Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • Testament

    Anfechtungsgründe bei Verfügungen von Todes wegen

    von RA Christos Mantas, Köln

    Im Erbrecht ist die Anfechtung von Verfügungen von Todes wegen gegenüber den Möglichkeiten bei schuld- und sachenrechtlichen Rechtsgeschäften erheblich erweitert und modifiziert. Der Beitrag erläutert im Einzelnen die erbrechtlichen Anfechtungsgründe anhand zahlreicher Beispiele und geht auf die steuerlichen Auswirkungen der Anfechtung ein.

    1. Anfechtung von Verfügungen von Todes wegen

    Nach den Regeln des Erbrechts soll dem „wahren Willen“ des Erblassers Geltung verschafft werden. Deshalb kann der Erblasser zu Lebzeiten, wenn er sich bei der Errichtung seines Testaments geirrt hat, seine Erklärung widerrufen und eine seinem wahren Willen entsprechende Verfügung von Todes wegen errichten. Nach seinem Ableben wird man dieser Intention des Gesetzes dadurch gerecht, dass derjenige, dem der Wegfall der Verfügung im Testament zugute kommt, durch Anfechtung eine irrtumsbedingte Verfügung des Erblassers beseitigen kann.

    1.1 Vorrang der Auslegung

    Der Anfechtung einer Verfügung von Todes wegen geht aber die Auslegung vor. Zunächst ist daher der Wille des Erblassers mit Hilfe der allgemeinen Auslegungsgrundsätze über Willenserklärungen – insbesondere durch erläuternde oder ergänzende Testamentsauslegung – zu ermitteln. Dabei sind auch außerhalb des Wortlauts bekannte Umstände zu berücksichtigen, soweit sie in der Testamentsurkunde Anklang gefunden haben (Schulz, Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer, 1999, 64 ff., mit weiteren Ausführungen zu den speziellen Auslegungs- und Ergänzungsregeln des Erbrechts). Bleibt auch danach der Wille des Erblassers mehrdeutig, kommt die Testamentsanfechtung in Betracht.

    1.2 Subsidiarität der Anfechtung

    Die Anfechtung der letztwilligen Verfügungen ist in den §§ 2078 ff. BGB geregelt. Diese Vorschriften gelten für die vom Erblasser getroffenen Verfügungen ohne Rücksicht darauf, ob diese in einem Einzeltestament, einem gemeinschaftlichen Testament (einseitige Verfügungen) oder einem Erbvertrag (zweiseitiges Rechtsgeschäft) enthalten sind.

    Für den Erbvertrag und das gemeinschaftliche Testament gilt jedoch eine Besonderheit: Bei diesen Formen ist der Erblasser bereits zu Lebzeiten an die von ihm getroffenen Verfügungen gebunden. Nach § 2281 Abs. 1 BGB, der inhaltlich auf die §§ 2078, 2079 BGB verweist, kann der gebundene Erblasser seine eigenen Verfügungen unter den gleichen Voraussetzungen und nach denselben Gründen anfechten, unter denen Dritte diese nach seinem Tod anfechten könnten. § 2281 wird entsprechend auf das gemeinschaftliche Testament angewendet (BGH 4.6.62, BGHZ 37, 331).

    2. Anfechtungsgründe

    Neben Inhalts- und Erklärungsirrtum des Erblassers berechtigen auch die widerrechtliche Drohung und die arglistige Täuschung zur Anfechtung. Auch ein Motivirrtum berechtigt zur Anfechtung.

    2.1 Inhalts- und Erklärungsirrtum des Erblassers

    Nach § 2078 Abs.1 BGB kann eine Erklärung angefochten werden, wenn der Erblasser über ihren Inhalt irrte (Inhaltsirrtum) oder wenn er eine derartige Erklärung überhaupt nicht abgeben wollte (Erklärungsirrtum). Anders als bei § 119 Abs.1 BGB ist hier aber irrelevant, was „ bei verständiger Würdigung eines Falles“ durch einen Menschen vernünftigerweise erklärt worden wäre. Entscheidend ist allein, wie der Erblasser tatsächlich bei Kenntnis der Sachlage verfügt hätte. Es kommt insoweit allein auf die subjektiven Vorstellungen des Erblassers an (BGH 29.11.51, BGHZ 4, 91,95).

