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  • · Fachbeitrag · Gemeinschaftliches Testament

    Herausgabe eines Geschenks auch von Dritten

    von RiOLG Dr. Andreas Möller, Hamm

    Bei einer den Vertragserben beeinträchtigenden Schenkung kann die Herausgabe des Geschenks gemäß § 2287 BGB auch von einem Dritten, der den Gegenstand unentgeltlich vom Beschenkten erlangt hat, unter den Voraussetzungen des § 822 BGB verlangt werden (BGH 20.11.13, IV ZR 54/13, n.v., Abruf-Nr. 133993).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger begehrt als Schlusserbe des Erblassers vom Beklagten die Übereignung und Herausgabe eines Grundstücks. 1982 errichteten der Erblasser und die Mutter des Klägers ein Ehegattentestament in dem sie sich gegenseitig zu alleinigen Erben und den Kläger als Schlusserben einsetzten. Nach dem Tod der Mutter des Klägers, heiratete der Erblasser die Mutter des Beklagten, die diesen mit in die Ehe brachte. Nachdem der Erblasser sein Grundstück schenkweise auf seine zweite Ehefrau übertragen hatte, übertrug diese das Eigentum am Hausgrundstück unter Zustimmung des Erblassers auf den Beklagten und behielt sich ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht vor. Nach dem Tod der zweiten Ehefrau des Erblassers und nachfolgend des Erblassers nahm der Kläger den Beklagten u.a. auf Übereignung und Herausgabe des Grundstücks in Anspruch. Kurz vor Verkündung des landgerichtlichen Urteils gründete der Beklagte eine limited auf die er das Grundstück übertrug. Das LG verurteilte den Beklagten u.a. das Grundstück herauszugeben und aufzulassen. Die Berufung wurde zurückgewiesen. Die Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung.

     

    Entscheidungsgründe

    Der Erblasser und die Mutter des Beklagten haben den Kläger infolge wechselbezüglicher Verfügungen im Testament aus 1982 als Schlusserben eingesetzt. § 2287 BGB ist auf wechselbezügliche letztwillige Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testaments, das nach dem Tod des erstverstorbenen Ehegatten unwiderruflich geworden ist, entsprechend anzuwenden. Damit kann der Kläger vom Beschenkten die Herausgabe des Geschenks (des Grundstücks) nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern, da der Erblasser dieses in der Absicht, den Kläger zu beeinträchtigen, an seine zweite Frau schenkweise übertragen hat.

     

    Der bindend eingesetzte Schlusserbe kann gemäß § 2287 Abs. 1 i.V. mit § 822 BGB auch vom Zweitbeschenkten die Herausgabe des Geschenks verlangen. § 2287 BGB enthält eine Rechtsfolgenverweisung auf die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Der BGH hat klargestellt, dass § 822 BGB unabhängig von seiner dogmatischen Einordnung zumindest entsprechend anzuwenden ist. Hierfür spricht der Sinn und Zweck der §§ 2287, 822 BGB. Danach ist der unentgeltliche Erwerb des Dritten weniger schutzwürdig als das Interesse des Vertrags- bzw. Schlusserben an der Herausgabe des Geschenks.

     

    Voraussetzung für eine Durchgriffsmöglichkeit gem. § 822 BGB ist, dass ursprünglich ein Herausgabeanspruch gegen den Erstbeschenkten bestanden hat. Dies scheitert hier nicht daran, dass die zweite Ehefrau des Erblassers vor diesem verstorben ist, da sich der Anspruch gem. § 2287 Abs. 1 BGB gegen die vertraglichen bzw. gesetzlichen Erben des Beschenkten richtet, § 1967 Abs. 2 BGB.

     

    Voraussetzung für § 822 BGB ist zunächst, dass die Verpflichtung des ursprünglichen Empfängers zur Herausgabe der Bereicherung gerade infolge der unentgeltlichen Zuwendung des Erlangten an den Dritten ausgeschlossen ist. Der Dritte haftet nur subsidiär. Es verbleibt mithin bei der Haftung des Empfängers, wenn die Weitergabe des Erlangten erst nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgt ist (§ 818 Abs. 4 BGB) oder wenn der Empfänger gemäß §§ 819 f. BGB verschärft haftet (vgl. MüKo/Musielak, BGB, 6. Aufl., § 2287 Rn. 21). Die verschärfte Haftung tritt ein, sobald der Beschenkte von der Bindung des Erblassers an den Erbvertrag oder das gemeinschaftliche Testament und von dessen Beeinträchtigungsabsicht Kenntnis erlangt (MüKo/Musielak, a.a.O.). Vorliegend kann dies offenbleiben, da die zweite Ehefrau des Erblassers nach der Übertragung des Grundstücks an den Beklagten unabhängig von ihrer Bösgläubigkeit nicht mehr zur Rückgabe in der Lage war, § 275 Abs. 1 BGB.

     

    Das Berufungsurteil ist aber aufzuheben, da geklärt werden muss, ob dem Beklagten die Rückübertragung des Grundstücks wegen der Übertragung des Grundstücks auf die limited unmöglich ist, § 275 Abs. 1 BGB. §§ 265, 325 ZPO sind nicht anwendbar, da es sich um schuldrechtliche Ansprüche handelt, die von § 265 ZPO grundsätzlich nicht erfasst sind. Hat der Schuldner die geschuldete Sache veräußert, ist die Leistung allerdings nicht schon deswegen unmöglich, weil er über den Gegenstand nicht mehr verfügen kann und auf ihn auch keinen Anspruch hat. Unmöglichkeit liegt vielmehr erst vor, wenn feststeht, dass der Schuldner die Verfügungsmacht nicht mehr erlangen kann. Solange die Möglichkeit besteht, dass der Dritte dem Schuldner die Verfügungsmacht wieder einräumt oder der Verfügung zustimmt, steht sein Unvermögen nicht fest. Darlegungs- und beweispflichtig für die Unmöglichkeit der Herausgabe ist der Bereicherungsschuldner, hier der Beklagte. Insoweit fehlt es an ausreichenden Feststellungen des Berufungsgerichts.

     

    Praxishinweis

    Nach der Rechtsprechung der BGH beeinträchtigen Schenkungen des Erblassers an einen Pflichtteilsberechtigten die Vertragserben nicht, sofern die Schenkungen dem Pflichtteil wertmäßig entsprechen (BGHZ 88, 269, 272; ZEV 05, 479). Diese Rechtsprechung ist aber nicht anwendbar, weil Voraussetzung ist, dass die Entstehung von Pflichtteilsansprüchen in Betracht kommt. Der Anspruch aus § 2287 Abs. 1 BGB ist auf dasjenige beschränkt, was nach Begleichung des Pflichtteils übrig bleibt. Der Gläubiger muss, wenn er die Herausgabe des Geschenks beansprucht und verlangen kann, zugleich den fiktiven Pflichtteil an den beschenkten Pflichtteilsberechtigten auskehren (BGHZ 88, 269, 272). Da die zweite Ehefrau des Erblassers vor diesem verstorben war, konnte ein Pflichtteilsanspruch nicht mehr entstehen.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 20 | ID 42462978