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  • 01.10.2007 | Rechtsprechungsübersicht

    ErbSt/SchenkSt: Steuererlass gemäß §§ 163, 227 AO

    von RAin / StBin Dr. Carmen Griesel, Düsseldorf

    Ein Erlass von ErbSt/SchenkSt kommt bereits im Festsetzungsverfahren gemäß § 163 AO oder im Nachhinein nach § 227 AO in Betracht, wenn die Steuerfestsetzung bzw. -einziehung im Einzelfall unbillig ist. Ansatzpunkte für einen Erlass können dabei sowohl eine sachliche als auch die persönliche Unbilligkeit sein. Dabei zeigt ein erster Blick in die Rechtsprechung eine äußerst restriktive Handhabung. Der Erlass ist als Ermessensentscheidung nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar (§ 102 FGO). Eine Verpflichtung der FÄ zum Erlass der ErbSt/SchenkSt kommt nur in Betracht, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, also keine andere Entscheidung möglich ist. Eine Anforderung, die nur selten erfüllt ist. Umstände, die zum Tod geführt haben, oder persönliche Verhältnisse des Erwerbers spielen nach Auffassung der Finanzverwaltung keine Rolle (Erlass des Bayerischen Staatsministeriums 5.4.76, S 3848-2-22318, ErbStK 1974, § 227 AO Karte 2). 

    1. Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit

    Ein Erlass wegen sachlicher Unbilligkeitsetzt voraus, dass die Steuerfestsetzung zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwider läuft, dass sie unbillig erscheint. Der Gesetzgeber darf die mit der Steuer verbundene Härte nicht bewusst in Kauf genommen haben. Der begehrte Billigkeitserlass darf nicht auf Erwägungen gestützt werden, die die vorgesehene Besteuerung allgemein außer Kraft setzen würde, und ist daher nur zulässig, wenn der Gesetzgeber, hätte er die streitige Frage geregelt, im Sinne des Erlasses entschieden hätte (BFH 23.3.98, BStBl II, 396). In der finanzgerichtlichen Praxis sind bislang folgende Fallgruppen unter dem Stichwort der sachlichen Unbilligkeit diskutiert und regelmäßig abschlägig beschieden worden: 

     

    1.1 Kursverfall bei Wertpapieren kurze Zeit nach dem Erbfall

    Wertpapiere können kurze Zeit nach dem Erbfall bzw. der Schenkung aufgrund eines Kursverfalls erheblich an Wert verlieren, so dass ihr Veräußerungserlös unter Umständen nicht einmal mehr genügt, um die festzusetzende Steuer zu bezahlen. Hintergrund ist das im ErbStG geltende Stichtagsprinzip, das an den Kurswert der Wertpapiere am Übertragungsstichtag anknüpft. Dies rechtfertigt nach Ansicht des BFH (13.5.98, II R 98/97, BFH/NV 98, 1376) jedoch nicht ohne Weiteres ein Abweichen vom Stichtagsprinzip, dessen Folgen dem Gesetzgeber bekannt waren und die sich sowohl zu Lasten des Steuerpflichtigen (fallende Kurse) als auch zu seinen Gunsten (steigende Kurse) auswirken können. Einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG verneint der BFH solange keine übermäßige Belastung des Steuerpflichtigen eintritt (erdrosselnde Wirkung). Letzteres kann nach Ansicht des FG Köln in Betracht kommen, wenn das verbleibende Vermögen weniger als die Hälfte beträgt, das der Gesetzgeber dem Erben nach Anwendung des ErbStG und Abzug der ErbSt belassen will (BFH 23.10.97, 9 K 3954/89, EFG 98, 1603). Dabei muss der Gesamtwert des übergegangenen Depots in die Betrachtung einbezogen werden. Es genügt nicht, wenn z.B. die nahezu wertlos gewordenen Wertpapiere lediglich einen geringen Prozentsatz des Wertpapierdepots ausmachen (FG München 14.2.01, 4 K 153/98,ErbBstg 01, 250, Abruf-Nr. 011142, 10,7% des Depotwerts). Hinzukommen muss, dass der Steuerpflichtige den Kursverfall mangels tatsächlicher Verfügungsmacht weder durch Verkauf noch andere Maßnahmen (z.B. Umschichtung innerhalb des Depots) verhindern konnte. Demgegenüber hat der BFH eine ErbSt-Belastung von rd. 70% nicht als überhöht eingestuft (BFH 30.5.01, II R 4/99,ErbBstg 02, 3, Abruf-Nr. 011035, mit der Besonderheit, dass das ebenfalls betroffene ErbSt-Recht der DDR eine besonders hohe ErbSt-Belastung kannte). 

     

    Praxishinweis

    Die Finanzverwaltung lehnt einen Billigkeitserlass bei Erbfällen im Ausland ab, wenn zwischen dem Erbfall im Ausland und der Transferierung des Erwerbs ins Inland aus vom Erwerber nicht zu vertretenden Gründen gewisse Zeit vergeht und dabei Wertverluste wegen Veränderung der Währungsparitäten eintreten (Bayerisches Staatsministerium 21.8.72, S 3810-7/7-16463, ErbStK 1974, § 11 ErbStG Karte 2). Zur Begründung wird auf das Stichtagsprinzip verwiesen. 

     

    1.2 Änderung der Steuerklasse kurz nach dem Erbfall

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