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  • 01.08.2011 | Testament

    Wegfall der Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung der Kinder

    von RiLG Dr. Andreas Möller, Bochum

    1. Die Wechselbezüglichkeit der Einsetzung der Kinder des vorverstorbenen Ehegatten aus dessen erster Ehe als Schlusserben entfällt nicht allein deswegen, weil der überlebende Ehegatte erhebliches Vermögen von seiner Verwandtschaftsseite nach dem Tod des vorverstorbenen Ehegatten erhalten hat.  
    2. Der überlebende Ehegatte ist jedoch dann zu einer neuen Verfügung befugt, wenn und soweit im Rahmen der ergänzenden Testamentsauslegung eine entsprechende Abänderungsbefugnis festgestellt werden kann. Hierbei ist sowohl hinsichtlich der Annahme als auch des Umfangs der Abänderungsbefugnis ein strenger Maßstab anzulegen.  
    3. Ein Irrtum über die mit dem Tod des Erstversterbenden eintretende Bindungswirkung bei wechselbezüglichen Verfügungen stellt keinen zur Anfechtung berechtigenden Inhaltsirrtum dar (im Anschluss an BayObLG 2.5.02, 1Z BR 24/01, FamRZ 03, 259).  
    (OLG München 28.3.11, 31 Wx 93/10, FGPrax 11, 129, Abruf-Nr. 112286)

     

    Sachverhalt

    Die Erblasserin starb im Jahr 2009, nachdem ihr Ehemann im Jahr 1983 vorverstorben war. Im Jahr 1982 hatten die Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet. In diesem setzten sie sich gegenseitig zu alleinigen Erben ihres gesamten Nachlasses ein. Erbe des Letztversterbenden sollten die beiden Kinder aus der ersten Ehe des Ehemannes sein. Ein Kind ist, unter Hinterlassung des Beteiligten zu 2, vorverstorben. Die Erblasserin erbte im Jahr 2006 von ihrem jüngeren Bruder erhebliches Vermögen. Im Jahr 2007 errichtete die Erblasserin ein handschriftliches Testament, in dem sie ihre Nichte, die Beteiligte zu 3, als Alleinerbin einsetzte.  

     

    Die Beteiligten zu 1 und 2 (Kind bzw. Enkel des Ehemannes) haben einen Erbschein beantragt, der sie als Miterben zu je 1/2 ausweist. Die Beteiligte zu 3 hat die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Alleinerbin ausweist. Das Nachlassgericht hat unter inzidenter Zurückweisung des Erbscheinsantrags der Beteiligten zu 3 einen Erbschein bewilligt, wonach die Beteiligten zu 1 und 2 Miterben zu je 1/2 sind. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 3 erfolglos mit ihrer Beschwerde.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Erbfolge nach der Erblasserin bestimmt sich nach dem Testament aus dem Jahr 1982, da die dort angeordnete Schlusserbeneinsetzung zu ihrer eigenen Einsetzung als Alleinerbin ihres Ehemanns wechselbezüglich i.S. des § 2270 BGB ist. Die Erblasserin war in entsprechender Anwendung des § 2289 Abs. 1 S. 2 BGB daran gehindert, abweichend zu testieren.