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  • 09.03.2011 | 100 Fragen/100 Antworten

    Strategien zum Schutz des Familienvermögens in besonderen Lebenssituationen (Teil 2)

    von RAin Gabriele Ritter, FA für Steuer- und Sozialrecht, Wittlich

    Im Folgenden werden wichtige Fragen aus dem Bereich des Betreuungsrechts aufgegriffen, die im Zusammenhang mit der (unentgeltlichen) Übertragung von Vermögen eine Rolle spielen können. Das Wesen der Betreuung besteht darin, für eine volljährige Person einen Betreuer zu bestellen, der in einem vorgegebenen Umfang für den Betreuten handelt. Das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen soll dabei soweit wie möglich erhalten bleiben.  

     

    Checkliste
    21.Welche Gefahren drohen, wenn ein Volljähriger seine Angelegenheiten nicht mehr regeln kann?
    Stellt eine volljährige Person oder ihr Umfeld fest, dass sie unfähig ist, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, drohen ihr mehrere Gefahren. Zum einen muss diese Person davor geschützt werden, dass sie selbst ihr materielles oder immaterielles Vermögen sinnlos verbraucht; zum anderen muss diese Person davor bewahrt werden, dass Dritte ihre Situation ausnutzen, um sich auf ihre Kosten zu bereichern und sich das Vermögen des Betroffenen anzueignen.

     

    22.Wann wird eine Betreuung eingerichtet?
    Eine Betreuung wird für Erwachsene (Volljährige) eingerichtet, die aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können. Die Bestellung erfolgt durch das Betreuungsgericht auf Antrag oder von Amts wegen.

     

    Soweit der Volljährige aufgrund einer körperlichen Behinderung seine Angelegenheiten nicht besorgen kann, darf der Betreuer nur auf Antrag des Volljährigen bestellt werden, es sei denn, dass dieser seinen Willen nicht kundtun kann (§ 1896 Abs. 1 S. 1 und 3 BGB). Dritte - z.B. Familienangehörige, Nachbarn oder aber auch Behörden - können dem Gericht eine entsprechende Anregung geben. Gegen den freien Willen des Betroffenen darf ein Betreuer nicht bestellt werden (§ 1896 Abs. 1a BGB). Eine Betreuung darf nur eingerichtet werden, wenn der Betroffene aufgrund dieser Krankheit oder Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr besorgen kann.

     

    23.Wann liegt eine psychische Krankheit oder eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung vor?
    Als psychische Krankheit gelten seelische Erkrankungen oder Störungen, sei es mit oder ohne körperliche Ursache. Hierzu zählen beispielsweise die Folgen von Krankheiten oder Verletzungen des Gehirns, Suchterkrankungen oder auch Neurosen und Persönlichkeitsstörungen.

     

    Körperliche Behinderungen führen nur dann zur Bestellung eines Betreuers, wenn sie die Fähigkeit des Betroffenen, seine eigenen Angelegenheiten zu besorgen, signifikant einschränken oder aufheben. Dies kann etwa bei einer dauernden Bewegungsunfähigkeit der Fall sein. Zu den geistigen Behinderungen zählen angeborene oder bei der Geburt oder im frühkindlichen Stadium erworbene Beeinträchtigungen der Intelligenz. Unter die seelische Behinderung werden bleibende psychische Beeinträchtigungen als Folge von Erkrankungen oder des Alters verstanden.

     

    24.Welchen Umfang hat die Betreuung?
    Die Betreuung wird im Regelfall auf einen bestimmten Aufgabenbereich begrenzt (z.B. die Vermögensverwaltung, die Gesundheitsfürsorge), wenn der Betreute bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung noch erledigen kann, die sogenannte Teilbetreuung. Ist eine - eher seltene -umfassende Betreuung erforderlich, wird eine Totalbetreuung angeordnet. Wichtig ist, dass eine Betreuung gegen den Willen des Betroffenen nicht eingerichtet werden darf, wenn er diesen noch frei bilden kann. Außerdem gilt für alle Bereiche des Betreuungsrechts der Grundsatz der Erforderlichkeit. Dieser bezieht sich auf
    • das „Ob“ einer Betreuung,
    • den Umfang der Betreuung,
    • die Auswirkungen der gerichtlichen Maßnahme und
    • die Dauer der Bestellung.

