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  • Zivilrecht

    Das Erbrecht des nichtehelichen Kindes

    Das Erbrecht eines nichtehelichen Kindes ist von überragender Bedeutung und kann jede familiäre Planung zunichte machen, die diesen Umstand nicht berücksichtigt hat. Das folgt vor allem daraus, daß der dem nichtehelichen Kind zustehende Erbersatzanspruch ein Geldanspruch in Höhe seiner theoretischen Erbquote und damit doppelt so hoch wie der Pflichteilsanspruch ist.

    Die Rechtsstellung des nichtehelichen Kindes ist durch das Nichtehelichengesetz vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1243) grundsätzlich verbessert worden. Bei einem Erbfall nach dem 1. Juli 1970 und für ab dem 1. Juli 1949 geborene Kinder wird das nichteheliche Kind als blutsverwandter Abkömmling gesetzlicher Erbe der ersten Ordnung sowohl im Verhältnis zur Mutter als auch zum natürlichen Vater.

    Es schließt damit automatisch Erben zweiter und weiterer Ordnungen von der Erbfolge aus ( § 1930 BGB) und zwar auch dann, wenn es nur den Erbersatzanspruch erhält.

    Ist das nichteheliche Kind durch nachfolgende Eheschließung legitimiert ( §§ 1719 - 1722 BGB) oder durch Beschluß des Vormundschaftsgerichts nach dem 1. Juli 1970 für ehelich erklärt worden ( §§ 1723 - 1740 BGB), hat es auch erbrechtlich die uneingeschränkte Rechtsstellung eines ehelichen Kindes.

    1. Der Erbersatzanspruch § 1934a BGB

    Hat der natürliche Vater andere gesetzliche Erben (Ehegatte, eheliche Kinder), steht dem nichtehelichen Kind an Stelle des gesetzlichen Erbteils "nur" ein Erbersatzanspruch in Höhe seines Erbteils zu. Das gilt auch bei nachträglicher Vaterschaftsfeststellung gemäß §§ 1600n Abs. 2 BGB, 55b FGG.

    Der Ersatzanspruch gehört zu den Erbfallschulden, deren Regulierung aus dem Nachlaß nicht zu Anschaffungskosten führt.

    1.1 Entstehung des Erbersatzanspruchs

    • Erbersatzanspruch bei Tod des nichtehelichen Vaters

    Hinterläßt der verstorbene Vater eine erbberechtigte Ehefrau und/ oder erbberechtigte eheliche Abkömmlinge, steht dem nichtehelichen Kind gegen die sogenannten "Kollisionserben" nur der Erbersatzanspruch zu ( § 1934a Absatz 1, 1. Variante BGB).

    • Erbersatzanspruch bei Tod eines Verwandten des nichtehelichen Vaters

    Das nichteheliche Kind und seine Abkömmlinge erhalten außerdem an Stelle des gesetzlichen Erbteils nur den Erbersatzanspruch, wenn ein(e) Verwandte(r) des nichtehelichen Vaters stirbt und erbberechtigte Ehefrau und/oder Kinder hinterläßt ( § 1934a Absatz 1, 2. Variante BGB).

    » Erbersatzanspruch bei Tod des nichtehelichen Kindes

    Der Vater oder seine Verwandten erhalten bei Tod des nichtehelichen Kindes ebenfalls nur den Erbersatzanspruch, wenn das nichteheliche Kind eine erbberechtigte Ehefrau und/oder Mutter oder erbberechtigte Abkömmlinge der vorverstorbenen Mutter hinterläßt ( § 1934 Abs. 2 und 3, 1. Variante BGB). Hat das verstorbene nichteheliche Kind eigene Abkömmlinge, erben sein Vater und dessen Verwandtschaft nicht.

    1.2 Rechtsnatur, Berechnung und Verjährung des Erbersatzanspruchs

    Der Anspruch hat es in sich, handelt es sich doch um eine Geldforderung in Höhe des Wertes des gesetzlichen Erbteils, die sich gegen die Erben richtet und regelmäßig auf der Basis der Verkehrswerte des Nachlasses berechnet wird. Die Erben haften gemäß § 2058 BGB als Gesamtschuldner. Auf den Erbersatzanspruch finden im übrigen gemäß § 1934b Abs. 1 Satz 1 BGB die für den (nur halb so hohen) Pflichtteilsanspruch gültigen Vorschriften Anwendung.

    Ausgangswert ist der gemeine Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls, bei einem Landgut der gemäß § 2049 BGB zu ermittelnde Ertragswert ( § 1934b Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB). Dieser Wert wird nach oben durch ausgleichspflichtige Vorempfänge der Erben und des Erbersatzberechtigten selbst, nach unten durch die Nachlaßverbindlichkeiten korrigiert (zu Einzelheiten vgl. §§ 1934b Abs. 3, 2050 - 57, 2338a, 1991 Abs. 4 BGB i.V.m. 226 Abs. 2 Nr. 4, 5 KO, §§ 2319, 2320 BGB.

