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  • Realteilung:

    Das ertragsteuerfreie Erfolgsmodell der Erbauseinandersetzung 

    1. Zivilrechtliche Vorbemerkungen

    Eine Erbengemeinschaft ist nicht auf Dauer angelegt. Sie wird regelmäßig durch eine Erbauseinandersetzung aufgehoben. Das kann durch z.B. Auseinandersetzungsvertrag, Testamentsvollstreckung, durch tatsächliche Vollziehung von Teilungsanordnungen des Erblassers und durch Auseinandersetzungsklage erfolgen.

    Die klassischen Methoden der Erbauseinandersetzung sind:

    Naturalteilung

    Alle Nachlaßgegenstände sind ohne Wertminderung nach Erbteilen zerlegbar (z. B. Geld, Wertpapiere, unbebaute Grundstücke).Wird also die Erbengemeinschaft durch Naturalteilung gem. §§ 752,2042 Abs. 2 BGB beendet, erwirbt der einzelne Miterbe unentgeltlich, nicht durch Anschaffungs(-rechts)geschäft, sondern durch Vollzug der gesetzlichen Teilungsanordnung (a.A. K. Schmidt MünchKomm zu § 752 Anm.5)

    Realteilung

    Die Erben einigen sich - weil eine Teilung in Natur nicht möglich ist - darauf, daß jeder von ihnen bestimmte Nachlaßgegenstände zu Alleineigentum übernimmt, die dem Wert ihres Erbteils entsprechen, wobei die Rechnung aufgeht. Der Realteilung liegt mithin ein schuldrechtlicher Vertrag mit Vergleichscharakter ( § 779 BGB) zugrunde. Zivilrechtlich ist jede Realteilung ein entgeltliches Geschäft. Der Miterbe erhält die einzelnen Nachlaßgegenstände gegen Hingabe seiner gesamthänderischen Beteiligung an der Erbengemeinschaft.

    Realteilung mit Spitzenausgleich

    Wie vor, nur die Rechnung geht nicht auf, d.h. es müssen Ausgleichszahlungen an Miterben dafür geleistet werden, daß die übernommenen Nachlaßgegenstände mehr wert sind, als der Anteil am Nachlaß. Der Auseinandersetzungsvertrag enthält mithin eine entgeltliche Komponente, ein auf Leistungsaustausch gerichtetes gegenseitiges Rechtsgeschäft.

    Erwerb aller Nachlaßgegenstände gegen Zahlung einer Abfindung

    Die Auseinandersetzung kann auch in der Weise stattfinden, daß einer der Miterben alle Nachlaßgegenstände gegen Zahlung einer Abfindung aus seinem Vermögen erwirbt. Der Auseinandersetzungsvertrag stellt sich auch hierbei als entgeltliches auf Leistungsaustausch gerichtetes gegenseitiges Rechtsgeschäft dar.

    Kauf aller übrigen Erbteile

    Das BGB läßt auch zu, daß sich die Erbengemeinschaft dadurch auseinandersetzt, daß einer der Miterben - unter Beachtung des Vorkaufsrechts der Miterben nach §§ 2034 f. BGB - die Erbteile aller anderen Miterben aufkauft ( §§ 2033, 2371 BGB), was lediglich eine Variante zum Erwerb aller Nachlaßgegenstände darstellt.

    Liquidation

    Wenn alle Nachlaßgegenstände einverständlich an Dritte veräußert werden, um  den Erlös nach Erbquoten verteilen zu können, handelt es sich um eine Variante der Naturalteilung. Mit der Liquidation werden erst die Voraussetzungen für sie geschaffen.

    Der heutige Beitrag beschäftigt sich ausschließlich mit der Realteilung, stellt die Steuerfolgen einer Realteilung mit und ohne Spitzenausgleich dar und ordnet nach den Fallgruppen Privatvermögen, Betriebsvermögen und Mischnachlaß.

    2. Steuerfolgen der Realteilung

    2.1 Realteilung ohne Spitzenausgleich

    Eine Erbauseinandersetzung durch Realteilung ohne Ausgleichsleistungen ist steuerrechtlich grundsätzlich ein unentgeltlicher Rechtsvorgang.

    Dabei richtete sich das Steuerrecht zunächst an der inzwischen überholten Einheitstheorie aus, die Erbfall und Erbauseinandersetzung als zwei unselbständige Teile eines einheitlichen auf der Vermögensebene liegenden Vorgangs ansah. Der aus der Erbauseinandersetzung unter Zuteilung bestimmter Nachlaßgegenstände hervorgegangene einzelne Miterbe wurde so behandelt , als ob er direkt vom Erblasser - also eindeutig unentgeltlich  - bedacht worden sei.

