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  • · Fachbeitrag · Recht

    IGeL rechtssicher erbringen und abrechnen

    von RA Nico Gottwald, Ratajczak & Partner, Sindelfingen, www.rpmed.de 

    | Viele Ärzte tun sich nach wie vor schwer mit der rechtssicheren Erbringung und Abrechnung von individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL). Häufig führen diese Unsicherheiten dazu, dass IGeL ganz aus dem Angebot der Praxen verschwinden. Nicht zuletzt, weil auch viele Patienten aktuellen Studien zufolge den IGeL kritisch gegenüberstehen. Zwar hat fast jede Kassenärztliche Vereinigung und Ärztekammer inzwischen einen eigenen Verhaltenskodex und/oder einen IGeL-Ratgeber verfasst - aber was ist nach Gesetz und Rechtsprechung wirklich verpflichtend für den Arzt? |

    Nur zulässige IGeL anbieten

    Wenn IGeL angeboten werden, muss es sich um Leistungen handeln, die entweder notwendig oder aus objektiver, ärztlicher Sicht als empfehlenswert oder zumindest als vertretbar erachtet werden. Nach § 11 Abs. 1 der Musterberufsordnung der Ärzte (MBO-Ä) verpflichten sich Ärzte mit Übernahme der Behandlung den Patienten gegenüber zur gewissenhaften Versorgung mit geeigneten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Unsinnige, ungeeignete und nutzlose Leistungen darf der Arzt daher dem Patienten nicht anbieten oder erbringen.

     

    Bei IGeL, die nicht dem anerkannten Stand der Wissenschaft entsprechen, muss umfassend über mögliche, anerkannte Alternativen aufgeklärt werden.

    Grenzen des Fachgebiets beachten

    Die Grenzen des jeweiligen Fachgebiets und gegebenenfalls weitere Qualitäts- und Qualifikationsanforderungen sind auch bei der Erbringung von IGeL zu beachten.

    Seriös beraten und aufklären

    Nach § 18 Abs. 8 Nr. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) ist der Patient vor Behandlungsbeginn darüber aufzuklären, dass die von ihm begehrte IGeL nicht von seiner Krankenkasse bezahlt wird und er deshalb die Kosten selber zu tragen hat.

     

    Außerdem muss der Patient vor der Behandlung schriftlich über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung aufgeklärt werden. Mit dem Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes wurde diese wirtschaftliche Aufklärungspflicht in § 630c Abs. 3 BGB gesetzlich verankert.

     

    Selbstverständlich ist der Patient auch nach den allgemeinen Regelungen der MBO-Ä über Nutzen und Risiken der IGeL aufzuklären. Dabei ist darauf zu achten, dass die Aufklärung sachlich und ohne anpreisende Werbung erfolgt; denn letztere ist dem Arzt nach § 27 Abs. 3 MBO-Ä untersagt. Eine ausreichende Bedenkzeit für den Patienten empfiehlt sich, um Streitigkeiten zu vermeiden, ist bisher aber gesetzlich oder von der Rechtsprechung nicht vorgeschrieben.

    Schriftlichen Behandlungsvertrag abschließen

    § 3 Abs. 1 Satz 3 BMV-Ä verlangt, dass für Leistungen, die von der GKV nicht übernommen werden, mit dem Patienten vor Beginn der Behandlung ein schriftlicher Behandlungsvertrag abgeschlossen wird. Aus dem schriftlichen Behandlungsvertrag ergibt sich dann auch die notwendige, vorherige Zustimmung des Patienten nach § 18 Abs. 8 Satz 3 Nr. 3 BMV-Ä. Bei medizinisch nicht notwendigen IGeL, wie bspw. Tauglichkeitsuntersuchungen (lesen Sie dazu AAA 01/2014, Seite 13) oder kosmetischen Operationen, ist zusätzlich noch § 1 Abs. 2 GOÄ zu beachten. Solche Leistungen darf der Arzt nur berechnen, wenn sie auf Verlangen des Patienten erbracht worden sind. In den schriftlichen Behandlungsvertrag sollte daher immer eine Klausel aufgenommen werden, dass der Patient die Leistungserbringung wünscht.

     

    Aus dem Vertrag sollte sich zudem ergeben, dass der Patient aufgeklärt wurde und zwar

    • über den Nutzen und die Risiken der IGeL,
    • über die voraussichtliche Höhe der Behandlungskosten und
    • darüber, dass die Leistung nicht Bestandteil des Leistungskatalogs der GKV ist und daher von ihm selbst zu zahlen ist.

    Nach GOÄ abrechnen

    § 1 Abs. 1 GOÄ legt fest, dass sich die ärztliche Vergütung nach der GOÄ richtet, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist, was bei IGeL nicht der Fall ist. Es gelten daher die allgemeinen Regeln der GOÄ-Abrechnung. Eine Pauschalvergütung ist unzulässig. Dem Patienten ist vielmehr nach § 12 GOÄ eine detaillierte GOÄ-Rechnung vorzulegen. Soweit sich für die jeweilige IGeL keine entsprechende GOÄ-Ziffer findet, müssen nach § 6 Abs. 2 GOÄ Ziffern aus der GOÄ angesetzt werden, die nach Art, Kosten- und Zeitaufwand als gleichwertig angesehen werden können. Eigene Leistungslegenden darf der Arzt nicht verwenden.

     

    FAZIT | Unbestritten erfordert die rechtssichere Erbringung und Abrechnung von IGel einen beträchtlichen organisatorischen Aufwand. Dennoch sollten Ärzte diesen Aufwand nicht scheuen. IGeL sind eine sinnvolle und für viele Patienten wichtige Ergänzung zur GKV-Behandlung. In Zeiten, in denen das Regelleistungsvolumen den ärztlichen Einkünften enge Grenzen setzt, sorgt die verantwortungsvolle Erbringung von IGeL für ein zusätzliches, unbudgetiertes Honorarplus.

     

    Weiterführende Hinweise

    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 15 | ID 42569166