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08.10.2001 · IWW-Abrufnummer 011142

Finanzgericht München: Urteil vom 14.02.2001 – 4 K 153/98

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Az.: 4 K 153/98
Stichwort: § 11 ErbStG, § 163 AO
Stichtag ErbSt

Finanzgericht München

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache

Kläger

Beklagter

hat der 4. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung
des Vizepräsidenten des Finanzgerichts ...
des Richters am Finanzgericht ... und des Richters am Finanzgericht ...
sowie der ehrenamtliche Richter ... und ...
ohne mündliche Verhandlung am 14. Februar 2001
für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteil beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.

Bei der Einlegung und Begründung der Beschwerde muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089 / 92 31-201.

Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.

Gründe

I.

Streitig ist, ob für zu einem Wertpapierdepot gehörende Verkaufsoptionsscheine aufgrund eines nach dem Erbfall eingetretenen Kursverfalls die Erbschaftsteuer aus Billigkeitsgründen niedriger festzusetzen ist.

Die am 25.03.1993 verstorbene Frau ... wurde vom am 19.01.1979 geborenen Kl allein beerbt. Bis zu dessen Vollendung des 25. Lebensjahres war Testamentsvollstreckung angeordnet. Neben Grundvermögen, Bankguthaben und Steuererstattungsansprüchen gehörte zum Nachlass ein Wertpapierdepot mit einem Kurswert zum 24.03.1993 in Höhe von 185.499,50 DM zuzüglich Stückzinsen in Höhe von 3.115,83 DM. Ausweislich der Bankmitteilung vom 27.09.1993 (Bl. 13 FA-Akte) gehörten zum Depot verschiedene Verkaufsoptionsscheine, die am 24.03.1993 einen Kurswert in Höhe von 36.900 DM hatten. In der Anlage zur Steuererklärung vom 08.05.1994 erklärte die Mutter des Kl, dass diese Optionsscheine seit dem 24.03.1993 auf ca. 1/10 des damaligen Werts gefallen seien, bzw. z. T. wertlos seien. Sie beantragte, diese Werte aus Billigkeitsgründen mit den gegenwärtigen Werten, bzw. als wertlos anzusetzen.

Mit Bescheid vom 13.06.1995 (Bl. 20 u. 21 FA-Akte) setzte der Beklagte (Finanzamt = FA) gegen den Kl aus einem steuerpflichtigen Gesamterwerb von 245.800 DM ErbSt in Höhe von 78.656 DM fest und lehnt zugleich eine Berücksichtigung des nach dem Stichtag eingetretenen Kursverfalls aus Billigkeitsgründen ab. Entscheidend sei im Erbschaftsteuerrecht der Stichtagswert.

Mit seinem Einspruch machte der Kl u. a. weiterhin geltend, dass die Optionsscheine bei Antritt der Erbschaft keinen Wert mehr gehabt hätten. Eine Besteuerung sei sittenwidrig und nicht im Sinne des Gesetzgebers. Die auf den DAX lautenden Optionsscheine hätten der Absicherung eines künftigen Kursrückgangs gedient und deshalb nur einen fiktiven Wert, der bei Ansteigen des DAX sich vermindere bzw. entfalle. Letztlich handele es sich um eine Prämie bzw. um einen Wetteinsatz. Es handele sich nicht um Wertpapiere i. S. des § 11 BewG. Zudem sei als Stichtag zu Unrecht der 24.03.1993 statt der 25.03.1993 zugrundegelegt worden. Der Kl beantragte erneut, die Erbschaftsteuer nach § 163 AO aus Billigkeitsgründen niedriger festzusetzen.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Auf die Einspruchsentscheidung vom 11.12.1997 (Bl. 105 FA-Akte) wird vorab Bezug genommen. Das FA verwies darauf, dass der Wertansatz zutreffend nach dem von der Bank zu Beginn des Todestages mitgeteilten Wert angesetzt worden sei. Ein Abweichen vom Stichtagsprinzip sei auch im Billigkeitswege nicht gerechtfertigt, da der Gesetzgeber die auf dem Stichtagsprinzip beruhenden Härten bewusst in Kauf genommen habe.

Mit seine Klage beantragt der Kl sinngemäß,

das FA unter Aufhebung der ablehnenden Entscheidung in Gestalt der Einspruchsentscheidung zu verpflichten, die Optionsscheine mit den Wertpapier-KennNrn. 550895, 765253 und 803475 (vom FA angesetzter Kurswert insgesamt 20.100 DM) bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs aus Billigkeitsgründen außer Ansatz zu lassen.

Der innere Wert dieser Papiere sei aufgrund der Entwicklung des DAX negativ gewesen, da am Stichtag der DAX-Kurs höher als der garantierte Verkaufspreis gewesen sei. Der Kurs der Index-Optionsscheine schwanke äußerst stark, oft innerhalb von Minuten. Der Wert realisiere sich nur bei einem Verkauf und könne ansonsten nur anhand der Differenz zwischen Bezugswert und tatsächlichem DAX-Wert ermittelt werden. Dieser Wert sei aber bei den drei genannten Optionsscheinen negativ gewesen. Da das Amtsgericht erst am 28.05.1993 die Erbschaft mitgeteilt habe, habe vorher gar nicht über die Optionsscheine verfügt werden können.

