Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.08.2006 | Berufsrecht

    Anwaltliche Interessenkollisionen im Erbrechtsmandat

    Die (mögliche) anwaltliche Vertretung mehrerer Mandanten kann im Erbrecht bei widerstreitenden Interessen nicht nur berufsrechtliche Probleme hervorrufen, sondern wird zwangsläufig auch den Verlust sämtlicher Mandate in derselben Rechtssache zur Folge haben. Der folgende Beitrag zeigt daher anhand eines Beispiels eine typische Situation der Interessenkollision und deren Konsequenzen auf.  

    Beispiel

    Die Erbengemeinschaft nach dem Erblasser E besteht aus drei Miterben A, B und C, die die Gemeinschaft zügig aufheben wollen. A und B beauftragen den Rechtsanwalt R mit ihrer Interessenwahrnehmung gegenüber dem Miterben C zunächst wegen einer Teilauseinandersetzung. Der Miterbe B kündigt das Mandat bei R, nachdem ein Gutachten über den Wert des Nachlassvermögens erstellt worden ist und beauftragt Rechtsanwalt S, seine Interessen wahrzunehmen. B möchte jetzt die Vollauseinandersetzung des Nachlasses. Später kommt es zu einer einvernehmlichen Regelung der Erbauseinandersetzung mit den beteiligten Rechtsanwälten über das gesamte Nachlassvermögen. Bestehen gegen diese Vorgehensweise Bedenken?  

     

    Solche Fragen mit Kollisionscharakter ergeben sich in der Rechtspraxis bei gewünschter Mandatserteilung durch mehre Miterben oder mehrere Pflichtteilsberechtigte. Diesen Gefahren kann nur durch intensive Prüfung möglicher Interessenkollisionen begegnet werden, ebenso durch zwischenzeitliche Kontrollen auf Gleichlauf der Interessen der vertretenen Mandanten.  

     

    Lösung

    Die Voraussetzungen einer Interessenkollision gemäß § 43a Abs. 4 BRAO, § 3 BORA liegen vor.  

     

    Denn R hat zunächst A und B gemeinsam vertreten, die eine zeitlang gleichgerichtete Interessen verfolgten. Anschließend hat er A auch gegen B vertreten. Gerade B hatte R aber bereits im entgegen gesetzten Interesse beraten und vertreten. B war zuvor Mandant und ist nun Gegner. Diese Konstellation hat im Verhältnis von A und B erhebliche rechtliche Bedeutung gewonnen. B hatte dem R bei Mandatsübernahme bestimmte erbrechtliche Informationen anvertraut. Diese nachlassbezogenen Informationen könnte R für seinen verbliebenen Mandanten A gegen seinen früheren Mandanten B verwenden.  

     

    R wurde auch formal „in derselben Rechtssache“ tätig. Der Streitstoff war derselbe geblieben. Denn es ging immer noch um die Auseinandersetzung des selben Nachlassvermögens. Ein Interessenwiderstreit zwischen A und B besteht nicht nur deshalb, weil sie Miterben sind, deren Interessen potenziell gegenläufig sind (BGH NJW 89, 2903). Vielmehr hatte sich der konkrete Interessengegensatz noch dadurch verstärkt, dass B jetzt die vollständige Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft wollte und nicht nur die Teilauseinandersetzung (BGH, a.a.O.). Der Kollisionsfall trat bereits zu dem Zeitpunkt ein, als B das Mandat bei R kündigte. R hätte bereits jetzt A sofort informieren müssen und „als sicherster Weg“ das Mandat niederlegen müssen.  

     

    Denn eine weitere Vertretung des A war nur gegen B als Gegner möglich, also gegen seinen früheren Mandanten. Diese Konstellation war nur dadurch zu vermeiden, dass R das Mandat für A niederlegt. Eine andere Möglichkeit besteht nicht, denn auf Grund der Beteiligung aller Miterben an der Nachlassauseinandersetzung bestand die Interessenkollision solange, wie R den A auch gegen B vertrat.  

     

    Praxishinweis: Die Interessen von Miterben sind im Zuge einer Auseinandersetzung „ihrer Natur nach gegenläufig“. Wenn einer von mehreren bisher vertretenen Miterben bei einer Auseinandersetzung seine Interessenrichtung umstellt, stellt sich die Kollisionsfrage. R darf das Mandat für A auch nicht fortsetzen, wenn A damit einverstanden sein sollte. Denn A kann nicht über „das Verbot widerstreitender Interessen“ verfügen. Es dient nicht nur ihm, sondern u.a. auch dem Vertrauen in die Anwaltschaft und in die Funktion der Rechtspflege.  

     

    Eine Interessenkollision kann für den Anwalt verschiedene Folgen und Handlungspflichten auslösen. Dazu im Einzelnen: