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  • · Fachbeitrag · Pflichtteilsergänzung

    BGH kippt die Theorie der Doppelberechtigung

    von RA Holger Siebert, FA Erbrecht und Steuerrecht, Alsfeld

    Der Pflichtteilsergänzungsanspruch - hier eines Abkömmlings - nach § 2325 Abs. 1 BGB setzt nicht voraus, dass die Pflichtteilsberechtigung bereits im Zeitpunkt der Schenkung bestand (BGH 23.5.12, IV ZR 250/11, Abruf-Nr. 121830; Abkehr von den Senatsurteilen vom 21.6.72, IV ZR 69/71, BGHZ 59, 210 und vom 25.6.97, IV ZR 233/96, ZEV 97, 373).

    Sachverhalt

    Die 1976 geborene Klägerin zu 1 sowie der 1978 geborene Kläger zu 2 machen gegen die Beklagte, ihre Großmutter, Pflichtteils- und -ergänzungsansprüche nach ihrem verstorbenen Großvater geltend. Die Großeltern lebten im Güterstand der Gütertrennung und hatten vier Kinder, unter anderem die 1984 vorverstorbene Mutter der Kläger. Im Jahr 2002 errichteten sie ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig zu „alleinigen und befreiten Vorerben“ sowie ihre noch lebenden Kinder zu „Nacherben des Erstversterbenden und Erben des Längstlebenden“ einsetzten. Der Erblasser hatte vor Geburt der Kläger Schenkungen an die Beklagte vorgenommen, deren genauer Zeitpunkt nicht bekannt ist. Die Kläger beantragten Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Klage, mit der sie die Beklagte auf Zahlung in Anspruch nehmen wollten sowie im Wege der Stufenklage auf Auskunft über den Nachlassbestand und den Wert der Nachlassimmobilien durch Vorlage eines notariellen Verzeichnisses, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Zahlung. Vor Zustellung der Klage zahlte die Beklagte den geforderten Betrag. Das LG hatte der Auskunftsklage stattgegeben und festgestellt, dass die Beklagte die Kosten der Rechtsverfolgung hinsichtlich des Zahlungsantrags tragen muss. Im Übrigen war die Klage abgewiesen worden. Das OLG wies das Rechtsmittel der Beklagten im Wesentlichen zurück. Ferner hob es das Urteil des LG auf, soweit die noch nicht gestellten Klageanträge bezüglich eidesstattlicher Versicherung und Zahlung abgewiesen worden waren, und verwies die Sache insoweit an das LG zurück. Die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgte, blieb erfolglos.

    Entscheidungsgründe

    Zum auskunftspflichtigen Bestand des Nachlasses gehören nicht nur die beim Erbfall vorhandenen Nachlassgegenstände. Vielmehr zählen dazu auch sonstige Faktoren, die der Berechnung des Pflichtteils zugrunde zu legen sind, insbesondere Schenkungen gemäß § 2325 BGB einschließlich unbenannter Zuwendungen unter Ehegatten (BGHZ 33, 373 = NJW 61, 602; BGHZ 116, 167 = FamRZ 92, 300).