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  • 28.11.2017 · IWW-Abrufnummer 197897

    Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 22.08.2017 – 8 U 39/17

    1. Ein Erbe hat im Falle eines Streits zwischen ihm und dem Testamentsvollstrecker etwa über die Gültigkeit, Auslegung oder Tragweite einer letztwilligen Verfügung regelmäßig ein Interesse an der alsbaldigen gerichtlichen Klärung der Streitfrage.

    2. Die Anordnung einer Auflage oder eines Vermächtnisses sind jeweils Beeinträchtigungen des Rechts des vertragsmäßig Bedachten im Sinne des § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB.


    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    Urt. v. 22.08.2017

    Az.: 8 U 39/17

    Tenor:

    Auf die Berufung des Klägers wird das am 30. Januar 2017 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.
    Es wird festgestellt, dass die auf Seite 2 unter Ziffer 1 der notariellen Urkunde des Notars B vom 4. Januar 2013, Nr. 4 der Urkundenrolle für 2013, verfügte Auflage eines Verkaufs- und Veräußerungsverbotes betreffend das Hausgrundstück Straße1, Stadt1-Stadtteil1, unwirksam ist.

    Es wird ferner festgestellt, dass das auf Seite 3 unter Ziffer 4 der notariellen Urkunde des Notars B vom 4. Januar 2013, Nr. 4 der Urkundenrolle für 2013, verfügte Vermächtnis in Höhe von € 20.000,00 zugunsten von Frau A, Straße2, Straße1, unwirksam ist.

    Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen hat der Beklagte zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gesamten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Gründe

    I.

    Der Beklagte ist Testamentsvollstrecker über den Nachlass der am ...2015 verstorbenen Mutter des Klägers. Die Eltern des Klägers schlossen am 30. Mai 1980 einen Erbvertrag, in dem sie sich gegenseitig zu Erben und den Kläger zum Schlusserben des längstlebenden Ehegatten einsetzten.

    In dem Erbvertrag behielten sie sich die Anordnung einer Testamentsvollstreckung vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Erbvertrages wird auf die als Anlage K 1 zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 10 ff. d. A.) Bezug genommen.

    Nach dem Tode des Vaters des Klägers errichtete die Mutter am 4. Januar 2013 ein notarielles Testament, in dem sie u. a. dem Kläger ein 10-jähriges Veräußerungsverbot für ein zum Nachlass gehörendes Erbbaurecht an einem Grundstück in Straße1-Stadtteil1 auferlegte. Zudem verfügte sie ein Vermächtnis in Höhe von € 20.000,00 zugunsten einer Frau B und bestimmte den Beklagten zum Testamentsvollstrecker. Für die weiteren Einzelheiten des notariellen Testaments vom 4. Januar 2013 wird auf die als Anlage K 2 zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 15 ff. d. A.) verwiesen.

    Mit einem weiterem notariellen Testament vom 6. August 2015 (BI. 25-27 d. A.) widerrief sie das Vermächtnis an Frau B. Wegen der weiteren Einzelheiten des notariellen Testaments vom 6. August 2015 wird auf die als Anlage K 6 zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 25 ff. d. A.) Bezug genommen.

    Dieses notarielle Testament vom 6. August 2015 wurde von Frau B gegenüber dem Nachlassgericht - dem Amtsgericht Straße1, Außenstelle Ort2 (Aktenzeichen 00) - mit der Begründung angefochten, dass die Erblasserin zu diesem Zeitpunkt nicht mehr testierfähig gewesen sei. Für die weiteren Einzelheiten der anwaltlichen Anfechtungserklärung vom 23. Oktober 2015 wird auf die als Anlage K 7 zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 28 ff. d. A.) verwiesen.

    Der Kläger möchte gegenüber dem Beklagten feststellen lassen, dass das Veräußerungsverbot und das Vermächtnis an Frau A unwirksam sind.

    Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

    1.
    festzustellen, dass die auf Seite 2 unter Ziffer 1 der notariellen Urkunde des Notars B vom 4. Januar 2013 - Nr. 4 der Urkundenrolle für 2013 - verfügte Auflage eines Verkaufs- und Veräußerungsverbots betreffend das Hausgrundstück Straße1, Straße1-Stadtteil1, unwirksam ist;

    2.
    festzustellen, dass das auf Seite 3 unter Ziffer 4 der notariellen Urkunde des Notars B vom 4. Januar 2013 - Nr. 4 der Urkundenrolle für 2013 - verfügte Vermächtnis in Höhe von € 20.000,00 zu Gunsten von Frau A, Straße2, Straße1, unwirksam ist.

    Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er ist der Auffassung, er müsse den Willen der Erblasserin zur Ausführung bringen.

    Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird ergänzend Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

    Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 30. Januar 2017 abgewiesen.

    Zur Begründung hat das Landgericht u. a. ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig, da das erforderliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines Rechtsverhältnisses hier nicht vorliege.

    Zwar stehe der Zulässigkeit der Feststellungsklage bezüglich des Klageantrages zu 1 nicht allein der Umstand entgegen, dass der Kläger das Hausgrundstück bzw. das hieran bestehende Erbbaurecht ohnehin nicht selbst verkaufen könne, da dies allein Sache des Beklagten sei (§ 2211 BGB). Denn grundsätzlich könnten auch Meinungsverschiedenheiten zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker über den Umfang der diesem übertragenen Aufgaben im Wege der Feststellungsklage ausgetragen werden. Jedoch sei in solchen Fällen das Feststellungsinteresse des Erben besonders vorsichtig zu prüfen, damit nicht die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers lahmgelegt werde. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Testamentsvollstrecker zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses verpflichtet sei und Verstöße gegen diese Pflicht ggf. in einem Verfahren auf Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen pflichtwidriger Amtsführung vom Nachlassgericht zu prüfen seien, das alleine zur Überwachung der Tätigkeit des Testamentsvollstreckers berufen sei.

    Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze begründe die hier streitige Rechtsfrage, ob das von der Mutter des Klägers verfügte Veräußerungsverbot gegen die Bindungswirkung des Erbvertrages verstoße, kein Feststellungsinteresse, weil sich diese Frage derzeit nicht konkret stelle. Der Kläger habe nicht behauptet, dass derzeit dringende wirtschaftliche Gründe die Veräußerung des Erbbaurechts geböten oder besonders günstige Verkaufsgelegenheiten bestünden, aus denen sich eine Pflicht des Beklagten, diese Veräußerung zu veranlassen, ergeben würden. Allein der Umstand, dass das von ihm selbst bewohnte Haus sanierungsbedürftig sei, genüge hierfür nicht, weil der Kläger nicht aufzeige, dass eine Sanierung wirtschaftlich nicht möglich sei.

    Abgesehen davon sei eine solche Feststellungsklage auch unbegründet, weil die Bindungswirkung des Erbvertrages durch das von der Mutter des Klägers verfügte Veräußerungsverbot nicht tangiert werde, sondern vielmehr hierdurch das auch vom Vater des Klägers hinterlassene Erbe in seinem Bestand erhalten bleibe.

    Bezüglich des Klageantrages zu 2 sei das Feststellungsinteresse ebenfalls zu verneinen, weil die Feststellung der möglichen Unwirksamkeit des testamentarischen Vermächtnisses an Frau A gegenüber dem Beklagten in Ermangelung einer Rechtskrafterstreckung auf die mögliche Vermächtnisnehmerin "keine Rechtswirkungen herbeiführen" könne. Vielmehr müsse der Kläger diese Feststellung gegenüber der Vermächtnisnehmerin treffen lassen, was ihm ohne weiteres möglich sei, da Passivprozesse gegen den Nachlass auch gegen den Erben gerichtet werden könnten. Einen solchen Passivprozess stelle auch die negative Feststellungsklage gegen einen Dritten dar, der sich Ansprüche gegenüber dem Nachlass berühme. Nur in einem solchen Prozess, an dem ggf. auch der Beklagte beteiligt werden könne, lasse sich die Frage der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des Vermächtnisses abschließend klären, weshalb gegenüber dem Beklagten hierfür kein Feststellungsinteresse bestehe.

    Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das angegriffene Urteil (Bl. 70 ff. d. A.) Bezug genommen.

    Gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 6. Februar 2017 (Bl. 76 d. A.) zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem hier am 22. Februar 2017 eingegangenen Schriftsatz vom 16. Februar 2017 Berufung eingelegt (Bl. 78 f. d. A.). Er hat diese sodann mit Anwaltsschriftsatz vom 5. April 2017 begründet, der hier noch am selben Tage eingegangen ist (Bl. 83 ff. d. A.).