    Eine abweichende Bewertung des Nachlasses oder einzelner Nachlaßgegenstände durch eine Verfügung von Todes wegen ist zulässig, findet ihre Grenze aber im Pflichtteilsrecht des Erbersatzberechtigten ( § 2311 Abs. 2 BGB).

    Der Erbersatzanspruch verjährt in drei Jahren ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme vom Eintritt des Erbfalls und den Umständen seiner Entstehung, spätestens in 30 Jahren ( § 1934 b Absatz 2 Satz 2 BGB).

    1.3 Geltendmachung des Erbersatzanspruchs

    Der Erbersatzberechtigte hat Anspruch auf Auskunft über den Nachlaß gemäß §§ 1934b Abs. 2 Satz 1, 2314 BGB in Form eines amtlich oder durch einen Notar aufzunehmenden Bestandsverzeichnisses, bei dessen Aufnahme er anwesend sein kann und einen Sachverständigen hinzuziehen darf. Die Kosten trägt der Nachlaß ( § 2314 Abs. 2 BGB).

    1.4 Pflichtteilsrecht des Erbersatz-Berechtigten

    Der Erbersatzanspruch kann wie andere Regeln des gesetzlichen Erbrechts durch ein Testament beeinflußt werden. Der Erblasser kann

    » den Erbersatzanspruch ganz oder teilweise entziehen,

    » den Erbersatzanspruch quotenmäßig erhöhen oder verringern,

    » die Fälligkeit des Erbersatzanspruchs durch Ratenzahlung oder Stundung beeinflussen,

    » eine abweichende Bewertung des Nachlasses anordnen,

    » den Erbersatzanspruch mit Vermächtnissen und Auflagen beschweren,

    » Vor- und Nacherbschaft anordnen,

    » den Erbersatzberechtigten als Erben, Miterben oder Vermächtnisnehmer einsetzen.

    Die Grenze aller Beschränkungen ist der Pflichtteil gemäß §§ 2303 ff BGB, wenn der Berechtigte zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehört ( § 2338a BGB). Bei totalem Entzug des Erbersatzanspruchs verbleibt es also regelmäßig bei der Hälfte des Erbersatzanspruchs.

    2. Der vorzeitige Erbausgleich § 1934d BGB

    Der Gesetzgeber hat dem nichtehelichen Kind aus begreiflichen Gründen das Privileg eingeräumt, von seinem natürlichen Vater einen Anspruch auf vorzeitigen Erbausgleich in Geld zu verlangen. Der Vater hat kein Abfindungsrecht und kann daher dem nichtehelichen Kind den vorzeitigen Erbausgleich nicht aufdrängen.

    Der Anspruch kann durch einseitige empfangsbedürftige formlose Willenserklärung geltend gemacht werden. Das verpflichtet den nichtehelichen Vater zum Abschluß einer notariellen Ausgleichsvereinbarung.

    Der Ausgleichsbetrag beläuft sich grundsätzlich auf das Dreifache des Jahresunterhalts ( § 1934d Abs. 2 BGB), den der Vater im Durchschnitt der letzten fünf Jahre, in denen das Kind noch Unterhalt verlangen konnte, zu leisten hatte. Je nach den finanziellen Möglichkeiten des Vaters kann auch mehr oder weniger "angemessen" sein, mindestens muß aber das Einfache, höchstens das Zwölffache gezahlt werden.

    Das nichteheliche Kind hat ein Auskunftsrecht über die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse seines Vaters zum Zeitpunkt der Geltendmachung des vorzeitigen Erbausgleichs. Im Streitfall wird das Gericht die finanziellen Verhältnisse des Vaters genauestens prüfen.

    Der Anspruch auf vorzeitigen Erbausgleich

    » muß innerhalb einer Ausschlußfrist zwischen dem 21. und 27. Lebensjahr geltend gemacht werden.

    » der daraus entstehende Anspruch auf Vornahme des Erbausgleichs durch Abschluß einer Ausgleichsvereinbarung oder durch Urteil verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem das Kind das 27. Lebensjahr vollendet hat.

    » der daraus entstandene Zahlungsanspruch verjährt in 30 Jahren ab Beurkundung oder Eintritt der Rechtskraft des Urteils.

    Mit der rechtswirksamen Vereinbarung, beziehungsweise dem rechtskräftigen Urteil, scheiden das nichteheliche Kind und seine Abkömmlinge aus der gesetzlichen Erbfolge gegenüber dem natürlichen Vater und dessen Verwandten und umgekehrt der Vater und seine Verwandten gegenüber dem nichtehelichen Kind und dessen Abkömmlingen endgültig aus ( § 1934d BGB). Auch der Pflichtteilsanspruch erlischt.

    Quelle: Erbfolgebesteuerung - Ausgabe 01/1994, Seite 19

    Quelle: Ausgabe 01 / 1994 | Seite 19 | ID 101447

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