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  • 02.09.2009 | Erbrechtsreform

    Ausgleich von Pflegeleistungen im Erbfall

    von RA Holger Siebert, FA Steuerrecht und Erbrecht, Alsfeld

    In EE 08, 174 haben wir auf die geplante gesetzliche Neuregelung der §§ 2057a und b BGB und deren Tragweite hingewiesen. Die Reform kam jedoch nur verkürzt zustande (siehe Damrau, EE 09, 132). § 2057b BGB-E, der im Rahmen der Ausgleichung eine nachträgliche erbrechtliche Berücksichtigung von Pflegeleistungen ermöglichen sollte, wurde fallengelassen. Stattdessen wird die Ausgleichungspflicht nach § 2057a Abs. 1 BGB künftig nicht mehr davon abhängen, dass der pflegende Angehörige auf Einkünfte verzichtet hat. Der folgende Beitrag zeigt, wie die Ausgleichungsbeträge ermittelt werden und stellt die Auswirkungen der Reform vor.  

    1. Ausgangslage

    Zwei Drittel der pflegebedürftigen Menschen werden bis zu ihrem Tod zu Hause und nicht im Heim gepflegt. Die häusliche Pflege wird vielfach von den Angehörigen übernommen, die hierbei erhebliche Leistungen erbringen. Aufgrund familiärer Verbundenheit werden dabei oft keine Regelungen über einen eigentlich zwingend gebotenen finanziellen Ausgleich getroffen (Stellungnahme des Deutschen Notarvereins, notar 07, 151). Nach der bisherigen Rechtslage (§ 2057a BGB a.F.) war Voraussetzung für eine Ausgleichung, dass ein Abkömmling unter Verzicht auf berufliches Einkommen den Erblasser während längerer Zeit gepflegt hat.  

    2. Ergebnis der Reform

    Die Voraussetzung „Verzicht auf berufliches Einkommen“ wird insbesondere von nicht berufstätigen Frauen, die die Pflege erbringen, nicht erfüllt. Aufgrund der strengen Anforderungen gelangte die Norm kaum zur praktischen Anwendung (Odersky, MittBayNot 08, 2, 6). Künftig kann ein Abkömmling daher Ausgleich für Pflegeleistungen unabhängig davon erhalten, ob für die Pflegeleistungen auf eigenes berufliches Einkommen verzichtet wird, also auch, wenn der Abkömmling die Pflege zusätzlich zu seiner Berufstätigkeit übernimmt oder bereits vor Aufnahme der Pflegetätigkeit arbeitslos gewesen ist (§ 2057a BGB n.F.).  

    3. Voraussetzungen

    Voraussetzung ist hier zunächst, dass mehrere Abkömmlinge kraft Gesetzes oder gewillkürt in Quoten gemäß § 2052 BGB erben. Verfügt der Erblasser anders als in § 2052 BGB vorgesehen, findet keine Ausgleichung statt, denn er hat es im Rahmen der bestehenden Testierfreiheit (§ 2302 BGB) in der Hand, seine Abkömmlinge beim Erbfall unterschiedlich zu behandeln und den von § 2057a BGB vorausgesetzten mutmaßlichen Erblasserwillen zu widerlegen. Ausgleichungsberechtigt und verpflichtet sind die folgenden Personen unter den folgenden Bedingungen:  

     

    Übersicht: Ausgleichsberechtigt sind
    • die beim Sterbefall vorhandenen nächsten Abkömmlinge (einschließlich der nichtehelichen Kinder u. Kindeskinder); dies gilt jedoch nur für die Leistungen, die ihnen selbst zurechenbar sind (MüKo/Heldrich, BGB, 4. Aufl., § 2057a Rn. 9 für den Fall, dass ein nicht zur Erbfolge gelangender Enkel Leistungen für den Erblasser erbracht hat);

     

    • die in den Fällen des § 2051 Abs. 1 BGB Nachgerückten für die Leistungen des Vormanns (grundlegend Damrau, FamRZ 69, 579, 580, ferner MüKo/Heldrich, a.a.O., Rn. 6);

     

    • der Ersatzerbe in den Fällen des § 2051 Abs. 2 BGB für die Leistungen des Weggefallenen;

     

    • der Erbe eines ausgleichungsberechtigten Abkömmlings, wenn dieser nach dem Erbfall weggefallen ist. Grund: Das Ausgleichsrecht ist vererblich (MüKo/Heldrich, a.a.O., Rn. 8). Umgekehrt kann der zur Erbfolge gelangte Abkömmling keine Ausgleichung beanspruchen, wenn nicht er, sondern sein Abkömmling (Enkel des Erblassers) selbstständig für den Erblasser tätig war.