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  • 01.07.2006 | Ausgleichung

    Wie werden Vorempfänge beim Berliner Testament richtig berücksichtigt?

    von RA und Notar Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Braunschweig

    Nach § 2050 BGB können nur Zuwendungen des Erblassers ausgeglichen werden. Probleme wirft der Fall auf, dass Ehegatten ein sog. Berliner Testament errichten und ihren gemeinschaftlichen Kindern ausgleichungspflichtige Zuwendungen gewährt haben. Der folgende Beitrag zeigt, wie Sie hier die Vorempfänge richtig berücksichtigen (vgl. zu Vorempfängen allgemein: Gemmer, EE 05, 151 und 207 [neue Abonnenten können die Beiträge kostenlos anfordern: Fax: 02596 922-99, kein Fax-Abruf!]).  

     

    Beispiel: Ausgleichung gesetzlich nicht erfasster Zuwendungen – Berliner Testament

    Eheleute E und F haben sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt und als Schlusserben ihre drei Kinder A, B, und C zu je 1/3. A hat von seinem Vater eine ausgleichspflichtige Zuwendung von 90.000 EUR erhalten. Nach dessen Tod wird F Alleinerbin. Sie wendet B eine ausgleichspflichtige Zuwendung von 110.000 EUR zu. C hat von seinen Eltern keine ausgleichspflichtige Zuwendung erhalten. Wie ist die Ausgleichung zwischen den Geschwistern nach dem Tod der F vorzunehmen? Der Nachlasswert beträgt 400.000 EUR.  

     

    Lösung: Da nach dem Gesetzeswortlaut nur die Zuwendungen „des Erblassers“ auszugleichen sind, wäre bei der Ausgleichsberechnung folgerichtig nur die Zuwendung an B zu berücksichtigen. Dem Nachlasswert von 400.000 EUR wäre die Zuwendung an B von 110.000 EUR hinzuzurechnen. Dies ergibt 510.000 EUR, wobei auf A, B und C entsprechend ihrem Erbteil zu je 1/3 je 170.000 EUR entfallen. Nach Abzug der zu berücksichtigenden Vorempfänge verbleibt der auszukehrende Erbteil. Er beträgt für  

     

    A = 170.000 EUR abzüglich Vorempfang 0 EUR = 170.000 EUR,  

    B = 170.000 EUR abzüglich Vorempfang 110.000 EUR = 60.000 EUR,  

    C = 170.000 EUR abzüglich Vorempfang 0 EUR = 170.000 EUR.  

     

     

    Dieses Ergebnis ist von den Eltern nicht gewollt. Es stellt auf den nicht beeinflussbaren Umstand ab, ob zunächst E oder F verstirbt. Allein davon würde es abhängen, welche der Zuwendungen bei der Ausgleichung berücksichtigt würde. Letztlich führt dies zur ungewollten Privilegierung eines der Kinder; hier zur Bevorzugung des A. Um ein solches Zufallsergebnis zu vermeiden, gilt nach wohl h.M. im Regelfall beim Berliner Testament auch der erstverstorbene Ehegatte als Erblasser i.S. von § 2052 BGB (Staudinger/Werner, BGB, 13. Aufl., § 2052 Rn. 6; Palandt/Edenhofer, BGB, 65. Aufl., § 2052 Rn. 2). Dies muss nicht ausdrücklich bei der Ausgleichungsanordnung oder im Testament festgestellt werden.