die FinVerw in ihrem GLE v. 13.10.22 in einer entsprechenden Errichtung der PersG einen Einbringungsvorgang, welcher zu einer Qualifizierung des auf die PersG übertragenen Verwaltungsvermögens in „junges Verwaltungsvermögen“ und auch entsprechender „junger Finanzmittel“ führt. Denn die Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft führe zivilrechtlich zum Eigentumsübergang der Wirtschaftsgüter und somit zu einem Rechtsträgerwechsel.

     

    Eine vollständige Einbringung des Einzelunternehmens zu 100 % wäre jedoch nur insoweit gegeben, als zunächst das Einzelunternehmen des V in eine mit dem zukünftigen Unternehmensnachfolger S gegründete PersG, an welcher V zunächst mit 100 % und der S mit 0 % beteiligt ist. Alternativ wäre auch denkbar, dass der V zunächst mit einer nicht am Vermögen beteiligten Kompl.-GmbH eine GmbH & Co. KG mit dem V als zu 100 % beteiligtem Kommanditisten errichtet. Erst anschließend erfolgt in beiden Varianten die Abtretung von Teilanteilen an den Nachfolger S. In diesen Fällen ist also ein Einbringungsvorgang des V gem. § 24 UmwStG jeweils vollständig erfüllt. Wie im Ausgangssachverhalt ist dahingehend eine Zuordnung auch funktional wesentlicher WG zum Sonder-BV des Einbringenden möglich (vgl. BMF 11.11.11, IV C 2 - S 1978 b/08/10001, BStBl I 11, 1314, UmwStE Rz. 24.05).

     

    Kein Einbringungsvorgang nach § 24 UmwStG ist jedoch gegeben, soweit im Rahmen der unentgeltlichen Aufnahme eines Dritten in ein Einzelunternehmen die Einbringung für Rechnung dieses Dritten erfolgt. Das heißt, errichten V und S gemeinsam eine neue PersG und verpflichtet sich V, die entsprechenden Einlageleistungen der Gesellschafter durch Einbringung seines Einzelunternehmens im Ganzen, zum Teil auf eigene, zum Teil auf Rechnung des Gesellschafters S, zu erbringen, dann ist der Vorgang in einen Einbringungsvorgang des V gem. § 24 UmwStG und die unentgeltliche Aufnahme des S gem. § 6 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 EStG aufzuspalten (vgl. BFH 18.9.13, X R 42/10, BStBl II 16, 639; s. a. Fuhrmann in W/M § 24 UmwStG, Rz. 26). D. h., nur hinsichtlich der Beteiligung des V an der übernehmenden PersG liegt nach steuerrechtlichen Grundsätzen eine Einbringung (Tauschvorgang) vor.

     

    Die FinVerw schenkt dieser (ertrag-)steuerlichen Differenzierung keine Beachtung und stellt alleinig auf den zivilrechtlichen Eigentumsübergang ab. Entgegen der in den GLE v. 13.10.22 gewählten Begrifflichkeit der vorgelagerten Einbringung sollen auch nach der Grundstruktur des § 6 Abs. 3 EStG direkte Übertragungsvorgänge junges Verwaltungsvermögen begründen können. Zutreffender wäre es daher m. E. gewesen, die FinVerw hätte hier generell von Übertragungen im Rahmen einer Nachfolgegestaltung gesprochen, denn diese Fälle sollen offensichtlich vollumfänglich erfasst werden.

     

    In klassischen mittelständischen Strukturen dürfte i. d. R. nur in Ausnahmefällen ein bedeutsamer Bestand von als durch den Übertragungsvorgang als „jung“ zu qualifizierendem Verwaltungsvermögen i. S. d. § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 4 ErbStG gegeben sein. Anders stellt sich die Umgliederung in „junge“ Finanzmittel i. S. d. § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 2 ErbStG dar. Insbesondere die Ausklammerung aus der für den „Normalfall“ eröffneten Schuldenverrechnung nach § 13b Abs. 6 ErbStG eröffnet hier ein völlig neues Risikopotenzial bei der Übergabe betrieblicher Einheiten. Betroffen sind sämtliche Bar- und Kontenbestände des Unternehmens, Forderungsbestände (auch aus Lieferungen und Leistungen und Steuerforderungen), Bestände an Kryptowährungen etc. (vgl. R E 13b.23 Abs. 2 ErbStR). Entgegen der Auffassung der FinVerw erkennt hingegen der BFH in geleisteten Anzahlungen keine entsprechenden anderen Forderungen i. S. d. § 13b Abs. 4 Nr. 4 ErbStG (vgl. BFH 1.2.23, II R 36/20).