     

    Betreuer dürfen nur für die Aufgabenbereiche bestellt werden, die in dem oben genannten Sinne erforderlich sind. Diese werden im gerichtlichen Verfahren festgestellt. Die Bestellung des Betreuers hat nicht zur Folge, dass dieser geschäftsunfähig wird. Geschäftsunfähigkeit ist nur anzunehmen, wenn sich der Betroffene in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist (§ 104 Nr. 2 BGB).

     

    25.Kann eine Betreuung eingerichtet werden, wenn ich meinen Haushalt nicht mehr führen kann?
    Eine Betreuung wird nur eingerichtet, wenn die betroffene Person ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selber besorgen kann. Zunächst aber muss festgestellt werden, ob nicht andere Möglichkeiten der Unterstützung bestehen wie z.B. die Unterstützung durch Familienangehörige, Bekannte oder Soziale Dienste. Kann jemand seinen Haushalt nicht mehr führen oder seinen häuslichen Bereich nicht mehr verlassen, so berechtigt dies im Allgemeinen nicht zur Bestellung eines Betreuers.

     

    Auch darf ein Betreuer nicht bestellt werden, so lange die betroffene Person eine andere Person bevollmächtigen kann oder bereits zuvor bevollmächtigt hat (§ 1896 Abs. 2 BGB). Erfolgte bereits vor Eintritt einer Erkrankung oder Behinderung eine Bevollmächtigung, darf der Bevollmächtigte in dem Umfang der Bevollmächtigung handeln, ohne dass es weiterer Maßnahmen bedarf. Das Gericht wird in der Regel nicht eingeschaltet. Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn sich eine Kontrolle des Bevollmächtigten als notwendig erweist.

     

    26.Was ist unter einem Einwilligungsvorbehalt zu verstehen?
    Eine Eingrenzung der Handlungsfähigkeit besteht, wenn das Gericht für bestimmte Aufgabenkreise einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet hat. In diesem Fall tritt eine Beschränkung der Teilnahme am Rechtsverkehr ein; die betreute Person bedarf in diesen Fällen der Einwilligung seines Betreuers. Ein solcher Einwilligungsvorbehalt wird dann angeordnet, wenn die erhebliche Gefahr besteht, dass der Betreute sich oder sein Vermögen schädigt (§ 1903 Abs. 1 BGB).

     

    Der Einwilligungsvorbehalt hat jedoch keinen Einfluss auf die Testierfähigkeit des Betreuten. Solange er testierfähig ist, d.h., wenn er in der Lage ist, die Bedeutung der Erklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, kann der Betreute auch bei einem Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten ein Testament errichten.

     

    27.Wie erfolgt die Betreuerbestellung?
    Sachlich zuständiges Gericht für die Bestellung ist das Betreuungsgericht, örtlich zuständig ist allgemein das Gericht, in dessen Bezirk der Betroffene zur Zeit der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Soweit der Betroffene nicht in der Lage ist, seine Interessen hinreichend selbst wahrzunehmen, bestellt das Gericht einen Pfleger für das Verfahren. Er unterstützt den Betroffenen in dem Verfahren, in dem er ihm die Inhalte und die Konsequenz gerichtlicher Mitteilungen erläutert. Das Gericht muss vor einer Entscheidung in Betreuungssachen den Betroffenen - von wenigen Ausnahmen abgesehen - persönlich hören und sich einen eigenen Eindruck von ihm verschaffen. Sofern ein Verfahrenspfleger bestellt ist, muss der Anhörungstermin in seiner Gegenwart durchgeführt werden.

