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  • · Fachbeitrag · Wettbewerbsrecht

    BGH: Kaum Raum für Skonti auf Rx-Arzneimittel

    von RAin Meike Schmucker, LL.M., Münster, https://voss-medizinrecht.de

    | Der Bundesgerichtshof (BGH) hat klargestellt, dass im Verhältnis zwischen dem pharmazeutischen Großhandel und Apotheken keine Preisgestaltungen zulässig sind, die zu einer Unterschreitung des Mindestpreises von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (Rx-Arzneimitteln) führen. Damit wurde die Gewährung von Skonti zwar nicht grundsätzlich verneint. Die Spielräume für Rabatte oder sonstige Preisnachlässe wurden mit der Entscheidung des BGH (Urteil vom 08.02.2024, Az. I ZR 91/23, Abruf-Nr.  240916 ) nun aber ganz erheblich eingeschränkt. |

    Sachverhalt

    Das streitgegenständliche Rx-Arzneimittel hatte einen Apothekeneinkaufspreis von 48,66 Euro, der sich aus dem Abgabepreis von 46,50 Euro, dem Festzuschlag von 0,70 Euro (seit Juli 2023: 0,73 Euro) und einem optionalen Zuschlag von 1,46 Euro (= 3,15 Prozent) zusammensetzte. Der Mindestpreis des Arzneimittels, d. h. der Abgabepreis zzgl. des Festzuschlags ohne den optionalen Zuschlag, betrug 47,20 Euro (zzgl. Umsatzsteuer). Der Parallel- und Reimporteur räumte den Apotheken im Direktvertrieb einen Rabatt von 3,04 Prozent ein und gewährte darüber hinaus ein Skonto von 3,0 Prozent (1,42 Euro) auf den Mindestpreis von 47,20 Euro, sofern die Apotheken die Rechnung innerhalb von 14 Tagen vorfristig bezahlten. Danach belief sich der Preis für die Apotheken im Ergebnis auf 45,78 Euro.

     

    Hierfür wurde der Arzneimittelimporteur zunächst abgemahnt und anschließend auf Unterlassung verklagt, da diese Preisgestaltung nicht mit den Vorgaben des Arzneimittelgesetzes (AMG) und der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) vereinbar sei.

    Die Entscheidung

    Die vorliegende Preisgestaltung verstößt gegen die arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften (§ 78 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S. 3 AMG, § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV), die eine verbindliche Preisbindung für Rx-Arzneimittel vorsehen. Diese gelten auch für direkt vertreibende Pharmaunternehmen, die insoweit als Großhändler gelten.

     

    Das AMG und die AMPreisV normieren einen fixen Mindestpreis für den pharmazeutischen Großhandel, der sich aus dem Abgabepreis (hier: 46,50 Euro) und dem Festzuschlag von 0,70 Euro ergibt. Allein in den preislichen Grenzen des optionalen Zuschlags von 3,15 Prozent (max. 37,80 Euro) ist die Einräumung von Skonti oder sonstigen Preisnachlässen zulässig. Der Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, der Festzuschlag und die Umsatzsteuer sind hingegen zwingend einzuhalten und dürfen nicht unterschritten werden.

    Entscheidungsgründe

    Der Entscheidung des BGH liegt eine Prüfung anhand der klassischen Auslegungsmethoden (Gesetzeswortlaut, -systematik und -historie) zugrunde, die keinen Raum für eine andere Deutung lässt. Danach lässt insbesondere der Wortlaut des § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV in der seit Mai 2019 geltenden Fassung keine Ausnahmen von der Erhebung des Mindestpreises zu:

     

    • Wortlaut des § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV seit Mai 2019

    Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch den Großhandel an Apotheken oder Tierärzte sind auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ein Festzuschlag von 73 Cent sowie die Umsatzsteuer zu erheben; zusätzlich darf auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer höchstens ein Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro erhoben werden.

     

    Die frühere Fassung lautete hingegen:

     

    • Wortlaut des § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV bis Mai 2019

    Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch den Großhandel an Apotheken oder Tierärzte darf auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer höchstens ein Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro, zuzüglich eines Festzuschlags von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer erhoben werden.

     

    Die nunmehr geltende Fassung mit der Formulierung im Imperativ („sind … zu erheben“), verdeutlicht, dass der Großhandel den jeweiligen Mindestpreis (= Abgabepreis + Zuschlag) einzuhalten hat. Zugleich legt die Vorschrift auch einen Höchstpreis fest, und zwar in der Spanne des optionalen Zuschlags von maximal 3,15 Prozent bzw. 37,80 Euro. Rabatte oder sonstige Preisnachlässe sind nur innerhalb dieser Spanne zwischen Mindest- und Höchstpreis zulässig.

     

    Den Einwand, die Gewährung zusätzlicher Skonti für die Einhaltung von Zahlungszielen sei zwischen Pharmaunternehmern und Apotheken üblich, ließ der BGH nicht gelten. Vielmehr stellte er klar, dass diese Praxis nicht mehr mit § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV in der seit Mai 2019 geltenden Fassung in Einklang steht und ein unlauteres Verhalten nicht dadurch zulässig wird, dass es in der Branche üblich ist. Dabei komme es auch nicht darauf an, ob im Einzelfall sogenannte echte (vertraglich nicht geschuldete Zahlung durch den Käufer vor Fälligkeit wird abgegolten) oder unechte Skonti (pünktliche Zahlung durch den Käufer wird honoriert) eingeräumt werden.

     

    FAZIT | Es steht nun fest, dass es der Disposition der Vertragsparteien entzogen ist, über die Rabattspanne von 3,15 Prozent hinaus etwaige Preisnachlässe auf den Mindestpreis zu gewähren. Für die Apotheken geht damit ein wichtiger Einkaufsvorteil verloren, der nur durch den Gesetzgeber wiederhergestellt bzw. neu geregelt werden könnte. Bis dahin können lediglich begrenzte Spielräume im Einkauf genutzt werden, bei deren Überschreitung eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung droht.

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2024 | Seite 9 | ID 50025052