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  • 01.10.2006 | Berliner Testament

    Haftungsfalle Pflichtteilsklausel

    von RA Gudrun Möller, Nordkirchen
    Beim Berliner Testament mit Verwirkungsklausel (Pflichtteilsklausel) kann der Eintritt der auflösenden Bedingung grundsätzlich auch nach dem Tod des längstlebenden Ehegatten, nach Annahme der Schlusserbschaft und nach Verjährung des Pflichtteilsanspruchs nach dem Erstverstorbenen herbeigeführt werden (BGH 12.7.06, IV ZR 298/03, n.v., Abruf-Nr. 062563).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadenersatz aus anwaltlicher Pflichtverletzung. Die Eltern des Klägers hatten im Berliner Testament diesen und seinen Bruder als Schlusserben eingesetzt. Der Bruder sollte zudem das Elternhaus als Vorausvermächtnis bekommen. Für den Fall, dass nach dem Tod des Erstversterbenden die Abkömmlinge den Pflichtteil verlangen sollten, sollten sie auch nach dem Tod des Letztversterbenden nur diesen erhalten. Nach dem Tod des Vaters machten sie keine Pflichtteilsansprüche geltend. Nach dem Tod der Mutter wurde auf Antrag des Klägers ein Erbschein erteilt, der beide Söhne als Miterben nach dieser zu je 1/2 auswies. Der Kläger sah sich jedoch benachteiligt. Der Beklagte riet ihm, die Annahme der Erbschaft anzufechten, um so den Pflichtteil nach der Mutter fordern zu können. Die Anfechtung blieb erfolglos, ebenso die gegen den Bruder erhobene Klage auf Zahlung des Pflichtteils nach beiden Elternteilen. Der Kläger wirft dem Beklagten vor, ihn nicht darauf hingewiesen zu haben, den inzwischen verjährten Pflichtteilsanspruch nach dem Vater zu fordern. Seine Klage war erfolglos. Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Eltern haben sich gegenseitig als Vollerben und ihre Kinder als Schlusserben eingesetzt und damit bezüglich des Erstversterbenden enterbt (BayObLG OLGE 44, 105). Sie haben ihre Kinder auf Grund der Pflichtteilsklausel auflösend bedingt als Schlusserben eingesetzt, § 2075 BGB (BayObLGZ 04, 5). Der Kläger ist nach Annahme der Erbschaft jedoch nicht gehindert, durch Verlangen des Pflichtteils nach dem Vater noch die Wirkungen der Pflichtteilsklausel auszulösen, dadurch seine Schlusserbenstellung zu beseitigen und schließlich auch den Pflichtteil nach der Mutter zu erlangen.  

     

    Der Eintritt der auflösenden Bedingung kann noch nach dem Tod des überlebenden Ehegatten eintreten (BGH ZEV 05, 117). Die Annahme der Erbschaft stand dem Eintritt der auflösenden Bedingung nicht entgegen, § 2075 BGB. Die Vorschrift sieht eine auflösende Bedingung für letztwillige Zuwendungen vor (BGHZ 96, 198). Mit Bedingungseintritt entfällt die Erbenstellung (BGH FamRZ 85, 278), und zwar unabhängig davon, ob die Annahme der Erbschaft anfechtbar war, § 1954 BGB.