     

    Eine Betreuung darf grundsätzlich nur angeordnet werden, wenn das Gericht ein Sachverständigengutachten über die Notwendigkeit und den Umfang der Betreuung sowie die voraussichtliche Dauer der Hilfsbedürftigkeit eingeholt hat. Der Gutachter ist vor Abgabe seines Gutachtens zur persönlichen Untersuchung oder Befragung des Betroffenen verpflichtet. Soweit in bestimmten Fällen eilig gehandelt werden muss, kann das Gericht durch einstweilige Anordnung einen vorläufigen Betreuer bestellen oder in besonders eiligen Fällen selbst die notwendigen Maßnahmen treffen.

     

    28.Auswahl und Aufgaben des Betreuers
    Bei der Auswahl des Betreuers kommt den Wünschen des Betroffenen große Bedeutung zu. Schlägt er eine bestimmte Person vor, die bereit und geeignet ist, diese Aufgabe zu übernehmen, ist das Gericht an diesen Vorschlag gebunden. Dies kann bei großen Vermögenswerten von Bedeutung sein, insbesondere wenn der Betreuer über besondere Fachkenntnisse verfügen sollte.

     

    Eine Ausnahme von der Pflicht, den Vorgaben der zu betreuenden Person zu folgen, gilt nur dort, wo die Bestellung des Vorgeschlagenen dem Wohl der zu betreuenden Person zuwiderlaufen würde, § 1897 Abs. 4 S. 1 BGB (auch BGH 10.11.10, XII ZB 355/10, FamRZ 11, 100). Schlägt der Betroffene niemanden vor, ist bei der Auswahl des Betreuers auf die verwandtschaftlichen und sonstigen persönlichen Beziehungen sowie auf die Gefahr von Interessenkonflikten Rücksicht zu nehmen (§ 1897 Abs. 5 BGB).

     

    Der Betreuer hat die Aufgabe, die Angelegenheiten in dem übertragenen Wirkungskreis rechtlich zu besorgen und den Betreuten hier zu vertreten. Er hat insofern die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Seine Vertretungsbefugnis umfasst nur die Handlungen innerhalb des zugewiesenen Aufgabenkreises. Der Betreuer hat die ihm übertragenen Aufgaben so zu erledigen, wie es dem Wohl des Betreuten entspricht, § 1901 Abs. 2 BGB. Der Betreuer muss sich regelmäßig durch persönliche Kontakte und Besprechungen wichtiger anstehender Entscheidungen ein Bild davon machen, welche Vorstellungen der Betreute hat, was er gerne möchte und was er nicht will. Insbesondere darf der Betreuer den Betreuten nicht zu einer übertrieben sparsamen Lebensführung anhalten, wenn ausreichende Geldmittel vorhanden sind.

     

    Der Betreuer darf die Post und die Telekommunikation im Allgemeinen nicht kontrollieren, wenn das Gericht ihm diesen Aufgabenkreis nicht ausdrücklich zugewiesen hat (§ 1896 Abs. 4 BGB).

     

    29.Was ist eine Betreuungsverfügung?
    Die Betreuungsverfügung ist eine Möglichkeit der persönlichen und selbstbestimmten Vorsorge für den Fall, dass man selbst nicht mehr in der Lage ist, seine eigenen Angelegenheiten zu erledigen. Ihr Vorteil ist, dass sie nur dann Wirkungen entfaltet, wenn es tatsächlich erforderlich wird (§ 1896 BGB). Das Betreuungsgericht hat bei der Auswahl eines Betreuers die in der Betreuungsverfügung getätigten Vorschläge im Rahmen des § 1897 Abs. 4 BGB zu berücksichtigen. Dazu ist es erforderlich, dass im Falle einer Betreuungsbedürftigkeit die Betreuungsverfügung dem Gericht bekannt wird. Hierzu gibt es in § 1901a BGB eine Pflicht jedermanns, eine solche Verfügung beim Bekanntwerden eines gerichtlichen Betreuungsverfahrens beim Betreuungsgericht abzuliefern. Wer ein Schriftstück besitzt, in dem jemand für den Fall seiner Betreuung Vorschläge zur Auswahl des Betreuers oder Wünsche zur Wahrnehmung der Betreuung geäußert hat, hat es unverzüglich an das Betreuungsgericht abzuliefern, nachdem er von der Einleitung eines Verfahrens über die Bestellung eines Betreuers Kenntnis erlangt hat. Ebenso hat der Besitzer das Betreuungsgericht über Schriftstücke, in denen der Betroffene eine andere Person mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten bevollmächtigt hat, zu unterrichten. Das Betreuungsgericht kann die Vorlage einer Abschrift verlangen (§ 1901c BGB).