Das FA beantragt unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten habe sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

II.

Die Klage ist nicht begründet.

Nach § 163 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen unberücksichtigt bleiben, wenn es die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Die Unbilligkeit kann sich entweder aus sachlichen oder aus persönlichen (wirtschaftlichen) Gründen ergeben.

Die Entscheidung über einen Erlassantrag stellt eine Ermessensentscheidung dar, die der finanzgerichtlichen Nachprüfung nach § 102 FGO nur insoweit unterliegt, ob das das FA von dem ihm eingeräumten Ermessen bestimmungsgemäßen Gebrauch gemacht hat, ob also seine Entscheidung nicht auf einer Ermessensüberschreitung oder einem Ermessensfehlgebrauch beruht.

Ein derartiger Verstoß ist in der Streitsache nicht erkennbar.

Eine Unbilligkeit im Sinne von § 163 AO kann entweder auf sachlichen Gründen oder aber auf persönlichen Gründen beruhen. Eine sachliche Unbilligkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn (unabhängig von der Wirtschaftlage des Steuerschuldners) nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage ? hätte er sie geregelt ? im Sinne des begehrten Erlasses entschieden haben würde. Eine persönliche Unbilligkeit der Steuerfestsetzung liegt dagegen vor, wenn sich aus den persönlichen Verhältnissen des Steuerschuldners, insbesondere aus seiner Wirtschaftslage ergibt, dass die Zahlung der Steuer seine Existenz gefährden würde.

Gründe für eine persönliche Unbilligkeit in diesem Sinn sind weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich. Die Steuerfestsetzung ist aber auch nicht sachlich unbillig.

Das Erbschaftsteuerrecht wird nach dem Willen des Gesetzgebers vom Stichtagsprinzip beherrscht. Diese strikte Geltung des Stichtagsprinzips führt dazu, dass Wertveränderungen nach dem Stichtag bei der Ermittlung der erbschaftsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage selbst bei einer erheblichen Differenz und auch bei einer Beschränkung des Verfügungsrechts des Erben z. B. infolge Testamentsvollstreckung nicht berücksichtigt werden können. Der Senat verweist insoweit auf die ständige Rechtsprechung des BFH, der er sich anschließt (vgl. z. B. BFH-Beschluss vom 22.09.1999 II B 130/97, BFH/NV 2000, 320 mit weiteren Nachweisen).

Hiernach ist die Erfassung der streitbefangenen Verkaufsoptionsscheine mit ihrem Kurswert zu Beginn des Todestages nicht zu beanstanden. Insbesondere handelt es sich bei diesen Optionsscheinen auch um Wertpapiere im Sinne des § 11 Abs. 1 BewG (vgl. Gürsching/Stenger, Komm. zum BewG u. VStG, RdNr. 33 zu § 11 sowie Fleischer in Der Betrieb 1995, 1780 ? 1783).

Aufgrund der klaren Entscheidung des Gesetzgebers, auf die Wertverhältnisse zum Todestag des Erblassers abzustellen, scheidet eine sachliche Unbilligkeit bei Kursverlusten grundsätzlich aus, die Gerichte (und auch die Finanzbehörden) sind nicht befugt, die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung abzuändern (vgl. BFH-Urteil vom 02.02.1977 II R 150/71 BStBl II 1977, 425 ? 426 letzter Absatz ? und FG Nürnberg vom 24.01.1991 IV 180/87, EFG 1991, 548).

Ob in besonderen Ausnahmefällen, d. h. bei außergewöhnlichen Fallgestaltungen, in denen die korrekte Anwendung des ErbStG zu einer für den Erben nicht vermeidbaren übermäßigen Belastung und grundlegenden Beeinträchtigung der dem Erben zugewachsenen Vermögenswerte führt (vgl. hierzu FG Köln. Urteil vom 23.10.1997 9 K 3954/89, EFG 1998, 1603 sowie Michel in UVR 2000, 49 und Schuhmann in UVR 2000, 450) kann offen bleiben, weil in der Streitsache keinerlei Anhaltspunkte für einen derartigen besonderen außergewöhnlichen Ausnahmefall vorliegen. Dies ergibt sich zum einen bereits daraus, dass die Kurswerte der streitbefangenen Optionsscheine (20.100 DM) nur 10,7 v. H. des Depotwerts zuzüglich Stückzinsen (188.555 DM) und nur 7,5 v. H. des Aktivnachlasse und 8,1 v. H. des Reinnachlasses ausmachen, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass im Nachlass auch Grundvermögen enthalten war, das nur mit dem (auf 140 v. H. erhöhten) Einheitswert anzusetzen war.

Vor allem ist aber darauf abzustellen, dass es unter keinem denkbaren Gesichtspunkt möglich ist, beim erbschaftsteuerrechtlichen Erwerb eines Depots eine Abweichung vom Stichtagsprinzip zu begründen, dass man sich einzelne Papiere herausgreift, deren Wert nach dem Stichtag gesunken ist, ohne hierbei gleichzeitig die Wertsteigerung der anderen Papiere zu berücksichtigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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