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  • 02.04.2009 | Vermächtnis

    Vermächtnis mit Ausgleichszahlung: Recht zur Ausschlagung richtet sich nach Quotentheorie

    von RA Dr. Michael Zecher, FA Familienrecht und Erbrecht, Ilsfeld

    Wird ein quotenmäßig über dem Pflichtteil eingesetzter Erbe mit einem Vermächtnis belastet und ihm gleichzeitig eine Ausgleichszahlung zugesprochen, ist für den Vergleich zwischen Erbteil und Pflichtteilshöhe die Quotentheorie maßgeblich. Eine Anfechtung der Erbschaftsannahme kommt nicht in Betracht (OLG Stuttgart 29.1.09, 19 U 150/08, Abruf-Nr. 090865).

     

    Sachverhalt

    Die Erblasserin setzte 1992 mit notariellem Testament den Kläger und die Beklagte als ihre Erben zu je ½ ein. Daneben wandte sie der Beklagten, gegen eine Gleichstellungszahlung an den Kläger in Höhe von 75.000 DM, ein Gebäudegrundstück im Wege des Vermächtnisses zu. Nach dem Tod der Erblasserin erfolgte am 12.7.06 die Testamentseröffnung, bei der beide Parteien anwesend waren. Im Anschluss wurde ein Gutachten über den Wert des Gebäudegrundstücks eingeholt, das dem Kläger am 7.7.07 zuging. Nach Feststellung der Tatsache, dass der Pflichtteil die Ausgleichszahlung wertmäßig übersteigt, schlug der Kläger mit Schreiben vom 10.8.07 den ihm zugedachten Erbteil von ½ aus, um den Pflichtteil geltend machen zu können (§ 2306 Abs. 1 S. 2 BGB). Hilfsweise wurde die Annahme der Erbschaft und die Versäumung der Annahmefrist angefochten. LG und OLG haben die Klage auf Auszahlung des Pflichtteils abgewiesen.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der Kläger kann grundsätzlich die Erbschaft nach § 2306 Abs. 1 S. 2 BGB ausschlagen, weil er durch das der Beklagten zugewandte Vermächtnis beschwert und der ihm zugewandte Erbteil größer als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils ist. Jedoch hat der Kläger hier nicht fristgerecht ausgeschlagen. Die hilfsweise erklärte Anfechtung greift nicht.  

     

    Die Ausschlagungsfrist beträgt sechs Wochen (§ 1944 BGB). Sie beginnt nach § 2306 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn der Pflichtteilsberechtigte von der Beschwerung Kenntnis erlangt. Von der ihn beeinträchtigenden Verfügung hatte der Kläger jedenfalls im Zeitpunkt der Testamentseröffnung am 12.7.06 Kenntnis. Ferner muss der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis davon haben, dass der hinterlassene Erbteil den Pflichtteil übersteigt.