     

    30.Was grenzt die Betreuungsverfügung von der Vorsorgevollmacht ab?
    Mit einer Vorsorgevollmacht ermächtigt man eine Person seines Vertrauens, für einen zu handeln, falls man wegen Krankheit oder schwerer Pflegebedürftigkeit nicht mehr selbst in der Lage ist, wichtige Entscheidungen zu treffen. Die Vorsorgevollmacht kann sich dabei auf verschiedene Bereiche beziehen, wie z.B. Verträge, Bankangelegenheiten oder den Umzug in ein Pflegeheim, aber auch auf ganz individuelle, persönliche Angelegenheiten. Um der Vorsorgevollmacht Durchsetzungskraft zu verleihen, wird empfohlen, sie notariell beglaubigen zu lassen. Eine notarielle Beglaubigung ist nicht allgemein vorgeschrieben, aber juristisch erforderlich, wenn sie z.B. zum Erwerb oder zur Veräußerung von Grundstücken berechtigen soll.

     

    Bei einer Vorsorgevollmacht ist der Vollmachtgeber meistens darauf angewiesen, dass der Bevollmächtigte seine Wünsche auch entsprechend ausführt, denn der Betroffene selbst ist im Zweifel nicht mehr in der Lage, die eigenen Vorgaben zu kontrollieren. Die gerichtliche Überwachungsfunktion ist eingeschränkt. Anders als bei einer Vorsorgevollmacht ist es bei einer Betreuungsverfügung nicht nötig, dass bei ihrer Abfassung Geschäftsfähigkeit (§ 104 BGB) gegeben ist. Die in der Betreuungsverfügung geäußerten Wünsche sind für das Gericht grundsätzlich auch dann zu beachten, wenn sie von einem Geschäftsunfähigen geäußert wurden. Die Vorsorgevollmacht kann auch mit einer Betreuungsverfügung verbunden werden: Es kann beispielsweise verfügt werden, dass die bevollmächtigte Person auch im Falle einer Betreuungsnotwendigkeit als Betreuer ausgewählt werden soll.

     

    31.Welcher Form bedarf die Betreuungsverfügung und welchen Inhalt kann sie haben?
    Die Betreuungsverfügung sollte in jedem Fall schriftlich abgefasst werden. Bei größeren Vermögen und Vermögensanteilen empfiehlt sich eine notarielle Beurkundung. Mit einer Betreuungsverfügung können Angelegenheiten in den folgenden Bereichen geregelt werden:
    • Untersuchung des Gesundheitszustands, ärztliche Heilbehandlungen und Eingriffe,
    • Bestimmungen des Aufenthalts und die Organisation der Pflege,
    • Wohnungsangelegenheiten, z.B. Wohnungsauflösung bei Einzug in ein Pflegeheim,
    • Abschluss eines Heimvertrags,
    • Bankgeschäfte und Vermögensverhältnisse,
    • Unterbringung (z.B. mit gerichtlicher Genehmigung erfolgende Einweisung in eine geschlossene oder geschützte Einrichtung) und „unterbringungsähnliche Maßnahmen“, z.B. freiheitsentziehende Maßnahmen.

