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  • 01.04.2011 | Vermächtnis

    Ausschlagung von Vermächtnissen
    nicht fristgebunden

    von RiLG Dr. Andreas Möller, Bochum

    1. Die Ausschlagung eines Vermächtnisses ist nicht fristgebunden. Eine entsprechende Anwendung der Ausschlagungsfrist des § 1944 BGB auf Vermächtnisse kommt auch bei wechselbezüglichen Verfügungen im Sinne von §§ 2270, 2271 BGB nicht in Betracht.  
    2. Hat bei einem gemeinschaftlichen Testament der überlebende Ehegatte das ihm Zugewendete ausgeschlagen und eine neue abweichende Verfügung von Todes wegen getroffen und hat dies nach § 2270 Abs. 1 BGB die Unwirksamkeit der Verfügung des vorverstorbenen Ehegatten zur Folge, bleibt es bei der Unwirksamkeit selbst wenn der überlebende Ehegatte seine Verfügung erneut ändert.  
    (BGH 12.1.11, IV ZR 230/09, n.v., Abruf-Nr. 110513)

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin wendet sich mit ihrer Drittwiderspruchsklage gegen die von der Beklagten betriebene Teilungsversteigerung eines Grundstücks. Die im Jahr 00 verstorbene Erblasserin ist die Mutter der Klägerin. Die Beklagte ist die Schwiegertochter der Erblasserin. Die Erblasserin war gemeinsam mit ihrem Ehemann Miteigentümer zu je 1/2 eines Grundstücks. Mit einem handschriftlichen gemeinschaftlichen Testament aus dem Jahr 00 setzten die Eheleute für jeden Erbfall ihre Kinder zu Erben ein. Der Überlebende sollte ein umfangreiches Vorausvermächtnis hinsichtlich des gesamten beweglichen Grundstücks und den Nießbrauch an einer Immobilie erhalten. Die Klägerin sollte von dem überlebenden Ehegatten das alleinige Benutzungsrecht an einer Wohnung in der Immobilie verlangen können und von ihrem Bruder die Übertragung des Wohnungseigentums an dieser Wohnung. Vor diesem gemeinschaftlichen Testament hatte die Erblasserin bereits die Klägerin testamentarisch als ihre Alleinerbin eingesetzt. Nach dem Tod der Erblasserin übertrug ihr Ehemann im Jahr 01 seinen hälftigen Miteigentumsanteil auf seinen Sohn. Letzterer betrieb zunächst die Teilungsversteigerung aus dem Grundstück. Diese wurde durch Urteil aus dem Jahr 05 für unzulässig erklärt. Mit Schreiben gegenüber der Klägerin sowie seinem Sohn schlug der Ehemann der Erblasserin das ihm zugewandte Vermächtnis aus und setzte seinen Sohn als Alleinerben ein. Später übertrug der Sohn der Erblasserin an seine Frau, die Beklagte, einen 2/18 Miteigentumsanteil an dem Grundstück. Das LG hat die Drittwiderspruchsklage gegen die Teilungsversteigerung der Beklagten abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung des Berufungsurteils.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das Rechtsmittel hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Das Urteil aus dem Jahr 05, mit dem die erste Teilungsversteigerung für unzulässig erklärt wurde, hindert eine neue Entscheidung in der Sache nicht. Denn die Rechtskraft bezieht sich nur auf denselben Streitgegenstand. Vorliegend führt aber die Ausschlagung des Vermächtnisses durch den Ehemann der Erblasserin und die neue Erbeinsetzung zu einer neuen Tatsachengrundlage und damit zu einem neuen Streitgegenstand.  

     

    Durch die wirksame Ausschlagung des Vermächtnisses durch den Ehemann des Ehegatten hat dieser seine Testierfreiheit wiedererlangt.