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  • 07.05.2014 · IWW-Abrufnummer 141345

    Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 14.01.2014 – 3 U 1142/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Geschäftsnummer: 3 U 1142/13
    4 O 17/13 Koblenz
    Verkündet am 18. Februar 2014

    OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

    Urteil

    Im Namen des Volkes

    in dem Rechtsstreit

    Kläger und Berufungskläger,
    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
    g e g e n

    Beklagte und Berufungsbeklagte,
    - Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt …

    hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Grünewald, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert, und die Richterin am Oberlandesgericht Haberkamp
    auf die mündliche Verhandlung
    vom 14. Januar 2014
    für Recht erkannt:

    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz – Einzelrichter - vom 29. August 2013 wie folgt abgeändert:

    I. Die Beklagte wird verurteilt,

    1.

    gegenüber der ...[A] Bank Luxemburg zu erklären, dass das dort geführte Depot 41917340.000 aufgelöst, die dortigen Anlagen veräußert und der sich hieraus ergebende Erlös inkl. des Bestandes des gleichlautenden Referenzkontos an die Erben des Herrn ...[B], geboren am ...1912, verstorben am ...2010, konkret dem Kläger, der Beklagten und den Herren ...[C] und ...[D] zu je 1/4 ausgezahlt werde, mit der Maßgabe, dass bei evtl. Geldbeträgen der überschießende Centbetrag sowie ein weiterer Betrag i. H. v. 340,55 € an die Beklagte abgeführt werde;

    2.

    gegenüber der ...[E] Sparkasse die Zustimmung zu erteilen das dort bestehende Girokonto des Herrn ...[B], geboren am ...1912, verstorben am ...2010, Girokonto-Nr. 5…27 aufzulösen und den jeweils 1/4 Anteil an den Kläger, die Beklagte und die Herren ...[C] und ...[D] auszukehren, bei Rundungen einen überschießenden Centanteil zugunsten der Beklagten sowie die Bankverbindung im Übrigen zu kündigen und das Konto aufzulösen.

    II. Die Kosten des ersten Rechtszuges hat die Beklagte zu tragen, die des Berufungsverfahrens der Kläger.

    III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Gründe:

    I.

    Die Parteien sowie deren Brüder, die Herren ...[C] und ...[D], sind Miterben zu jeweils 1/4 Anteil nach dem am 09.12.2010 in … verstorbenen gemeinsamen Vater ...[B].

    Der Kläger begehrt die Auseinandersetzung des Nachlasses. Zum Nachlass gehören ein Depot bei der […A] Bank Luxemburg im Wert von 20.702,14 € (Stand 17.07.2012) sowie ein Girokonto bei der ...[E] Sparkasse im Wert von ca. 16.000,00 €. Der Miterbe ...[C] und die Beklagte hatten sich bereits vorprozessual wechselseitig auf Auskunft über Zuwendungen des Erblassers zu Lebzeiten in Anspruch genommen.

    Die Parteien haben über die Teilungsreife des Nachlasses gestritten. Die Beklagte hat eingewandt, ein Teilungsbedürfnis bestehe noch hinsichtlich der persönlichen Wert- und Hausratsgegenstände des Erblassers, insbesondere einer Münzsammlung. Teilungsreife bestehe auch deshalb nicht, weil die Auskunftsansprüche bisher nicht erfüllt seien.

    Der Kläger und die beiden Miterben haben im Laufe des Rechtsstreits beschlossen, die Münzsammlung auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen ...[F] (GA 64 f.) zum Preis von 1362,20 € zu veräußern. Der Kläger hat seine Klageanträge daraufhin in Höhe von 340,55 € (1/4 von 1362,20 €) zugunsten der Beklagten geändert.

    Er hat zuletzt beantragt,
    die Beklagte zu verurteilen,

    1.
    gegenüber der ...[A] Bank Luxemburg zu erklären, dass das dort geführte Depot 41917340.000 aufgelöst, die dortigen Anlagen veräußert und der sich hieraus ergebende Erlös inkl. des Bestandes des gleichlautenden Referenzkontos an die Erben des Herrn ...[B], geboren am 13.05.1912, verstorben am 09.12.2010, konkret dem Kläger, der Beklagten und den Herren ...[C] und ...[D] zu je 1/4 ausgezahlt werde, mit der Maßgabe, dass bei evtl. Geldbeträgen der überschießende Centbetrag sowie ein weiterer Betrag i. H. v. 340,55 € an die Beklagte abgeführt werde;

    2.
    gegenüber der ...[E] Sparkasse die Zustimmung zu erteilen das dort bestehende Girokonto des Herrn ...[B], geboren am ...1912, verstorben am ...2010, Girokonto-Nr. 5…27 aufzulösen und den jeweils 1/4 Anteil an den Kläger, die Beklagte und die Herren ...[C] und ...[D] auszukehren, bei Rundungen einen überschießenden Centanteil zugunsten der Beklagten sowie die Bankverbindung im Übrigen zu kündigen und das Konto aufzulösen.