    2.1.1 Inhaltsirrtum des Erblassers

    Ein Inhaltsirrtum liegt vor, wenn sich der Erblasser über die Bedeutung oder die Rechtsnatur seiner Erklärung, d.h. über den objektiven, rechtlich wirksamen Inhalt seiner Erklärung geirrt hat. Dieser Irrtum über die Bedeutung von Worten ist praktisch äußerst selten.

    Beispiel
    • Der Erblasser setzt die „gesetzlichen Erben“ in eine testamentarische Zuwendung in der Vorstellung ein, dazu gehörten nur Abkömmlinge der vollbürtigen, nicht auch die der halbbürtigen Geschwister und die nichtehelichen Kinder.
    • Der Erblasser nimmt sein vor dem Notar errichtetes Testament aus der amtlichen Verwahrung zurück, um es seinem Sohn zu zeigen. Er weiß mangels Belehrung nicht, dass das Testament durch die Rücknahme gemäß § 2256 BGB als widerrufen gilt.
    • Der Erblasser verfasst einen Brief, der der Testamentsform genügt, ohne es zu wissen. (Hier fehlt es schon am Testierwillen).

    2.1.2 Erklärungsirrtum des Erblassers

    Beim Erklärungsirrtum weicht der äußere Erklärungstatbestand vom Willen des Erblassers ab. Er hat sich versprochen, verschrieben oder etwas anderes getan, als er eigentlich wollte.

    Beispiel
    • Der Erblasser verschreibt sich und ordnet ein Vermächtnis von 100.000 DM anstatt von 10.000 DM an.  
    • Er will seine Frau bedenken und bezeichnet sie als „Mutter“.
    • Er setzt den A als Erben ein, obwohl er ihn nur als Vormund seiner minderjährigen Kinder benennen will.

    In allen diesen Fällen gilt das wirklich Gewollte, nicht das Erklärte.

    2.2 Irrtum im Beweggrund (Motivirrtum) des Erblassers

    Nach § 2078 Abs. 2 1. Alt. BGB berechtigt auch der so genannte Motivirrtum zur Anfechtung. Anfechtungsgrund ist die Tatsache, dass der erklärte Wille fehlerhaft gebildet wurde. Dabei ist es gleichgültig, ob der Irrtum sich auf vergangene bzw. gegenwärtige („Annahme“) oder auf zukünftige („Erwartung“) Umstände bezieht.

    Beispiele
    • Der Erblasser geht davon aus, der eingesetzte Erbe werde sein Studium als Diplom-Ingenieur abschließen und daher zur Übernahme einer Baufirma besonders geeignet sein. Dies erweist sich später als falsch.
    • Der Erblasser geht davon aus, das verlobte Paar werde heiraten.
    • Der Erblasser bedenkt A, weil er glaubt, der Bedachte werde ihn zu Lebzeiten pflegen oder sich in einer bestimmten Richtung wohlwollend verhalten.
    • Der Erblasser hat das Testament in der Erwartung errichtet, dass zukünftig keine Unstimmigkeiten zwischen ihm und der Bedachten auftreten würden.
    • Der Erblasser geht davon aus, dass der gesamte beiderseitige Nachlass auf die gemeinsamen Abkömmlinge übergehen wird. Der überlebende Ehepartner heiratet erneut. Aus dieser Ehe gehen weitere Kinder hervor.
    • Der Erblasser ernennt B zum Erben, weil er ihn fälschlich als ein uneheliches Kind seines verstorbenen Sohnes ansieht.