     

    Beachten Sie | Anzumerken ist darüber hinaus, dass der BFH bis dato zu der Frage der Gleichsetzung eines Einbringungs- mit einem nach dem Wortlaut eigentlich erforderlichen Einlagevorgang nicht Stellung zu nehmen brauchte (vgl. ausführlich Schwind, ZEV 20, 673). Die FinVerw setzt diese Begrifflichkeiten grundsätzlich gleich.

     

    Für den Ausgangsfall bedeutet dies, dass genau geprüft werden muss, welches potenzielle Verwaltungsvermögen auf die zukünftig durch die von V und S errichtete PersG zivilrechtlich übertragen wird. Der Rechtsträgerwechsel führt gleichsam zur Qualifikation entsprechenden Vermögens als „jung“ i. S. d. § 13b Abs. 4 ErbStG.

     

    2.2 Fall 2: Übergabe und Absicherung einer Betriebsaufspaltung

    V ist alleiniger Gesellschafter der operativ tätigen X-GmbH. V ist daneben Eigentümer eines bebauten Grundstücks, auf welchem die X-GmbH ihren Geschäftsbetrieb betreibt. Aufgrund personeller und sachlicher Verflechtung besteht eine Betriebsaufspaltung zwischen der X-GmbH und dem Besitzunternehmen des V. Die Anteile an der X-GmbH sind dem notwendigen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens V zuzuordnen. V möchte die Anteile an der X-GmbH im Rahmen einer unentgeltlichen Unternehmensnachfolge vollständig an den Sohn S übergeben.

     

    Durch die Übergabe der Anteile an der X-GmbH käme es zur Auflösung der Betriebsaufspaltung, da die personelle Verflechtung beendet werden würde. Die durch den Wegfall der personellen und/oder sachlichen Verflechtung eintretende Betriebsaufgabe beim Besitzunternehmen V kann verhindert werden, indem dieses in die Rechtsform einer GmbH & Co. KG überführt wird, da über die gewerbliche Prägung i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG eine betriebliche Verstrickung der ursprünglich die sachliche Verflechtung begründenden WG weiter abgesichert ist. Der BFH erachtet in den Fällen des Fortfalls lediglich der personellen Verflechtung diese Abschirmung über eine GmbH & Co. KG nicht für notwendig und geht von einer fortbestehenden Betriebsverpachtung aus, soweit die wesentliche Betriebsgrundlage weiterhin verpachtet wird (vgl. BFH-Urt. 17.4.19, IV R 12/16, BStBl II 19, 745). In der Praxis bietet sich jedoch im Rahmen der Gestaltungsberatung weiterhin der „doppelte Boden“ der Absicherung über eine GmbH & Co. KG an (vgl. mit weitergehenden Beispielen Ott, GStB 20, 186).

     

    Beachten Sie | In der Praxis wird hierbei oft übersehen, dass durch eine entsprechende Absicherung der betrieblichen Verstrickung durch Einbringung gem. § 24 UmwStG des Besitzeinzelunternehmens in eine GmbH & Co. KG nur die halbe Miete ist. Denn werden im nächsten Schritt der Nachfolgegestaltung die Geschäftsanteile am Betriebsunternehmen abgetreten, dann erfolgt zunächst deren Entnahme aus dem (Sonder-)BV des neuen Besitzunternehmens, da diese beim Übernehmer als Anteile i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG qualifizieren. Die Anwendung des Buchwertprivilegs des § 6 Abs. 3 EStG scheitert hier auch bei vollständiger Abtretung an der Teilbetriebsqualität der Anteile (vgl. Schmidt/Wacker, § 16 EStG, Rz. 161). Die Entnahme ist gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG zwingend mit dem Teilwert, d. h. unter Aufdeckung aller stillen Reserven in den Geschäftsanteilen, zu bewerten.

     

    Es könnte sich daher anbieten, die Einbringung in die neue Besitzgesellschaft GmbH & Co. KG im ersten Schritt dergestalt zu vollziehen, dass das Grundvermögen in das Gesellschaftsvermögen der KG gegen Gewährung entsprechender Kommanditanteile (zumindest teilweise Gutschrift auf dem Kapitalkonto I, vgl. BMF 26.7.16, IV C 6 i, S 2178/09/10001, BStBl I 16, 684) übertragen und die Geschäftsanteile dem Sonder-BV der übernehmenden Gesellschaft zugeordnet werden (vgl. UmwStE, a. a. O., Rz. 24.05). In einem zweiten Schritt wird S im Wege der Schenkung mit einem Zwergenanteil an der KG unter Beachtung des Erfordernisses einer möglichen Entfaltung von Mitunternehmerinitiative und Innehaben eines Mitunternehmerrisikos beteiligt. Gleichzeitig werden die Anteile an der Betriebs-GmbH an den S abgetreten.

     

    Die Anteile wechseln somit im Bereich des Sonder-BV derselben Mitunternehmerschaft. Eine Entnahme der Geschäftsanteile in das Privatvermögen erfolgt aufseiten des V nicht. Die unentgeltliche Aufnahme erfolgt auch bei überquotaler Übertragung von Sonder-BV einheitlich nach den Grundsätzen des § 6 Abs. 3 S. 1 EStG ohne Lauf einer Sperrfrist (vgl. BMF 21.11.19, a. a. O., Rz. 32).

     

    Beachten Sie | Für Fragen der Inanspruchnahme der schenkungsteuerlichen Begünstigung der §§ 13a, 13b ErbStG ist wesentlich auf eine Gleichschaltung der Übertragungsvorgänge zu achten. Insbesondere die in der notariellen Praxis ausgesprochene Empfehlung der aufschiebend bedingten Übertragung der Kommanditanteile erweist sich hier als schädliches Auseinanderziehen der einheitlich (begünstigten) Nachfolgegestaltung (vgl. BFH 17.6.20, II R 38/17, BStBl II 21, 98) mit katastrophalen Folgen (vgl. Wachter, GmbHR 21, 305 mit Gestaltungsüberlegungen).

     

    Neben dieses Geflecht aus gestalterischen Überlegungen tritt nun auch noch die Frage des Entstehens „jungen Vermögens“ im obigen Sinne. Insoweit kann hinsichtlich der schenkungsteuerlichen Konsequenzen nach oben verwiesen werden. Insbesondere (häufig bestehende) Pachtforderungen wären als junge Finanzmittel zu qualifizieren und würden, soweit diese anteilig auf den zugewandten Mitunternehmeranteil entfallen, einer Besteuerung außerhalb des Begünstigungsregimes des § 13a ErbStG unterfallen.

     

    Jedoch ist die Konstellation des Zurückbehalts der Anteile an der Betriebs-GmbH im Sonder-BV des Übergebers zwar in der Praxis häufig anzutreffen, jedoch keineswegs zwingend. Alternativ könnte nach den obigen Grundsätzen die Einbringung des Besitzunternehmens auch durch Übertragung der Anteile an der Betriebs-GmbH in das Vermögen der GmbH & Co. KG unter Zuordnung der verbleibenden Vermögensgegenstände und Schulden zum Sonder-BV des V erfolgen. Zwar wird hierdurch nicht mehr das Gestaltungsziel der unmittelbaren Übertragung (nur) der GmbH-Anteile ausschließlich an den S erreicht, jedoch könnte man sich diesem Ergebnis zumindest wirtschaftlich über eine beherrschende Beteiligungsquote des S an der die Geschäftsanteile an der X-GmbH innehabenden GmbH & Co. KG annähern. Bei V würde eine mitunternehmerische Zwergenbeteiligung als Kommanditist verbleiben.

     

    Die hier zu betrachtende Kernfrage wäre, ob durch diese Gestaltungsoption eine Statusverschlechterung bzgl. der Qualifikation des entsprechenden Verwaltungsvermögens als „jung“ i. S. d. § 13b Abs. 4 ErbStG verhindert werden könnte. Soweit die WG des Besitzunternehmens dem Sonder-BV zugeordnet werden, sollen diese nicht Gegenstand der Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 ErbStG sein. Die WG und Schulden des Sonder-BV stehen ausschließlich im Eigentum des Kommanditisten V und sind daher auch diesem vollständig zuzurechnen (§ 97 Abs. 1a Nr. 2 BewG).

