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  • · Fachbeitrag · Altersvorsorge

    Mehr Sicherheit im Notfall: In 10 Minuten zur Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung

    von StB Björn Ziegler, Kanzlei Lauterbach Zeutschner Seltsam, Würzburg

    | Stellen Sie sich vor, Ihr Ehepartner liegt nach einem Unfall längere Zeit ohnmächtig im Krankenhaus und Sie haben plötzlich nichts mehr zu ­sagen. Seine Behandlung, seine Post, seine Bankgeschäfte - all das regelt nun eine Ihnen fremde Person. Ein erschreckender Gedanke, der jedoch ohne Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung zur Realität werden kann. Der Grund: Bei Volljährigen begründen weder die Ehe noch eine Verwandtschaft ein Vertretungsrecht. AH erklärt, wie Sie vorgehen sollten, um im Notfall Ihr Mitspracherecht abzusichern. |

    Gericht bestellt im Falle eines Falles einen Betreuer

    Sind Ihre Eltern, Ihr Ehepartner oder Ihr volljähriges Kind nicht mehr in der Lage, die eigenen Angelegenheiten zu regeln, beispielsweise wegen ihres ­Alters, eines Unfalls oder einer Krankheit, muss das Betreuungsgericht ­einen Betreuer bestellen, sofern die Vertretung nicht vorab anders geregelt wurde. Der Betreuer handelt dann im Rahmen seiner Vertretungsmacht für den Betroffenen. Unter Umständen wird ein fremder Berufsbetreuer ein­gesetzt; dieser muss dem Gericht gegenüber penibel Rechenschaft ablegen.

     

    Sind Sie als Familienangehöriger der eingesetzte Betreuer, trifft Sie ebenfalls diese Rechenschaftspflicht. Dies ist unangenehm und entwürdigend: Beugen Sie daher mit einer Vorsorgevollmacht vor - am besten auch für den Fall, dass Sie der Betroffene sind. Eine Grundabsicherung für sich und Ihre Familie im Falle eines Falles erreichen Sie bei Beachtung der folgenden Hinweise innerhalb weniger Minuten.

    Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung?

    Mit der Vorsorgevollmacht regeln Sie klar und eindeutig im voraus, welche Entscheidungen Ihr Vertreter im Notfall treffen darf, und erteilen ihm die entsprechenden Befugnisse. Ist die Vorsorgevollmacht umfassend ausgestaltet, entfällt das gerichtliche Betreuungsverfahren. In der Regel wird die Vollmacht noch mit einer Betreuungsverfügung verknüpft.

     

    Für den Fall, dass ein Betreuungsverfahren erforderlich wird, weil beispielsweise keine oder eine nur unzureichende Vorsorgevollmacht vorhanden ist, können Sie mit der Betreuungsverfügung im voraus bestimmen, wer durch das Gericht als Betreuer bestellt werden soll - und wen Sie von der Bestellung ausschließen möchten. Sie können sich auch auf eine reine Betreuungsverfügung ohne Vorsorgevollmacht beschränken. Der Unterschied zwischen einem Betreuer und einem Vorsorgebevollmächtigten besteht insbesondere in der dargestellten Rechenschaftspflicht, der nur der Betreuer unterliegt. Die Vorsorgevollmacht ist daher von beiden Möglichkeiten die vorteilhaftere.

    Wer soll in welchem Umfang entscheiden dürfen?

    Ihren Bevollmächtigten sollten Sie sorgfältig auswählen. Er sollte im Zweifel wissen, wie Sie entscheiden würden. Bestellen Sie mehrere Personen zu Hauptbevollmächtigten, müssen Sie regeln, ob diese Sie einzeln oder nur ­gemeinsam vertreten dürfen. Da die Vollmacht auf längere Zeit angelegt ist, sollten Sie neben dem Hauptbevollmächtigten einen Ersatzbevollmächtigten bestimmen. Schließlich könnte es sein, dass Ihr Hauptbevollmächtigter im Notfall nicht mehr zur Verfügung steht. Zu guter Letzt sollten Sie überlegen, ob Sie neben dem eigentlichen Bevollmächtigten einen Kontrollbevollmächtigten bestellen, der die Entscheidung Ihres Bevollmächtigten überwacht.

     

    PRAXISHINWEIS |  Den Kontrollbevollmächtigten sollten Sie selbst auswählen. Leider kommt es vor, dass beratende Anwälte pauschal ihre Kanzlei als Kontrollbevollmächtigte benennen, ohne eine bestimmte Person zu bestimmen und ohne Beginn und Ende des Kontrollzeitraums oder die Höchstgrenze ihres Honorars anzugeben. Dies sollten Sie keinesfalls hinnehmen.

     

    Mit der Vorsorgevollmacht erteilen Sie dem Bevollmächtigten weitreichende Befugnisse. Sie ist sofort wirksam, selbst wenn Sie sich noch bester Gesundheit erfreuen. Die Vollmacht gilt solange, bis sie widerrufen wird oder beispielsweise durch Zeitablauf erlischt. Wenn Sie die Vollmacht daher nicht aus der Hand geben möchten, so muss Ihr Bevollmächtigter im Notfall aber ­darauf Zugriff haben: Ohne Originalvollmacht kann er nicht für Sie handeln!

