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  • 13.12.2012 · IWW-Abrufnummer 123798

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 16.10.2012 – 3 K 251/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Az. 3 K 251/12
    rechtskräftig
    Tatbestand
    Die Beteiligten streiten darüber, ob eine niedrig bemessene Geschäftsführervergütung des Komplementärs eine Schenkung an die anderen Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft darstellt.
    Die Klägerin ist mit einer Beteiligung von 14,29% eine von drei Kommanditisten der K. KG (im Folgenden: KG). Der Sohn der Klägerin ist neben einer GmbH als weiterer Komplementär mit 71,43% an der KG beteiligt.
    In dem Gesellschaftsvertrag der KG ist in § 9 Abs. 1 und 2 bestimmt, dass der Komplementär „Anspruch auf eine angemessene Vergütung“ hat, deren „Festsetzung im Einzelnen“ durch Beschluss der Gesellschafter erfolgen soll. Für die Gewinn- und Verlustbeteiligung bestimmt § 12 des Gesellschaftsvertrages, dass im Verhältnis der Gesellschafter untereinander „als verteilungsfähiger Gewinn oder Verlust derjenige Gewinn oder Verlust anzusehen [ist], der sich nach Berücksichtigung [... der] Tätigkeitsvergütung des Komplementärs [...] für die Geschäftsführung“ ergibt“.
    Durch Gesellschafterbeschluss aus dem August 1981 wurde mit Wirkung ab dem 1. Januar 1982 eine Tätigkeitsvergütung für den Sohn der Klägerin in Höhe von 60.000 DM (30.677,52 €) pro Jahr beschlossen, die jedenfalls bis zum Jahr 2002 unverändert blieb.
    Im Jahr 1991 gründete die KG zusammen mit einer amerikanischen Gesellschaft die E. GmbH als Gemeinschaftsunternehmen („joint venture“) (im Folgenden: GmbH). Die KG übernahm die Geschäftsführung der GmbH, die amerikanische Gesellschaft stellte dieser eine Lizenz zur Verfügung. Für die Überlassung der Lizenz wie auch für die Geschäftsführung wurde zunächst eine variable Vergütung von 15 % des Umsatzes und ab dem Geschäftsjahr 2001/2002 eine feste Vergütung in Höhe von jährlich 1.7000.000 DM (ca. 870.000 €) vereinbart.
    Im Rahmen einer Außenprüfung bei der KG für die Jahre 1998 bis 2002 erstellte der Prüfer des Finanzamts für Großbetriebsprüfung eine Kontrollmitteilung, wonach der Sohn der Klägerin für seine Geschäftsführertätigkeit in der KG ein unangemessen niedriges Geschäftsführergehalt bezogen habe. Nach den innerbetrieblichen Kalkulationsunterlagen der GmbH entfalle von der an die Gesellschafter gezahlten Vergütung ein Betrag von 313.000 DM auf die Geschäftsführung durch die KG. Da der Sohn der Klägerin - nach eigenen Angaben - zu 80 % für die GmbH und zu 20 % für die KG tätig sei, ergebe sich für die gesamte Geschäftsführungstätigkeit des Sohnes der Klägerin ein angemessenes Gehalt von ca. 391.000 DM (313.000 € / 80 * 100). Da jedoch nur 60.000 DM an ihn gezahlt worden seien, bestehe ein erhebliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Die Differenz in Höhe von (391.000 DM ./. 60.000 DM =) 331.000 DM sei deshalb als Gehaltsverzicht zu qualifizieren und der Schenkungsteuer zu unterwerfen. Auf die Klägerin entfalle – im Hinblick auf deren Beteiligung an der KG in Höhe von 14,29 % - ein jährlicher Anteil von (331.000 DM x 1.429/10.000 =) 47.300 DM.
    Mit Bescheid vom 28. Februar 2008 legte der Beklagte aufgrund dessen auf den 31. Dezember 1993 einen Betrag in Höhe von 47.300 DM der Schenkungsteuer zugrunde.
    Nach erfolglosem Vorverfahren hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben.
    Sie ist der Auffassung, eine Schenkung liege nicht vor, da eine solche einen Vermögenstransfer zwischen Schenker und Beschenktem erfordere. Die Erbringung von Arbeits- oder Dienstleistungen ohne Entgelt führe nicht zu einer solchen entreichernden Vermögenshingabe. Der Sohn der Klägerin habe darüber hinaus als Komplementär keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung gehabt und könne entsprechend nicht auf eine solche verzichten. Das Unterlassen der Durchsetzung einer höheren Vergütung führe jedoch ebenfalls nicht zu einem Vermögenstransfer und damit nicht zu einer schenkungssteuer-baren Leistung.
    Die Klägerin beantragt,
    den Steuerbescheid vom 28. Februar 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. März 2012 ersatzlos aufzuheben.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Er verweist auf ein Urteil des Bundesfinanzhof (vom 10. September 1986 – II R 81/84, BStBl. II 1987, 80). Danach liege eine Schenkung vor, wenn bei einem Vertrag Leistung und Gegenleistung in einem offensichtlichen Missverhältnis stünden und der Sachverhalt Anhaltspunkte dafür enthielte, dass den Vertragschließenden dieses Missverhältnis bekannt gewesen ist. Dies sei im Streitfall gegeben, da der Komplementär der KG auf ein angemessenes Gehalt „verzichtet“ habe.