    Mit der Berufung rügt der Kläger u. a., das Landgericht habe verkannt, dass die Berechtigung, die Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen pflichtwidriger Amtsführung vom Nachlassgericht gemäß § 2227 BGB zu veranlassen, das Erheben einer Feststellungsklage zur Klärung von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker nicht ausschließe.

    Während der Erbe nach § 2227 BGB die Möglichkeit habe, im Falle einer groben Pflichtverletzung die Entlassung des Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht zu erreichen, diene die zivilprozessuale Feststellungsklage den Erben bei Meinungsverschiedenheit mit dem Testamentsvollstrecker der Klärung von Rechtsfragen. Zuständig hierfür sei das Prozessgericht.

    Im Übrigen überspanne das Landgericht die rechtlichen Voraussetzungen des Feststellungsinteresses erheblich. Das Feststellungsinteresse setze entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht die Darlegung dringender wirtschaftlicher Gründe, welche die Veräußerung des Erbbaurechts geböten oder eine befristete, besonders günstige Verkaufsgelegenheit voraus. Ausreichend sei bereits die Darlegung der Sanierungsbedürftigkeit, die im Falle des Verbots eines Verkaufs über einen Zeitraum von zehn Jahren erhebliche Sanierungskosten zur Folge habe. Es sei ausreichend, dass der Kläger ersichtlich ein wirtschaftliches Interesse daran habe, nicht mit der - notwendigen - Sanierung des Wohnhauses belastet zu werden und daher befugt sei, "über das Erbbaurecht gegebenenfalls über den Testamentsvollstrecker zu verfügen".

    Die Einschätzung des Landgerichts, die Bindungswirkung des Erbvertrages werde durch das von der Mutter des Klägers verfügte Veräußerungsverbot nicht tangiert, weil dadurch das vom Vater des Klägers hinterlassene Erbe in seinem Bestand erhalten bleibe, verkenne die Reichweite der Bindungswirkung des Erbvertrages vom 30. Mai 1980.

    Entgegen der Auffassung des Landgerichts werde die Handlungsfreiheit des Klägers bereits durch die Anordnung eines Verkaufs- und Veräußerungsverbots beeinträchtigt. Durch die ergänzende letztwillige Verfügung vom 4. Januar 2013 werde der Kläger in seiner Freiheit, über das Erbbaurecht nach seinem freien Ermessen zu verfügen, ganz erheblich beeinträchtigt, da es ihm untersagt werde, dieses über einen Zeitraum von zehn Jahren zu veräußern. Zur Auferlegung eines derartigen Verbots sei die Erblasserin aufgrund der Bindungswirkung des Erbvertrages vom 30. Mai 1980 nicht berechtigt gewesen. Ihr sei es lediglich gestattet gewesen, Testamentsvollstreckung anzuordnen. Dieses Recht gestatte es der Erblasserin indessen nicht, das Erbbaurecht an der Immobilie Straße1 mit einem Veräußerungsverbot zu belasten.

    In Bezug auf den Klageantrag zu 2 habe das Landgericht verkannt, dass ein gegen die Vermächtnisnehmerin gerichtetes Feststellungsurteil keine Bindungswirkung gegenüber dem beklagten Testamentsvollstrecker hätte. Der Testamentsvollstrecker hätte daher - so der Kläger weiter - die Befugnis, das Vermächtnis zu erfüllen, auch wenn das Zivilgericht die Unwirksamkeit dieses Vermächtnisses festgestellt hätte. Daher müsse sich der Feststellungsantrag zu Ziffer 2 gegen den Beklagten als Testamentsvollstrecker richten. Er alleine sei passivlegitimiert, da er befugt sei, das Vermächtnis zu erfüllen und dieses beabsichtige, sollte sich die Unwirksamkeit des Vermächtniswiderrufs bestätigen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 5. April 2017 Bezug genommen (Bl. 83 ff. d. A.).
    Der Kläger beantragt,

    1.
    unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass die auf Seite 2 unter Ziffer 1 der notariellen Urkunde des Notars B vom 4. Januar 2013 - Nr. 4 der Urkundenrolle für 2013 - verfügte Auflage eines Verkaufs- und Veräußerungsverbots betreffend das Hausgrundstück Straße1, Stadt1-Stadtteil1, unwirksam ist, und

    2.
    unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass das auf Seite 3 unter Ziffer 4 der notariellen Urkunde des Notars B vom 4. Januar 2013 - Nr. 4 der Urkundenrolle für 2013 - verfügte Vermächtnis in Höhe von € 20.000,00 zu Gunsten von Frau A, Straße2, Stadt1, unwirksam ist.

