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  • · Fachbeitrag · Auskunftsanspruch

    Verpflichtung eines Miterben gegenüber anderen Miterben zur Auskunft über den Nachlass

    von RA Uwe Gottwald, VorsRiLG a. D., Vallendar

    | Das OLG Saarbrücken hatte im Rahmen einer Stufenklage auf Herausgabe von Nachlassgegenständen zugunsten einer Erbengemeinschaft über die vorbereitenden Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche zu entscheiden. |

    Sachverhalt

    Der Kläger macht vorbereitende Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche geltend. Er und der Beklagte sind Abkömmlinge der verstorbenen Erblasserin, die von den Parteien und deren Bruder zu je 1/3 beerbt wurde. Der Beklagte war Betreuer der Erblasserin im Rahmen einer umfassendenBetreuung (u. a. Vermögenssorge, Gesundheitssorge sowie Aufenthaltsbestimmung). Zudem hatte er Kontovollmacht. Mit Teilurteil hatte das LG den Beklagten dazu verurteilt, der Erbengemeinschaft nach der Erblasserin,bestehend aus dem Kläger, dem Beklagten und deren Bruder, Rechnung zu legen über die seit dem 20.10.18 (Todestag) für den Nachlass getätigtenGeschäfte unter Vorlage einer gesonderten Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben. Die weitergehende Klage, insbesondere soweit diese auch auf Auskunftserteilung über den Bestand und den Verbleib des Nachlasses gerichtet war, hat das Gericht abgewiesen.

     

    Gegen dieses Teilurteil hat der Kläger Berufung eingelegt und vorgetragen, dass der Beklagte auch zum Bestand und Verbleib des Nachlasses auskunftsverpflichtet sei.

    Entscheidungsgründe

    Das OLG Saarbrücken (17.12.21, 5 U 42/21, Abruf-Nr. 229246) hat der Berufung stattgegeben und über die erstinstanzliche Verurteilung hinaus weitergehend entschieden: Der Beklagte hat der Erbengemeinschaft durch Vorlage eines schriftlichen Bestandsverzeichnisses schriftlich Auskunft zu erteilen über den gesamten Bestand des Nachlasses, einschließlich der Surrogate, gezogenen Nutzungen und Früchte, sowie über den Verbleib von Nachlassgegenständen, die nicht mehr vorhanden oder auffindbar sind.

     

    Zur Begründung hat das OLG im Wesentlichen ausgeführt, dass die Verpflichtung des Beklagten zur umfassenden Auskunft schon daraus folge, dass der Beklagte bis zum Tode der Erblasserin zu deren Betreuer bestellt gewesen sei und dabei insbesondere (auch) die Vermögenssorge innegehabt habe. Auch habe er danach die weitere Abwicklung des Nachlasses besorgt.

     

    Unbeschadet der Frage des etwaigen Erbschaftsbesitzes sei der Beklagte gemäß den § 1890, § 1908i Abs. 1, § 1922 BGB nach Beendigung der Betreuung gegenüber der Erbengemeinschaft zur Vermögensherausgabe und Rechnungslegung verpflichtet (OLG Hamm ErbR 18, 601; OLG Düsseldorf FamRZ 16, 497). Diesen Anspruch könne der Kläger für den Nachlass in gesetzlicher Prozessstandschaft geltend machen (§ 2039 BGB). Dieser Anspruch bestehe weiter fort, weil er nicht erfüllt sei und die Miterben auch auf den Anspruch auf Herausgabe des Vermögens aus den § 1890, § 1908i Abs. 1 i. V. m. § 1922 BGB nicht verzichtet hätten (wird ausgeführt).

     

    Der Anspruch der Erbengemeinschaft auf Erteilung der geforderten Auskünfte folge überdies auch daraus, dass der Beklagte nach dem Erbfallunstreitig die weitere Abwicklung des Nachlasses durchgeführt habe, mithin insoweit als Beauftragter bzw. als Geschäftsführer ohne Auftrag für den Nachlass tätig geworden sei, sodass er der Erbengemeinschaft über die im Rahmen der Verwaltung getätigten Verfügungen auch gemäß § 666 BGB umfassend Auskunft zu erteilen habe (vgl. OLG München, FamRZ 18, 1116; OLG Koblenz, FamRZ 18, 1952; OLG Düsseldorf, FamRZ 16, 497).

    Relevanz für die Praxis

    Das OLG Saarbrücken folgt zu Recht der h. M. zu den Auskunftsansprüchen gegen den vormaligen Betreuer sowie nach § 666 BGB unter Miterben. Der Anspruch auf Auskunftserteilung kann in einem weitergehenden Antrag auf Rechnungslegung enthalten sein. Dadurch ist der Kläger aber nicht darangehindert, beide Ansprüche nebeneinander zu verfolgen und titulieren zu lassen.

     

    Darüber hinaus hat das OLG sehr deutlich gemacht, dass die Erfüllung der Auskunftsverpflichtung ein Bestandsverzeichnis gem. § 260 Abs. 1 BGB erfordert. Das beinhalte eine übersichtliche Gesamtdarstellung aller im Nachlass vorhandenen Gegenstände zu einem bestimmten Zeitpunkt und müsse auch die Entwicklung zu diesem Zustand erkennen lassen. Dazu gehöre auch die Auskunft zum Verbleib der Nachlassgegenstände. Das alles setze einegenaue Zusammenstellung der einzelnen Gegenstände voraus, die zu dem „herauszugebenden Inbegriff“ gehörten, und zwar so, wie sie der Gläubiger benötige, um seinen Herausgabeanspruch zu substanziieren. Ein entsprechender Antrag kann wie folgt formuliert werden:

     

    Musterformulierung / Auskunftsanspruch

    Der Kläger beantragt,

     

    die Erbengemeinschaft nach […], bestehend aus ihm, dem […] und […], zu verurteilen, schriftlich Auskunft über den gesamten Bestand des Nachlasses der am […] verstorbenen […] durch die Vorlage eines schriftlichen Bestandsverzeichnisses zu erteilen, einschließlich der Surrogate, gezogenen Nutzungen und Früchte, sowie Auskunft über den Verbleib von Nachlassgegenständen, die nicht mehr vorhanden oder auffindbar sind, zu erteilen.

     

     

    PRAXISTIPP | Zur Antragstellung ist ein Mitglied der Erbengemeinschaft gem. § 2039 BGB für diese in gesetzlicher Prozessstandschaft berechtigt.

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2022 | Seite 93 | ID 48264930