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  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer/Schenkungsteuer

    Zinsvorteile als Schenkung

    | Hinsichtlich der einkommen- und schenkungsteuerlichen Folgen zinslos oder niedrigverzinslich gewährter Darlehen bestehen immer noch Rechtsunsicherheiten. Trotz einer eindeutigen BFH-Rechtsprechung sind weitere Verfahren beim BFH anhängig, weil die vom BFH bisher gezogenen Konsequenzen als unbefriedigend empfunden werden. |

    1. Bewertungsrecht

    Das Bewertungsrecht geht für die Bewertung von zinslosen, niedrig und hochverzinslichen Darlehensforderungen oder Darlehensverbindlichkeiten von starren Vorgaben aus, die sich nicht an den Zinskonditionen am Kapitalmarkt orientieren. Die aktuell niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt wirken sich nicht aus. Abweichend vom Nennwert ist für eine Kapitalforderung oder Kapitalschuld ein höherer oder niedrigerer Wert (Gegenwartswert) danach anzusetzen, wenn besondere Umstände vorliegen, die einen höheren oder niedrigeren Wert begründen (§ 12 Abs. 3 BewG, § 15 Abs. 1 BewG). Besondere Umstände, die eine Bewertung abweichend vom Nennwert rechtfertigen, liegen vor, wenn die Kapitalforderungen oder -schulden

     

    • unverzinslich sind und ihre Laufzeit im Besteuerungszeitpunkt mehr als 1 Jahr beträgt;

     

    • niedrig verzinst (unter 3 %) oder hoch verzinst (über 9 %) sind, sowie die Kündbarkeit für längere Zeit (für mindestens 4 Jahre) ausgeschlossen ist.

     

    Unverzinsliche Kapitalforderungen oder -schulden von bestimmter Dauer, deren Laufzeit im Besteuerungszeitpunkt mehr als 1 Jahr beträgt, sind unter Berücksichtigung von Zwischenzinsen und Zinseszinsen mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Der Jahreswert für die Nutzung des Kapitals wird somit gemäß § 12 Abs. 3 BewG, § 15 Abs. 1 BewG gewöhnlich mit 5,5 % angesetzt.

     

    Bei einer niedrig verzinslichen Kapitalforderung oder -schuld von bestimmter Dauer, die im Besteuerungszeitpunkt noch mindestens 4 Jahre läuft, ist der Nennwert um den Kapitalwert des jährlichen Zinsverlusts zu kürzen. Für die Berechnung des jährlichen Zinsverlusts ist die Zinsdifferenz zwischen dem Grenzzinssatz von 3 % und dem tatsächlichen Zinssatz maßgebend.

     

    § 13 Abs. 3 S. 1 BewG bestimmt, dass ein nachgewiesener gemeiner Wert zugrunde zu legen ist, wenn der gemeine Wert der gesamten Nutzungen oder Leistungen nachweislich geringer oder höher ist. Die Abweichung vom Kapitalwert gilt aber nur dann als nachgewiesen, wenn sie bei dem im Einzelfall festgestellten Sachverhalt aufgrund von Erfahrungssätzen oder nach den Denkgesetzen zwingend ist (BFH 24.4.70, III R 54/67, BStBl II 70, 715). Der Ansatz eines geringeren oder höheren Werts kann nicht darauf gestützt werden, dass mit einem anderen Zinssatz als 5,5 % zu rechnen ist (so auch gleich lautende Ländererlasse vom 10.10.10, BStBl I 10, 810 unter III.1.).

     

    Nach § 15 Abs. 1 BewG beträgt der Jahreswert der Nutzung einer Geldsumme nur dann 5,5 %, wenn kein anderer Wert feststeht.

    2. Schenkung

    In der Gewährung eines zinslosen Darlehens ist eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu sehen. Gegenstand der Zuwendung ist die dem Zuwendungsempfänger (Darlehensnehmer) gewährte Nutzungsmöglichkeit des Kapitals, deren Jahreswert nach der ständigen Rechtsprechung des BFH gewöhnlich mit 5,5 % anzusetzen ist. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH. Danach qualifiziert sich ein unentgeltliches Nutzungsverhältnis als Schenkung, wenn eine Einnahmemöglichkeit, die verkehrsüblicherweise regelmäßig genutzt wird, über längere Zeit eingebüßt wird, weil die Einnahmequelle einem anderen unentgeltlich überlassen wird, sodass das Darlehensverhältnis schenkungsrechtlich überlagert wird (BFH 12.7.79, II R 26/78, BStBl II 79, 631 - für Mutter an Sohn; BFH 29.6.05, II R 52/03, BStBl II 05, 800 für Schwiegereltern an Schwiegertochter; BFH 20.9.10, II B 7/10, BFH/NV 10, 2280 für Vorerbe an Nacherbe). Auch jüngere Urteile der Finanzgerichte (z.B. Hessisches FG 29.8.11, 1 K 3381/03, ErbBstg 12, 153) folgen bisher konsequent dem BFH.

     

    Das FG Münster (29.3.12, 3 K 3819/10 Erb, ErbBstg 13, 35 - für eheähnliche Lebensgemeinschaft, Revision eingelegt, Az. BFH: II R 25/12) will in Anlehnung an die Rechtsprechung des BFH einen anderen Zinssatz als den von 5,5 % auch dann nicht zulassen, wenn feststeht, dass für eine „seriöse“ Geldanlage ein Zinssatz von 5,5 % nicht zu erzielen war - im Streitfall wurden unstreitig 4,5 % unterstellt. Zur Begründung führt es an, dass § 12 Abs. 3 BewG eine Abweichung von dem gesetzlich festgelegten Zinssatz von 5,5 % nicht vorsieht. Dabei stützt sich das FG auf § 13 Abs. 3 S. 2 BewG, wonach der Kapitalwert wiederkehrender Leistungen nicht unter Zugrundelegung eines anderen als dem vorgesehenen Zinssatz von 5,5 % ermittelt werden kann (BFH 27.5.92, II R 33/89, BStBl II 92, 990).