    2.2.1 Kausalitätserfordernis

    Der Irrtum muss – wie im Fall des Inhalts- und Erklärungsirrtums – kausal für die Erklärung gewesen sein. Unproblematisch ist dies, wenn der Erblasser einer positiv vorhandenen, unrichtigen Vorstellung unterliegt. Zweifelhaft ist dies in den Fällen des bloßen Nichtwissens, in denen er vom Vorliegen gewisser Umstände keine Kenntnis hat. Insoweit kann er sich auch keine konkrete Fehlvorstellung machen, wenn er z.B. nicht weiß, dass der als Alleinerbe eingesetzte Ehepartner ihn betrügt oder die bedachte Haushälterin gestohlen hat.

    Die Rechtsprechung setzt dagegen auch hier eine positive Fehlvorstellung des Erblassers voraus, zählt zu den positiven Annahmen und Erwartungen aber auch solche, „die der Erblasser zwar nicht in seinem Bewusstsein aufgenommen, aber als selbstverständlich seiner Verfügung zu Grunde gelegt hat“ (BGH 31.10.62, NJW 63, 246, 247; OLG Hamm 17.1.94, FamRZ 94, 849, 851).

    2.2.2 „Selbstverständliche Vorstellungen“

    Vorstellungen, die der Erblasser seiner Verfügung zu Grunde gelegt hat, bezeichnet der BGH als „selbstverständliche Vorstellungen“ (BGH 27.5.87, NJW-RR 87, 1412, 1413). Bei der Bejahung von Anfechtungen wegen selbstverständlicher Vorstellungen ist der BGH zurückhaltend. Als Vorstellungen in diesem Sinne wurden u.a. anerkannt, dass

    • der eingesetzte Erbe sich keines schwerwiegenden Fehlverhaltens gegenüber dem Erblasser zu Schulden kommen lassen werde (BGH 27.5.71, FamRZ 71, 638, 640; Wohlverhaltenserwartung);
    • es nicht zu tiefgreifenden Unstimmigkeiten zwischen Erblasser und Bedachtem komme (BayObLG 22.5.98, FamRZ 98, 1625);
    • die Ehe harmonisch verlaufen werde (BayObLG 13.5.83, FamRZ 83, 1275, 1277).

    2.2.3 Umstände die nach dem Tod des Erblassers eintreten

    Uneinigkeit besteht bei der weiteren Frage, ob eine Anfechtung wegen Motivirrtums darauf gestützt werden kann, dass sich der Erblasser über Umstände geirrt hat, die nach seinem Tod eintreten (befürwortend: OLG München 13.1.81, NJW 83, 2577; OLG Frankfurt  10.6.91, FamRZ 93, 613; ablehnend: Grunewald, NJW 91, 1208; Frank, Erbrecht, § 7 Rz. 36; offen gelassen: BGH, 27.5.87, NJW-RR 87, 1412).

    Beispiel (nach OLG München, a.a.O.)

    Die Erblasserin – „eine typische katholische Urmünchnerin“– setzt ihren Enkel als Alleinerben ein. Dieser tritt nach ihrem Tod der Hare-Krishna-Bewegung bei und verkauft das zum Nachlass gehörende elterliche Anwesen, um den Erlös der Bewegung zukommen zu lassen.

    Vorliegend bejahte das OLG München die Anfechtungsmöglichkeit, weil der Erbe ein Leben führte, dass der selbstverständlichen Erwartung der Erblasserin widersprach.

    Beispiel (nach OLG Frankfurt, a.a.O.)

    Der Erblasser hat sein Testament in der Erwartung errichtet, es werde nicht zur Wiedervereinigung beider Teile Deutschlands kommen. Die Wiedervereinigung erfolgt nach dem Tod des Erlassers.

    2.3 Widerrechtliche Drohung

    Ist der Erblasser widerrechtlich durch Drohung zu einer Verfügung bestimmt worden, so ist die Erklärung anfechtbar (§ 2078 Abs. 2, 2. Alt. BGB). Widerrechtlich ist die Drohung, wenn entweder das angedrohte Übel oder der angestrebte Erfolg oder die Relation zwischen Mittel und Zweck rechtswidrig ist. Unerheblich ist, ob die Drohung von Seiten des Bedachten oder von einem Dritten ausging.