    Mit der Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (v. 5.7.1990, GrS 2/89 BStBl. II  S. 837) ist die Einheitstheorie zwar aufgegeben worden. Erbfall und Erbauseinandersetzung werden - wie im Zivilrecht - wieder als selbständige, hintereinander geschaltete Vorgänge betrachtet, bei dem

    • der Erbfall immer unentgeltlich ist,
    • die Erbauseinandersetzung unentgeltlich oder entgeltlich gestaltet werden kann.

    Abweichend vom Zivilrecht behandelt der Bundesfinanzhof die Realteilung ohne Ausgleichsleistungen aber weiterhin als unentgeltlichen Vorgang. Söffing (DB 91 S. 829) formuliert spitz, daß der Bundesfinanzhof die Einheitstheorie "nur verbal aufgegeben" habe. Ein Anteilstausch wird ausdrücklich ausgeschlossen (vgl. BMF 11.1.1993 Tz. 10 a.E.)

    2.2 Realteilung mit Spitzenausgleich

    Bei der steuerlichen Beurteilung einer Realteilung mit Spitzenausgleich werden  mehrere für die Erbauseinandersetzung geltenden Grundsätze kombiniert. Im BMF-Schreiben v. 11.1.1993 (Tz. 10-13 zum Betriebsvermögen, 28-32 zum Privatvermögen)  heißt es: "Es handelt sich ...  nicht um die bloße Aufteilung eines einheitlichen Rechtsvorgangs, sondern um die Beurteilung von zwei rechtlich selbständigen Vorgängen, von denen der eine unentgeltlich und der andere entgeltlich ist".

    » Soweit ein Miterbe Nachlaßgegenstände übernimmt, die dem Wert seiner Erbquote entsprechen, wird der Vorgang als "unentgeltlich" gewertet. Insoweit werden für den "Sockel" die Buch- bzw. Steuerwerte fortgeführt, entstehen keine Veräußerungserlöse und keine Anschaffungskosten.

    » Soweit ein Miterbe mehr erhält, als ihm nach seiner Erbquote zusteht, und er für dieses Mehr einen Ausgleich aus dem eigenen oder dem übernommenen Vermögen leistet, liegt Entgeltlichkeit vor. Nur dieses Mehr führt zu Anschaffungskosten und ggf. zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn.

    2.3 Verrechnung mit Nachlaßverbindlichkeiten

    In beiden Fällen der Realteilung kann das erwünschte Ergebnis dadurch erreicht werden, daß in entsprechender Höhe - unabhängig von der Erbquote - Nachlaßverbindlichkeiten übernommen werden, um damit saldierend die Erbquote zu erfüllen oder das "Mehr" so gering wie eben möglich zu halten (BMF 11.1.93 Tz. 17 und Tz. 25 ff.).

    3. Realteilung von Privatvermögen

    3.1 Realteilung ohne Spitzenausgleich

    Wenn die Erben einen nur aus Privatvermögen bestehenden Nachlaß unter sich aufteilen und dabei Vermögenswerte und Verbindlichkeiten miteinander verrechnen, um die jeweiligen Erbquoten zu erreichen, liegt kein entgeltlicher Erwerb vor. Es müssen daher die Steuerwerte des Erblassers fortgeführt werden (BMF 11.1.93 Tz. 23-27).

    Eine Schuldübernahme führt auch insoweit nicht zu Anschaffungskosten, als sie die Erbquote übersteigt (BMF 11.1.93 Tz. 25). Auf den ursprünglichen Finanzierungszusammenhang kommt es nicht an.

    Beispiel:

    Erben des V sind S und T zu je 1/2. Der Nachlaß besteht aus einem Mietwohngrundstück im Wert von 1 Mio. DM, belastet mit 700.000 DM, und Wertpapieren im Wert von 500.000 DM sowie Festgeld in Höhe von 200.000 DM. Bei der gütlichen Erbauseinandersetzung übernimmt S die Wertpapiere, T das Grundstück mit den Schulden und das Festgeld.

    Der Wert des Nachlasses beträgt insgesamt 1 Mio. DM, jeder der Miterben übernimmt in der Erbauseinandersetzung 500.000 DM. Die Erbquote wird exakt erfüllt. Es handelt sich um eine - unentgeltliche - Realteilung ohne Steuerfolgen.

    Das gilt auch im Hinblick auf die Übernahme der Schulden auf dem Mietwohnhaus. T übernimmt zwar mehr Schulden, als der Erbquote entspricht (700.000 DM statt 350.000 DM), das ist jedoch unschädlich. Erhaltene Aktiva und Passiva werden saldiert.

