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  • 01.08.2007 | Zuwendungsverzicht

    Keine Kumulation der Auslegungsregeln des § 2270 Abs. 2und § 2069 BGB

    von RiLG Dr. Andreas Möller, Bochum
    Das Verbot einer Kumulation der Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB mit der des § 2069 BGB ist auch im Anwendungsbereich des § 2352 BGB zu berücksichtigen (OLG München 21.12.06, Az 31 Wx 71/06, n.v., Abruf-Nr. 072266).

     

    Sachverhalt

    Der Erblasser hatte mit seiner Frau ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben eingesetzt hatten. Erben des Überlebenden sollten die beiden Kinder sein. Nach dem Tod ihrer Mutter verzichteten diese im notariellen Vertrag auf das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht. Dadurch sollte u.a. auch die Testierfreiheit des Erblassers wiederhergestellt werden. Dieser errichtete ein privatschriftliches Testament, in dem er u.a. seine zweite Ehefrau (Beteiligte zu 1) zu 2/3 und seine Tochter (Beteiligte zu 2) zu 1/3 als Erben einsetzte. Darin regelte er unter Nr. 5 die Rechtsnachfolge an einer Kommanditgesellschaft. Später ergänzte er das Testament dahingehend, dass zu Lebzeiten seiner Frau seine Tochter nur einen Anspruch auf den gesetzlichen Pflichtteil habe. Der Erblasser strich später die Nr. 5 des Testaments durch mit der unterschriebenen Bemerkung „entfällt – wurde 01 verkauft“. Die Beteiligte zu 1 beantragte einen Alleinerbschein. Die Beteiligte zu 2 beantragte unter Anfechtung der Ergänzung des Testaments einen Erbschein dahingehend, dass der Erblasser von der Beteiligten zu 1 zu 2/3 und von ihr zu 1/3 beerbt worden sei. Das Nachlassgericht erließ einen Vorbescheid, in dem es ankündigte, einen Erbschein zu erteilen, dass der Erblasser von der Beteiligten zu 1 als Alleinerbin beerbt worden sei. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 2 erfolglos. Das Nachlassgericht erließ den angekündigten Vorbescheid.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Beschwerde ist trotz des erteilten Erbscheins zulässig. Hierdurch wurde zwar der Vorbescheid gegenstandslos. Die weitere Beschwerde ist aber aus prozessökonomischen Gründen mit dem Ziel der Einziehung des Erbscheins weiter zulässig (§ 2361 BGB, OLG Stuttgart Rpfleger 05, 431).  

     

    Die Richtigkeit des Vorbescheids und des Erbscheins ist nach dem Inhalt des privatschriftlichen Testaments des Erblassers und dessen Ergänzung zu beurteilen. Durch den notariellen Vertrag haben die Kinder wirksam auf ihr Schlusserbrecht verzichtet, § 2352 S. 1und 3, § 2348 BGB. Dieser Verzicht beseitigt aber nicht alle Wirkungen des gemeinschaftlichen Testaments. Denn aufgrund § 2069 BGB rücken anstelle des Verzichtenden dessen Abkömmlinge als Ersatzerben nach (h.M., OLG Hamm Rpfleger 82, 148; Palandt/Edenhofer, BGB, 65. Aufl., § 2352, Rn. 4). § 2069 BGB kommt aber nicht zum Zuge, wenn es nicht dem mutmaßlichen Willen der Eheleute entsprochen hätte, dass beim Erbverzicht die Abkömmlinge des Verzichtenden als Ersatzerben zu Erben berufen werden (OLG Hamm, a.a.O.).