    Beispiele
    • Der Erblasser wendet dem A ein Vermächtnis zu, weil dieser ihm mit der Anzeige eines Steuervergehens droht.
    • Der erkrankte Erblasser lässt sich durch die Drohung seiner Pflegerin, ihn zu verlassen, dazu bestimmen, sie in seiner letztwilligen Verfügung zu bedenken.

    2.4 Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

    Der Anfechtungsgrund der arglistigen Täuschung, wie er aus § 123 BGB bekannt ist, findet in den §§ 2078 ff. BGB keine ausdrückliche Regelung. Dieser Fall ist aber von § 2078 BGB miterfasst; denn arglistige Täuschung löst beim Getäuschten entweder einen Inhaltsirrtum nach § 2078 Abs. 1 BGB oder einen Motivirrtum nach § 2078 Abs. 2 1. Alt. BGB aus.

    2.5 Übergehen eines Pflichtteilsberechtigten

    Nach § 2079 S. 1 BGB kann eine letztwillige Verfügung angefochten werden, wenn der Erblasser einen zur Zeit des Erbfalles vorhandenen Pflichtteilsberechtigten übergangen hat, dessen Vorhandensein ihm bei der Errichtung der Verfügung nicht bekannt war oder der erst nach der Errichtung geboren oder pflichtteilsberechtigt geworden ist.

    Diese Fälle der so genannten Übergehungsanfechtung sind in der Praxis von großer Bedeutung. Es kommt relativ häufig vor, dass nach der Testamentserrichtung durch Wiederverheiratung oder der Geburt eines Abkömmlings neue Pflichtteilsberechtigte hinzukommen. Der Erblasser weiß z.B. nichts von der Geburt eines außerehelichen Kindes. Zu beachten ist aber, dass die Anfechtung ausgeschlossen ist, soweit anzunehmen ist, dass der Erblasser auch bei Kenntnis der Sachlage die Verfügung getroffen haben würde (§ 2070 S. 2 BGB).

    Beispiele
    • Ein verwitweter Vater glaubt, sein Sohn A sei verstorben und setzt den weiteren Sohn B als Alleinerben ein. A kann anfechten und die Hälfte der Erbschaft beanspruchen. Er kann natürlich auch den Pflichtteilsanspruch geltend machen.
    • Der verwitwete Erblasser hat seine Kinder zu Erben eingesetzt. Später hat er wieder geheiratet. Die neue Ehefrau ist ebenfalls pflichtteilsberechtigt. Ein weiteres Testament hat er jedoch nicht errichtet. Die übergangene Pflichtteilsberechtigte  kann das Testament anfechten (§ 2080 Abs. 3 BGB).

    3. Sonderfälle

    Abschließend sei an dieser Stelle noch auf eine Reihe von Sonderfällen eingegangen.

    3.1 Anfechtung der Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft

    Einen Sonderfall bildet die Annahme oder die Ausschlagung der Erbschaft. Einzelheiten sind in den §§ 1942 ff. BGB geregelt. Annahme oder Ausschlagung können nicht widerrufen werden. Sie können jedoch unter Umständen wegen Irrtums angefochten werden. Hierzu zwei Beispiele aus der Rechtsprechung:

    • Eine Anfechtung der Erbausschlagung wegen irriger Annahme wurde in dem Fall bejaht, in dem das Erbe im Hinblick auf die Steuerschulden ausgeschlagen wurde, weil der Betrag durch das Finanzamt überhöht angegeben worden war (BayObLG 29.1.80, BayObLGZ 1980 Nr. 23).
    • Eine Annahme der Erbschaft kann wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der Sache „Nachlass“ angefochten werden, wenn es um die Belastung des Nachlasses mit wesentlichen Verbindlichkeiten geht, deren Bestand ungeklärt ist (BGH  8.2.89, NJW 89, 2885).