    Umfang der Vollmacht genau definieren

    Den Inhalt der Vollmacht müssen Sie sehr genau beschreiben, um Interpretationsspielräume weitestgehend auszuräumen. Eine Vollmacht zur Vertretung „in allen Angelegenheiten" wird nicht anerkannt.

     

    Folgende Bereiche können in der Vollmacht beispielsweise geregelt werden:

     

    • Vertretung in Vermögensangelegenheiten (Vermögenssorge)
    • Entscheidungen über medizinische Behandlungen (Gesundheitsfürsorge)
    • Entscheidung über Unterbringungsmaßnahmen
    • Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht
    • Entgegennahme und Öffnen der Post
    • Vertretung gegenüber Behörden etc.
    • Verfügungen über Grundstücke
    • Wohnungsangelegenheiten
    • Aufenthaltsbestimmung
    • Vertretung vor Gericht
    • Befugnis zur Erteilung von Untervollmachten
    • Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot (§ 181 BGB)

     

    Bei der Vertretung in Vermögensangelegenheiten muss sich Ihr Bevollmächtigter mit denjenigen Banken abstimmen, die Vollmachten nicht anerkennen. Lesen Sie daher deren Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) oder fragen Sie explizit dort nach. Im Rahmen der Gesundheitsfürsorge muss Ihr Bevollmächtigter eventuell gefährliche medizinische Eingriffe erlauben oder den in einer vorhandenen Patientenverfügung geäußerten Willen durchsetzen. Beides sollten Sie daher gegebenenfalls explizit erwähnen.

    Benötige ich einen Anwalt oder Notar?

    Für die Erstellung der Vollmacht haben Sie die Wahl: Entweder Sie errichten sie selbst oder Sie lassen sie von einem Rechtsanwalt entwerfen, der Sie hierzu auch berät. Gehen Sie hierfür zu einem Spezialisten. Für bestimmte gerichtliche Belange ist es erforderlich, dass Sie die Unterschrift unter Ihrer Vollmacht beglaubigen lassen. Das können Sie für rund zehn Euro bei der Betreuungsstelle Ihrer Stadt bzw. Ihres Landratsamtes oder bei einem Notar - hier dürfte es jedoch teurer sein - erledigen lassen.

     

    Verkauf von Grundstücken

    Soll Ihr Bevollmächtigter für Sie auch Grundstücke verkaufen, kaufen oder belasten können oder größere Darlehen aufnehmen dürfen, müssen Sie die Vollmacht notariell beurkunden lassen. Dies kostet im Höchstfall etwa 500 Euro. Sparen Sie sich dann vorab eine anwaltliche Beratung, denn der Notar muss Sie vor der Beurkundung vollumfänglich beraten.

     

    Vollmacht am Computer erstellen

    Die Vollmacht kann am Computer erstellt werden. Sie müssen sie lediglich - sinnvollerweise unter Angabe von Ort und Datum - eigenhändig unter­schreiben, am besten mit Ihrem vollen Vor- und Zunamen. Könnte es Zweifel an Ihrer Geschäftsfähigkeit geben, heften Sie einer privatschriftlichen oder nur beglaubigten Vollmacht ein ärztliches Attest vom gleichen Tag an. Bei notariel­ler Beurkundung muss sich hingegen der Notar von Ihrer Geschäftsfähigkeit überzeugen und bescheinigt diese mit der Beurkundung.

    In 10 Minuten zur Grundabsicherung

    Wenn Sie die Kosten für einen Rechtsanwalt oder Notar scheuen oder sich keine Zeit für die Beratung nehmen möchten, können Sie sich trotzdem kostenlos und schnell für den Fall der Fälle absichern: Das Bundesjustiz­ministerium stellt im Internet Vorlagen zum Ausdrucken und Ankreuzen zur Verfügung. Klicken Sie unter www.bmj.de auf die Rubriken „A-Z Themen“, „Gesell­schaft“ und „Betreuungsrecht/Patientenverfügung/Vorsorgevollmacht“ - so kommen Sie binnen weniger Minuten zu einer Vorsorgevollmacht. Dort finden Sie ebenfalls eine mit den Spitzenverbänden der Kreditwirtschaft abgestimmte Konto- und ­Depotvollmacht sowie die Vorlage für eine Betreuungsverfügung.

     

    PRAXISHINWEIS |  Ihre Vollmacht nutzt Ihnen nur, wenn im Notfall auch bekannt ist, dass es sie gibt. Die Bundesnotarkammer hat daher ein zentrales Vorsorgeregister errichtet - unter www.vorsorgeregister.de können Sie Ihre Vollmacht ­registrieren lassen. Das Register wird im ganzen Bundesgebiet im Notfall ­abgefragt. Die Registrierung kostet für Privatpersonen rund 20 Euro und ist auch online möglich - macht dies ein Berater für Sie, kann es auch mehr kosten.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2014 | Seite 11 | ID 39473820