    Beispiel:

    Der Wert eines mit 500.000 DM belasteten Grundstücks beträgt 1.000.000 DM. Das Kapitalvermögen beträgt 1.500.000 DM. T übernimmt das Grundstück, S die Wertpapiere und das Darlehn.

    Die Erben einigen sich entsprechend ihrer Erbquote. Es handelt sich ebenfalls um eine Realteilung ohne Abfindung. Die Erben konnten allerdings bei dieser Sachlage nicht die steuerlich beste Lösung ansteuern. S kann seine Schuldzinsen nicht verwerten. Bis zur Erbauseinandersetzung waren sie Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung. Die Erbauseinandersetzung hat den Kausalzusammenhang mit dieser Einkunftsart zerstört, ein "neuer" Zusammenhang mit der Übernahme der Wertpapiere kommt wegen der insgesamt unentgeltlichen Erbauseinandersetzung nicht zustande (BFH v. 21.11.89 BStBl. 90 II S. 213; anders wohl BMF Tz 37).

    Erlaubt ist es auch, durch die Art der Verteilung von Verbindlichkeiten erst Abfindungsbedarf zu schaffen, um zu Anschaffungkosten und damit neuen Abschreibungsmöglichkeiten zu kommen, ohne zugleich (Privatvermögen!) einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn auszulösen. Die Grenze dürfte wie immer beim Gestaltungsmißbrauch i.S.d. § 42 AO liegen. Auch sollten die Ausnahmen bedacht werden:

    » Veräußerungsentgelt betrifft eine "wesentliche Beteiligung" nach § 17 EStG

    » die Erbauseinandersetzung löst ein Spekulationsgeschäft gem. § 23 EStG aus.

    » die Erbauseinandersetzung betrifft "einbringungsgeborene" Anteile gem. § 21 UmwStG.

    Das BMF-Schreiben v. 11.1.93 (Tz. 31) schränkt die Gestaltungsfreiheit der Erbengemeinschaft allerdings beim Einsatz liquider Mittel des Nachlasses ein.

    Die Finanzverwaltung will keine Anschaffungskosten zulassen, wenn bei der Erbauseinandersetzung Abfindungsbedarf künstlich geschaffen wurde, der aus übernommenem Geldvermögen des Nachlasses bezahlt werden kann (siehe auch Tz 26 des BMF-Schreibens v. 11.1.93).

    Beispiel:

    Der Wert einer Immobilie und des Geldvermögens entsprechen einander. Einer der beiden Erben übernimmt nach dem Auseinandersetzungsvertrag alles und nutzt das Geldvermögen, um den Miterben abzufinden.

    3.2  Realteilung mit Spitzenausgleich

    Der Nachlaß wird zwar - soweit möglich - real geteilt. Ein Miterbe erhält jedoch wertmäßig mehr, als ihm nach seiner Erbquote zusteht und zahlt für dieses Mehr an seine Miterben eine Abfindung. In Höhe der Abfindungszahlung entstehen Anschaffungskosten (BMF 11.1.93 Tz. 28-32).

    Das gilt auch, soweit sich die Erbengemeinschaft durch Zwangsversteigerung zum Zweck der Aufhebung der Gemeinschaft auseinandersetzt (BFH v. 29.4. 1992 BStBl. II S. 727).

    Der entgeltliche und der unentgeltliche erworbene Teil des Wirtschaftsgutes berechnen sich nach dem Verhältnis des Entgelts zum Verkehrswert (BFH v. 29.10.91 BStBL. 92 II S. 512; BMF 11.1.93 Tz. 28). In der Regel kann davon ausgegangen werden, daß der Verkehrswert dem Wert entspricht, den die Miterben als Anrechnungswert zugrunde gelegt haben

    Beispiel:

    S und T sind Erben zu je 1/2. Zum Nachlaß gehören ein Mietwohngrundstück und Kapitalvermögen. Der Verkehrswert des Grundstücks beträgt 600.000 DM. Das Kapitalvermögen beläuft sich auf 200.000 DM. S übernimmt das Haus, T die Wertpapiere. Zusätzlich zahlt S an T 200.000 DM.

    S erwirbt das Objekt zu 2/3 unentgeltlich und zu 1/3 entgeltlich. S muß zu 2/3 den Steuerwert des Erblassers und damit auch die von diesem begonnene Abschreibung fortführen. Zu 1/3 hat er eigene - neue - Anschaffungskosten, auf die er Absetzungen für Abnutzung vornehmen kann. Es ist unerheblich, aus welchem Vermögensbereich der Abfindungsverpflichtete die Zahlung bewirkt.

