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  • 01.08.2006 | Testament

    Pflichtteilsstrafklausel ist nicht automatisch eine Schlusserbeneinsetzung

    von Ri Andreas Möller, Bochum
    Kann nicht festgestellt werden, dass Eheleute, die sich gegenseitig als Erben eingesetzt und im Hinblick auf ihre Kinder eine Pflichtteilsstrafklausel in das Testament aufgenommen haben, die Kinder als Schlusserben einsetzen wollten, darf ein solcher Wille nicht unterstellt werden (OLG Karlsruhe 19.1.06, 14 Wx 28/05, n.v., Abruf-Nr. 062072).

     

    Sachverhalt

    Aus der Ehe des Erblassers mit seiner ersten Ehefrau sind die Beteiligten zu 2 bis 5 hervorgegangen. Die Eheleute hatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet und sich darin gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Für den Fall des gleichzeitigen Versterbens sollte der Nachlass zu je einem Viertel an die Abkömmlinge gehen. Kurz darauf wurde ergänzt, dass für den Fall, dass ein Kind sein Erbteil geltend machen sollte, es auf sein Pflichtteil gesetzt werde, auch für das Erbteil des überlebenden Ehegatten. In der Folgezeit heiratete der Erblasser nach dem Tod der ersten Ehefrau erneut und errichtete mit seiner zweiten Ehefrau, der Beteiligten zu 1, ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben und u.a. die Beteiligten zu 2 bis 5 zu Schlusserben des überlebenden Ehegatten einsetzten. Die Beteiligte zu 1 hat nach dem Tod des Erblassers die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Alleinerbin ausweist. Die Beteiligten zu 2 bis 5 sind dem entgegengetreten. Der Wirksamkeit dieses Testaments stehe die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments mit der ersten Ehefrau entgegen. Darin hätten die Eheleute die Kinder als Schlusserben eingesetzt. Der Erblasser habe auch krankheitsbedingt Geschriebenes nicht mehr lesen können. Das Nachlassgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 dagegen blieb erfolglos. Ihre weitere Beschwerde führt zur Zurückverweisung der Sache an das Nachlassgericht.  

     

    Entscheidungsgründe

    Allein in der Pflichtteilsstrafklausel liegt keine Schlusserbeneinsetzung (h.M. OLG Saarbrücken NJW-RR 94, 844; OLG Bremen ZEV 94, 365; OLG Celle MDR 03, 813). Denn der Erblasser kann gemäß § 1938 BGB einen Verwandten von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen, ohne einen Erben einzusetzen. Mit der Pflichtteilsstrafklausel können die Eheleute damit allein die Absicht verfolgen, den überlebenden Ehegatten davor zu schützen, dass ein Kind nach dem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil verlangt.  

     

    Erforderlich für eine Schlusserbeneinsetzung sind damit Anhaltspunkte im Testament oder außerhalb des Testaments. Solche liegen nicht vor. Dass die Eheleute etwas anderes wollten als sie niedergeschrieben haben, darf nicht unterstellt werden, wenn es keinen Anhaltspunkt für einen solchen anderen Willen gibt.