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  • 01.04.2006 | Testament

    Irrtum über die Folgen der Rücknahme des notariellen Testaments aus amtlicher Verwahrung

    von RA Ernst Sarres, FA Familienrecht, Düsseldorf

    Probleme können auftreten, wenn ein notarielles Testament aus der amtlichen Verwahrung zurück genommen wird und fraglich ist, ob sich der Erblasser dabei in einem Irrtum über die Rechtsfolgen der Testamentsrücknahme befunden hat. Dazu der praktische Fall des BayObLG.  

     

    Der Fall des BayObLG (NJW-RR 05, 957 = ZEV 05, 480)

    Die vermögende Erblasserin E hinterließ zwei Kinder, ihre Tochter A und ihren Sohn B. Sie hatte A mit notariellem Testament zu ihrer Alleinerbin eingesetzt. E hat dieses Testament später aus der amtlichen Verwahrung zurückgenommen. A, die für E bis zu deren Tod als ihre Betreuerin bestellt war, beantragte die Erteilung des Erbscheins für sich als Alleinerbin, da nach ihrer Meinung die E bei Rücknahme des notariellen Testaments aus der Verwahrung nicht testierfähig gewesen und unter psychischem Druck gehandelt habe. Ferner focht A ergänzend den Widerruf des Testaments durch Rücknahme aus der Verwahrung wegen Irrtums und Drohung an. B beantragte dagegen die Erbscheinserteilung gemäß der gesetzlichen Erbfolge für sich und A zu je ½ Anteil. Das AG erteilte den Erbschein antragsgemäß. Im Beschwerdeverfahren vor dem LG machte A durch Vorlage eines Schreibens des Anwalts der E geltend, dass diese damals erklärt hatte, das Testament zu Gunsten der A nicht ändern zu wollen. Diese Äußerung erfolgte zeitnah im Zusammenhang mit der Rücknahme des Testaments aus der amtlichen Verwahrung. Ferner hatte E bei einer ärztlichen Untersuchung erklärt, sie habe die A als Alleinerbin eingesetzt, weil sie sich um sie gekümmert habe. Diese Beschwerde hatte keinen Erfolg. Dagegen hatte die weitere Beschwerde der A Erfolg.  

    Rücknahme aus amtlicher Verwahrung und Rechtsfolgen

    Wird ein notarielles Testament aus amtlicher Verwahrung an den Erblasser zurückgegeben, liegt darin nach h.M. eine Verfügung von Todes wegen, die der Anfechtung gemäß § 2078 BGB unterliegen kann (BGHZ 23, 207; zur Anfechtung: BayObLG NJW-RR 90, 1481). Im vorliegenden Fall könnte A demzufolge die Rücknahme des Testaments als letztwillige Verfügung mit Erfolg gemäß § 2078 BGB anfechten, wenn sie einen Anfechtungsgrund hatte.  

     

    Werden Anknüpfungstatsachen zu einem Irrtum als Anfechtungsgrund vorgetragen, muss das Gericht den Sachverhalt aufklären, § 2358 BGB, § 12 FGG. Das Gericht muss dem aber nur nachgehen, wenn hierzu nach den Angaben der Beteiligten ein konkreter Anlass besteht.