    Der Verzicht auf eine Vergütung für eine Sonderleistung eines Personengesellschafters erhöhe – mangels entsprechendem Abzug einer Betriebsausgabe – den Gewinn der Gesellschaft mit der Folge, dass die übrigen Gesellschafter zu Lasten des auf eine Vergütung verzichtenden Gesellschafters einen höheren Gewinnanteil erhielten.
    Entscheidungsgründe
    I. Die zulässige Klage ist begründet. Die mit (lediglich) 60.000 DM vergütete Geschäftsführertätigkeit des Komplementärs einer Kommanditgesellschaft führt nicht zu einer freigiebigen Zuwendung an die Klägerin, die als Kommanditistin an dieser Kommanditgesellschaft beteiligt ist.
    1. Als Schenkung unter Lebenden gilt nach § 7 Abs. 1 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaft- und Schenkungssteuergesetzes (im Folgenden: ErbStG) jede freigiebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
    Eine freigebige Zuwendung in diesem Sinne setzt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (im Folgenden: BFH) in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einem Vermögensvorteil des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist (vgl. BFH-Urteile vom 2. März 1994 - II R 59/92, BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366; vom 7. Oktober 1998 - II R 30/97, BFH/NV 1999, 618; vom 25. Januar 2001 - II R 39/98, BFH/NV 2001, 908). Im Falle der so genannten gemischten Schenkung ist der objektive Tatbestand einer freigebigen Zuwendung erfüllt, wenn einer höherwertigen Leistung eine Gegenleistung von geringerem Wert gegenübersteht und die höherwertige Leistung neben Elementen der Freigebigkeit auch Elemente eines Austauschvertrages enthält, ohne dass sich die höherwertige Leistung in zwei selbständige Leistungen aufteilen lässt (vgl. BFH-Urteile vom 14. Juli 1982 - II R 125/79, BFHE 136, 303, BStBl II 1982, 714; vom 21. Oktober 1981 - II R 176/78, BFHE 134, 357, BStBl II 1982, 83; vom 29. Oktober 1997 - II R 60/94, BFHE 183, 253, BStBl II 1997, 832). Über eine – teilweise - Unentgeltlichkeit und die Frage einer Bereicherung ist dabei nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 17. Oktober 2001 - II R 60/99, BFHE 197, 260, BStBl II 2002, 165).
    2. Im Streitfall fehlt es bereits an einer (teilweisen) Unentgeltlichkeit der Leistung des Komplementärs an die anderen Gesellschafter der Kommanditgesellschaft.
    Die Geschäftsführertätigkeit des Komplementärs ist bei der Kommanditgesellschaft Ausfluss der Gesellschafterstellung und damit keine entgeltliche Dienstleistung i.S.d. § 611 ff. BGB. Nach den §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, § 713 BGB finden die Bestimmungen des (unentgeltlichen) Auftrags Anwendung. Der Geschäftsführer einer Personengesellschaft findet neben der Verzinsung seines Kapitals und dem Entgelt für das unternommene Risiko auch den ‚Lohn‘ für seine Arbeit in erster Linie in seiner Gewinnbeteiligung. Ein Vergütungsanspruch für den geschäftsführenden Gesellschafter besteht daher grds. nur dann, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vereinbart oder durch Beschluss der Gesellschafter bestimmt worden ist (Wirth in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 2, § 10 Rz. 1; Rawert in Münchener Kommentar, Handelsgesetzbuch, § 114 HGB RdNr. 77 f.). Auch wo der Gesellschafter gesellschaftsvertraglich eine vom Gewinn unabhängige Tätigkeitsvergütung erhält, bedeutet das jedoch nicht, dass diese Vergütung in einem angemessenen Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten oder dem Gehalt eines leitenden Angestellten stehen und deshalb bei Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse neu festgesetzt werden müsste (BGH, Urteil vom 10. Juni 1965 – II ZR 6/63, BGHZ 44, 40).
    Da die Geschäftsführungstätigkeit eines Komplementärs somit durch seine Gewinnbeteiligung abgegolten ist und darüber hinaus kein weitergehender Anspruch auf eine „fremdübliche“ Vergütung besteht, bleibt – auch im Streitfall – kein Platz für eine vermeintliche Unangemessenheit der über die Gewinnbeteiligung hinausgehenden Geschäftsführervergütung. Da die KG im Streitfall für ihre Tätigkeit bei der GmbH eine – unstreitig angemessene – Vergütung erhält, die über den hierdurch erhöhten Gewinn den Gesellschaftern der KG zukommt, umfasst die durch die Gesellschafterstellung gebotene und durch den Gewinnanteil abgegoltene Geschäftsführertätigkeit des Sohnes der Klägerin nicht nur die Tätigkeit als Geschäftsführer der KG selbst, sondern auch die Erfüllung der (vertraglichen) Verpflichtung der KG zur Geschäftsführung bei der GmbH.
    II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (im Folgenden: FGO).
    III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Entscheidung über die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren folgt aus § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

    RechtsgebieteBGB, ErbStG, HGBVorschriftenBGB § 713 ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1 HGB § 105 Abs. 3 HGB § 161 Abs. 3