·Fachbeitrag ·Wettbewerbsrecht
BGH: Keine Preisbindung bei Arzneimitteln zur patientenindividuellen Verblisterung
von RA Andreas Frohn, LL.M., Köln, www.kanzlei-am-aerztehaus.de
| Für den pharmazeutischen Unternehmer besteht keine Pflicht zur Sicherstellung eines einheitlichen Abgabepreises für Arzneimittel, aus denen Apotheken patientenindividuelle Blister zusammenstellen (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 5.3.2015, Az. I ZR 185/13, Urteil unter www.dejure.org). Die lange erwarteten Urteilsgründe des BGH liegen nun endlich vor. |
Sachverhalt
Das beklagte Pharmaunternehmen bot Apotheken zu vergünstigten Preisen Arzneimittel an, die diese zur patientenindividuellen Verblisterung einsetzen. Die Wettbewerbszentrale hielt dies für einen Verstoß gegen § 78 Abs. 3 S. 1 Arzneimittelgesetz (AMG). Danach ist für Arzneimittel, die der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) unterfallen, ein einheitlicher Abgabepreis sicherzustellen.
Entscheidungsgründe
Der BGH orientiert sich bei seiner Entscheidung stark am Wortlaut der Vorschriften. Gemäß § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 AMPreisV gelte die AMPreisV - und damit die Pflicht zur Sicherstellung des einheitlichen Abgabepreises - nicht für aus Fertigarzneimitteln entnommene Teilmengen, soweit deren Darreichungsform, Zusammensetzung und Stärke unverändert bleibt. Genau dies treffe aber auf die Verblisterung zu. Folglich bestehe keine Preisbindung. Nach dem Wortlaut sei es dabei auch unerheblich, ob dem Apotheker eine entsprechende „Blister-Verordnung“ des Arztes vorliege. Ebenso müsse außer Betracht bleiben, dass über die Zeit eine gesamte Packung des Arzneimittels (wenn auch verteilt auf verschiedene Blister und Patienten) und somit letztlich keine bloße Teilmenge abgegeben wird.
Anmerkung
Das Urteil des BGH ist durchaus überraschend. Wenngleich man dem Gericht rein über den Wortlaut noch folgen kann, dürfte der Sinn und Zweck der Ausnahmevorschrift in der AMPreisV nicht mit der nunmehr bestehenden Rechtslage vereinbar sein. Infolge der liberalen Entscheidung ist den Apotheken jedoch dringend zu empfehlen, entsprechende „vergünstigte“ Bestellungen tatsächlich ausschließlich zu Zwecken der Verblisterung zu tätigen. Problematisch ist zudem die Abrechenbarkeit von patientenindividuell zusammengestellten Arzneimitteln. Gemäß § 3 und § 6 Abs. 2 S. 4 des Rahmenvertrags über die Arzneimittelversorgung müssen im Falle von Blisterarzneimitteln - für die keine Preisbindung gilt - die Abrechnungspreise zulasten der GKV individuell oder auf Landesebene im Voraus ausgehandelt sein. Gerade dies ist aber bis heute so gut wie nicht der Fall. Die Konsequenz einer Abgabe ohne entsprechende Vereinbarung ist, dass kein vertraglicher Zahlungsanspruch gegenüber der Krankenkasse besteht. Dem Apotheker droht also eine Retaxierung.