     

    32.Welche weiteren Formen der Betreuung gibt es?
    In bestimmten Fällen ist die Bestellung eines Betreuers nicht ausreichend, sodass das Gericht verschiedene weitere/ergänzende Betreuungen einrichten kann. Als Gegenbetreuung wird eine spezielle Form der gesetzlichen Vertretung verstanden, die der Kontrolle des eigentlich bestellten Vormundes im Bereich der Vermögenssorge dient (§ 1908i BGB i.V. mit § 1792 BGB). Im Verfahren auf Bestellung eines Gegenbetreuers besteht keine Pflicht zur persönlichen Anhörung des Betroffenen gemäß § 68 FGG, wenn der Aufgabenkreis der Betreuung nicht erweitert werden soll. Der Gegenbetreuer ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen, sondern ein Kontroll- und Überwachungsorgan, das dem Betreuungsgericht Kontrollaufgaben abnehmen soll (BayObLG 21.4.04, 3 Z BR 051/04). Nach § 1792 Abs. 2 BGB soll die Bestellung eines Gegenbetreuers erfolgen, wenn der Betreuer ein Vermögen zu verwalten hat, es sei denn, dass diese Verwaltung nicht erheblich ist. Für die Erheblichkeit ist nicht an den Wert des Vermögens anzuknüpfen. Entscheidend ist der Umfang der zu erbringenden Tätigkeit des Betreuers.

     

    Ein Ergänzungsbetreuer wird zusätzlich zu einem bereits bestellten Betreuer für die Fälle einer tatsächlichen oder rechtlichen Verhinderung des Betreuers bestellt und kann nur in diesen Fällen die Aufgaben des Betreuten wahrnehmen (§ 1899 Abs. 4 BGB).

     

    Kontrollbetreuer ist ein bestellter Betreuer, der die Aufgabe der Überwachung eines Bevollmächtigten übernimmt (§ 1896 Abs. 3 BGB). Diese Betreuungsart kann parallel zur Vorsorgevollmacht angeordnet werden. Der Kontrollbetreuer wird bestellt, wenn der Vollmachtgeber krankheits- oder behinderungsbedingt den Bevollmächtigten nicht mehr kontrollieren kann. Ein solcher Kontrollbedarf besteht insbesondere bei Vorhandensein großer Vermögenswerte.

     

    33.Schutz in persönlichen Angelegenheiten
    Besonderes Merkmal des Betreuungsrechts ist es, die persönlichen Angelegenheiten des Betroffenen gegenüber den Vermögensangelegenheiten in den Vordergrund zu stellen. Das persönliche Wohlergehen des Betroffenen darf dem Betreuer nie gleichgültig sein, und zwar unabhängig vom Aufgabenkreis.

     

    Wird einem Betreuer der Schutz in persönlichen Angelegenheiten übertragen, handelt es sich in der Regel um Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge und der Aufenthaltsbestimmung. Für wichtige Angelegenheiten in diesem Bereich enthält das Gesetz besondere Vorschriften (z.B. Sterilisation). Schon lange ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine ärztliche Maßnahme nur mit Einwilligung des zuvor umfassend aufgeklärten Patienten zulässig ist. Wird sie ohne Einwilligung vorgenommen, kann dies strafrechtliche Konsequenzen haben. Ist für den Patienten ein Betreuer bestellt, kann jedoch nur der Betroffene selbst einwilligen, soweit er Art, Bedeutung und Tragweite der ärztlichen Maßnahme erfasst. Der mit der Personensorge befasste Betreuer muss sich vergewissern, ob der Betreute in der konkreten Situation einwilligungsfähig ist.

     

    Ist der Betreute einwilligungsunfähig, darf der Betreuer nach hinreichender Aufklärung durch den Arzt in die Maßnahme einwilligen. Bei wichtigen ärztlichen Maßnahmen bedarf die Einwilligung des Betreuers jedoch der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Dies ist der Fall, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute aufgrund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger andauernden gesundheitlichen Schaden erleidet (§ 1904 Abs. 1 S. 1 BGB). Keine Genehmigungspflicht besteht in Eilfällen, wenn mit dem Aufschub der Maßnahme eine Gefahr verbunden wäre (§ 1904 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts (§ 1904 Abs. 2 BGB).

