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  • · Fachbeitrag · Testamentsauslegung

    Individuelle Auslegung vor Auslegungsregeln

    von RA und VRiLG a.D. Uwe Gottwald, Vallendar

    | Gibt ein Testament den letzten Willen des Erblassers nicht eindeutig wieder, kann sich der Anwalt die Regeln der Auslegung zunutze machen. Der Autor erläutert im Folgenden Einzelheiten der individuellen Auslegung, die Vorrang vor dem Rückgriff auf gesetzliche Auslegungsregeln hat (OLG Schleswig FamRZ 12, 402). |

    1. Anwendbare Normen für Testamente und Erbverträge

    In Testamenten enthaltene, einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen sind ausschließlich nach § 133 BGB sowie gegebenenfalls unter Anwendung erbrechtlicher Spezialnormen auszulegen. Da ein schutzbedürftiger Erklärungsempfänger fehlt, ist § 157 BGB nicht anwendbar. Es gilt allein, den tatsächlichen subjektiven Willen des Erblassers festzustellen.

     

    Demgegenüber ist bei der Auslegung eines Erbvertrags nach überwiegender Auffassung (vgl. Bamberger/Roth/Litzenburger, BGB, 3. Aufl., § 2274 Rn. 2) zwischen dem „entgeltlichen“ und „unentgeltlichen“ Erbvertrag zu unterscheiden. Wird durch den Vertragspartner des letztwillig Verfügenden dessen Erklärung lediglich angenommen, soll er nicht schutzwürdig und deshalb § 157 BGB (neben § 133 BGB) nicht anwendbar sein. Nach der Auffassung des OLG Köln (ZEV 03, 76, 77) ist „bei der Auslegung von Erbverträgen gemäß § 157 BGB auch auf den Willen beider Vertragsparteien abzustellen, wenn nur ein Vertragsteil verfügt hat und das Auslegungsergebnis im Vertrag wenigstens Anklang gefunden hat.“ Hat sich indes der annehmende Vertragspartner zu einer Leistung oder einem Verhalten verpflichtet oder (auch) letztwillig verfügt, erfolgt die Auslegung nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB (MüKo/Musielak, BGB, 5. Aufl., Vorbem. §§ 2274-2302 Rn. 32).