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  • 01.11.2007 | Erbvertrag

    Erbquote kann nicht null betragen

    von RA und Notar Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Braunschweig
    1. Setzen Ehegatten in einem Erbvertrag ihre beiden Kinder vertragsmäßig bindend zu gleichen Teilen als Erben ein und soll andererseits der überlebende Ehegatte befugt sein, die Anordnung – insbesondere durch eine anderweitige Festlegung der Erbquoten – zu ändern, so enthält dies – ohne besondere Anhaltspunkte im Willen des Erblassers – nicht die Ermächtigung des letztversterbenden Ehegatten, die „Erbquote“ eines der beiden Kinder auf null zu setzen.  
    2. Die – ohne die Feststellung dahin gehender Anhaltspunkte im Willen des Erblassers – getroffene Annahme der Tatsacheninstanz, die Änderungsbefugnis des überlebenden Ehegatten enthalte auch die Ermächtigung einen der Erben mit der „Quote“ null zu bedenken, stellt sich als rechtsfehlerhafte, weil gegen den allgemeinen Sprachgebrauch verstoßende Auslegung der letztwilligen Verfügung dar.  
    (OLG Düsseldorf 29.1.07, I – 3 Wx 256/06, FamRZ 07, 769, Abruf-Nr. 072333)  

     

    Sachverhalt

    Die Erblasserin hatte gemeinsam mit ihrem Ehemann einen Erbvertrag errichtet, der sich an die typische Konstruktion des häufig anzutreffenden sog. Berliner Testaments anlehnte. Danach setzten sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben ein und ihre beiden Kinder je zur Hälfte als Schlusserben beim Tod des Längerlebenden. Allerdings sollte der Überlebende befugt sein, diese Anordnung noch zu ändern, insbesondere durch eine anderweitige Festlegung der Erbquoten und bei Vorliegen anderer beispielhaft aufgeführte Fälle. Allen Beispielen war jedoch eine Enterbungsbefugnis nicht eindeutig zu entnehmen. Nach dem Tod des Ehemannes errichtete die Ehefrau ein privatschriftliches Testament. Hierin verfügte sie, dass das eine Kind das gesamte Vermögen erhält. Nach dem Tod der Mutter kam es zwischen den Geschwistern zum Streit über die Wirksamkeit des privatschriftlichen Testaments. In erster Instanz erklärte das LG das Testament für wirksam, weil die erbvertragliche Änderungsklausel auch die Enterbung zuließe. Dem widersprach in zweiter Instanz das OLG.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der Abänderungsvorbehalt im Erbvertrag ist zwar nicht direkt eingeschränkt. Die Formulierung lautet: „Der Überlebende von uns ist jedoch befugt ... zu ändern.“ Allein diese Formulierung lässt grundsätzlich auch eine Enterbung einer der beiden zuvor eingesetzten Schlusserben zu. Durch die Aufzählung verschiedener Beispiele wird der Umfang der Änderungsbefugnis präzisiert.  

     

    Die verwendete Formulierung „anderweitige Festlegung der Erbquoten“ legt die Annahme nahe, dass der Änderungsvorbehalt nach dem Willen der Parteien des Erbvertrags eine Enterbung eines Kindes gerade nicht zulassen sollte. Der Begriff der Quote bezeichnet nach allgemeinem Sprachgebrauch den Anteil, der bei der Verteilung eines Ganzen auf den Einzelnen entfällt. Die Erbquote legt danach den Anteil der Erben am Nachlass fest. Wer bei der Verteilung eines Ganzen nichts erhält, erhält nach allgemeinem Verständnis auch keine Quote.