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  • · Fachbeitrag · Digitaler Nachlass

    Zugang zum Kryptovermögen des Erblassers und praktische Folgeprobleme

    von RA Prof. Dr. Wolfgang A. O. Burandt, LL.M., M.A., MBA (University of Wales, Cardiff), FA Erbrecht und FA Familienrecht, Zertifizierter Mediator (BAFM), Zertifizierter Testamentsvollstrecker (DVEV), Hamburg, und Stud. Iur. Lucia Pein, Universität Hamburg

    | Die Entwicklung der digitalen Welt erweitert stetig das Spektrum des digitalen Nachlasses bis hin zu Kryptowährungen. Wie auch die anderen Formen des digitalen Nachlasses, wirft die rechtliche Behandlung der Kryptowährungen die Fragen auf, wie das Kryptovermögen des Erblassers auf die Erben übergehen kann und wie sie sich Zugang dazu verschaffen können. Insbesondere der mangelnde oder zu späte Zugriff auf das Kryptovermögen könnte für die Erben zu praktischen Problemen bei der Ausführung von Vermächtnissen und auch bei der Erbschaftsteuer führen. |

    1. Überblick Funktionsweise

    Kryptowährungen sind virtuelle, verschlüsselte Ersatzwährungen (Martiny, IPRax 18, 553, 553; Schlund/Pongratz, DStR 18, 598, 599), die in einem dezentral organisiertem Peer-to-Peer-Computernetzwerk durch die Nutzer verwaltet und durch „Mining“ erzeugt werden (Schlund/Pongratz, DStR 18, 598, 599; Kaulartz, CR 16, 474, 475). Im Peer-to-Peer-Netzwerk sind alle Computer gleichberechtigt und können sowohl Dienste beanspruchen als auch zur Verfügung stellen. Beim Bitcoin-Mining verdient man virtuelles Geld dafür, dass man seine Rechnerleistung zur Verfügung stellt. Es gibt also keine Zentralbank oder ähnliche mit Kontrollrechten über die Währung ausgestattete Institution, wie z. B. die EZB. Grundsätzlich kann jeder an offen ausgestalteten Kryptowährungen teilnehmen, indem er die jeweils erforderliche Software installiert (Kuhlmann, CR 14, 691, 692; Schlund/Pongratz, DStR 18, 598, 599) oder auf Online-Börsen (Amend-Traut/Hergenröder, ZEV 19, 113, 115; Beispiel: https://pro.coinbase.com) handelt.

     

    Die Kryptowährungen können als Datei auf einem physischen Speichermedium, z. B. USB-Stick, oder bei entsprechenden Dienstleistern in deren Cloud aufbewahrt werden (Kuhlmann, CR 14, 691, 692). Das Guthaben der Nutzer wird über sog. „Wallets“ (Aufbewahrungsort für digitale Währungen) verwaltet. Wallets sind mit einem Public Key versehen, der einer Kontonummer oder E-Mail-Adresse gleicht (Kuhlmann, CR 14, 691, 693; Amend-Traut/Hergenröder, ZEV 19, 113, 115). Daneben hat jeder Nutzer einen Private Key, der ihm die faktische Verfügungsgewalt über sein Guthaben verschafft, sodass er Transaktionen vornehmen kann (Kaulartz, CR 16, 474, 476; Kütük/Sorge, MMR 14, 643, 644). Der Public und Private Key werden beide im Wallet des Nutzers gespeichert (Martiny, IPRax 18, 553, 555). Diese Daten kann der Nutzer zusätzlich auch auf einem physischen Speichermedium aufbewahren (Amend-Traut/Hergenröder ZEV 19, 113, 115). Verfügungen über das Guthaben sind bei Verlust des Wallets (z. B. durch Verlust oder Crash der Festplatte) und des Private Keys nicht mehr möglich (Spindler/Bille, WM 14, 1357, 1358).