    Die Beklagte hat beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht haben der Kläger und die Miterben ...[C] und ...[D] erklärt, dass sie auf mögliche Ausgleichsansprüche gegen die Beklagte vorläufig verzichten (GA 67 ff.). Zugleich haben sie der Beklagten die unentgeltliche Übereignung und Übergabe der persönlichen Wert- und Hausratsgegenstände angeboten.

    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf die konkret begehrte Auseinandersetzung des Nachlasses zu, da diese lediglich zu einer teilweisen Auseinandersetzung führe. Der durch den Kläger verfolgte Teilungsplan lasse Ausgleichsansprüche der übrigen Miterben gegenüber der Beklagten wegen zu Lebzeiten des Erblassers erfolgter geldwerter Zuwendungen unberücksichtigt. Anderes folge nicht aus den Erklärungen des Klägers und der Miterben, auf mögliche Ausgleichsansprüche gegen die Beklagte vorläufig zu verzichten. Damit sei kein endgültiger und unbedingter Verzichtswille verbunden. Es obliege dem Kläger auch hinsichtlich der für möglich gehaltenen Ausgleichsansprüche der übrigen Miterben gegenüber der Beklagten ein zustimmungsfähiges Auseinandersetzungskonzept zu unterbreiten. Hieran fehle es.

    Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.

    Im Laufe des Berufungsverfahrens haben der Kläger und die Miterben auf etwaige Ausgleichsansprüche untereinander und gegenüber der Beklagten verzichtet. Dar-über hinaus hat der Miterbe ...[C] der Beklagten Auskunft über die von ihm zu Lebzeiten des Erblassers erhaltenen Zuwendungen erteilt.

    Der Kläger beantragt nunmehr,
    wie erkannt.

    Die Beklagte beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen.

    II.

    Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

    1. Das Landgericht hat allerdings aufgrund des von ihm zu verhandelnden Prozessstoffes zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Auseinandersetzung des Nachlasses gemäß § 2042 BGB verneint. Denn die Klage war nicht schlüssig.

    Der Klageantrag muss grundsätzlich auf Zustimmung zu einem bestimmten Teilungsplan lauten, den der Kläger vorzulegen hat (Palandt-Weidlich, BGB, 73. Auflage 2014, § 2042 Rn. 21; Bamberger/Roth-Lohmann, BGB, 3 Auflage 2012, § 2042 Rn.7). Voraussetzung für einen Auseinandersetzungsanspruch ist das Vorliegen der Teilungsreife (KG, Urteil vom 10.1960 – 12 U 125/60 – NJW 1961, 733; OLG Karlsruhe, Urteil vom 29.11.1973 – 4 U 279/72 – NJW 1974, 956; Bamberger/Roth-Lohmann, ebd.; Soergel-Wolf, BGB, Erbrecht, 2001, § 2042 Rn. 20). Grundsätzlich kann jeder Miterbe jederzeit Auseinandersetzung des gesamten Nachlasses, nicht aber eine Teilauseinandersetzung verlangen (Staudinger/Werner, BGB, Neubearbeitung 2010, Rn. 37; Soergel-Wolf, aaO, § 2042 Rn. 18).

    Die vom Kläger begehrte Auseinandersetzung des Nachlasses war in erster Instanz lediglich auf eine teilweise Auseinandersetzung gerichtet, weil sie Ausgleichsansprüche der übrigen Miterben gegenüber der Beklagten wegen zu Lebzeiten des Erblassers erfolgter Zuwendungen aus §§ 2050 ff. BGB unberücksichtigt gelassen hat.

    Mit Recht hat das Landgericht angenommen, dass der in der mündlichen Verhandlung protokollierten Erklärung der Miterben nicht die Bedeutung eines Anspruchsverzichts entnommen werden konnte. Die Miterben ...[D] und ...[C] haben dort lediglich erklärt, auf mögliche Ausgleichsansprüche gegenüber der Beklagten aus §§ 2050 ff. BGB „vorläufig“ zu verzichten mit der Maßgabe, dass zunächst die Auseinandersetzung des Nachlasses, soweit möglich, erfolgen solle. Mit Recht hat die Beklagte eingewandt, dass dadurch lediglich ein möglicher Verzicht in den Raum gestellt worden sei, wenn der Nachlass im Übrigen einvernehmlich, etwa im Rahmen eines Vergleichs, auseinandergesetzt werde. Es kam aber weder zu einem Vergleich noch zu einer weiteren Erbauseinandersetzung. Zudem hat auch die Beklagte gegenüber dem Miterben ...[C] gemäß Schreiben des Rechtsanwalts ...[G] vom 20.06.2012 (Anlage A 2, GA 35) Auskunftsansprüche geltend gemacht (BE 2, GA 124), die in erster Instanz nicht erfüllt worden sind. Da die Miterben der Beklagten keine Auskünfte hinsichtlich möglicher Zuwendungen erteilt hatten, konnten Ausgleichsansprüche nach § 2050 BGB noch nicht abschließend geklärt werden.