     

    Fraglich ist jedoch, ob ggf. ein „Durchgriff“ auf die mittelbar auf den S übertragenen Anteile an der X-GmbH im Rahmen der Verbundbetrachtung gem. § 13b Abs. 9 ErbStG erfolgt (vgl. R E 13b.29 ErbStR). Die GLE v. 13.10.22 (a. a. O.) nehmen zwar zu dem Fall der (Mit-)Einbringung von Anteilen an einer KapG in eine PersG nicht explizit Stellung, behandeln jedoch die Einbringung eines Mitunternehmeranteils in eine PersG unter Begründung einer doppel- (oder mehr-)stöckigen Struktur. In Rz. 11 führen die GLE aus:

     

    „Aufgrund der stufenweisen Ermittlung bei der Verbundvermögensaufstellung ist erbschaft- und schenkungsteuerlich davon auszugehen, dass die Wirtschaftsgüter der Untergesellschaft ihre Betriebszugehörigkeit durch die Einbringung des Mitunternehmeranteils nicht ändern. Es entsteht kein junges Verwaltungsvermögen in Bezug auf die Wirtschaftsgüter der Untergesellschaft.“

     

    Damit knüpfen die Erlasse insoweit konsequent an den jeweiligen zivilrechtlichen Übertragungsakt an, welcher ‒ wie dargestellt ‒ nicht zwingend in Form einer Einbringung erfolgen muss. Im Umkehrschluss heißt dies jedoch, dass ausschließlich eine Änderung in der zivilrechtlichen Zurechnung des Eigentums an den entsprechenden Vermögensgegenständen diese auch als „jung“ i. S. d. § 13b Abs. 4 ErbStG qualifizieren kann. Ändert sich hingegen, wie bei den eingebrachten Anteilen an der X-GmbH, nicht das Zurechnungssubjekt, ändert sich die ursprüngliche Zurechnungszeit von zwei Jahren nicht. Entsprechendes gilt bei der Betrachtung der Finanzmittel der Gesellschaft. Ändert sich die betriebsbezogene Zurechnung durch den Umwandlungsvorgang nicht, führt der Betrieb auch hinsichtlich der jungen Finanzmittel die bisherigen Rechengrößen (Entnahmen und Einlagen der letzten zwei Jahre) fort (GLE 13.10.22, a. a. O., Rz. 38).

     

    FAZIT | Selbst in vermeintlich einfachen Sachverhaltskonstellationen birgt das aktuelle Geflecht aus steuerlichen Detailregelungen erhebliche Risiken in der steuerlichen Begleitung der Nachfolge. Durch die aktuelle Auffassung der Finanzverwaltung zur Entstehung von sog. jungem Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 4 ErbStG tritt eine komplexe Detailregelung hinzu. Zwar ist es insoweit durchaus zu begrüßen, dass die Finanzverwaltung sich hier umfangreich geäußert und sich insoweit klar positioniert hat (so auch Dorn, ErbBstg 23, 91). Dieses bringt zumindest Klarheit aufseiten der Beraterschaft, zwingt aber gleichsam zur Überprüfung „altbewährter“ Praxiskonzepte.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Zur Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen und jungen Finanzmitteln und der Positionierung der Finanzverwaltung s. Dorn, ErbBstg 23, 91 ff.
    • Zu Fall 2: Übergabe und Absicherung einer Betriebsaufspaltung: Vertiefende Gestaltungshinweise finden sich im Beitrag von Ott, Erfolgreiche Rettungsmaßnahmen zur Absicherung der Betriebsaufspaltung, GStB 20, 186 ff.
    • Hinsichtlich der Begünstigung der §§ 13a, 13b ErbStG und der notwendigen Gleichschaltung der Übertragungsvorgänge weist Wachter auf Gefahrenquellen hin; siehe hierzu Wachter, GmbHR 21, 305 mit Gestaltungsüberlegungen
    Quelle: Ausgabe 08 / 2023 | Seite 201 | ID 49585641

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