    Erhält ein Miterbe alle oder mehrere Wirtschaftsgüter des Nachlasses gegen Leistung einer Abfindung an die übrigen Miterben, so ist die Abfindung nach dem Verhältnis der Verkehrswerte der Wirtschaftsgüter aufzuteilen (BMF 11.1.93 Tz. 29-30).

    Beispiel:

    Zum Nachlaß gehören zwei Grundstücke mit Verkehrswerten von 800.000 DM (1) und 400.000 DM (2). Miterbe A übernimmt beide Grundstücke und zahlt dem Miterben B eine Abfindung von 600.000 DM.

    Die Abfindungszahlungen sind mit 400.000 DM dem Grundstück 1 und mit 200.000 DM dem Grundstück 2 zuzuordnen.

    Das gilt auch bei einer Erbauseinandersetzung mit Abfindungszahlungen, bei der mehrere Miterben Wirtschaftsgüter übernehmen.

    Beispiel:

    Wie im Beispiel zuvor gehört noch ein drittes Grundstück mit einem Verkehrswert von 400.000 DM zum Nachlaß. A erhält das Grundstück 1, B die Grundstücke 2 und 3 und zahlt an A eine Abfindung von 100.000 DM.

    B muß die Abfindungszahlung im Verhältnis der Verkehrswerte (6:4) auf die Grundstücke 2 und 3 verteilen. Er erwirbt beide Grundstücke zu 1/10 entgeltlich und zu 9/10 unentgeltlich.

    Zusammenfassendes Beispiel:

    Der Erbengemeinschaft A und B gehört ein lastenfreies Mietwohngrundstück im Verkehrswert von 1.000.000 DM, das der Erblasser seinerzeit für 300.000 DM erworben hatte. Der Anteil des Bodens am Grundstückswert  beträgt 20%. Bei der Erbauseinandersetzung einigen sich die beiden wie folgt:

    A übernimmt das Grundstück und zahlt B mit 500.000 DM aus, die er refinanziert. A erwirbt also das Mietwohngrundstück:


    - zur Hälfte unentgeltlich vom Erblasser
    1/2 Anschaffungskosten Erblasser                       150.000 DM
    ./. Bodenanteil 20 %                                    30.000 DM
                                                          ------------
    Gebäudewert                                            120.000 DM
    AfA (z. B. linear) 2 %                                   2.400 DM
    solange das Volumen noch reicht. Hat der Erblasser das Haus bereits 30 Jahre lang abgeschrieben, stehen dem Rechtsnachfolger noch 20 Jahre zur Verfügung.
    - zur anderen Hälfte entgeltlich von B
    Abfindung = Anschaffungskosten                         500.000 DM
    ./. Bodenanteil 20 %                                   100.000 DM
                                                          -----------
    Gebäudewert                                            400.000 DM
    AfA linear 2 %                                           8.000 DM
    für die nächsten 50 Jahre
    Weil das Mietwohnhaus der Einkünfteerzielung dient, sind die Zinsen für das aufgenommene Darlehn Werbungskosten.



    Achtung:

    » Bei Veräußerung innerhalb 2 Jahren nach der Erbauseinandersetzung liegt für den entgeltlich erworbenen Teil ein Spekulationsgeschäft vor.

    » Wenn die Erbauseinandersetzung innerhalb der Zweijahresfrist nach Erwerb des Grundstücks durch den Erblasser liegt, wird durch den entgeltlichen Erwerb ebenfalls ein Spekulationsgeschäft ausgelöst.

    » Bei Einlage des Grundstücks innerhalb von 3 Jahren in ein Betriebsvermögen bestimmt sich der Einlagewert nach den Anschaffungskosten ( § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG).

    4. Realteilung von Betriebsvermögen

    Bei der Erbauseinandersetzung über Betriebsvermögen kann es - anders als bei Privatvermögen, von den Ausnahmen abgesehen - leicht zur steuerpflichtigen Aufdeckung stiller Reserven kommen. Man wird also bei Betriebsvermögen regelmäßig eine Realteilung mit Buchwertfortführung anstreben. Die Finanzverwaltung unterscheidet dabei zwischen der Übertragung eines ganzen - geschlossenen - Betriebes, der Übertragung eines Teilbetriebes und der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen.

    4.1 Realteilung ohne Spitzenausgleich

    Ohne Ausgleichsleistungen kommt es auch bei der Realteilung von Betriebsvermögen nicht zu einem Veräußerungs- und Anschaffungsgeschäft (BMF 11.1.93 Tz 10-13), wenn nicht gleichzeitig eine Betriebsaufgabe vorliegt.

