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  • 03.05.2011 | Testament

    Auslegung einer letztwilligen Verfügung über eine wertlose Wohnungseinrichtung

    von RiLG Dr. Andreas Möller, Bochum

    Auslegung eines Testaments, in dem die Erblasserin über ihre wertlose Wohnungseinrichtung, nicht aber über ihr Geldvermögen zugunsten einer Person verfügt, der sie Kontovollmacht über den Tod hinaus erteilt hatte (OLG München 15.7.10, 31 Wx 33/10, FamRZ 11, 68, Abruf-Nr. 102739).

     

    Sachverhalt

    Die Erblasserin verstarb kinderlos. Vorher hatte sie der Beteiligten zu 1 für ihre Sparkonten eine Kontovollmacht erteilt. Sie traf zudem zugunsten der Beteiligten zu 1 eine Vorsorgevollmacht sowie eine Patientenverfügung. Die Erblasserin errichtete ein Testament, nach dem die Beteiligte zu 1 berechtigt ist, die gesamte Wohnungseinrichtung in Empfang zu nehmen. Ferner sollte die Beteiligte zu 1 ein Vermächtnis über 500 EUR erfüllen. Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus Bankguthaben i.H. von insgesamt ca. 50.000 EUR. Die Beteiligte zu 1 beantragte unter Berufung auf das Testament einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist. Diesen Erbschein bewilligte das Nachlassgericht mit Beschluss, setzte die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses aber aus. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 2, die weiterhin der Auffassung ist, dass das Testament keine Erbeinsetzung enthalte, sondern lediglich die Anordnung zweier Vermächtnisse. Die Beschwerde hatte Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Aus dem Testament ergibt sich keine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1. Deswegen ist gesetzliche Erbfolge eingetreten und ihr Antrag auf Erteilung eines Alleinerbscheins ist zurückzuweisen.  

     

    Die Erblasserin hat die Beteiligte zu 1 nicht ausdrücklich als Erbin eingesetzt. Auch die gebotene individuelle Auslegung (BGH FamRZ 72, 561; BayObLG FamRZ 90, 1399) führt nicht zur Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1. Die individuelle Auslegung führt aber regelmäßig dazu, eine Erbeinsetzung anzunehmen, wenn der Erblasser praktisch sein ganzes Vermögen an die bedachten Personen aufgeteilt hat, da nicht angenommen werden kann, dass er gar keinen Erben berufen wollte (BayObLG ZEV 97, 162; 01, 240 = FamRZ 01, 1174; FamRZ 05, 1202, 1203 m.w.N.). Da die Wohnungseinrichtung wertlos ist und das Bankvermögen daher das wesentliche Vermögen darstellt, kann nach diesen Grundsätzen in der Zuwendung der Wohnungseinrichtung keine Erbeinsetzung erblickt werden.