    Der Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Er verteidigt das angegriffene Urteil. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 13. Juni 2017 Bezug genommen (Bl. 98 ff. d. A.).

    II.

    1. Die Berufung des Klägers ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

    2. Die Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg.

    a. Die Klage ist zulässig.

    aa. Für den von dem Kläger gestellten Feststellungsantrag zu 1 fehlt insbesondere nicht das Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO.
    Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann u. a. auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist dabei gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das Urteil auf die Feststellungsklage geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. BGH, Urteil vom 09.06.1983 - III ZR 74/82, NJW 1984, 1118; Urteil vom 07.05.2013 - IX ZR 151/12, NZI 2013, 906, 907).

    Nach diesem Maßstab hat ein Erbe im Falle eines Streits zwischen ihm und dem Testamentsvollstrecker etwa über die Gültigkeit, Auslegung oder Tragweite einer letztwilligen Verfügung regelmäßig ein Interesse an der alsbaldigen gerichtlichen Klärung der Streitfrage (in diesem Sinne - wenngleich mit unterschiedlichen Akzentuierungen - Schiemann, in: Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, 11. Aufl. 2016, Rdnr. 3; Storz, ZEV 2009, 265, 268; Reimann, in: Staudinger, BGB, 2016, § 2203, Rdnr. 36; M. Schmidt, in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 2203 BGB, Rdnr. 4; Zimmermann, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 2203, Rdnr. 7). So liegt es hier in Bezug auf den Klageantrag zu 1, da die Parteien unterschiedliche Ansichten zu der Frage der Wirksamkeit der in der notariellen Urkunde des Notars B vom 4. Januar 2013, Nr. 4 der Urkundenrolle für 2013, verfügten Auflage eines Verkaufs- und Veräußerungsverbotes vertreten.

    Soweit in der Literatur zum Teil vertreten wird, dass das Feststellungsinteresse dann fehle, wenn der Erbe lediglich darauf abziele, den Testamentsvollstrecker "lahmzulegen" (in diesem Sinne etwa Reimann, in: Staudinger, BGB, 2016, § 2203, Rdnr. 36; Kroiß, in: ders./Ann/Mayer, Nomos-Kommentar zum BGB, Band 5, 4. Aufl. 2014, § 2203, Rdnr. 11; Zimmermann, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 2203, Rdnr. 7, der jedoch zugleich betont, dass dieser Fall "kaum beweisbar ist"), ist für das Vorliegen eines solches Fall hier weder etwas vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Im Gegenteil: Der Kläger kann an der derartigen Lahmlegung des Testamentsvollstreckers überhaupt kein Interesse haben, da er hier auf eine Zusammenarbeit mit dem Beklagten angewiesen ist, wenn ihm daran gelegen ist, das Erbbaurecht an dem Grundstück zu veräußern.

    bb. Auch in Bezug auf den Feststellungsantrag zu 2 ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben.

    Der Beklagte hat sowohl in dem außergerichtlichen Schriftverkehr mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers als auch im hiesigen Verfahren keine klare Position zu der Frage bezogen, ob er das auf Seite 3 unter Ziffer 4 der notariellen Urkunde des Notars B vom 4. Januar 2013 - Nr. 4 der Urkundenrolle für 2013 - zu Gunsten von Frau A verfügte Vermächtnis in Höhe von € 20.000,00 als wirksam erachtet oder nicht (vgl. etwa S. 2 des Schriftsatzes vom 20. Januar 2016, Anlage K 8, Bl. 32 d. A.). Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Einzelrichter hat er sich - vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten - zu dieser Frage nicht festlegen wollen.

    Vor diesem Hintergrund besteht ein legitimes Interesse des Klägers an einer Klärung dieser Rechtsfrage im Verhältnis zum Beklagten. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte wohl lediglich unter bestimmten Voraussetzungen (Entscheidung des Amtsgerichts Stadt1, Außenstelle Ort2, zu Gunsten von Frau A) eine Erfüllung des Vermächtnisses beabsichtigt. § 256 ZPO ermöglicht nämlich auch die Feststellung eines betagten oder bedingten Rechtsverhältnisses (vgl. etwa BGH, Urteil vom 10.10.1991 - IX ZR 38/91, NJW 1992, 436, 437; Urteil vom 16.05.2017 - XI ZR 586/15, NJW 2017, 2340, 2341). Daher ist auch die Frage der (Un-)Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer entsprechenden Bedingung insoweit ohne Bedeutung.

