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  • · Fachbeitrag · Arbeitsrecht

    Kündigung eines Arbeitnehmers mit HIV-Infektion

    von Dr. Guido Mareck, Direktor des Arbeitsgerichts Siegen

    | Was geschieht, wenn der Apothekeninhaber von einer ansteckenden schweren Krankheit der Mitarbeiterin erfährt? Was kann er tun? Die Kündigung eines Arbeitnehmers mit HIV-Infektion, die während der Probezeit ausgesprochen wurde, kann wirksam sein (Landesarbeitsgericht [LAG] Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.1.2012, Az. 6 Sa 2159/11, Abruf-Nr. 120497 ). |

     

    Sachverhalt

    In dem zu entscheidenden Fall war ein Mitarbeiter eines Pharmaunternehmens als chemisch-technischer Assistent beschäftigt und bei der Herstellung von Medikamenten im „Reinbereich“ eingesetzt. Das Unternehmen hatte für diesen Fertigungsbereich allgemein festgelegt, dass Arbeitnehmer mit Erkrankungen jedweder Art - insbesondere auch HIV-Infektionen - nicht beschäftigt werden dürfen. Es kündigte das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist während der Probezeit, nachdem es von der HIV-Infektion des Mitarbeiters erfahren hatte. Dies hielt dieser für treuwidrig.

     

    Entscheidungsgründe

    Das LAG hält die Kündigung für wirksam. Sie sei nicht willkürlich und verstoße auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Dem Unternehmen könne nicht verwehrt werden, für die Medikamentenherstellung allgemein den Einsatz erkrankter Arbeitnehmer auszuschließen. Die Entscheidung, einen dauerhaft mit dem HI-Virus infizierten Mitarbeiter zu entlassen, sei nicht zu beanstanden. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) fand auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung, weil der Mitarbeiter noch keine sechs Monate für das Unternehmen tätig war. Daher kam es auf die soziale Rechtfertigung der Kündigung nicht an.

     

    Auch eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) stehe dem Mitarbeiter nicht zu. Dabei könne dahinstehen, ob die bloße HIV-Infektion eine Behinderung im Sinne des AGG darstelle und ob der Mitarbeiter im Vergleich zu anderen erkrankten Arbeitnehmern ungleich behandelt worden sei. Eine unterstellte Ungleichbehandlung des Mitarbeiters sei wegen des Interesses des Unternehmens gerechtfertigt, jedwede Beeinträchtigung der Medikamentenherstellung durch erkrankte Arbeitnehmer auszuschließen.

     

    PRAXISHINWEIS | Erkrankt eine langjährige Mitarbeiterin der Apotheke, die mit der Herstellung von Medikamenten betraut und nicht an einen anderen Arbeitsplatz umsetzbar ist, an einer ansteckenden Krankheit, dürfte auch hier eine Kündigung in Betracht kommen. Für den Fall, dass der Apotheker mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt und damit das KSchG anwendbar ist, muss die Kündigung ausdrücklich aus personenbedingten Gründen ausgesprochen werden. In der Regel sind die Apotheken kleiner, sodass in solchen Fällen der Grundsatz der Kündigungsfreiheit gilt und nach den Ausführungen des LAG keine Treuwidrigkeit der Kündigung vorliegt. Auch eine Entschädigung muss der Apotheker dann nicht zahlen.

     
    Quelle: Ausgabe 01 / 2013 | Seite 15 | ID 35967830