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  • 07.06.2011 | Insolvenz

    Erbfall in der Wohlverhaltensphase

    von RiLG Dr. Andreas Möller, Bochum

    Tritt der Erbfall in der Wohlverhaltensphase ein, entsteht die Obliegenheit des Schuldners, die Hälfte des Werts des Vermächtnisses an den Treuhänder abzuführen, erst mit der Annahme des Vermächtnisses (Ergänzung von BGH 25.6.09, IX ZB 196/08, ZEV 09, 469, Abruf-Nr. 092500). (BGH 10.3.11, IX ZB 168/09, FamRZ 11, 809, Abruf-Nr. 111232)

     

    Sachverhalt

    Das auf seinen eigenen Antrag eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners wurde nach Ankündigung der Restschuldbefreiung im Jahr 04 aufgehoben. Im April 05 verstarb die Mutter des Schuldners. Der Schuldner wurde nicht Erbe. Ihm wurde nur als Vermächtnis ein Teil eines Grundstücks zugewendet. Von dem Vermächtnis erfuhr der Treuhänder erst im Januar 08 durch ein Schreiben eines Bruders des Schuldners. Der Schuldner machte weder den Pflichtteil nach seiner Mutter geltend, noch nahm er das Vermächtnis an. Auf Antrag der weiteren Beteiligten zu 1 hat das Insolvenzgericht dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt. Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde erstrebt der Schuldner die Aufhebung der Versagung der Restschuldbefreiung. Diese war erfolgreich.  

     

    Entscheidungsgründe

    Es liegen nicht die Voraussetzungen für eine Versagung der Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 1 S. 1 InsO wegen einer Obliegenheitsverletzung vor. Der Schuldner hat die Obliegenheit nach § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht verletzt. Hiernach muss der Schuldner während der Laufzeit der Abtretungserklärung Vermögen, das er von Todes wegen erwirbt, zur Hälfte des Werts an den Treuhänder herausgeben. Zum von Todes wegen erworbenen Vermögen gehört auch ein Anspruch aus einem Vermächtnis.  

     

    Die Obliegenheit des Schuldners, die Hälfte des Werts des Vermächtnisses an den Treuhänder abzuführen, entsteht aber erst mit der Annahme des Vermächtnisses. Die dadurch für den Schuldner bestehende Möglichkeit, den Halbteilungsgrundsatz zu umgehen, indem er das Vermächtnis erst nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode annimmt, muss in Kauf genommen werden. Ein Verzicht auf ein Vermächtnis ist ebenso wie die Entscheidung über die Ausschlagung einer Erbschaft und über die Geltendmachung des Pflichtteils höchstpersönlicher Natur. Der persönliche Charakter der Entscheidungen darf nicht durch einen mittelbaren Zwang unterlaufen werden, der sich ergäbe wenn man schon die Erbausschlagung oder den Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteils als Obliegenheitsverletzung i.S. des § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO ansähe (BGH ZEV 09, 469).