    Dem Feststellungsinteresse steht auch nicht entgegen, dass die Rechtskraftwirkung eines Urteils zwischen den Parteien sich nicht auch auf die mögliche Vermächtnisnehmerin, Frau A, erstreckt. Auch wenn das in einem Rechtsstreit wie dem vorliegenden ergehende Urteil nur den Erben und den Testamentsvollstrecker, nicht aber die mögliche Vermächtnisnehmerin gegenüber dem Erben bindet, ist aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit ein Feststellungsinteresse des klagenden Erben zu bejahen (vgl. für ähnliche Fallkonstellationen BGH, Urteil vom 16.06.1993 - VIII ZR 222/92, NJW 1993, 2539, 2540; Urteil vom 22.04.2004 - III ZR 204/03, NJW-RR 2004, 1282).

    b. Die Klage ist auch begründet.

    aa. Die auf Seite 2 unter Ziffer 1 der notariellen Urkunde des Notars B vom 4. Januar 2013, Nr. 4 der Urkundenrolle für 2013, verfügte Auflage eines Verkaufs- und Veräußerungsverbotes betreffend das Hausgrundstück Straße1, Stadt1-Stadtteil1, ist unwirksam, da sie das Recht des Klägers als den vertragsmäßig Bedachten im Sinne des § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB beeinträchtigt.

    Nach § 2289 Abs. 1 Satz 1 BGB wird durch den Erbvertrag eine frühere letztwillige Verfügung des Erblassers aufgehoben, soweit sie das Recht des vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigen würde. In dem gleichen Umfang ist gemäß § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB eine spätere Verfügung von Todes wegen unwirksam, unbeschadet der Vorschrift des § 2297 BGB.

    Aus der Natur des Erbvertrags als einer "wirklich vertraglichen letztwilligen Verfügung" (vgl. etwa BGH, Urteil vom 08.01.1958 - IV ZR 219/57, BGHZ 26, 204, 207; Urteil vom 06.04.2011 - IV ZR 232/09, NJW 2011, 1733, 1734; Musielak, in: Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl. 2017, § 2289, Rdnr. 2) ergibt sich, dass Vertragserblasser in ihrer Testierfreiheit nur so weit beschränkt sind, als sie sich durch den Vertrag gegenüber den Vertragserben als Vertragspartner gebunden haben. Der Bindungsumfang ist gegebenenfalls im Auslegungsweg zu ermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 06.04.2011 - IV ZR 232/09, NJW 2011, 1733, 1734 f.).

    Dem Vertragserblasser sind solche späteren testamentarischen Verfügungen untersagt, die den Vertragserben in seiner im Erbvertrag nach Inhalt und Umfang von den Parteien des Erbvertrages formulierten Rechtsstellung beeinträchtigen. Auf bloß wirtschaftliche Aspekte darf dabei nicht abgestellt werden, da dies mit dem Wesen des Erbvertrags unvereinbar wäre (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.1958 - IV ZR 219/57, BGHZ 26, 204, 214; Urteil vom 06.04.2011 - IV ZR 232/09, NJW 2011, 1733, 1735 [BGH 06.04.2011 - IV ZR 232/09]). § 2289 Abs. 1 BGB will das Recht des vertraglichen Bedachten, nicht dessen wirtschaftlichen Erwerb schützen (vgl. BGH, Urteil vom 06.04.2011 - IV ZR 232/09, NJW 2011, 1733, 1735).

    Eine Beeinträchtigung des Rechts des vertragsmäßig Bedachten im Sinne des § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt dabei dann vor, wenn zum Zeitpunkt des Erbfalls die anderweitige letztwillige Verfügung die vertragsmäßige Zuwendung mindert, beschränkt, belastet oder gegenstandslos machen würde (vgl. etwa BGH, Urteil vom 06.04.2011 - IV ZR 232/09, NJW 2011, 1733, 1735; Muscheler, Erbrecht, Band I, 2010, § 33, Rdnr. 2226; Weidlich, MittBayNot 2011, 453, 454; zur Frage des relevanten Zeitpunktes s. noch G. Müller, in: Gsell u. a. (Hrsg.), beck-online.Grosskommentar, Stand: 01.07.2017, § 2289, Rdnr. 43).

