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Heilung einer Niederschrift ohne Unterschrift des Notars
| Das OLG Bremen (9.5.25, 1 W 4/25, Abruf-Nr. 248830 ) hat über die Wirksamkeit einer Niederschrift ohne Unterschrift des Notars auf der Urkunde entschieden. |
Der Beteiligte zu 1 und die Erblasserin (seine Ehefrau) schlossen gemeinsam mit ihren Töchtern eine Vereinbarung, in der sich der Beteiligte zu 1 und seine Ehefrau gegenseitig zu Vorerben einsetzten. Weiter bestimmten sie die Nacherbfolge der beiden Töchter sowie, dass in der Urkunde sämtliche vorstehenden Verfügungen als vertragsmäßige Verfügungen anzusehen sein sollten und beide Töchter einen Erbverzicht erklärten. Die Urkunde wurde nicht vom Notar unterzeichnet. Seine Unterschrift befand sich jedoch auf dem Umschlag, mit dem die Urkunde verschlossen war. Der Beteiligte zu 1 und die Erblasserin errichteten später ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten.
Im Erbscheinsverfahren wies das Nachlassgericht den Antrag des Beteiligten zu 1 auf Erteilung eines Alleinerbscheins zurück mit der Begründung, dass die Verfügungen in der Niederschrift des Notars als vertragsmäßig anzusehen seien und nicht durch das spätere gemeinschaftliche Testament hätten aufgehoben werden können. Im Übrigen habe die fehlende Unterschrift des Notars nicht zur Unwirksamkeit des Erbvertrags geführt, da nach § 35 BeurkG eine Heilung durch die Unterzeichnung des verschlossenen Umschlages erfolgt sei.
Im Beschwerdeverfahren hat das OLG Bremen die Auffassung des Nachlassgerichts bestätigt und weitergehend ausgeführt, dass die Behauptung des Beteiligten zu 1, die Unterzeichnung des verschlossenen Umschlags sei vom Notar bereits vor der Verschließung des Umschlags erfolgt, mangels erkennbarer Anzeichen hierfür als lediglich ins Blaue vorgetragen anzusehen sei. Ohnehin sehe das Gesetz selbst lediglich vor, dass die Aufschrift auf dem verschlossenen Umschlag vom Notar unterschrieben worden ist, ohne ausdrücklich weitergehend auch zu bestimmen, dass diese Unterschrift erst nach Verschließung des Umschlags aufzubringen gewesen wäre (so die h. M. in der Literatur: BeckOGK/Grziwotz, Ed. 1.4.2025, § 35 BeurkG Rn. 14 m. w. N.). Die vom Beteiligten zu 1 angeführte Gegenauffassung könne nicht überzeugen, da sie ‒ mangels praktischer Nachweisbarkeit der Reihenfolge von Verschließung und Unterschrift im Streitfall ‒ die vom Gesetzgeber gewollte Heilungswirkung des § 35 BeurkG faktisch leerlaufen zu lassen drohen würde.
MERKE | Grundsätzlich muss die Niederschrift vom Notar eigenhändig unterschrieben sein (§ 13 Abs. 3 S. 1 BeurkG). Fehlt die Unterschrift, ist die Beurkundung, da es sich um eine zwingende Vorschrift handelt, nichtig. Die „vergessene“ Unterschrift hätte demnach die Nichtigkeit der Verfügung zur Folge. Diese strenge Folge hat der Gesetzgeber absichtlich teilweise korrigiert und dabei gleichzeitig dem Umstand Rechnung getragen, dass der „Gesamtvorgang“ der Errichtung einer notariellen Verfügung von Todes wegen erst dann die „Verfügungsmacht“ des Notars verlassen hat, wenn dieser die Urkunde in der erforderlichen Form an das Nachlassgericht abgesandt hat. Zum „Gesamtvorgang“ gehört auch die Verschließung der Verfügung in einem Umschlag und die Unterschrift des Notars auf diesem (vgl. BeckOGK/Grziwotz, Stand: 1.4.2025, BeurkG § 35 Rn. 1). |