     

    34.Welche Voraussetzungen müssen für eine Unterbringung vorliegen?
    Unter Unterbringung wird im Betreuungsrecht eine mit einer Freiheitsentziehung verbundene Maßnahme durch Einweisung in eine geschlossene Einrichtung oder Abteilung eines Krankenhauses oder eines Altenheimes verstanden. Wegen des erheblichen Eingriffes in die grundgesetzlich garantierte Freiheit ist die Verhältnismäßigkeit besonders zu beachten, d.h., dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts für den Betreuten gegeben sein muss, die bloße Möglichkeit reicht nicht aus. Nach § 1906 Abs. 1 BGB ist die Unterbringung nur zulässig, wenn beim Betreuten die Gefahr einer erheblichen gesundheitlichen Selbstschädigung oder sogar Selbsttötung besteht oder wenn ohne die Unterbringung eine notwendige ärztliche Maßnahme nicht durchgeführt werden kann.

     

    Nach Auffassung des BGH (11.8.10, XII ZB 78/10, FamRZ 10, 1651) verlangt § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB keine akute, unmittelbar bevorstehende Gefahr für den Betreuten. Notwendig ist allerdings eine ernstliche und konkrete Gefahr für dessen Leib oder Leben, wobei die Anforderungen an die Voraussehbarkeit einer Selbsttötung jedoch nicht überspannt werden dürfen. Die Prognose ist im Wesentlichen Sache des Tatrichters.

     

    Die Unterbringung setzt die gerichtliche Genehmigung voraus. Unterbringungen zum Schutz dritter Personen, zu erzieherischen Zwecken und zu Bestrafungszwecken sind nach dem BGB nicht zulässig. Ohne vorherige Genehmigung ist eine Unterbringung durch den Betreuer nur ausnahmsweise zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden wäre. Die gerichtliche Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen.

     

    35.Kann der Betreuer die Wohnung des Betreuten kündigen?
    Mit der Auflösung einer Wohnung verliert der Betreute in unterschiedlichem Maß den Bezug zu seinem bisherigen Umfeld, zu seiner Familie, zu Freunden und Bekannten. Er verliert seinen Lebensmittelpunkt. Die Auflösung der Wohnung ist darum eine sehr gravierende Maßnahme für das weitere Leben des Betreuten. § 1907 BGB sieht deshalb ein Genehmigungserfordernis vor, um ihn vor übereilten Entscheidungen seines Betreuers zu schützen (§ 1907 BGB). Gleiches gilt für andere Erklärungen, die auf die Aufhebung eines solchen Mietverhältnisses gerichtet sind. Will der Betreuer etwa während eines längeren Krankenhaus- oder Kuraufenthaltes das Eigenheim des Betreuten vermieten, bedarf er hier ebenfalls der gerichtlichen Genehmigung.

     

    36.Was umfasst die Vermögensbetreuung?
    Im Rahmen der Vermögensbetreuung kann dem Betreuer sowohl die Verwaltung des gesamten Vermögens als auch die Besorgung einzelner Vermögensangelegenheiten (Verwaltung der Immobilien, eines bestimmten Hauses, einer angefallenen Erbschaft usw.) übertragen werden. Für den Betreuten bedeutet dies:

     

    • Ist der Betreute geschäftsunfähig, kann er sein Vermögen nicht selbst verwalten; dies übernimmt der Betreuer.

     

    • Ist der Betreute geschäftsfähig, ist aber ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, ist es nach § 1903 Abs. 1 S. 2 BGB, § 110 BGB zulässig, dass der Betreuer ihm einzelne bestimmte Bereiche zur eigenen Verwaltung überlässt (§ 1908i Abs. 1 S. 1 BGB, § 1824 BGB). Gegenstände, die der Betreuer nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts veräußern dürfte, darf er dem Betreuten nicht zur freien Verfügung überlassen, andernfalls würde die Genehmigungspflicht ganz einfach umgangen.

     

    • Ist der Betreute geschäftsfähig und ist auch kein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, bestimmt er selbst, welche Teile seines Vermögens er und welche der Betreuer verwalten soll. Denn die Betreuung als solche soll ja in seine Rechtszuständigkeit gerade nicht eingreifen. Der Betreuer muss sich aber dennoch einen Überblick über diese Angelegenheiten verschaffen. Wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Betreute die selbstverwalteten Teile seines Vermögens gefährdet und er zur freiwilligen Überlassung an den Betreuer nicht bereit ist, ist ein Einwilligungsvorbehalt erforderlich. Dieses muss der Betreuer dann dem Betreuungsgericht mitteilen (§ 1901 Abs. 5 S. 2 BGB).