    4.1.1  Übertragung eines ganzen Betriebes

    Wird im Rahmen der Realteilung ein Betrieb geschlossen übernommen und fortgeführt, sind zwingend die Buchwerte gem. § 7 Abs. 1 EStDV zu übernehmen. Es gibt kein Wahlrecht zur Gewinnrealisierung (BMF 11.1.93 Tz. 13 Abs. 2). Sollten die durch das Steuerbereinigungs- und Mißbrauchsbekämpfungsgesetz eingeführten Beschränkungen des § 16 EStG auch auf die Erbauseinandersetzung übertragen werden, wäre die Realteilung ohne Ausgleichsleistungen der einzige Weg, die Aufdeckung stiller Reserven bei einer Erbauseinandersetzung vollständig zu vermeiden.

    Das Prinzip der ertragsteuerneutralen Realteilung gilt auch für den schwer vorstellbaren Fall der erweiterten Realteilung, daß nämlich die Erben mehrere im Nachlaß befindliche Betriebe untereinander aufteilen und darüber zur Erfüllung der jeweiligen Erbquote kommen (BMF 11.1.93 Tz. 13 Abs. 1).

    Beispiel:

    Das Einzelunternehmen des Erblassers bestand aus drei identisch ausgerüsteten, völlig gleichwertigen, Betrieben. Die zu je 1/3 berufenen Erben einigen sich in der Weise, daß jeder einen Betrieb übernimmt.

    Eine Realteilung kann hier nur vorliegen, wenn man davon ausgehen kann, daß als Verkehrswert der Wert angesetzt wird, den die Miterben als Anrechnungswert zugrunde gelegt haben. Die Finanzverwaltung hat dies leider nur für den privaten Bereich ausdrücklich festgeschrieben (BMF 11.1.93 Tz. 28). Es sollte zweckdienlich aber auch für Betriebsvermögen gelten.

    4.1.2 Betriebsaufgabe bei Realteilung

    Die Realteilung ohne Betriebsfortführung kann aber zugleich eine Betriebsaufgabe (BMF 11.1.93 Tz. 11) sein. Zivilrechtlich kann die Realteilung durchaus so vorgenommen werden, daß ein ererbter und bisher homogener Betrieb dadurch zerschlagen wird, daß jeder Erbe sich nach Maßgabe seiner Erbquote und im Einverständnis mit den Miterben das aussucht, was er gebrauchen kann. Der steuerpflichtige Aufgabegewinn ist damit nicht primär eine Frage der Erbauseinandersetzung, sondern resultiert aus dem "ganz normalen" Steuerrecht.

    Beispiel:

    S und T sind Miterben zu je 1/2 und teilen den aus mehreren betrieblich genutzten bebauten Grundstücken bestehenden Nachlaß "gerecht" unter sich auf, ohne daß der Betrieb fortgeführt wird.

    Durch die Betriebsaufgabe werden die in den Grundstücken enthaltenen stillen Reserven vollständig aufgedeckt.S und T müssen für weitere Abschreibungen der Gebäude vom Entnahmewert ausgehen.

    4.1.3 Wahlrecht zur Buchwertfortführung

    Das BMF-Schreiben behandelt die Übernahme von Teilbetrieben und/oder einzelnen Wirtschaftsgütern eines Betriebsvermögens anders als die Übernahme und Fortführung eines ganzen Betriebes. Die Finanzverwaltung sieht darin zunächst eine grundsätzlich steuerpflichtige Betriebsaufgabe, gewährt jedoch das Wahlrecht, die Buchwerte fortzuführen, wenn die bei der Realteilung erworbenen Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen überführt  werden (BMF 11.1.93 Tz. 12).

    Beispiel:

    A, B und C sind Erben zu je 1/3. A übernimmt den Fuhrpark des elterlichen Unternehmens, Lager und Umlaufvermögen, B das Verwaltungsgebäude und C ein an die Firma angrenzendes unbebautes (aktiviertes) Grundstück. Ausgleichsleistungen werden nicht gezahlt. Alle Erben nutzen die ihnen zugeteilten Wirtschaftsgüter weiter in eigenen Betrieben.

    Ein steuerbegünstigter Aufgabegewinn ( § 16 Abs. 3 EStG) entsteht, wenn alle Miterben die von ihnen übernommenen Wirtschaftsgüter nicht mehr betrieblich nutzen und in das Privatvermögen überführen. Der Aufgabegewinn wird einheitlich ermittelt und von jedem Miterben zu je 1/3 versteuert, unabhängig davon, ob die stillen Reserven unterschiedlich verteilt sind. Dabei reicht es schon aus, wenn Wirtschaftsgüter, die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, ganz oder teilweise in das Privatvermögen überführt werden. Werden die wesentlichen Betriebsgrundlagen einheitlich weiter betrieblich genutzt, kommt es auf das Schicksal nicht wesentlicher Betriebsgrundlagen nicht an. Werden  diese in das Privatvermögen überführt, im übrigen aber die Buchwerte fortgeführt, ist der Entnahmegewinn allen Miterben anteilig zuzurechnen (BMF 11.1.93 Tz. 12).