    Das Landgericht hat auch zu Recht ausgeführt, dass die vom Kläger gewünschte Aufteilung auf eine einseitige und endgültig zu Lasten der Beklagten wirkende Erbauseinandersetzung hinausliefe, was zur Folge hätte, dass mögliche Ansprüche der Beklagten ausgeschlossen wären, die übrigen Miterben sich aber weiterhin etwaige Ausgleichsansprüche gegen die Beklagten vorbehielten.

    Aufgrund dieser Gegebenheiten hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen.

    2. Die Situation stellt sich im Berufungsverfahren aufgrund neuen Prozessstoffes jedoch anders dar. Aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Verzichtserklärungen und der Auskunftserteilung des Miterben ...[C] liegt nunmehr Teilungsreife vor.

    a) Die Beklagte kann nicht mehr damit gehört werden, dass sich weiterhin Hausratsgegenstände und persönliche Gegenstände im ungeteilten Nachlass befänden. Sie muss sich entgegenhalten lassen, dass ihr der Kläger und die Miterben in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht die unentgeltliche Übereignung und Übergabe der persönlichen Wert- und Hausratsgegenstände angeboten haben, sie diese jedoch nicht angenommen hat. Die Beklagte befindet sich damit gemäß § 293 BGB in Annahmeverzug und kann sich auf ein Teilungsbedürfnis nicht mehr berufen.

    b) Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 02.12.2013 (GA 126) eine Erklärung des Miterben ...[D] vorgelegt, wonach dieser keine Ausgleichsansprüche gegen die Miterben und die Beklagte geltend mache. Der Kläger hat außerdem mit Schriftsatz vom 03.12.2013 (GA 128 ff.) ein Schreiben der Rechtsanwälte …[H], die den Miterben ...[C] vertreten, vom 26.11.2013 eingereicht (GA 131). Darin wird bestätigt, dass der Miterbe auf Ausgleichsansprüche gegen die übrigen Miterben und die Beklagte verzichtet.

    c) Soweit die Beklagte gegenüber dem Miterben ...[C] Mauer gemäß Schreiben des Rechtsanwalts ...[G] vom 20.06.2012 (Anlage A 1, GA 35) Auskunft begehrt hat, ist diese zwischenzeitlich erfüllt worden. Mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 09.01.2014 (GA 153 ff.) ist eine als Eidesstattliche Versicherung bezeichnete Aufstellung des Miterben ...[C] hinsichtlich seiner Zahlungsempfänge vorgelegt worden. Der Miterbe hat damit die begehrte Auskunft erteilt.

    Aufgrund der somit eingetretenen Teilungsreife steht dem Kläger ein Anspruch auf die von ihm begehrte Auseinandersetzung des Nachlasses nach § 2042 BGB zu. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 14.01.2014 (GA 158 f.) und in dem nachgelassenen Schriftsatz (GA 163 f.) hiergegen auch keine Einwände mehr vorgebracht, sondern lediglich erbeten, dem Kläger die Kosten beider Instanzen aufzuerlegen.

    3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 2 ZPO. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 97 Abs. 2 ZPO zu tragen, weil er erst aufgrund des neuen Vorbringens und der erstmals im Berufungsverfahren abgegebenen Erklärungen obsiegt hat, obwohl er dazu bereits in erster Instanz imstande war. Die Kosten des ersten Rechtszuges hat die Beklagte als unterlegene Partei gemäß § 91 Abs.1 ZPO zu tragen. Ihrem Antrag, dem Kläger auch die Kosten der ersten Instanz aufzuerlegen, weil sie bei rechtzeitiger Darstellung des Sachverhalts den Klageanspruch vor den Hinweisen des Landgerichts und des Senats anerkannt hätte, konnte nicht entsprochen werden. § 97 Abs. 2 ZPO sieht ausdrücklich nur vor, dass in vorstehender Konstellation die Rechtsmittelkosten der obsiegenden Partei auferlegt werden, wenn sie aufgrund eines neuen Vorbringens im Berufungsverfahren obsiegt. Die Beklagte hätte dem allenfalls dadurch entgehen können, dass sie in der Berufungsinstanz nach Vorlage der entsprechenden Auskünfte durch den Kläger den geltend gemachten Anspruch gemäß § 93 ZPO sofort anerkannt hätte. Dazu war sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aber nicht bereit. Auch dem nachgelassen Schriftsatz ist ein sofortiges Anerkenntnis nicht zu entnehmen.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

    Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 ZPO.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.000,00 € festgesetzt (1/4 entsprechend der Erbquote des Klägers von 36.000 €).
    Grünewald Dr. Reinert Haberkamp