     

    37.Welche Pflichten obliegen dem Betreuer im Rahmen der Vermögensbetreuung?
    Ist dem Betreuer eine Angelegenheit aus dem Bereich der Vermögenssorge übertragen, muss der Betreuer bei Beginn der Betreuung ein Vermögensverzeichnis errichten (§ 1980i Abs. 1 S. 1 BGB, § 1802 BGB). Auf dem Verzeichnis ist der Stichtag und das Aktenzeichen der Sache anzugeben. Zum Vermögen gehören alle Sachen und Forderungen, aber auch Verbindlichkeiten aller Art.

     

    Praktische Schwierigkeiten bereitet oft das Auffinden der einzelnen Vermögensbestandteile. Dazu wird der Betreuer meist alle Unterlagen durchsehen müssen, eruieren ob es Bankverbindungen oder Depots gibt und wer gegebenenfalls Kontovollmacht hat, ob Versicherungen bestehen. Auch sollte der Betreuer z.B. Kontakt mit der (ehemaligen) Arbeitsstelle des Betreuten aufnehmen.

     

    Nach Einreichung des Vermögensverzeichnisses wird vom Gericht der Abrechnungszeitraum für den Betreuer festgelegt. Er hat in dem Abrechnungszeitraum alle Einnahmen und Ausgaben zu erfassen und zu belegen. Der Abrechnung ist ein Bericht über die persönlichen Verhältnisse des Betreuten beizufügen, in dem Ausführungen zur Anzahl der Kontakte, Angaben zum Aufenthaltsort und zur weiteren Betreuung einschließlich seines Umfangs zu treffen sind.

     

    38.Wie ist das Geldvermögen zu verwalten?
    Der Betreuer muss nach § 1908i BGB, § 1806 BGB das zum Vermögen des Betreuten gehörende Geld verzinslich anlegen, soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben bereitzuhalten ist. Das Vermögen des Betreuten ist wirtschaftlich zu verwalten. Geld, das nicht für laufende Ausgaben benötigt wird, muss der Betreuer mündelsicher anlegen. Im Einzelnen wird die mündelsichere Anlage in § 1807 BGB beschrieben. Mündelsicher sind alle Banken mit ausreichender Sicherungseinrichtung. Dazu gehören alle Großbanken, Volksbanken und Raiffeisenkassen, Stadt- und Kreissparkassen. Das Geld soll mit der Bestimmung angelegt werden, dass es nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abgehoben werden kann, der sogenannte Sperrvermerk (§ 1809 BGB).

     

    In Wertpapieren kann das Geld ebenfalls nur angelegt werden, wenn diese mündelsicher sind. Das ist etwa bei Bundes- oder Kommunalobligationen, Bundesschatzbriefen oder Sparbriefen von Banken der Fall. Bestimmte Wertpapiere sind zu hinterlegen und mit der Bestimmung zu versehen, dass die Herausgabe nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfolgen darf (§ 1814 BGB). Der Betreute allerdings kann, sofern er geschäftsfähig ist, jederzeit über gesperrte Gelder verfügen. Er bedarf auch nicht der Genehmigung des Gerichts.

     

    Geld kann vom Betreuer unter bestimmten Voraussetzungen auch in Sachwerten, etwa in Immobilien oder Gold angelegt werden. Hierbei ist der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz besonders zu beachten. Eine Absprache mit dem Betreuungsgericht ist erforderlich, da es grundsätzlich eine Erlaubnis erteilen muss. Kostbarkeiten, etwa Edelsteine, sollten bei einer Bank deponiert werden. Das Gericht kann aber auch die Hinterlegung anordnen.

     

    39.Für welche Geschäfte bedarf es einer gerichtlichen Genehmigung?
    Im Bereich der Vermögenssorge bedürfen bestimmte Handlungen des Betreuers der Genehmigung des Betreuungsgerichts.