    Das Wahlrecht ist nach Auffassung der Finanzverwaltung einheitlich (!) in der Schlußbilanz der Miterbengemeinschaft auszuüben (BMF 11.1.93 Tz. 12; BFH v. 10.12.1991 BStBl. 92 II S. 385). Diese aus der Realteilung von Personengesellschaften abgeleitete Voraussetzung war schon immer sehr umstritten (Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 8. Aufl. 5.768; Döllerer, DStZ  A 1982, 269; Märkle, BB-Beilage 1984/10 S. 5) und wird vom VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (Urteil v. 1.12.1994 betr. Realteilung einer Personengesellschaft, siehe oben Steuerrecht aktuell S. ..) nicht mehr gestützt. Mit Nichtanwendungserlaß v. 11.8.1993 (IV B 2 - S 2242 - 32/94 hat der BMF sich über die Entscheidung des VIII. Senats hinweggesetzt und auf der einheitlichen Ausübung des Wahlrechts bestanden.

    4.2 Realteilung mit Spitzenausgleich

    Erhält bei einer Erbauseinandersetzung ein Miterbe gegenständlich "mehr", als ihm nach der Erbquote zusteht, und zahlt er für dieses "Mehr" an seine Miterben eine Abfindung, so liegt insoweit ein Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft vor (BMF Tz.14). Auch bei Betriebsvermögen geht die Finanzverwaltung von der Annahme aus, daß der Übernehmer nicht entgeltlich erwirbt, soweit es seiner Erbquote entspricht und nur für den Mehrerwerb eine entgeltliche Übertragung vorliegt. Die Zahlung der Abfindung kann sich aus dem Auseinandersetzungsvertrag, aus einer Teilungsanordnung des Erblassers oder aufgrund des Teilungsplanes des Testamentsvollstreckers ergeben. Gleiches gilt, wenn der Nachlaß gem. § 2042 Abs. 2,  753 Abs. 1 BGB versteigert und ein Miterbe dabei Nachlaßgegenstände erwirbt (BFH v. 29.4.1992 BStBl. II S. 727).

    Beispiel:

    S und T haben als Miterben zu je 1/2 zwei Kraftfahrzeugbetriebe geerbt. Das Betriebsvermögen des Autohauses in A-Stadt hat einen Wert von 3 Mio DM und einen Buchwert von 300.000 DM. Das Betriebsvermögen des Autohauses B-Stadt hat einen Wert von 2 Mio DM und einen Buchwert von 200.000 DM. Die Erben einigen sich darauf, daß S den Betrieb in A-Stadt übernimmt und B das Autohaus B-Stadt. Zusätzlich zahlt S an T eine Abfindung in Höhe von 500.000 DM.

    Bei einem Nachlaßwert von insgesamt 5 Mio DM  stehen beiden Erben wertmäßig je 2.5 Mio DM zu. Da S aber mit dem Betrieb A Werte in Höhe von 3 Mio übernimmt, zahlt er diese Abfindung für 1/6 des Betriebsvermögens seines Hauses.

    4.2.1 Höhe des Veräußerungsgewinns

    Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist die Abfindungszahlung dem Teil des Kapitalkontos gegenüberzustellen, der dem Verhältnis von Abfindungszahlung zum Wert des übernommenen Betriebsvermögens entspricht (BMF 11.1.93 Tz 16).

    Im vorigen Beispiel erwirbt S zu 5/6 unentgeltlich und zu 1/6 entgeltlich. Auf diese 1/6 entfällt ein Buchwert von 50.000 DM. S muß die Aktiva (insgesamt) um 500.000 ./. 50.000 = 450.000 DM aufstocken. B muß einen Veräußerungsgewinn von 450.000 DM versteuern. Für den unentgeltlich erworbenen Anteil von 5/6 kann S - ebenso T  für seinen Betrieb  - nach Kapitalkontenangleichung die Buchwerte fortführen. S hat die Anschaffungskosten im Verhältnis der Teilwerte auf die einzelnen Wirtschaftsgüter aufzuteilen. Für den unentgeltlichen Teil besteht ein Wahlrecht zwischen voller Gewinnrealisierung und Buchwertfortführung (s.unten).

