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  • 02.06.2008 | Berufsrecht

    Darf der Notar im Erbscheinsverfahren tätig werden?

    von RA und Notar Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Braunschweig

    In der Praxis tritt immer wieder die Frage auf, ob Notare in dieser Eigenschaft auch im Erbscheinsverfahren tätig werden dürfen. Der Beitrag beantwortet diese Frage anhand eines praktischen Falls.  

     

    Beispiel

    Notar N beurkundet einen Erbscheinsantrag für A aufgrund eines Testaments, das den Antragsteller als Alleinerben ausweist. Im Anhörungsverfahren des Nachlassgerichts meldet sich B und vertritt die Auffassung, dass er und A zu Miterben zu je ½ Anteil berufen sind. Er beruft sich hierzu auf ein zeitlich zuvor errichtetes Testament. Wegen dessen Wechselbezüglichkeit sei das spätere Testament unwirksam. Das AG erlässt einen Vorbescheid und bejaht die Wechselbezüglichkeit von Testament 1. Notar N legt für A Beschwerde ein. Ist dies zulässig?  

     

    Tätigkeit des Notars im Erbscheinsverfahren

    Die Frage, ob ein Notar auch im Erbscheinsverfahren als Notar tätig werden darf, wird nur verständlich, wenn man den Beschluss des BGH vom 20.1.69 kennt (NotZ 1/68, DNotZ 69, 503 ff.). Danach muss ein Notar im Erbscheinsverfahren die Vertretung des Antragstellers sofort niederlegen, wenn ein anderer Verfahrensbeteiligter eine vom Antrag abweichende Rechtsauffassung vertritt. Der BGH hat mit dieser Entscheidung für Notare ein generelles Vertretungsverbot postuliert, sobald in einem Verfahren der vorsorgenden Rechtspflege Parteien auf gleicher Ebene gegensätzliche Interessen verfolgen. Diese Entscheidung wird – soweit ersichtlich – in allen Kommentierungen zur Bundesnotarordnung (BNotO) auch heute noch kritiklos wiedergegeben, obwohl das Berufsrecht der Notare seit 1998 geändert worden ist. Litzenburger hat sich mit dieser Thematik ausführlich auseinandergesetzt (NotBZ 05, 239 ff.).  

     

    Nach neuem Berufsrecht besteht für Notar N kein Vertretungsverbot:

     

    • Die notariellen Mitwirkungsverbote des § 3 BeurkG schließen seit der Berufsrechtsnovelle auch die sonstigen Betreuungstätigkeiten des Notars im Bereich der vorsorgenden Rechtspflege ein (s. § 16 Abs. 1 BNotO). Zu den sonstigen Betreuungstätigkeiten gehört u.a. die Vertretung vor Verwaltungsbehörden und Gerichten, was unmittelbar aus § 24 Abs. 1 S. 2 BNotO folgt. Da der Gesetzgeber für den Notar Mitwirkungsverbote aufgestellt hat, geht er somit vom Grundsatz her davon aus, dass der Notar auch bei widerstreitenden Interessen tätig werden kann.