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  • 05.10.2009 | Testamentsvollstreckung

    Entlassung eines Testamentsvollstreckers bei Verwaltungsvollstreckung

    von RA Dr. Ernst L. Schwarz, FA Familienrecht und Erbrecht, München

    Bei Vorliegen eines wichtigen Grunds kann der Testamentsvollstrecker vom Nachlassgericht auf Antrag entlassen werden (§ 2227 BGB). Neben der in § 2219 BGB geregelten Haftung ist die Entlassung aus dem Amt gerade bei einer langjährigen Verwaltungsvollstreckung die wesentliche Sanktion für pflichtwidriges Verwaltungshandeln des Testamentsvollstreckers. Das Nachlassgericht hat dabei ein Ermessen auszuüben, das von den Instanzengerichten ggf. noch nachgeholt werden kann. Wurde dem Testamentsvollstrecker vom Erblasser die Möglichkeit eingeräumt, einen Nachfolger zu bestimmen, muss das Nachlassgericht dem zu entlassenden Testamentsvollstrecker grundsätzlich vorher Gelegenheit zur Ausübung dieses Bestimmungsrechts geben. Davon kann jedoch abgesehen werden, wenn im Wege der Auslegung ein dahingehender Wille des Erblassers feststellbar ist (OLG München 9.7.08, 31 Wx 3/08, Abruf-Nr. 093222).

     

    Sachverhalt

    Die 1992 verstorbene Erblasserin hatte den Beteiligten zu 4 als einen von zwei Testamentsvollstreckern mit jeweils gesonderten Tätigkeitsbereichen der Nachlassverwaltung bzw. -abwicklung eingesetzt. Neben der Erfüllung von Vermächtnissen bestand seine Aufgabe darin, das im Nachlass befindliche Mietshaus der Erblasserin zu verwalten. 16 Jahre nach Amtsannahme und Ausübung beantragten die Beteiligten zu 1 bis 3 (Erben) in 2006 beim Nachlassgericht die Entlassung des Beteiligten zu 4 aus seinem Testamentsvollstreckeramt. Sie hielten ihm eine Reihe grober Pflichtverletzungen und Unfähigkeit zu ordnungsgemäßer Amtsführung vor. Das Nachlassgericht sah die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2227 BGB als gegeben an und entließ den Beteiligten zu 4 mit Beschluss vom 22.10.07 aus seinem Amt. Seine sofortige Beschwerde wies das LG zurück. Auch die sofortige weitere Beschwerde zum OLG blieb ohne Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    § 2227 BGB verlangt für eine Entlassung des Testamentsvollstreckers auf der Tatbestandsseite einen wichtigen Grund. Darunter fällt („insbesondere“) eine grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Darüber hinaus kann auch ohne Verschulden ein wichtiger Grund vorliegen, wenn das persönliche Verhalten des Testamentsvollstreckers Anlass zu der Annahme gibt, dass ein längeres Verbleiben im Amt der Ausführung des letzten Willens des Erblassers hinderlich ist oder sich dadurch eine Schädigung oder erhebliche Gefährdung der Interessen der am Nachlass Beteiligten ergeben könnte (BayOblG FamRZ 86,104). Auch wenn das Testamentsvollstreckeramt kein Vertrauensverhältnis zu den Erben voraussetzt, darf der Testamentsvollstrecker sich nicht grundlos über Interessen und Vorstellungen der Erben hinwegsetzen.  

     

    • Unter Zugrundelegung dieser Kriterien hat auch das OLG das Vorliegen eines wichtigen Grundes als von ihm ohne Einschränkung nachprüfbare Rechtsfrage bejaht (BayOblG FamRZ 90,1279 und FamRZ 01,54). Von den dem Beteiligten zu 4 vorgehaltenen Pflichtverstößen wurden jedenfalls zwei als gegeben und für eine Entlassung ausreichend erachtet, ohne dass auch die weiteren Vorwürfe noch aufgeklärt werden mussten. Der Testamentsvollstrecker hatte vom Mietkautionskonto der Mietobjekte für sich einen Betrag entnommen. Dazu war er nicht befugt. Im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung sind als Vermieteraufgaben die Mietsicherheiten bei einem Kreditinstitut zu den für Spareinlagen mit 3-monatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssätzen anzulegen. Die Erträge standen ausschließlich den Mietern zu (§ 551 Abs. 3 S. 2 BGB). Durch die unbefugte Kautionsverwendung bestand ein berechtigtes Misstrauen der Erben in die korrekte Handhabung der Testamentsvollstreckertätigkeit. Die Erben konnten ggf. auch Ersatzansprüchen der Mieter ausgesetzt sein. Als Weiteres hatte der Testamentsvollstrecker mit den Erben - nachdem Streit über dessen Vergütungshöhe bestand - eine Vereinbarung geschlossen, wonach dem Testamentsvollstrecker 7,7 Prozent der Bruttosollmieten des Anwesens als Vergütung zustehen sollten. Im Widerspruch dazu machte der Testamentsvollstrecker dann jedoch auch die Mietkautionen zur Grundlage seiner Vergütungsberechnung, setzte sich somit über die geschlossene Vereinbarung eigenmächtig hinweg und rechnete eine überhöhte Testamentsvollstreckervergütung ab. Diese Verstöße wurden insgesamt als ausreichend erachtet, um ein berechtigtes Misstrauen in die unparteiische Amtsführung des Beteiligten zu 4 zu begründen und einen wichtigen Grund nach § 2227 BGB anzunehmen.

     

    • § 2227 BGB ist als Ermessensentscheidung ausgestaltet. Trotz Vorliegen eines wichtiger Grunds ist die Entlassung durch das Nachlassgericht deshalb nicht zwingend (BayObLG FamRZ 87, 101). Nachlassgericht und auch LG haben im vorliegenden Fall die erforderliche Ermessensentscheidung jedoch gänzlich unterlassen. Gleichwohl führte dies nicht zu einer Aufhebung der Entlassungsentscheidung. Da weitere Ermittlungen nicht anzustellen waren, konnte das OLG ein eigenes Ermessen ausüben und die Ermessensprüfung der Untergerichte nachholen (Bassenge/Roth, FGG/RPflG, § 27 FGG Rn. 40, 43). Dabei hat es überwiegende Gründe für einen Verbleib des Beteiligten zu 4 im Amt des Testamentsvollstreckers nicht erkennen können.