    Eine so verstandene Beeinträchtigung liegt im Falle einer ein Verkaufs- und Veräußerungsverbot statuierenden Auflage unzweifelhaft vor (vgl. etwa Musielak, in: Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl. 2017, § 2289, Rdnr. 10; Litzenburger, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck (Hrsg.), Beck'scher Online-Kommentar BGB, 43. Edition, Stand: 15.06.2017, § 2289, Rdnr. 10a; Weidlich in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 2289, Rdnr. 5), da die rechtliche Handlungsfreiheit des vertragsmäßig Bedachten eingeschränkt wird. Der Erbvertrag vom 30. Mai 1980 enthielt auch keinen Änderungsvorbehalt, der dem längstlebenden Ehegatten eine derartige Auflage gestattet hätte.

    bb. Das auf Seite 3 unter Ziffer 4 der notariellen Urkunde des Notars B vom 4. Januar 2013, Nr. 4 der Urkundenrolle für 2013, verfügte Vermächtnis in Höhe von € 20.000,00 zugunsten von Frau A, Straße2, Stadt1, ist unwirksam, da sie das Recht des Klägers als den vertragsmäßig Bedachten im Sinne des § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB beeinträchtigt.

    Nach den oben skizzierten Maßstäben unterliegt es keinem Zweifel, dass ein Vermächtnis zugunsten einer oder eines Dritten eine Beeinträchtigung des Rechts des vertragsmäßig Bedachten darstellt (vgl. B. Hamdan/M. Hamdan, in: Herberger/Martinek/Rüßmann u. a. (Hrsg.), jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 2289 BGB, Rdnr. 17; Musielak, in: Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl. 2017, § 2289, Rdnr. 10; Weidlich in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 2289, Rdnr. 5). Der Erbvertrag vom 30. Mai 1980 enthielt auch keinen Änderungsvorbehalt, der dem längstlebenden Ehegatten ein derartiges Vermächtnis gestattet hätte.

    Auf die Wirksamkeit des notariellen Testaments vom 6. August 2015, mit dem die Erblasserin dieses Vermächtnis an Frau A widerrufen hatte, kommt es daher insoweit nicht an.

    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

    4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in den §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 ZPO.

    5. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO), liegen nicht vor.

    Der Sache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Sache eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.11.2008 - 1 BvR 2587/06, NJW 2009, 572, 573; Beschluss vom 27.05.2010 - 1 BvR 2643/07, FamRZ 2010, 1235, 1236; Beschluss vom 29.09.2010 - 1 BvR 2649/06, juris; BGH, Beschluss vom 04.07.2002 - V ZB 16/02, NJW 2002, 3029; Ball, in: Musielak/Voit (Hrsg.), Kommentar zur ZPO, 13. Aufl. 2016, § 543 ZPO, Rdnr. 5; Heßler, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 543, Rdnr. 11; Kessal-Wulf, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Stand: 01.09.2016, § 543, Rdnr. 19). Klärungsbedürftig sind dabei solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.2007 - 1 BvR 650/03, NJW-RR 2008, 26, 29; Beschluss vom 27.05.2010 - 1 BvR 2643/07, FamRZ 2010, 1235, 1236; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 03.09.2013 - 15 U 92/12, ZEV 2013, 674, 677; Heßler, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 543, Rdnr. 11).

    Nach diesen Maßstäben wirft die vorliegende Sache keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen auf. Es handelt sich vielmehr um eine von den tatsächlichen Besonderheiten des Sachverhalts geprägte Einzelfallentscheidung.

    Die Zulassung der Revision ist im vorliegenden Fall auch nicht zur "Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) erforderlich. Dieser Zulassungsgrund ist insbesondere dann gegeben, wenn das Berufungsgericht von einer Entscheidung eines höherrangigen Gerichts, namentlich des Bundesgerichtshofes, abweicht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt dann vor, wenn das Berufungsgericht ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, also einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit dem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten Rechtssatz nicht deckt (vgl. BGH, Beschluss vom 04.07.2002 - V ZR 75/02, NJW 2002, 2295; Beschluss vom 27.03.2003 - V ZR 291/02, NJW 2003, 1943, 1945; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 31.10.2013 - 15 U 127/13, juris; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl. 2013, § 543, Rdnr. 4b; Kessal-Wulf, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Stand: 01.09.2016, § 543, Rdnr. 26).

    Eine so verstandene Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes findet im vorliegenden Fall nicht statt.

    RechtsgebieteZPO, BGBVorschriftenZPO § 256 Abs. 1; BGB § 2289 Abs. 1 S. 2