    Würden die vom VIII. Senats des Bundesfinanzhofs in seinem Urteil vom 1.12.1992 (aaO.) dargestellten Rechtsfolgen auf die Erbauseinandersetzung übertragen, müßte T 500.000 DM versteuern. Danach hätte der Ausgleichsberechtigte den Veräußerungsgewinn in voller Höhe und ohne Verrechnung mit dem anteiligen Buchwert seiner Beteiligung zu ermitteln (Märkle DStR 94, S. 769 f.)

    4.2.2 Tarifbegünstigung nach  16, 34 EStG

    Der Veräußerungsgewinn ist nach §§ 16,34 EStG begünstigt, wenn Betriebe oder Teilbetriebe mit Abfindungszahlungen zugeteilt werden oder bei Mischnachlaß (s.u. zu 5.2) ein Betrieb geschlossen an einen Miterben übergeht (BMF 11.1.93 Tz. 21). Das gilt ausdrücklich nicht, wenn durch die Realteilung nur einzelne betriebliche Wirtschaftsgüter zugeteilt werden (BMF v. 11.1.93 Tz.22; Obermeier, NWB Fach 3, S. 8517, 8538; a.A. Schmidt EStG § 16 Anm. 101).

    Das BFH-Urteil v. 1.12.94 (a.a.O.), das die Tarifbegünstigung für den Spitzenausgleich versagt, soll nach BMF v. 11.8.94 (IV B 2 - S 2242 -32/94) nicht angewendet werden.

    4.2.3 Ausübung des Wahlrechts

    Die Finanzverwaltung gewährt auch bei einer Realteilung mit Spitzenausgleich den Erben das Wahlrecht, sich für eine Betriebsaufgabe zu entscheiden, wenn nicht ein Betrieb im Ganzen, sondern ein Teilbetrieb oder einzelne Wirtschaftsgüter übernommen werden.

    4.2.4 Abschreibungsgrundsätze

    Da nach der (noch) geltenden Theorie bei einer Realteilung mit Spitzenausgleich zwei selbständige Vorgänge ablaufen, von denen der eine unentgeltlich (in Höhe der Erbquote), der andere entgeltlich (in Höhe der Abfindung) ist, müßten für alle Wirtschaftsgüter, bei denen die Buchwerte aufgestockt wurden, grundsätzlich zwei AfA-Reihen geführt werden. Für Gebäude schreibt die Finanzverwaltung das ausdrücklich vor (BMF 11.1.93 Tz. 19). Für bewegliche Wirtschaftsgüter wird - aus Vereinfachungsgründen - davon abgesehen.

    5. Realteilung eines Mischnachlasses

    Mischnachlaß nennt man ein Erbe, das aus Betriebs- und Privatvermögen besteht.  Auch auf diesen wohl häufigsten Fall können die Grundsätze über die Realteilung angewendet werden. Die Erbauseinandersetzung kann auch hierbei erfolgsneutral gestaltet werden (GrS BFH 5.7.90 a.a.O.; BMF 11.1.93 Tz. 33 - 55; Schmidt EStG § 16 Anm. 126 c). Dies gilt auch dann, wenn die Erbauseinandersetzung erst viele Jahre nach dem Erbfall stattfindet und der Umfang des Betriebsvermögens sich zwischenzeitlich verändert hat (BMF 11.1.93 Tz. 15).

    5.1 Realteilung ohne Spitzenausgleich

    Miterben übernehmen in Erfüllung ihrer Erbquote Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, des Betriebsvermögens oder aus beiden Bereichen. Die Rechnung geht auf. Abfindungen brauchen nicht gezahlt zu werden.

    Beispiel:

    Der Nachlaß besteht aus einem gewerblichen Einzelunternehmen und Mietwohnhäusern. Der Verkehrswert des Betriebes entspricht dem der Häuser (beide je 1.000.000 DM). Erbe S übernimmt den Betrieb, T übernimmt die Häuser.

    Beide Erben erwerben in vollem Umfang unentgeltlich. Für den Betrieb gilt Buchwertfortführung ohne Wahlrecht zur Gewinnrealisierung. Im Privatbereich werden die Steuerwerte fortgeführt. Es handelt sich um eine ertragsteuerneutrale Realteilung (BMF Tz 33-37).

    5.2 Realteilung mit Spitzenausgleich

    Häufig gelingt es nicht, das Vermögen ohne Ausgleichszahlungen so aufzuteilen, daß die Erbquoten eingehalten werden können.

    Beispiel:

    Erben sind A und B zu je 1/2. Zum Nachlaß gehören ein Betrieb (Teilwert 1 Mio. DM, Buchwert 200.000 DM) und ein Privatgrundstück (Verkehrswert 500.000 DM). A erhält den Betrieb, B das Grundstück und eine Abfindung von A von 250.000 DM.

