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  • Bundesgerichtshof

    Vollmachten über den Tod hinaus - trans- bzw. postmortale Vollmacht - regelmäßig prüfen und ggf. widerrufen

    Eine Bank darf sich auf eine transmortale Vollmacht verlassen, selbst dann, wenn ihr - fast - alle Begleitumstände bekannt sind. Sie ist auch nicht berechtigt, die Auszahlung bestehender Guthaben hinauszuzögern, es sei denn, es lägen offenkundig Indizien vor, daß der/die  Bevollmächtigte die Vollmacht mißbraucht. Das Risiko des Mißbrauchs trägt der Vollmachtgeber und nicht die Bank.

    Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

    Der Erblasser hatte vor langen Jahren seiner damaligen Lebensgefährtin für seine Girokonten und das Wertpapierdepot Bankvollmacht für seinen Todesfall erteilt und diese nie widerrufen, obwohl er sich von der Freundin getrennt hatte und seine letzten Lebensjahre mit einer anderen Frau zusammenlebte. Diese berief er testamentarisch auch zu seiner Alleinerbin.

    Beim Wettlauf von Freundin und Ex-Freundin siegte letztere. Während die Alleinerbin Testament und Sterbeurkunde präsentierte und von der Bank zur Vorlage des Erbscheins angehalten wurde, konnte die Ex-Freundin zwei Tage nach dem Todesfall unter Vorlage von Vollmachts- und Sterbeurkunde sämtliche Konten des Verstorbenen leeren und mit ca. 155.000 DM dahinziehen. Zwar widerrief die Erbin die Vollmacht, erstritt auch ein rechtskräftiges Urteil und  betrieb die Zwangsvollstreckung, allein: das Geld war weg und tauchte nicht wieder auf. Daraufhin verklagte die Alleinerbin die Bank, und zwar ebenfalls ohne Erfolg.

    Anmerkung

    Das jüngst bekanntgewordene Urteil des BGH rückt ein Gestaltungsinstrument in den Vordergrund, das fast nur "banktechnisch" gesehen wird, das aber - wie im entschiedenen Fall - ein Kuckucksei werden kann. Mit Vollmachten, die über den Tod hinaus gelten sollen, kommen Hinterbliebene zügig an Gelder des Verstorbenen, die sie für die Abwicklung des Todesfalls und den eigenen Lebensunterhalt in der ersten Zeit dringend gebrauchen. Es handelt sich mithin grundsätzlich um ein "vernünftiges" Instrument für die Erben, das Liquiditätsprobleme überbrückt, die bis zur Erteilung eines Erbscheines andernfalls entstehen könnten.

    Methodisch unterscheidet man die transmortale Vollmacht (= Vollmacht über den Tod hinaus), die auch schon zu Lebzeiten gilt, von der postmortalen Vollmacht (Vollmacht auf den Tod), die aufschiebend bedingt erst mit dem Tod des Vollmachtgebers wirksam werden soll und nicht der Form einer letztwilligen Verfügung bedarf. Bei beiden Variationen erwirbt der Bevollmächtigte zwar keine eigenen Rechte am Nachlaß, methodisch vertritt er aber nach dem Tod des Vollmachtgebers die Erben, insoweit dem Testamentsvollstrecker nicht unähnlich. Dabei bedarf es für die entsprechenden Handlungen - im vorliegenden Fall die Auflösung der Konten - keiner Rückfrage bei den Erben. Die Frage eines Mißbrauchs wird dabei eng gesehen, wie auch das Urteil gezeigt hat. Der Bevollmächtigte vertritt nämlich - gegenüber der Bank - nicht nur die Interessen der Erben, sondern auch die des Verstorbenen. Ein Mißbrauch muß für den Vertragspartner Bank "augenscheinlich", also leicht erkennbar sein, was regelmäßig nicht der Fall sein dürfte. Der Erblasser könnte seine Vollmacht mit einer Strafklausel sogar gegen einen Widerruf durch die Erben schützen, z.B. dadurch, daß die Erbeinsetzung unter der Bedingung erfolgt, daß der Erbe die Vollmacht nicht widerruft.

    Quelle: Erbfolgebesteuerung - Ausgabe 07/1995, Seite 3

    Quelle: Ausgabe 07 / 1995 | Seite 3 | ID 101544

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