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  • · Fachbeitrag · Vertragsarztrecht

    Falschabrechnung: Allgemeinmediziner muss rund 270.000 Euro Honorar zurückzahlen

    von RA, FA MedR Philip Christmann, Berlin/Heidelberg, christmann-law.de

    | Eine bereits durchgeführte Prüfung der Abrechnung des Arztes (z. B. im Jahr 2013) schließt spätere Prüfungen (z. B. 2017) nicht aus. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) ist zudem bei Prüfungen der obligaten Leistungsinhalte des EBM nicht verpflichtet, Abrechnungsfehler und deren Verfestigung zum Schutz des Arztes zu erkennen und aufzuzeigen (Sozialgericht [SG] Kiel, Urteil vom 16.10.2019, Az. S 2 KA 118/18). |

     

    Sachverhalt

    Ein Facharzt für Allgemeinmedizin klagte gegen sachlich-rechnerische Korrekturen von Honorarbescheiden durch die KV für die Quartale I/2013 bis I/2016. Aus Prüfungen von Abrechnungen aus vorangegangenen Quartalen folgten bereits Honorarrückforderungen in Höhe von rund 170.000 Euro. Dabei ging es um die EBM-Nrn. 03212 (Chronikerziffer) und 35110 (Verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen). Für die Quartale I/2013 bis I/2016 folgte eine sachlich-rechnerische Korrektur in Höhe von rund 100.000 Euro. Neben erneuten Kürzungen bei den EBM-Nrn. 03212 und 35110 standen hierbei vor allem abgerechnete Besuchsleistungen im Fokus. Hiergegen klagte der Arzt. Seiner Meinung nach sei u. a. die Kürzung der EBM-Nr. 35110 rechtswidrig, weil der Arzt einem Abrechnungsfehler unterlegen sei, der auf einer ‒ nicht mehr verifizierbaren ‒ telefonischen Auskunft einer KV-Mitarbeiterin beruhe.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Klage des Arztes gegen die Honorarkürzungen ist nach Auffassung des SG Kiel unbegründet. Laut Bundessozialgericht gilt für die sachlich-rechnerische Richtigstellung des Honorarbescheids eine vierjährige Ausschlussfrist. Innerhalb dieser Ausschlussfrist finde die (nur einjährige) Frist zum Tätigwerden der KV nach Bekanntwerden der fehlerhaften Abrechnung eines Arztes gemäß § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X keine Anwendung, so das SG Kiel. Zudem könne ein Vertragsarzt auch keinen Bestandsschutz daraus ableiten, dass die KV in bereits geprüften Quartalen bestimmte ‒ ebenfalls korrekturbedürftige ‒ Leistungen nicht korrigierte, da sie sich auf bestimmte EBM-Nrn. beschränkt habe. Ein Arzt könne dann nicht darauf vertrauen, dauerhaft fehlerhaft abrechnen zu dürfen. Die KV sei auch nicht zu laufenden Prüfungen der eingereichten Abrechnungen verpflichtet, soweit diese eine intellektuelle Einzelfallprüfung erforderten.

     

    FAZIT | Der betroffene Allgemeinmediziner konnte seine Leistungen teilweise aufgrund nur knapper Dokumentation nicht belegen, teilweise waren die Leistungen schlicht nicht plausibel. Die Entscheidung zeigt einmal mehr, wie wichtig sowohl eine ordentliche Dokumentation der einzelfallbezogenen Leistungen als auch der obligaten Leistungsinhalte ist. Soweit ein Arzt mündliche Zusagen der KV zu einer bestimmten Abrechnung erhält, sollte der Arzt dies dokumentieren und sich zudem von der KV bestätigen lassen, andernfalls sind derartige Zusagen als unverbindlich anzusehen.

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2019 | Seite 15 | ID 46219730