    A und B waren mit jeweils 750.000 DM am Nachlaß beteiligt. Also erwirbt A den Betrieb zu 3/4 unentgeltlich und muß insoweit die Buchwerte der Erbengemeinschaft fortführen. Zu 1/4 erwirbt er entgeltlich und hat Anschaffungskosten. B erzielt einen Veräußerungsgewinn von 200.000 DM (250.000 DM minus anteiliges Kapitalkonto 50.000 DM) (BMF-Schreiben aaO. Tz. 38-39).

    Der Veräußerungsgewinn ist tarifbegünstigt, wenn - wie im Beispiel - nur ein einzelner Betrieb vorhanden war und ganz übernommen wird, ganze Betriebe oder Teilbetriebe gegen Abfindungen zugeteilt werden. Der Veräußerungsgewinn ist nicht tarifbegünstigt, wenn es um die Zuteilung einzelner Wirtschaftsgüter geht.

    6. Gestaltungen:

    6.1 Das Umschuldungs-Realteilungsmodell

    Wenn beim Tod des Erblassers das Betriebsvermögen (mit hohen stillen Reserven) überwiegt, kann es auch bei einer Realteilung mit Spitzenausgleich leicht zu einer gefährlichen Steuerbelastung kommen, wenn Abfindungen fließen.

    Hier müssen die Erben ihre Erbauseinandersetzung hinausschieben und in der Weise vorbereiten, daß sich im Laufe der Zeit das Verhältnis von Betriebsvermögen und Privatvermögen so verändert, daß eine gewinnneutrale Realteilung ohne Abfindungen möglich wird. Das fordert Geduld, eine entsprechende testamentarische Anordnung, mit der die Erbauseinandersetzung bis zum Erreichen dieses Ziels (maximal 30 Jahre sind erlaubt) verboten wird oder einen Testamentsvollstrecker, den das Testament mit eben diesem Auftrag bestellt.

    Der Grundgedanke dieses Modells ist, daß zwischen den zwei "Töpfen" der Erbengemeinschaft (Betriebsvermögen und Privatvermögen) keine Vermischung stattfindet, weil die "Infektionstheorie" des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht gilt. So kann im Laufe der Zeit durch Barentnahmen aus dem Betrieb das Privatvermögen aufgestockt werden, bis Werteidentität soweit hergestellt ist, daß die Auseinandersetzung auf der Basis der Erbquoten möglich wird.

    Dazu war in der Literatur vorgeschlagen worden, notfalls über das Zweikonten-Modell Kapital aus dem Betriebsvermögen herauszuziehen - dort durch Kredite zu ersetzen - und im "privaten" Bereich der Erbengemeinschaft zu reinvestieren (Söffing, DB 1991 S. 773 ff., 828 ff.). Obwohl der Wortlaut der Entscheidung des Großen Senats (BFH 5.7.90)) dem nicht entgegensteht, will die Finanzverwaltung  das verhindern. Im BMF-Schreiben (v. 11.3.93 Tz. 35) heißt es: "Wird .... durch Entnahmen liquider Mittel im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Auseinandersetzung Privatvermögen geschaffen, um insoweit eine gewinneutrale Realteilung zu ermöglichen, so ist diese Gestaltung nach § 42 AO steuerlich nicht anzuerkennen".

    6.2 Einräumung eines Nutzungsrechts an einem Nachlaßgegenstand als Realteilung

    Eine Erbauseinandersetzung kann auch in der Weise durchgeführt werden, daß einem Miterben ein Nutzungsrecht an einem zum Nachlaß gehörenden Wirtschaftsgut eingeräumt wird, das einem anderen Miterben zugeteilt wird. Dieses Nutzungsrecht ist nicht gegen Entgelt bestellt. Seine Ablösung führt allerdings zu nachträglichen Anschaffungskosten (BMF 11.3.93 Tz. 23; BFH  v. 28.11.91 BStBl. 92 II S. 381).

    Realteilung kann auch in der Weise erfolgen, daß ein Erbe das Grundstück übernimmt und dem anderen Erben ein Wohnrecht daran eingeräumt wird (BFH v. 28.11.92 a.a.O.).

    6.3 Umwandlung von Gesamthandseigentum in Bruchteilseigentum als Realteilung

    Ein unentgeltlicher Vorgang liegt auch dann vor, wenn Gesamthandseigentum in Bruchteilseigentum umgewandelt wird und ein Miterbe Anteile an der Bruchteilsgemeinschaft von einem anderen Miterben im Tausch gegen eigene Anteile erwirbt (BMF 11.3.93 Tz. 24).

    Quelle: Erbfolgebesteuerung - Ausgabe 09/1994, Seite 12

    Quelle: Ausgabe 09 / 1994 | Seite 12 | ID 101506

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