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  • 01.01.2007 | Erbenhaftung

    Berufung auf die Dürftigkeitseinrede versagt

    von RA Gudrun Möller, Nordkirchen
    Einem Erben ist die Dürftigkeitseinrede versagt, wenn er zusagt, anstelle eines testamentarisch vermachten Wohnrechts eine Kapitalbetragsabfindung sowie eine näher konkretisierte Rente zu erbringen und keinen Vorbehalt hinsichtlich der Leistungsfähigkeit erklärt (OLG Oldenburg 31.1.06, 12 U 87/05, n.v., Abruf-Nr. 063103).

     

    Sachverhalt

    Der Beklagte ist Erbe der Erblasserin. Die Klägerin war deren Haushälterin. Im Testament hat die Erblasserin zugunsten der Klägerin angeordnet, dass dieser auf dem Anwesen in D eine Wohnung auf Lebenszeit zur Verfügung steht und dass sie aus dem Nachlass auf Lebenszeit eine monatliche Geldzahlung in bestimmter Höhe erhält. Solange sie die Tiere der Erblasserin versorgt, erfolgt volle Auszahlung. Anschließend ist ihre Rente anzurechnen. Der Beklagte wollte das Anwesen in D verwerten. Unter Mitwirkung der Prozessbevollmächtigten trafen die Parteien eine mündliche Vereinbarung. Darin verzichtete die Klägerin auf ihr Wohnrecht. Zur Abfindung erhielt sie einen sofort fälligen Betrag sowie später eine weitere Summe. Die monatliche Geldleistung sollte sie weiter unter Abzug ihrer Rente erhalten. Der Beklagte zahlte den ersten Betrag sofort. Die weiteren Zahlungen verweigerte er, da der Nachlass überschuldet sei. Die Klägerin hat ihn erfolgreich auf Zahlung dieses Betrags in Anspruch genommen. Im vorliegenden Verfahren fordert sie von ihm die Rente. Das LG hat ihn zur Zahlung verurteilt. Dagegen wendet er sich erfolglos mit der Berufung.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der Beklagte kann sich nicht auf die Einrede der beschränkten Erbenhaftung berufen. Dies folgt aus der Auslegung des Vertrags der Parteien. Darin haben sie eine Neuregelung zum Wohnrecht, zur Pflege der Tiere und zur Rente getroffen. Die Klägerin hat auf einen Teil ihrer Rechte verzichtet. Im Gegenzug dazu hat sich der Beklagte zur Zahlung eines erheblichen Betrags verpflichtet, der im Testament nicht vorgesehen war.  

     

    Den Fall, dass der Nachlass überschuldet und dadurch die Zahlung der Beträge gefährdet oder ausgeschlossen ist, haben die Parteien nicht geregelt. Demgemäß ist die Vereinbarung insoweit auszulegen. Maßgeblich dafür ist der hypothetische Parteiwille. Es ist darauf abzustellen, was die Parteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten (BGHZ 84, 1; 90, 69).