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  • · Fachbeitrag · Strafrecht

    Widerrechtliche Versorgung mit Medikamenten zu Klinikpreisen begründet nicht zwingend Betrug

    von RA, FA für StrafR Sascha Lübbersmann, Münster, www.kanzlei-akb.de

    | Werden preisgebundene Arzneimittel unzulässigerweise günstiger als Krankenhausware bezogen und abgerechnet, entsteht den liefernden Pharmaherstellern nur dann ein Verkaufs- und Rabattschaden, wenn deren alternative Absatzmöglichkeit zu dem höheren Offizinpreis gesichert erscheint (Bundesgerichtshof [BGH], Beschluss vom 12.6.2013, Az. 5 StR 581/12, Beschluss unter www.dejure.org ). |

     

    Sachverhalt

    Den beiden angeklagten Beratungsapothekern wurde vorgeworfen, unter Mitwirkung eines inzwischen rechtskräftig verurteilten Apothekers, ermächtigte Krankenhausärzte widerrechtlich mit Krebsmedikamenten zu Klinikpreisen anstelle deutlich höherer Apothekenpreise versorgt zu haben. Hierdurch soll ein strafbarer Verkaufs- und Rabattschaden zum Nachteil der liefernden Pharmahersteller in Höhe von über 500.000 Euro verursacht worden sein. Die erstinstanzliche Verurteilung der Angeklagten wegen Betrugs und - bezogen auf einen Angeklagten - Erpressung zu Bewährungsstrafen von je einem Jahr und sechs Monaten wurde indes vom BGH vollumfänglich aufgehoben.

     

    Entscheidungsgründe

    Das Landgericht Lübeck hatte den im Hinblick auf die preisgebundenen verschreibungspflichtigen Arzneimittel für einen Betrug erforderlichen Vermögensschaden durch die rechnerische Differenz zwischen dem Preis aus dem Offizinbereich und dem von der Preisbindung ausgenommenen Krankenhausbereich (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 2 Arzneimittelpreisverordnung [AMPreisV]) festgestellt. Diese Differenz - so der BGH - begründe aber dann keinen zwangsläufigen Vermögensschaden, wenn das Arzneimittel anderweitig hätte günstiger beschafft werden können (zum Beispiel auf dem Generika-Markt oder dem Markt für Parallel-Importe) bzw. wenn wie im Fall der gegebenen Fertigarzneimittel auch ohne den Ansatz des Herstellerrabatts vergleichbar günstige Produktalternativen zur Verfügung gestanden hätten.

     

    Darüber hinaus sei nicht zweifelsfrei, dass die Belieferung der ermächtigten Krankenhausärzte zwingend zu Offizinpreisen zu erfolgen hätte. Diesen Schluss lasse weder die Regelung nach § 14 Abs. 4 Apothekengesetz (ApoG) noch nach § 1 Abs. 3 AMPreisV zwingend zu. Es fehle jedenfalls an der hinreichenden Feststellung des diesbezüglichen Vorsatzes. Der BGH regt deshalb eine sanktionslose Verfahrenseinstellung nach § 153 Strafprozessordnung (StPO) an.

     

    PRAXISHINWEIS |  Das Zwei-Preis-System für Medikamente ist äußerst missbrauchsanfällig, wie die aktuelle Entscheidung belegt (vergleiche auch: BGH, Beschluss vom 5.7.2012, Az. 5 StR 1/12). Sie verdeutlicht aber auch, dass nicht jeder diesbezügliche Missbrauch strafbar ist. Deshalb ist im Einzelfall die penible Prüfung der eigenständigen strafrechtlichen Tatbestandsmerkmale unter Berücksichtigung der apotheken- und arzneimittelrechtlichen Gegebenheiten geboten.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 14 | ID 42243103