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  • · Fachbeitrag · Erbschein

    Die Demenz-Strategie im Erbscheinsverfahren

    von RA Holger Siebert, FA Erbrecht und Steuerrecht, Alsfeld

    | Wird ein gesetzlicher Erbe kraft Testaments von der Erbfolge ausgeschlossen, liegt es aus seiner Sicht nahe, die Wirksamkeit des Testaments infrage zu stellen. Sind die formalen Voraussetzungen für das Testament (§§ 2231 ff. BGB) erfüllt, kann er nur die Testierfähigkeit des Erblassers im Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung anzweifeln. Im Hinblick auf die zunehmend hohe Altersstruktur der Erblasser drängt es sich mitunter auf, im Erbscheinsverfahren eine etwaige Demenzerkrankung als Argument für eine etwaige Testierunfähigkeit anzuführen. | 

    1. Ausgangslage

    Demenz ist ein zunehmendes Problem, das das Erbrecht beeinflusst. Nach statistischen Erhebungen ist bereits jeder zehnte Sechzigjährige dement. Bei den über 90-jährigen soll es bereits jeder Dritte sein. Testiert also ein älterer Erblasser zum Nachteil seiner engsten Verwandten, wird dies gerne auf eine etwaige Demenz zurückgeführt. Ein solch abstrakter Sachvortrag im Erbscheinsverfahren reicht aber regelmäßig nicht aus, wenn er nur ins Blaue hinein erfolgt. Es müssen konkrete Umstände, aus denen sich die Testierunfähigkeit ergeben soll, dargelegt und durch Stellungnahmen der behandelnden Ärzte gestützt werden können.

    2. Tatsächliche Voraussetzungen der Testierunfähigkeit

    Testierfähigkeit ist als eine besondere Art der Geschäftsfähigkeit im Testamentsrecht ausgestaltet (OLG München NJW-RR 08, 164 = ZEV 08, 37 = ZErb 07, 458). Die Voraussetzungen der Testierfähigkeit decken sich nicht in allen Einzelheiten mit denen der Geschäftsfähigkeit, § 104 Nr. 2, § 105 Abs. 2 BGB. Wer voll geschäftsfähig ist, ist auch testierfähig. Das Gesetz regelt nur die Testierunfähigkeit, § 2229 Abs. 4 BGB. Testierunfähigkeit wegen geistiger Insuffizienz (krankhafter Störung der Geistestätigkeit, Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörung) stellt sich als Ausnahme von der bei einem Volljährigen (§ 2 BGB) oder einem Minderjährigen, der das 16. Lebensjahr vollendet hat (§ 2229 Abs. 1 BGB), regelmäßig gegebenen Testierfähigkeit dar (Bamberger/Roth/Litzenburger, BGB, 3. Aufl., § 2229 BGB Rn. 2).