     

    Für Geldgeschäfte gilt Folgendes: Abhebungen von gesperrten Konten müssen vorher genehmigt werden. Dies gilt auch für fälliges Festgeld oder fälliges Wertpapiergeld - falls der Betreuer nicht Vater, Mutter, Ehegatte oder Abkömmling des Betreuten ist. Das Betreuungsgericht sollte frühzeitig vor der Fälligkeit informiert werden. Von nicht gesperrten Girokonten kann der Betreuer grundsätzlich Beträge ohne gerichtliche Genehmigung abheben, wenn der Kontostand nicht mehr als 3.000 EUR beträgt. Ist der Betreuer ein Elternteil, der Ehegatte oder ein Abkömmling des Betreuten, braucht er auch bei höheren Kontobeträgen keine Genehmigung einzuholen, soweit das Betreuungsgericht nichts anderes angeordnet hat.

     

    Bei Grundstücksgeschäften, etwa bei dem Kauf oder Verkauf, bei einer Grundschuld- oder Wohnrechtsbestellung, bestehen umfangreiche Genehmigungserfordernisse (§ 1821 BGB). Der Betreuer sollte sich in diesen Fällen stets rechtzeitig an das Betreuungsgericht wenden, damit mögliche Problembereiche frühzeitig ausgeräumt werden können. Weitere genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte sind z.B.
    • Verfügung über das Vermögen im Ganzen,
    • erbrechtliche Angelegenheiten,
    • gewisse Maßnahmen über einen gewerblichen Betrieb,
    • Kreditaufnahme,
    • Übernahme fremder Verbindlichkeiten,
    • Mietverträge für eine Dauer von mehr als vier Jahren,
    • Erteilung von Prokuren,
    • Lebensversicherungsverträge.

     

    Wird ein Geschäft ohne die erforderliche Genehmigung geschlossen, ist es schwebend unwirksam, bis die Genehmigung erteilt wird. Wird die Genehmigung vom Gericht endgültig versagt, ist das Rechtsgeschäft unwirksam.

     

    40.Was kostet eine Betreuung und wer zahlt?
    An Kosten für die Betreuung fallen an: Die Vergütung des Betreuers und die Gerichtskosten des Betreuungsverfahrens. Der Berufsbetreuer erhält immer eine Vergütung. Wenn der Betroffene vermögend ist, wird sie direkt aus dem Vermögen entnommen. Wenn der Betroffene mittellos ist, erhält der Berufsbetreuer eine Vergütung aus der Staatskasse.

     

    Pro Pauschal-Stunde erhält der Betreuer eine Vergütung, die abgestuft ist nach seiner beruflichen Qualifikation: ohne Ausbildung erhält er 27 EUR pro Stunde, mit einer abgeschlossenen Lehre erhält er 33,50 EUR und mit einer Hochschulausbildung 44 EUR pro Stunde (im Einzelnen § 5 VBVG). Der ehrenamtliche Betreuer erhält keine Vergütung. Für seine Aufwendungen kann er entweder Aufwendungsersatz gegen Einzelnachweis des Aufwandes oder eine Pauschale von 323 EUR pro Jahr erhalten.

     

    Kosten des Gerichts für die Führung der Betreuung werden nur erhoben, wenn das Vermögen - nach Abzug der Verbindlichkeiten - höher ist als 25.000 EUR. Als Jahresgebühr werden vom 25.000 EUR übersteigenden Vermögen 5 EUR für jede angefangenden 5.000 EUR erhoben, mindestens aber 10 EUR.
     

    In der kommenden Ausgabe (04/2011) wird die Darstellungsreihe „Strategien zum Schutz des Familienvermögens in besonderen Lebenssituationen“ mit der Darstellung der Regelungsinhalte von Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen fortgesetzt. Für die nachfolgenden Ausgaben sind Fragestellungen aus dem Bereich der vorweggenommenen Erbfolge und des Steuerrechts, auch unter Berücksichtigung von Unternehmensnachfolgen, vorgesehen.  

     

    Quelle: Ausgabe 03 / 2011 | Seite 81 | ID 142927

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