    3.2 Anfechtung wegen Erbunwürdigkeit

    Die Anfechtung des Erbschaftserwerbs wegen Erbunwürdigkeit des Erwerbers ist mit der Testamentsanfechtung hinsichtlich der Rechtswirkungen vergleichbar. Wird ein Erbe für erbunwürdig erklärt, gilt der Erbfall an ihn als nicht erfolgt. Wer erbunwürdig ist, regelt § 2339 BGB, der im Wesentlichen schwerwiegende Verfehlungen gegen den Erblasser aufführt (vgl. auch zum weiteren Verfahren §§ 2339 ff. BGB sowie Vernekohl, ErbBstg 01, 267).

    3.3 Anfechtung des Widerrufs einer letztwilligen Verfügung

    Auch der Widerruf einer letztwilligen Verfügung ist anfechtbar. Dies gilt für den Widerruf durch Errichtung einer neuen letztwilligen Verfügung (§ 2254 BGB) und wird überwiegend auch für den Widerruf durch Vernichtung eines Testaments (§ 2255 BGB) angenommen (Loritz in Soergel, BGB-Kommentar, § 2078 Rz. 26 m.w.N.). Nicht abschließend geklärt ist allerdings die Frage, ob auch der Widerruf durch Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung angefochten werden kann.

    Diese Frage hat aber keine große praktische Relevanz, da der Erblasser über die Folge der Rücknahme belehrt werden soll (vgl. § 2256 Abs.1 S. 2 BGB).

    3.4. Anfechtung bei Vermächtnis

    Das Vermächtnis wird durch Annahme erworben bzw. durch Ausschlagung verloren. Annahme und Ausschlagung sind empfangsbedürftige Willenserklärungen, die gegenüber dem Beschwerten abzugeben sind. Die Erklärung kann formlos (ja sogar konkludent) abgegeben werden. Sie darf jedoch nicht mit einer Bedingung verbunden werden.

    Die Erklärung ist wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung anfechtbar. Wird die Ausschlagung angefochten, ist zu beachten, dass wegen § 2308 Abs. 2 BGB die Regeln zur Anfechtung der Ausschlagung einer Erbschaft Anwendung finden. Die Anfechtung der Ausschlagung ist daher im Regelfall nur innerhalb einer Frist von sechs Wochen möglich.

    4. Die Anfechtungserklärung

    Die §§ 2078 bis 2083 BGB enthalten neben den Sonderregelungen für Anfechtungsgründe auch Regelungen zum Kreis der Anfechtungsberechtigten sowie zu Frist und Form.

    4.1 Anfechtungsberechtigung, Form, Frist

    Zur Anfechtung ist jeder berechtigt, dem die Aufhebung der letztwilligen Verfügung unmittelbar zustatten kommt. Im Falle der Übergehungsanfechtung steht das Anfechtungsrecht nur dem Pflichtteilsberechtigten zu (§ 2080 Abs. 3 BGB).

    Die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht (§ 2081 Abs. 1 BGB). Sie bedarf keiner Form und kann auch zu Protokoll des Nachlassgerichts abgegeben werden (§ 11 FGG).

    Eine Anfechtung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen, nachdem der Anfechtende Kenntnis vom Anfechtungsgrund erlangt hat. Der Anfechtungsberechtigte muss sämtliche für die Anfechtung wesentlichen Tatumstände kennen. Fehlvorstellungen tatsächlicher Art setzen den Lauf der Frist nicht in Gang. Die Anfechtung ist aber ausgeschlossen, wenn seit dem Erbfall 30 Jahre vergangen sind (§ 2082 BGB).

    Der Anfechtungsberechtigte verliert sein Anfechtungsrecht auch dann, wenn er die letztwillige Verfügung des Erblassers  durch formlose, nicht empfangsbedürftige Willenerklärung nach § 144 Abs. 1 BGB bestätigt.