     

    Der in § 15 Abs. 1 BewG festgelegte Zinssatz ist laut BFH der gemeine Jahreswert der Nutzung. Ein anderer Wert könne demnach nur ein anderweitig feststehender gemeiner Wert sein, nicht jedoch ein von den Vertragsparteien vereinbarter Zinssatz (BFH 27.10.10, II R 37/09, ErbBstg 11, 30).

     

    Damit scheint der BFH sogar strenger als die Finanzverwaltung zu sein. Diese geht nämlich davon aus, dass für die Bewertung des Nutzungsvorteils von einem nachgewiesenen Zinssatz ausgegangen werden kann, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der marktübliche Zinssatz für eine gleichartige Kapitalanlage unter dem gesetzlich festgelegten Zinssatz von 5,5 % liegt. Bei einem niedrig verzinslichen Darlehen soll in diesen Fällen der schenkungsteuerlich maßgebende Nutzungsvorteil aus der Differenz zwischen dem nachgewiesenen marktüblichen Kapitalzinssatz und dem vereinbarten Zinssatz zu berechnen sein. Liegt der vereinbarte Zinssatz nur unwesentlich unter dem marktüblichen Zins, ist eine freigebige Zuwendung nicht anzunehmen (Erlass FM BW 20.1.00, DStR 00, 204).

     

    PRAXISHINWEIS | Es empfiehlt sich daher, den marktüblichen Zinssatz für eine gleichartige Kapitalanlage als Referenzzins für den vereinbarten Zinssatz zu dokumentieren, z.B. durch eine entsprechende Bescheinigung einer Bank. Es besteht dann zumindest die Hoffnung, wenn auch keine Rechtssicherheit, dass eine Schenkung verneint wird.

     

    3. Einkommensteuer

    Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die zinslose Stundung einer Forderung zur einkommensteuerrechtlichen Erfassung eines Zinsanteils führt, wenn zugleich die Voraussetzungen einer schenkungsteuerlichen freigebigen Zuwendung erfüllt sind (BFH 12.9.11, VIII B 70/09, ErbBstg 12, 64), Es ging um eine für längere Zeit gestundete Zugewinnausgleichsforderung unter Eheleuten. Dabei wurde der Zugewinn etwa 8 Jahre nach Vertragsschluss zum Nennbetrag ausgezahlt. Das FA ermittelte auf der Grundlage des § 12 Abs. 3 BewG einen Zinszufluss von über 70.000 EUR. Nach Auffassung des BFH sprechen gewichtige Argumente dafür, dass das FA zu Unrecht Zinsen für die Stundung der Ausgleichsforderung als Einnahmen aus Kapitalvermögen der ESt unterworfen hat. Zwar sah er die tatbestandlichen Voraussetzungen dafür dem Grunde nach als erfüllt an, zog jedoch zugleich eine Schenkung der Ehefrau i.S. des ErbStG in Betracht. Um eine Doppelbesteuerung zu verhindern, müsse die Ertragsbesteuerung in derartigen Konstellationen zurücktreten.

     

    Mit der ESt-Kurzinformation 09/2012 weist die OFD Münster grundsätzlich darauf hin, dass bei Rückzahlung einer länger als 1 Jahr unverzinslich gestundeten Kapitalforderung der Rückzahlungsbetrag in einen nicht steuerbaren Tilgungs- und einen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerbaren Zinsanteil gemäß § 12 Abs. 3 BewG aufzuteilen ist. In Zusammenarbeit mit dem FA für Erbschaft- und Schenkungsteuer soll aber geprüft werden, ob eine Schenkung vorliegt, sodass die Versteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zurücktritt (OFD Münster 29.3.12, DB 12, 774). Für diese Auffassung spricht, dass es tatbestandlich ausgeschlossen sein dürfte, mit derselben Handlung sowohl eine freigebige Zuwendung zu verwirklichen (§ 7 ErbStG) als auch wirtschaftlich am Markt teilzunehmen (Zugmaier in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 EStG Rn. 33). Aus der Verfügung könnte eine Abgrenzung zwischen ESt und SchenkSt wie folgt abgeleitet werden:

     

    • Liegt der Vereinbarung (z.B. Darlehensvertrag, Stundungsvereinbarung über Zugewinnausgleich oder Pflichtteil) eine der Höhe nach feststehende Schuld zugrunde und wird diese Schuld nicht verzinst und später durch Zahlung des Nennwerts der Schuld getilgt, unterliegt der Zinsvorteil der SchenkSt und damit nicht der ESt.

     

    • Liegt der Vereinbarung (z.B. Darlehensvertrag, Stundungsvereinbarung über Zugewinnausgleich oder Pflichtteil) eine der Höhe nach feststehende Schuld zugrunde und wird diese Schuld laufend verzinst oder später mit einem über dem Nennbetrag der Schuld liegenden Betrag zurückgezahlt, unterliegt der über den Nennbetrag hinausgehende Betrag als Entgelt für die Nutzung des Kapitals der ESt. SchenkSt kann dann nur insoweit anfallen, wenn der vereinbarte Zins zu niedrig ist.
    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 71 | ID 42546732

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