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  • · Fachbeitrag · Betreuungsrecht

    Betreuervergütungsanspruch als Nachlassverbindlichkeit

    von RA Dr. Gudrun Möller, FA Familienrecht, Münster

    • a) Der Wert des Nachlasses i.S. des § 1836e Abs. 1 S. 2 HS. 1 BGB ist durch Abzug der Nachlassverbindlichkeiten von dem Aktivvermögen zu ermitteln. Zu den zu berücksichtigenden Nachlassverbindlichkeiten gehören dabei vor allem diejenigen Verpflichtungen, die vom Erblasser herrühren oder die im Zeitpunkt des Erbfalls bereits dem Grunde nach angelegt waren und wegen ihrer Zwangsläufigkeit für den Erben Vorrang beanspruchen können.
    • b) Demgegenüber mindern gleich- oder gar nachrangige Nachlassverbindlichkeiten den Nachlasswert nicht. Die aus einer Vermächtnisanordnung folgende Verpflichtung ist gegenüber dem staatlichen Regressanspruch nachrangig und daher ohne Einfluss auf den Nachlasswert.
    • c) Die Berücksichtigung von im Nachlass befindlichen Vermögensgegenständen bei der Inanspruchnahme der Erben setzt voraus, dass die Gegenstände verwertbar sind. Verwertung bedeutet jede Art der finanziellen Nutzbarmachung. Eine Immobilie kann daher grundsätzlich nicht nur veräußert, sondern auch beliehen werden, um mit dem Darlehen die Vergütungsforderung zu tilgen.
    • d) Eine besondere Härte i.S. des § 102 Abs. 3 S. 3 SGB XII ist nur bei außergewöhnlich gelagerten Sachverhalten anzunehmen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als unbillig erscheinen lassen, den Erben für den Kostenersatz in Anspruch zu nehmen. Sie muss besonders gewichtig sein, also objektiv besonders schwer wiegen, und sich in der Person des Erben realisieren.
     

    Sachverhalt

    Für den Betroffenen (B) bestand eine Betreuung. Aus der Staatskasse wurde eine Betreuervergütung bezahlt. Der B verstarb und wurde aufgrund Testaments von seinen Kindern, den Beteiligten zu 3 und zu 4 (Erben), jeweils zur Hälfte beerbt. Der B hatte für seine Lebensgefährtin (L) als Vermächtnis ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungsrecht an Räumen im Haus angeordnet. Der Nachlass besteht neben landwirtschaftlichen Grundstücken und geringen Kontenguthaben im Wesentlichen aus dem Hausgrundstück. Dem stehen Darlehensverbindlichkeiten sowie Bestattungskosten etc. gegenüber. Die Erben haben gegen die Rückerstattungsforderung eingewandt, das Wohnungsrecht für die L stehe einer Verwertung des Hausgrundstücks entgegen. Es fehle daher an einem ausreichenden Nachlasswert zur Rückzahlung der Betreuervergütung. Das AG hat gegen die Erben eine Rückzahlungsanordnung erlassen. Das LG hat deren Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wenden sie sich erfolglos gegen die Zahlungspflicht.

     

     

    Entscheidungsgründe

    Befriedigt die Staatskasse den Betreuer, gehen dessen Vergütungsansprüche gegen den Betroffenen auf sie über, § 1908i Abs. 1 S. 1, § 1836e Abs. 1 S. 1 BGB. Dies gilt auch beim Betroffenen, der mittellos i.S. des § 1836d BGB ist. Denn auch ihm gegenüber hat ein Berufsbetreuer Vergütungsansprüche. Der Betreuer kann in diesem Fall gem. § 1 Abs. 2 S. 2 Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) die Vergütung von der Staatskasse verlangen (BGH MDR 12, 431). Bei der zum Todeszeitpunkt des B noch bestehenden Vergütungsforderung handelt es sich um eine Nachlassverbindlichkeit, § 1967 BGB (Staudinger/Bienwald, BGB [2014], § 1836e Rn. 20). Dafür haften seine Erben nur mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Nachlasses, § 1908 Abs. 1 S. 1, § 1836e Abs. 1 S. 2 HS. 1 BGB. Gem. § 1836e Abs. 1 S. 2 HS. 2 BGB ist § 1836c BGB auf die Erben nicht anwendbar. § 102 Abs. 3 und 4 SGB XII gilt entsprechend. Diese Vorschriften, die im nach § 292 Abs. 1, § 168 FamFG durchzuführenden Festsetzungsverfahren zu beachten sind, sollen Haftungsbegrenzungsverfahren nach §§ 1945 ff., 1975 ff. BGB vermeiden (BayObLG FamRZ 05, 1590).