    4.2 Wirkung der Anfechtung und Beweislast

    Die angefochtene Verfügung wird rückwirkend nichtig (§ 142 Abs. 1 BGB). Die Anfechtung beschränkt sich auf die einzelnen Verfügungen des Testaments, die vom Anfechtungsgrund beeinflusst sind. Die übrigen Verfügungen bleiben im Zweifel wirksam (vgl. § 2085 BGB).

    Eine Anfechtung nach § 2079 BGB vernichtet eine letztwillige Verfügung in jedem Fall insoweit, als sie dem Erbrecht des Pflichtteilsberechtigten entgegensteht. Ob sie darüber hinaus im Regelfall zur Nichtigkeit des gesamten Testaments führt, ist umstritten (ausführlich hierzu: Frank, Erbrecht, § 7 Rz. 51 ff.).

    Schließlich trägt die Beweislast für die Tatsachen, von denen die Wirksamkeit einer Anfechtung abhängt (insbesondere für den Anfechtungsgrund), diejenige Person, die aus der Anfechtung Rechte ableitet. Bleibt das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes ungeklärt, so ist von der Gültigkeit der letztwilligen Verfügung auszugehen.

    5. Steuerliche Folgen der Testamentsanfechtung

    Zuletzt seien auch die steuerlichen Folgen der Anfechtung erwähnt.

    5.1 Auswirkungen auf die Festsetzung der Erbschaftsteuer

    Die Anfechtung des Testaments beeinflusst die Festsetzung der Erbschaftsteuer nicht. Das Testament wird so lange als gültig behandelt, bis es erfolgreich angefochten wird. Erst durch die erfolgreiche Anfechtung des Testaments wird die letztwillige Verfügung von Anfang an nichtig. Ist zum Zeitpunkt der Anfechtung ein Steuerbescheid erlassen, so muss er bei erfolgreicher Anfechtung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO berichtigt werden.

    Die Beteiligten einer Nachlassregulierung können auch durch eine gütliche Einigung das Ergebnis herbeiführen, das eine Anfechtung gehabt hätte. Ein förmliches Anfechten des Testaments ist nicht erforderlich. Dann geht auch die Erbschaftsteuer von der darin eingetretenen Sachlage aus (Moench, ErbStG, § 3 Rz. 52).

    5.2 Stichtagsprinzip des ErbStG

    Auf Grund des Stichtagsprinzips des Erbschaftsteuergesetzes kann es durch die Anfechtung zu unbefriedigenden Ergebnissen kommen. Da die Anfechtung auf den Zeitpunkt des Todes zurückwirkt, ist der Besteuerung der Wert des Nachlasses im Todeszeitpunkt des Erblassers zu Grunde zu legen. Der Wert des Nachlasses kann in dem Zeitpunkt, in dem der Erbe auf Grund der Anfechtung aber erst tatsächlich verfügen kann, deutlich geringer sein. Denkbar ist dies beispielsweise bei Aktien auf Grund der Kursschwankungen.

    Dennoch kommt hier eine Abweichung vom Stichtagsprinzip nicht in Frage. Die Stichtagsproblematik wurde dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt. Das Gericht hat auf den Weg eines Billigkeitserlasses gemäß § 163 AO verwiesen (BVerfG 22.6.95, BStBl II, 671). Doch misst die Finanzverwaltung und die ihr folgende Gerichtspraxis diesem Hinweis keine Bedeutung bei (FG Köln 23.10.97, EFG 98, 1603, zur Problematik und zur Begründung eines Antrags auf Billigkeitserlass siehe Bilsdorfer, ErbBstg 01, 170).

    5.3 Abzugsfähigkeit als Nachlassregelungskosten

    Abschließend sei angeführt, dass die Kosten der Testamentsanfechtung Nachlassregelungskosten und als solche abzugsfähig sind (Söffing in Söffing/Völkers/Weinmann, Erbschaft- und Schenkungsteuer, Stichwort: Erbfallschulden, Rz. 12).

    Quelle: Erbfolgebesteuerung - Ausgabe 11/2001, Seite 306

    Quelle: Ausgabe 11 / 2001 | Seite 306 | ID 102359

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents